Personenidentifizierung durch Zeugen im Strafverfahren
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Personenidentifizierung durch Zeugen im Strafverfahren
Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung von Wiedererkennungsverfahren und Beurteilung des Beweiswerts von Identifizierungsleistungen unter besonderer Berücksichtigung rechtspsychologischer und kriminalistischer Aspekte
Schriften zum Strafrecht, Vol. 236
(2013)
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Abstract
Falschidentifizierungen durch Zeugen stellen einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtzahl von Justizirrtümern in deutschen Strafverfahren dar. Wie kann es zu Falschidentifizierungen kommen?Das Wiedererkennen einer Person als ehemals wahrgenommenen Täter unterliegt einem äußerst komplizierten kognitiven Prozess. Die Identifizierungsleistung von Zeugen kann durch eine Reihe psychologisch untersuchter Einflussfaktoren beeinträchtigt werden und ist äußerst fehlerbehaftet. Nichtsdestotrotz kommt der Personenidentifizierung durch Zeugen im Strafverfahren oftmals wegweisende Bedeutung zu.Anja Hofmann zeigt, dass das von Natur aus fehleranfällige Wiedererkennen von Personen durch die Beachtung bestimmter methodischer Vorgehensweisen deutlich zuverlässiger gestaltet werden kann. Sie fordert mit Nachdruck, dass die Verantwortlichen diesen rechtspsychologischen und kriminaltaktischen Erkenntnissen ausreichend Beachtung schenken und entsprechende Methoden Einzug in die Polizei- und Gerichtspraxis halten.Die Autorin bietet nicht nur eine komprimierte Informationsmöglichkeit, sondern leistet durch konkrete Empfehlungen für die geforderten Vorgehensweisen auch einen Beitrag zur Reduzierung der Fehlerquellen bei der Personenwiedererkennung und somit zur Lösung der damit verbundenen strafprozessualen, rechtspsychologischen und kriminaltaktischen Probleme.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis | 13 | ||
Abbildung 1: Ein einziges Gesicht? Oder Teile von vier Gesichtern? | 41 | ||
Abbildung 2: Aus Einzelheiten werden Ganzheiten | 42 | ||
Abbildung 3: Trefferraten als Funktion von Veränderungen in Barttracht (B),Brille (G) und / oder Kopfbedeckung (H) | 61 | ||
Abbildung 4: Wiedererkennungsleistung in Abhängigkeit vonAlkoholisierung der „Zeugen“ und Ethnie der „Täter“ | 76 | ||
Abbildung 5: Prozentzahlen an richtigen und falschen Identifizierungennach unterschiedlich langen Behaltensintervallen | 86 | ||
Abbildung 6: Wiedergabeproblem | 88 | ||
Abbildung 7: Ähnlichkeit der Vergleichspersonen bei Wahlgegenüberstellungen | 148 | ||
Abbildung 8: Herkunft der Vergleichspersonen bei Wahlgegenüberstellungenund Video-Wiedererkennenstests | 150 | ||
Abbildung 9: Leiter der Wiedererkennungsverfahren | 151 | ||
Abbildung 10: Ähnlichkeit der Vergleichspersonen bei Wahllichtbildvorlagen | 179 | ||
Tabelle 1: Mögliche Ergebnisse einer Identifizierungsaussage | 56 | ||
Tabelle 2: Eyewitness recognition across type of assessment withinstress conditions | 70 | ||
