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Die Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB – ein das vortatliche Opferverhalten berücksichtigendes Tatbestandsmerkmal?

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Zorn, A. (2013). Die Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB – ein das vortatliche Opferverhalten berücksichtigendes Tatbestandsmerkmal?. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-54054-9
Zorn, Alexandra. Die Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB – ein das vortatliche Opferverhalten berücksichtigendes Tatbestandsmerkmal?. Duncker & Humblot, 2013. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-54054-9
Zorn, A (2013): Die Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB – ein das vortatliche Opferverhalten berücksichtigendes Tatbestandsmerkmal?, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-54054-9

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Die Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB – ein das vortatliche Opferverhalten berücksichtigendes Tatbestandsmerkmal?

Zorn, Alexandra

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 242

(2013)

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About The Author

Alexandra Zorn, Jahrgang 1979, ist Richterin. Sie studierte Rechtswissenschaften in Erlangen und arbeitete nach dem ersten Staatsexamen am Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht von Professor Dr. Volker Erb in Mainz als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Nach dem juristischen Vorbereitungsdienst in Mainz und Tel Aviv absolvierte sie 2011 das zweite Staatsexamen.

Abstract

Obwohl das Heimtückemerkmal des § 211 Abs. 2 StGB eines der am häufigsten verwirklichten Mordmerkmale ist, steht bisher keine einheitlich anwendbare Definition zur Verfügung, mit welcher man die zahlreichen problematischen Fallkonstellationen einer sachgerechten Lösung zuführen kann.

