Evolutive Auslegung völkerrechtlicher Verträge
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Evolutive Auslegung völkerrechtlicher Verträge
Eine Untersuchung zu Voraussetzungen und Grenzen in Anbetracht der Praxis internationaler Streitbeilegungsinstitutionen
Schriften zum Völkerrecht, Vol. 204
(2013)
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About The Author
Katharina Böth studierte Rechtswissenschaft in Hannover und Düsseldorf mit dem Schwerpunkt Völker- und Europarecht. Die Promotion erfolgte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Während ihres Rechtsreferendariats am Landegericht Wuppertal war sie unter anderem in einer internationalen Kanzlei in Rom, einer Fachanwaltkanzlei im Verwaltungsrecht sowie im Bundesamt für Justiz und in der Verwaltung des Landtages Nordrhein-Westfalen tätig. Nunmehr ist sie Referentin in der Stabsstelle des Bundeswahlleiters und mit der rechtlichen Betreuung der Bundestags- und Europawahlen befasst.Abstract
Unter dem inflationär verwendeten Begriff dynamische Auslegung wird im Forschungsstand nicht selten eine Art universale Lösung des im Völkerrecht besonders virulenten Konflikts des Auseinanderfallens von Norm und Zeit gesehen: die $aAnpassung$z der Vertragsnorm an den Wandel der Verhältnisse. Doch stellt die Anpassung eines Vertrages nicht eigentlich etwas den Herren der Verträge Vorbehaltenes dar? Wieweit darf der Rechts$aanwender$z die eingetretenen Veränderungen der realen Welt mit in den Normgehalt aufnehmen? Gegenstand der Untersuchung ist die zu den dynamischen Methoden gehörende evolutive Auslegung; zentrale Frage ist, wie diese Methode Anwendung finden kann, ohne die Grenze von Rechtsanwendung hin zu Rechtsetzung zu überschreiten. Hierzu gilt es zunächst, evolutive Auslegung anhand der Praxis internationaler Streitbeilegungsinstitutionen als Methode fassbar zu machen, um sodann im einschlägigen Forschungsstand herrschende begriffliche Unschärfen zu beseitigen und die Methode einer Definition zuzuführen. Die Untersuchung ergibt, dass in Ansehung der für die Auslegung völkerrechtlicher Verträge maßgeblichen Auslegungslehre der WVK evolutive Auslegung nur unter der Voraussetzung eines auf die Einbeziehung nachfolgender Entwicklungen gerichteten Parteikonsenses und nur mit der Begrenzung auf die unter Art. 31 III c WVK fallenden Entwicklungen anzuwenden ist.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
1. Kapitel: Einleitung | 15 | ||
A. Das Spannungsverhältnis von Norm und Zeit im Völkerrecht | 15 | ||
B. Der Untersuchungsgegenstand | 17 | ||
C. Erkenntnisleitendes Interesse und Gang der Untersuchung | 21 | ||
2. Kapitel: Die Methode der evolutiven Auslegung | 25 | ||
A. Evolutive Auslegung als die nach Vertragsschluss entstehende Entwicklungen einbeziehende Methode | 25 | ||
I. Evolutive Auslegung in der Praxis internationaler Streitbeilegungsinstitutionen | 27 | ||
1. Evolutive Auslegung in der Praxis des IGH | 28 | ||
a) Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution 276 (1970) („Namibia“) | 28 | ||
aa) Sachverhalt | 28 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 29 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 32 | ||
b) Aegean Sea Continental Shelf Case (Greece v. Turkey) | 32 | ||
aa) Sachverhalt | 32 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 33 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 35 | ||
c) Case concerning the Gabčíkovo-Nagymaros Project (Hungary v. Slovakia) | 35 | ||
aa) Sachverhalt | 35 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 37 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 38 | ||
d) Case concerning Kasikili/Sedudu Island (Botswana/Namibia) | 39 | ||
aa) Sachverhalt | 39 | ||
bb) Entscheidungsgrürnde | 39 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 41 | ||
2. Evolutive Auslegung in der Praxis des EGMR | 41 | ||
a) Case of Tyrer v. The United Kingdom | 41 | ||
aa) Sachverhalt | 41 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 42 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 42 | ||
b) Case of Marckx v. Belgium | 43 | ||