Tabelle 3: Anzahl der auf den Beschuldigten (fett) und die Vergleichspersonenin zwei Durchgängen gefallenen Wahlen von Versuchspersonen,die nicht Zeugen der Tat waren | 128 | ||
Tabelle 4: Identifizierungsleistungen im simultanen und sequenziellenGegenüberstellungsmodus mit beziehungsweise ohne Täterpräsenz | 135 | ||
Tabelle 5: Anzahl der Vergleichspersonen bei Wahlgegenüberstellungenund Video-Wahlverfahren in Prozent | 148 | ||
Tabelle 6: Anzahl der Vergleichspersonen bei Wahllichtbildvorlagenin Prozent | 178 | ||
Tabelle 7: Wichtige, potentiell wichtige und weniger wichtige Faktorenbei der Beurteilung von Identifizierungsleistungen | 209 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einleitung | 17 | ||
I. Falschidentifizierungen als Ursache von Justizirrtümern – ein Problemaufriss | 17 | ||
II. Anliegen und Vorgehensweise | 20 | ||
1. Kapitel: Die Problematik des Zeugenbeweises als Quelle der Wahrheitsfindung | 22 | ||
A. Einführung | 22 | ||
B. Zeugen als Beweismittel im Strafverfahren | 24 | ||
I. Der Zeugenbeweis – seine Bedeutung in der geschichtlichen Entwicklung | 24 | ||
II. Zeugen im heutigen Beweisverfahren | 27 | ||
III. Person des Zeugen | 28 | ||
IV. Gegenstand des Zeugenbeweises | 29 | ||
V. Pflichten und Rechte des Zeugen | 29 | ||
C. Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen | 31 | ||
I. Glaubwürdigkeit des Zeugen und Glaubhaftigkeit seiner Aussage | 31 | ||
II. Wahre und falsche Aussagen | 32 | ||
1. Irrtum und Lüge | 33 | ||
2. Einführung in die Irrtumslehre | 35 | ||
a) Allgemeine Irrtumsquellen von Zeugenaussagen | 35 | ||
aa) Wahrnehmungsfähigkeit | 36 | ||
(1) Sinnesorgane | 36 | ||
(a) Auge | 36 | ||
(b) Ohr | 37 | ||
(2) Kognitives System | 37 | ||
(a) Begrenzte Simultankapazität | 38 | ||
(b) Selektive Aufmerksamkeit | 39 | ||
(aa) Reiz | 39 | ||
(bb) Interessenausrichtung | 40 | ||
(c) Sinngebung | 40 | ||
(d) Befindlichkeit und Motivation des Zeugen | 42 | ||
bb) Behaltensfähigkeit | 43 | ||
(1) Enkodierung ins Langzeitgedächtnis | 43 | ||
(2) Veränderung von Gedächtnisinhalten | 44 | ||
(3) Emotionen | 45 | ||
cc) Abruffähigkeit | 45 | ||
b) Zwischenfazit | 46 | ||
D. Normative Sicherungen vor Falschaussagen durch Würdigung der Zeugenaussagen | 47 | ||
I. Geschichtliche Entwicklung der Aussagewürdigung | 47 | ||
II. Aussagewürdigung im heutigen Strafverfahren | 49 | ||
1. Prinzip der freien richterlichen Beweiswürdigung, § 261 StPO | 49 | ||
2. Revisibilität der Beweiswürdigung | 52 | ||
E. Fazit | 53 | ||
2. Kapitel: Überblick über die psychologischen Erkenntnisse zur Personenwiedererkennung | 54 | ||
A. Einführung | 54 | ||
I. Experimentalpsychologische Forschung als Grundlage der Erkenntnisgewinnung | 54 | ||
II. Psychologisch erforschte Einflussfaktoren auf die Personenwiedererkennung durch Zeugen | 56 | ||
B. Täterfaktoren | 58 | ||
I. Auffälligkeiten des Täters | 58 | ||
II. Veränderung des Aussehens und Verstellen der Stimme des Täters | 60 | ||
III. Ausländereffekt | 63 | ||
C. Zeugenfaktoren | 66 | ||
I. Erwartungshaltung des Zeugen | 66 | ||
II. Aufmerksamkeit des Zeugen | 67 | ||
III. Physischer und psychischer Zustand des Zeugen | 68 | ||
