Grundrechtsschutz und Verteidigungsauftrag
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Grundrechtsschutz und Verteidigungsauftrag
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1231
(2013)
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Christoph Schulte-Bunert, geboren 1982 in Köln, ist am Verwaltungsgericht Düsseldorf Richter. Er studierte Rechtswissenschaft in Bonn und war nach der ersten juristischen Staatsprüfung von 2007 bis 2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Dr. Otto Depenheuer am Seminar für Staatsphilosophie und Rechtspolitik der Universität zu Köln. Das Referendariat absolvierte er in Bonn und legte im Jahr 2011 die zweite juristische Staatsprüfung ab. 2011 folgte die Promotion und die Ernennung zum Richter.Abstract
Das weltweite militärische Engagement Deutschlands stellt nicht nur die Politik, sondern auch die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen vor zahlreiche neue Herausforderungen. Darf der Staat des Grundgesetzes in Lagen elementarer Bedrohung, bei der Abwehr eines Angriffs oder bei über Art. 24 Abs. 2 GG legitimierten Auslandseinsätzen in die Grundrechte seiner Bürger und fremder Staatsangehöriger eingreifen, oder sind die Grundrechte des Grundgesetzes »verteidigungsfest«? Die Ungewissheit über den grundrechtlichen Status der Beteiligten an militärischen Kampfhandlungen schafft das Bedürfnis, dogmatisch stimmige Antworten und Wegweisungen zu finden. Ausgehend von der Auslandsgeltung der Grundrechte behandelt Christoph Schulte-Bunert die zentralen Fragen des Grundrechtsschutzes im Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlichen Verteidigungsauftrag. Er erörtert den Einfluss verfassungsrechtlicher Kompetenzvorschriften auf die Grundrechte ebenso wie eine mögliche Derogation der Grundrechtsgeltung, der Bindungswirkung und der Funktion der Grundrechte als subjektive Rechte. Einer Lösung über die Grundrechtsschranken stellt der Autor das Konzept einer Schutzbereichsbegrenzung gegenüber, das er am Beispiel der Menschenwürde und des Grundrechts auf Leben exemplifiziert und konkretisiert. Zugleich zeigt er, wie völkerrechtliche Wertungen auch die Auslegung der grundrechtlichen Schutzbereiche beeinflussen können. Christoph Schulte-Bunert bietet damit einen fundierten, dogmatisch abgesicherten Beitrag zur verfassungsrechtlichen Beurteilung militärischer Einsätze der Bundeswehr zu Verteidigungszwecken.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einführung | 13 | ||
1. Teil: „Fundamente“ des Grundrechtsschutzes | 17 | ||
A. Einführung in die Begriffe | 17 | ||
I. Zur Notwendigkeit einer differenzierenden Betrachtungsweise | 17 | ||
II. Der Begriff der Grundrechtsgeltung | 18 | ||
III. Der Begriff der Grundrechtsbindung | 19 | ||
IV. Zum Begriff „subjektives Recht“ und seiner Ableitbarkeit aus Grundrechten | 20 | ||
B. Das Grundgesetz als Ausgangspunkt der Untersuchung | 20 | ||
I. Kein „überverfassungsrechtliches“ Kollisionsrecht | 21 | ||
II. Kein Maßstab aus dem Europarecht | 22 | ||
III. Kein völkerrechtlicher Maßstab | 27 | ||
1. Völkervertragsrecht | 27 | ||
2. Allgemeine Regeln des Völkerrechts | 28 | ||
3. Keine mittelbare Begrenzung durch völkerrechtsfreundliche Auslegung | 30 | ||
4. Begrenzung des Grundrechtsschutzes aufgrund einer „Verfassungsentscheidung für eine internationale Zusammenarbeit“? | 34 | ||
IV. Zwischenergebnis | 35 | ||
C. Grundrechtsgeltung und Grundrechtsbindung nach dem Grundgesetz | 36 | ||
I. Grundrechtsgeltung | 36 | ||
1. Der räumliche Geltungsbereich der Grundrechte | 36 | ||
a) Grundrechtsgeltung im Inland | 39 | ||
aa) Zum Begriff des Inlands | 39 | ||
bb) Normativer Anknüpfungspunkt und Umfang der inländischen Grundrechtsgeltung | 40 | ||
b) Grundrechtsgeltung im Ausland | 43 | ||