Die Autorin entwickelt erstmals eine Definition, die ohne fallgruppenspezifische Modifizierungen zu überzeugenden Ergebnissen führt. Ausgangspunkt ist dabei eine normative Auslegung des Heimtückemerkmals, wonach die heimtückische Tötung die $avorsätzliche Tötung eines tatsächlich und wertend betrachtet arglosen und deshalb wehrlosen Opfers$z ist. Wertend betrachtet besteht hierbei die Arglosigkeit, wenn das Opfer $asich keines Angriffs versieht und nicht versehen muss.$z Damit steht das vortatliche Opferverhalten im Fokus der Betrachtung. Die Verhaltensanforderungen an das Opfer werden von der Autorin als $aObliegenheiten$z herausgearbeitet; das Bestehen von Obliegenheiten im Strafrecht wird dabei zunächst begründet und schließlich werden die speziellen Obliegenheiten eines Heimtückemordopfers konkretisiert.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung und Gegenstand der Arbeit 15
B. Die Analyse der Leistungsfähigkeit der bisherigen Heimtückedefinition – Bestandsaufnahme und Bewertung bislang erfolgter Modifizierungen 17
I. Die Grundformulierung 17
1. Die Arglosigkeit 18
a) Die Intensität der Opfervorstellung 18
b) Der sachliche Bezug 20
c) Der maßgebliche Zeitpunkt 21
aa) Der Grundsatz 21
bb) Die Ausnahmen 26
(1) Die Hinterhalt- oder Fallen-Fälle 27
(2) Vorsatzwechsel des Täters/vorsatzlos herbeigeführte Wehrlosigkeit 31
cc) Zwischenbilanz und weitere Ausnahmefälle 37
d) Die Problematik der konstitutionell Arglosen 38
aa) Die Opfertauglichkeit permanent Argloser, insbesondere von Kleinkindern und Geisteskranken 39
(1) Die grundsätzliche Behandlung 39
(2) Die Ausnahmen aus Sicht der herrschenden Meinung 45
bb) Die Opfertauglichkeit Schlafender 48
cc) Zusammenfassung 52
e) Die (un)berechtigte Arglosigkeit: Darf das Opfer arglos sein oder hätte es argwöhnisch werden müssen? 52
aa) Die Fiktion des Argwohns in der „Erpresser“-Entscheidung 53
(1) Zum Argument des geringeren Tückegehalts 57
(2) Zum Argument des Wertungsgleichklangs der Heimtücke mit dem Notwehrrecht 61
(3) Die begriffslogische (Un)Zugänglichkeit der Heimtücke für eine wertende Betrachtung und insbesondere die Opferverantwortung 67
(4) Die Verallgemeinerungsfähigkeit der „Erpresser“-Entscheidung 73
(5) Zwischenergebnis 76
bb) Faktische und fingierte Arglosigkeit bei objektiv offen-feindseligem Auftreten des Täters 77
(1) Der „Hirschfängermesser“-Fall 79
(2) Der „Wartehallen“-Fall 82
(3) Die „Beruhigungs“-Fälle 83
(4) Der „Zigarettenschmuggler“-Fall 86
(5) Zusammenfassung 87
cc) Der Komplex „Tyrannen“-Tötungen 88
f) Resümee 94
2. Die Wehrlosigkeit 95
a) Die eigenständige Bedeutung der Wehrlosigkeit 95
b) Die die Wehrlosigkeit ausschließenden Abwehrmöglichkeiten 99
aa) Verbale Umstimmung 100
bb) Der Hilferuf 102
cc) Sonstige Abwehrmöglichkeiten 105
3. Die Kausalität der Arglosigkeit für die Wehrlosigkeit 105
a) Konstitutionell bedingt arglose Opfer 106
b) Die Tötung durch Unterlassen 107
4. Die subjektive Seite: Vorsatz und Ausnutzungsbewusstsein des Täters 110
a) Das Verhältnis von Ausnutzungsbewusstsein und Heimtückevorsatz 110
b) Die Relevanz der Heimtückelage für das Ob der Tötung aus Sicht des Täters 114
5. Zusammenfassende Bewertung der Grunddefinition 118
II. Einschränkungsvorschläge 120
1. Die Überlegung 120
2. Die feindliche Willensrichtung 124
a) Allgemeine Bedenken 125
b) Spezielle Bedenken in Bezug auf die Fallgruppe des gescheiterten Mitnahmesuizids 127
c) Spezielle Bedenken bei den Euthanasiefällen 128
d) Die feindliche Willensrichtung in Bezug auf die Tötungsmodalität 130
e) Fazit 130
3. Der verwerfliche Vertrauensbruch 131
a) Grundsätzliche Kritik 131