IV. Intelligenz und Berufsstand des Zeugen | 71 | ||
V. Alter des Zeugen | 72 | ||
1. Kinder und Jugendliche als Zeugen | 72 | ||
2. Alte Menschen als Zeugen | 74 | ||
VI. Einfluss von Drogen und Alkohol auf die Identifizierungsleistung | 75 | ||
D. Situationsfaktoren | 77 | ||
I. Wahrnehmungsphase | 77 | ||
1. Wahrnehmungsdauer | 78 | ||
2. Entfernung und Blickwinkel zum Tatort | 80 | ||
3. Lichtverhältnisse | 81 | ||
4. Schwere des beobachteten Delikts | 82 | ||
5. Waffenfokus | 83 | ||
6. Besonderheiten bei der Stimmwahrnehmung | 83 | ||
II. Behaltensphase | 85 | ||
1. Zeitabstand zum Wiedererkennungsverfahren | 85 | ||
2. Personenbeschreibung | 87 | ||
3. Nachträgliche Informationsgewinnung | 89 | ||
4. Behalten stimmlicher Informationen | 90 | ||
III. Abrufphase | 91 | ||
1. Allgemeines | 91 | ||
2. Problematik des wiederholten Wiedererkennens | 92 | ||
E. Fazit | 93 | ||
3. Kapitel: Wiedererkennungsverfahren zum Zweck der visuellen Identifizierung | 95 | ||
A. Identifizierungsgegenüberstellung | 95 | ||
I. Begriffsbestimmung | 95 | ||
II. Rechtsgrundlage der zwangsweisen Identifizierungsgegenüberstellung | 96 | ||
1. Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage | 96 | ||
2. Ermittlungsverfahren | 98 | ||
a) § 163 b StPO | 98 | ||
b) § 58 Abs. 2 StPO | 99 | ||
c) § 81 b StPO | 101 | ||
d) § 81 a StPO | 102 | ||
e) Unzulässigkeit der Identifizierungsgegenüberstellung | 104 | ||
f) Zwischenfazit | 106 | ||
g) Verfahrensrechtliche Folgen | 106 | ||
3. Hauptverhandlung | 109 | ||
4. Bedeutung des Nemo-tenetur-Grundsatzes für die Rechtmäßigkeit der zwangsweisen Identifizierungsgegenüberstellung | 110 | ||
III. Arten der Identifizierungsgegenüberstellung | 112 | ||
1. Wahlgegenüberstellung | 112 | ||
a) Kriminaltaktische und rechtspsychologische Anforderungen an den Ablauf einer Identifizierungsgegenüberstellung | 114 | ||
aa) Vorbereitung | 114 | ||
(1) Kriminaltaktische Vorfragen und allgemeine organisatorische Maßnahmen | 114 | ||
(2) Ausschluss der Begegnung der Beteiligten | 115 | ||
(3) Vernehmung und Instruktion des Zeugen | 116 | ||
(4) Einweisung des Beschuldigten | 119 | ||
(5) Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Beschuldigten | 119 | ||
(6) Doppelblindverfahren | 122 | ||
bb) Auswahl der Vergleichspersonen | 123 | ||
(1) Faire Gegenüberstellungsgruppe | 123 | ||
(2) Polizeibeamte als Vergleichspersonen | 127 | ||
cc) Durchführung | 128 | ||
(1) Offene und gedeckte Wahlkonfrontation | 128 | ||
(2) Gegenüberstellung am Tatort | 129 | ||
(3) Gegenüberstellungsmethoden | 130 | ||
(a) Simultane Wahlgegenüberstellung | 130 | ||
(b) Sequenzielle Wahlgegenüberstellung | 131 | ||
(c) Sequenzielles Video-Wiedererkennungsverfahren | 132 | ||
(d) Multiple Wahlgegenüberstellung | 133 | ||
(e) Vergleich der unterschiedlichen Gegenüberstellungsmethoden | 134 | ||
(aa) Simultane, sequenzielle und multiple Verfahren | 134 | ||
(bb) Live-Verfahren und Video-Verfahren | 138 | ||
(4) Anwesenheitsrecht des Strafverteidigers | 140 | ||
dd) Nachbereitung | 142 | ||
(1) Vernehmung | 142 | ||