aa) Keine Beschränkung der Grundrechtsgeltung auf das Inland | 44 | ||
bb) Grundsätzliche Geltung der Grundrechte im Ausland | 47 | ||
(1) Die Position des Bundesverfassungsgerichts | 48 | ||
(2) Zustimmung im herrschenden Schrifttum | 55 | ||
cc) Kriterien der Literatur zur Anknüpfung der Grundrechtsgeltung im Ausland | 56 | ||
(1) Das Territorialitätsprinzip | 59 | ||
(2) Das Personalitätsprinzip | 60 | ||
(3) Die Statuslehren bzw. Subordination als Anknüpfungspunkt | 62 | ||
(a) Die Zweistufen-Lehre J. Isensees | 62 | ||
(b) Die Grundstatuslehre nach M. Heintzen | 64 | ||
(4) Reziprozität des Grundrechtsschutzes | 65 | ||
(5) Finalität des Staatshandelns als Geltungsvoraussetzung | 65 | ||
(6) Völkerrechtsgemäßheit staatlichen Handelns | 66 | ||
(7) Zurechenbarkeit als Anknüpfungspunkt | 67 | ||
(8) Grundrechtsgeltung erst ab einer Relevanz-Grenze | 69 | ||
(9) Freiwillige und bewusste Grundrechtsbegebung | 69 | ||
(10) Das Kriterium der „eingreifenden Betroffenheit“ | 70 | ||
(11) Effektive Gebietskontrolle | 71 | ||
(12) Das Wirkungsprinzip | 71 | ||
dd) Bewertung | 72 | ||
ee) Zwischenergebnis | 78 | ||
2. Der zeitliche Geltungsbereich der Grundrechte | 78 | ||
3. Der personelle Geltungsbereich der Grundrechte | 79 | ||
II. Grundrechtsbindung | 84 | ||
1. Normative Verankerung und Reichweite der Grundrechtsbindung | 84 | ||
2. Modifikationen der Grundrechtsbindung | 85 | ||
3. Die Ansicht Isensees | 86 | ||
4. Grundrechtsbindung der deutschen Streitkräfte: Zum Begriff der „vollziehenden Gewalt“ in Art. 1 Abs. 3 GG | 87 | ||
D. Anknüpfungspunkt für die Ableitbarkeit subjektiver Rechte | 89 | ||
I. Grundrechte als subjektive Rechte im Inland | 92 | ||
II. Die Rechtslage im Ausland | 93 | ||
1. Subjektive Rechte aus Grundrechten im Ausland nur unter zusätzlichen Voraussetzungen? | 93 | ||
2. Grundrechte in ihrer abwehrrechtlichen Funktion im Ausland | 95 | ||
3. Exkurs: Subjektive Rechte im Ausland auch aus Leistungsgrundrechten? | 97 | ||
E. Zusammenfassung und Ergebnis | 99 | ||
2. Teil: Derogation des Grundrechtsschutzes durch den Verteidigungsauftrag | 100 | ||
A. Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG – Verteidigungsauftrag der Streitkräfte oder „bloße“ Kompetenzvorschrift? | 100 | ||
I. Grundriss zur Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG | 102 | ||
II. Die Primärfunktion des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG als bundesstaatliche Kompetenzvorschrift | 104 | ||
III. Materiellrechtliche Wirkung aus Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG | 106 | ||
1. Zum Begriff „materielle Wirkung“ | 106 | ||
2. Materielle Wirkung verfassungsrechtlicher Kompetenz-, Ermächtigungs- und Organisationsnormen | 108 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 108 | ||
aa) Entscheidungen, die kompetenzüberschießende Gehalte annehmen | 109 | ||
bb) Entscheidungen, die kompetenzüberschießende Gehalte ablehnen | 111 | ||
cc) Analyse und Bewertung | 112 | ||
b) Das Sondervotum zu BVerfGE 69, 1 und Ansichten der Literatur | 114 | ||
aa) Das Sondervotum zu BVerfGE 69, 1 | 114 | ||
bb) Die Lehre von der „reinen“ Kompetenznorm | 115 | ||
cc) Die integrativ-holistische Ansicht | 116 | ||
dd) Vermittelnde Ansicht | 116 | ||
c) Stellungnahme | 117 | ||
3. Anwendung auf die verfassungsrechtliche Verteidigungsbefugnis aus Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG | 122 | ||
a) Folgt aus Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG ein verfassungsrechtlicher Verteidigungsauftrag? | 123 | ||
aa) Die Ansicht Ipsens, Kleins und Franks | 124 | ||
bb) Die Ansicht der herrschenden Meinung | 125 | ||
cc) Stellungnahme | 125 | ||
b) Die Folge: Kollisionstauglichkeit des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG | 126 | ||
aa) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 126 | ||