b) Die einzelnen Spielarten der Vertrauenslösung 134
c) Fazit 136
4. Die Typenkorrekturen 137
5. Die Rechtsfolgenlösung der Rechtsprechung 140
a) Der Einwand der Kompetenzüberschreitung und der Begriff des contra legem-Handelns 143
b) Der Vorwurf der Unbestimmtheit 148
c) Kritikpunkte im Hinblick auf den mit der Rechtsfolgenlösung erzielbaren Schuldspruch 149
d) Die Befürchtungen einer Ausweitung der Unterschreitung gesetzlicher Strafrahmen 151
e) Zusammenfassende Würdigung 152
6. § 213 StGB und das Konstrukt des „minder schweren Mordes“ 152
a) Zur Existenz von Kollisionslagen 154
b) Die Rechtsnatur des § 213 StGB beziehungsweise das Verhältnis der §§ 211, 213 StGB 156
c) Die Frage einer „Ausstrahlungswirkung“ des § 213 StGB 159
d) Abschließende Stellungnahme 163
7. Der „Tücke“-Ansatz 163
8. Claus Roxins Vorschlag 166
9. Zwischenergebnis 170
III. Ersetzungs- und Neuregelungsvorschläge 171
1. Herbert Michael Veh: „Tötung bei vorwerfbarem Fehlen einer zuvor offen-feindseligen Täter-Opfer-Begegnung“ 171
2. Kurt Schmoller: Die „im Verborgenen besonders weitgehend vorbereitete“ Tötung 175
3. Maria-Katharina Meyer: „Heimtücke als Mißbrauch sozial-positiver Verhaltensweisen“ 179
4. Bernd Müssig: Zweistufiges Modell der Tötungsdelikte mit einer Differenzierung nach Kriterien der objektiven Zurechenbarkeit 182
5. Ersatzloses Streichen des Heimtückemerkmals, insbesondere der AE-Leben 2008 187
a) Einzelne Stimmen in der Literatur 187
b) Der Alternativ-Entwurf Leben (AE-Leben) 189
aa) Grundsätzliche Kritik 189
bb) Kritik hinsichtlich der Streichungen der Mordmerkmale ,Heimtücke‘ und ,niederer Beweggrund‘ 192
6. Zwischenergebnis 194
IV. Der Kerngehalt der Heimtücke 194
1. Erkenntnisse aus dem natürlichen Wortsinn des Begriffs 195
2. Die besondere Verwerflichkeit, die besondere Tatschuld und die verwerfliche Gesinnung des Täters 197
3. Die besondere Gefährlichkeit 200
4. Abschließende Stellungnahme 203
V. Der zu bevorzugende Bezugsrahmen der Heimtücke: Die Ein-, Zwei- oder Dreistufigkeit der Tötungsdelikte – ein rechtsvergleichender Blick auf die Gestaltung der Tötungsdelikte 205
1. Die Dreistufigkeit in der Schweiz 205
2. Der Einheitstatbestand in Dänemark 206
3. Das zweistufige, privilegierungsausgerichtete Konstrukt in Österreich 207
4. Zusammenfassende Bewertung und Präferenz des vorzugswürdigen Systems der Tötungsdelikte für Deutschland 208
VI. Hauptergebnisse der Bestandsanalyse und Gang der weiteren Untersuchung 210
C. Die Begründung des eigenen Ansatzes: Die normative Auslegung der Heimtücke 212
I. Die normative Auslegung 212
1. Normative und/oder deskriptive Natur von Rechtsbegriffen als allgemeine Strukturfrage 213
2. Speziell die Zugänglichkeit der Heimtücke für wertende Aspekte 218
II. Die Einbeziehung des Opferverhaltens bei ausgewählten Regelungszusammenhängen des Allgemeinen Teils des StGB sowie einigen Delikten des Besonderen Teils 219
1. Vorbemerkung 219
2. Das Meinungsbild zu der Frage, ob das Verhalten des Opfers im Vorfeld der Tat für die strafrechtliche Würdigung der Tat im Tatbestand oder bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist 222
a) Thomas Hillenkamp 222
aa) Die grundsätzliche Position Hillenkamps 223
bb) Hillenkamps Einwand der unzulässigen Tatbestandskorrektur sowie verfassungsrechtliche Bedenken 224
cc) Hillenkamps Einwand der zu weitreichenden Konsequenzen tatbestandlicher Berücksichtigung von Opferverhalten 225
dd) Speziell auf die Delikte gegen das Leben bezogen: Das Argument der Indisponibilität des Rechtsguts Leben 226
ee) Kriminalpolitische Bedenken 226
ff) Zusammenfassende Bewertung 228
b) Bernd Schünemann und Gunther Arzt 229