(2) Subjektive Sicherheit | 143 | ||
(3) Entscheidungszeit | 144 | ||
ee) Protokollierung | 145 | ||
b) Wahlgegenüberstellungen in der Praxis | 146 | ||
c) Lösungsansatz zur Vereinbarung von theoretischen Anforderungen und polizeilicher Praxis | 152 | ||
2. Einzelgegenüberstellung | 153 | ||
a) Einführung | 153 | ||
b) Sofortfahndung | 154 | ||
c) Fahndung im Beisein von Zeugen | 156 | ||
d) Wiedererkennen aus tatverdächtigen Gruppen | 157 | ||
e) Vorweisen von Leichen | 158 | ||
3. Heimliche Gegenüberstellung | 159 | ||
IV. Fazit | 161 | ||
B. Lichtbildvorlage | 163 | ||
I. Begriffsbestimmung | 163 | ||
II. Rechtsgrundlage der Lichtbildvorlage | 163 | ||
1. Lichtbilder von Beschuldigten | 163 | ||
2. Lichtbilder von Dritten | 165 | ||
III. Arten der Lichtbildvorlage | 168 | ||
1. Zeugeneinsichtnahme mittels Lichtbildvorzeigedatei | 168 | ||
a) Kriminaltaktische und rechtspsychologische Anforderungen an den Ablauf einer Zeugeneinsichtnahme | 169 | ||
b) Zeugeneinsichtnahmen in der Praxis | 171 | ||
2. Wahllichtbildvorlage | 173 | ||
a) Kriminaltaktische und rechtspsychologische Anforderungen an den Ablauf einer Wahllichtbildvorlage | 173 | ||
b) Wahllichtbildvorlagen in der Praxis | 177 | ||
IV. Lichtbildvorlage und Identifizierungsgegenüberstellung | 181 | ||
1. Vergleich des Wiedererkennens bei Lichtbildvorlagen und direkten Gegenüberstellungen | 181 | ||
2. Lichtbildvorlage vor Gegenüberstellung | 182 | ||
V. Fazit | 183 | ||
4. Kapitel: Wiedererkennungsverfahren zum Zweck der auditiven Identifizierung | 185 | ||
A. Akustische Gegenüberstellung | 185 | ||
I. Begriffsbestimmung | 185 | ||
II. Rechtsgrundlage der akustischen Gegenüberstellung unter besonderer Berücksichtigung des Nemo-tenetur-Grundsatzes | 186 | ||
III. Arten des Stimmenvergleichs | 189 | ||
1. Offener Stimmenvergleich | 189 | ||
a) Kriminaltaktische und rechtspsychologische Anforderungen an den Ablauf des Stimmenvergleichs | 189 | ||
b) Stimmenvergleiche in der Praxis | 192 | ||
2. Heimlicher Stimmenvergleich – Rechtmäßigkeitsbeurteilung vor dem Hintergrund der „Stimmfallen“-Entscheidungen BGHSt 34, 39ff. und BGHSt 40, 66ff. | 192 | ||
B. Fazit | 199 | ||
5. Kapitel: Fazit und Empfehlungen für Polizei- und Gerichtspraxis | 201 | ||
A. Ordnungsgemäße Durchführung von Wiedererkennungsverfahren durch die Polizei | 202 | ||
I. Kenntnis der rechtspsychologischen und den Beweiswert sichernden Faktoren einer Zeugenaussage zur Personenwiedererkennung | 202 | ||
II. Durchführungs- und Vernehmungstraining | 203 | ||
III. Leitfaden für die Durchführung von Wiedererkennungsverfahren | 203 | ||
B. Beweiswertbestimmung von Identifizierungsaussagen lege artis durch die Gerichte | 205 | ||
I. Kenntnis der rechtspsychologischen Faktoren einer Zeugenaussage zur Personenwiedererkennung | 205 | ||
II. Fragen- und Kriterienkatalog zur Beurteilung einer Identifizierungsaussage | 206 | ||
III. Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Rechtswissenschaft und Rechtspsychologie | 211 | ||
Anhang | 214 | ||
Literaturverzeichnis | 220 | ||
Stichwortverzeichnis | 236 |