bb) Zur Kritik an der Grundrechtsbeschränkung über eine „Verfassungsentscheidung für eine wirksame Landesverteidigung“ | 127 | ||
cc) Keine abschließende Regelung der Beschränkbarkeit von Grundrechten durch andere wehrverfassungsrechtliche Bestimmungen | 129 | ||
(1) Keine Sperrwirkung aus Art. 17a GG | 129 | ||
(2) Keine Sperrwirkung aus Art. 115c Abs. 2 GG | 130 | ||
c) Bestätigung durch ein auch aus grundrechtlichen Schutzpflichten ableitbares Rechtsgut der staatlichen Verteidigung | 131 | ||
4. Zwischenergebnis | 135 | ||
B. Modifikation des Grundrechtsschutzes durch den Verteidigungsauftrag | 135 | ||
I. Grundrechtsgeltung im Verteidigungsfall | 135 | ||
1. Zum Wesen von Verteidigungs- und Kriegsfall als Ausnahmezustand | 136 | ||
2. Suspendierung der Grundrechtsgeltung | 139 | ||
3. Überlagerung der Grundrechtsgeltung durch Völkerrecht | 143 | ||
II. Grundrechtsbindung der Streitkräfte im Verteidigungsfall | 145 | ||
III. Ableitbarkeit subjektiv-öffentlicher Rechte aus der Grundrechtsbindung der Streitkräfte im Verteidigungsfall | 146 | ||
C. Zwischenergebnis und Bewertung | 147 | ||
3. Teil: Der Verteidigungsauftrag als rechtfertigende Grundrechtsschranke oder Schutzbereichsbegrenzung | 149 | ||
A. Der Verteidigungsauftrag als Grundrechtsschranke | 150 | ||
I. Die ältere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 150 | ||
II. Stimmen in der Literatur | 152 | ||
B. Der Verteidigungsauftrag als Schutzbereichsbegrenzung | 153 | ||
I. Die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 154 | ||
1. Die C-Waffen – Entscheidung | 154 | ||
2. Die Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz | 156 | ||
II. Stimmen in der Literatur | 160 | ||
C. Eigene Lösung für die Einordnung des Rechtsgutes der Verteidigung | 161 | ||
I. Verteidigung als verfassungsunmittelbare Beschreibung der grundrechtlichen Gewährleistungsreichweite | 161 | ||
II. Besonderheit und Vorrangstellung des Verfassungsgrundsatzes der Verteidigung | 165 | ||
III. Ausgleich von staatlicher Sicherheits- und Freiheitsgewähr | 169 | ||
IV. Anwendbarkeit der Wesensgehaltsgarantie | 171 | ||
V. Keine Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips | 173 | ||
VI. Zusammenfassung | 174 | ||
D. Exkurs: Verteidigungsauftrag und grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt | 175 | ||
I. Die Eingriffsvoraussetzung des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts | 175 | ||
1. Das Postulat des eingriffsmediatisierenden Gesetzes | 175 | ||
2. Verfassungsrechtliche Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze | 176 | ||
3. Legitimitätsprobleme bei Maßnahmen gegenüber Ausländern | 178 | ||
II. Einfachgesetzliche Eingriffsnormen für den Verteidigungsfall | 180 | ||
1. Das SoldG | 180 | ||
2. Das UZwGBw | 181 | ||
3. Polizeirecht | 182 | ||
4. Kriegsvölkerrecht | 182 | ||
5. Notwehr- und Notstandsvorschriften | 183 | ||
6. Zwischenergebnis | 185 | ||
III. Der Verteidigungsauftrag als verfassungsunmittelbare Eingriffsbefugnis und Grundrechtsschranke | 185 | ||
IV. Zusammenfassung | 191 | ||
4. Teil: Das Grundrecht auf Leben und die Menschenwürde | 192 | ||
A. Die Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG | 192 | ||
I. Die Menschenwürde als Grundrecht | 192 | ||
II. Zur Unantastbarkeit der Menschenwürde | 194 | ||
III. Schutzbereichsauslegung unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verteidigungsauftrags | 195 | ||
1. Grundsätzlich kein Schutz gegen staatliche Verteidigung | 196 | ||
2. Begrenzung durch das Völkerrecht | 208 | ||
B. Das Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG | 210 | ||
C. Schluss und Bewertung zu Teil 4 | 214 | ||
5. Teil: Zusammenfassende Thesen | 215 | ||
Verzeichnis der zitierten Literatur | 217 | ||
Sachwortverzeichnis | 236 |