c) Horst Schüler-Springorum 231
d) Tatjana Hörnle 232
e) Raimund Hassemer 234
f) Die eigene grundsätzliche Position 237
3. Regelungszusammenhänge und Rechtsfiguren des Allgemeinen Teils 237
a) Die objektive Zurechenbarkeit 238
aa) Überblick über verschiedene Ansätze und allgemeine Bedenken dagegen 238
bb) Katharina Beckempers Ansatz 240
cc) Die Sozialadäquanz 241
dd) Fazit 243
b) Die Fahrlässigkeit 243
aa) Vorbemerkungen 243
bb) Der Vertrauensgrundsatz 244
cc) Der Ansatz von Peter Frisch 246
dd) Fazit 249
c) Die Einwilligung und Überlegungen aus der Beteiligungslehre 249
aa) Allgemeine Überlegungen 250
bb) Die Konzeption Ralf-Peter Fiedlers 251
cc) Fazit 253
d) Partielle Rechtfertigungen 253
e) Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit sowie der materielle Verbrechensbegriff 257
f) Die Heranziehung des Rechtsgedanken des § 254 BGB im Strafrecht 258
g) Die Maxime der Eigenverantwortung – vor allem der Ingerenzgedanke 259
h) Zwischenergebnis 263
4. Eine Auswahl von Delikten, die Opferverhalten berücksichtigen 264
a) Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, § 174 StGB 264
b) Wechselseitig begangene Beleidigungen, § 199 StGB 266
c) Verletzung von Privatgeheimnissen, § 203 StGB 268
d) Nötigung, § 240 StGB 268
e) Diebstahl, § 242 StGB und Unterschlagung, § 246 StGB 270
f) Betrug, § 263 StGB 273
aa) Der Irrtum über Tatsachen 274
bb) Der Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Irrtum 279
cc) Der Vermögensschaden 280
dd) Fazit 281
g) Zwischenergebnis 281
III. Die Vereinbarkeit der Berücksichtigung des Opferverhaltens bei der Auslegung des Heimtückemerkmals mit allgemeinen Grundlagen des Strafrechts 283
1. Der ultima ratio-Gedanke und das Subsidiaritätsprinzip 284
a) Vorbemerkung und Begriffsbestimmung 284
b) Die Kritik des Vorrangs staatlicher Maßnahmen gegenüber privaten Schutzmaßnahmen 287
c) Die Bedeutung des ultima ratio-Prinzips für die grundsätzliche Möglichkeit, den Privaten für seinen Rechtsgüterschutz zu verpflichten 288
aa) Die Idee eines Gesellschaftsvertrags 290
bb) Das Menschenbild unserer Rechtsordnung 293
2. Die Höchstwertigkeit des Rechtsguts Leben und die Geeignetheit des Selbstschutzes für den hinreichenden Rechtsgüterschutz 294
3. Die Bestimmtheit einer Obliegenheit zum Selbstschutz 297
4. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit 301
5. Der Verwirkungsgedanke 303
6. Fazit 304
IV. Die Konkretisierung opferseitiger Obliegenheiten 305
1. Passive und aktive Selbstschutzverletzungen sowie das Wiederaufleben des Heimtückeschutzes 305
2. Primäre und sekundäre Pflichten gegenüber sich selbst 307
3. Die Relevanz von Vorverhalten des Opfers, das keine Vorsatztat darstellt – sozial unerwünschtes Verhalten und fahrlässige Vortaten 308
a) Nichtdeliktisches Verhalten 308
b) Fahrlässiges Verhalten 309
c) Fazit 310
4. Der Umfang des zu erwartenden Angriffs 310
5. Der Einfluss der Rechtfertigung des Täters auf die Verneinung der Arglosigkeit des Opfers im Rahmen der wertenden Auslegung 311
6. Ergebnis 312
D. Die Anwendung der anhand der Erpresser- und Tyrannen-Konstellation entwickelten Heimtückedefinition auf die übrigen Problemfälle der Heimtücke 313
I. Die Hinterhalt- und Fallen-Fälle 313
II. Heimtückemord durch Unterlassen 315
III. Die Tötung konstitutionell bedingt Argloser 316
IV. Tatsächliche Arglosigkeit trotz objektiv offen-feindseligem Auftreten des Täters 316
V. Die „Onkel“-Entscheidung (BGHSt 30, 105 ff.) 317
VI. Mitnahmesuizide und sonstige Tötungen zum vermeintlich Besten des Opfers 318
VII. Fazit 319
E. Endergebnis und Zusammenfassung 320
Literaturverzeichnis 323
Sachwortverzeichnis 344