aa) Sachverhalt | 43 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 43 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 44 | ||
c) Case of Dudgeon v. The United Kingdom | 45 | ||
aa) Sachverhalt | 45 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 45 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 46 | ||
d) Case of Selmouni v. France | 47 | ||
aa) Sachverhalt | 47 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 47 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 48 | ||
e) Case of Christine Goodwin v. The United Kingdom | 49 | ||
aa) Sachverhalt | 50 | ||
bb) Entscheidungsgründe | 51 | ||
cc) Evolutiver Aspekt | 53 | ||
3. Evolutive Auslegung in der Entscheidung des Appellate Body der WTO im Fall United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products | 54 | ||
a) Sachverhalt | 54 | ||
b) Entscheidungsgründe | 55 | ||
c) Evolutiver Aspekt | 57 | ||
4. Evolutive Auslegung in der Entscheidung des Schiedsgerichts im Fall Iron Rhine („Ijzern Rijn“) Railway | 57 | ||
a) Sachverhalt | 57 | ||
b) Entscheidungsgründe | 59 | ||
c) Evolutiver Aspekt | 62 | ||
5. Ergebnis | 62 | ||
II. Der Begriff der evolutiven Auslegung im Forschungsstand | 63 | ||
III. Evolutive Auslegung als allgemeingültige Bezeichnung für die nach Vertragsschluss entstehende Entwicklungen einbeziehende Methode | 67 | ||
B. Evolutive Auslegung auf der Basis einer dynamischen Konzeption von Auslegung | 69 | ||
I. Statische und dynamische Konzeption von Auslegung | 69 | ||
II. Dynamische Konzeption und Bedeutungswandel von Normen | 71 | ||
III. Ergebnis | 72 | ||
C. Evolutive Auslegung unter dem Sammelbegriff dynamische Auslegung | 72 | ||
I. Dynamische Auslegung im Schrifttum als Sammelbezeichnung dynamischer Methoden | 73 | ||
II. Dynamische Konzeption als gemeinsame Basis dynamischer Methoden | 74 | ||
1. Spätere Praxis | 74 | ||
2. Implied-Powers-Lehre | 76 | ||
3. Ergebnis | 77 | ||
D. Ergebnis | 78 | ||
3. Kapitel: Die Reichweite evolutiver Auslegung anhand der Auslegungslehre der Wiener Konvention über das Recht der Verträge (WVK) | 80 | ||
A. Der Stellenwert der Art. 31 ff. WVK als völkerrechtliche Auslegungslehre | 80 | ||
B. Die Auslegungslehre der WVK | 85 | ||
I. Dynamische Konzeption der WVK | 85 | ||
1. Die Berücksichtigung nachfolgender expliziter authentischer Auslegung durch spätere Übereinkünfte gem. Art. 31 III a WVK | 86 | ||
2. Die Berücksichtigung nachfolgender konkludenter authentischer Auslegung durch spätere Praxis gem. Art. 31 III b WVK | 87 | ||
3. Die Berücksichtigung der zwischen den Vertragsparteien einschlägigen Völkerrechtsregeln gem. Art. 31 III c WVK | 90 | ||
a) „Rules of international law“ | 91 | ||
b) „Applicable between the parties“ | 92 | ||
c) Der zeitliche Bezugspunkt des Art. 31 III c WVK | 95 | ||
4. Zwischenergebnis: Dynamische Konzeption der WVK | 97 | ||
II. Der Auslegungsansatz der WVK anhand der allgemeinen Kriterien der Art. 31 I, II, IV und 32 WVK | 98 | ||
1. Theoretische Grundlagen zur Ermittlung des Auslegungsansatzes | 99 | ||
a) Theorien zum Ziel der Auslegung im Völkerrecht | 99 | ||
aa) Intentionaler Ansatz | 100 | ||
bb) Teleologischer Ansatz | 101 | ||
cc) Streng und eingeschränkt textueller Ansatz | 103 | ||
b) Interdependenz von Ansatz und Methoden | 105 | ||
2. Eingeschränkt-textueller Auslegungsansatz der Art. 31 I, II, IV und 32 WVK | 107 | ||
a) Der Grundsatz der bona fides | 108 | ||
b) Der Vertragstext | 110 | ||
aa) Gewöhnliche Bedeutung im Zusammenhang und im Lichte des Vertragszweckes | 110 | ||
bb) Exkurs: Die Problematik einer gewöhnlichen Bedeutung aus linguistischer Sicht | 111 | ||
cc) Der maßgebliche Zeitpunkt der gewöhnlichen Wortbedeutung | 112 | ||
dd) Die besondere Bedeutung nach Art. 31 IV WVK | 114 | ||
c) Der Zusammenhang | 114 | ||
d) Gegenstand und Zweck | 116 | ||
aa) Ermittlung von Gegenstand und Zweck anhand des Vertragstextes | 116 | ||
bb) Notwendigkeit der inhaltlichen Unterscheidung von Gegenstand und Zweck | 117 | ||
cc) Der für das teleologische Auslegungskriterium maßgebliche Zeitpunkt | 119 | ||
e) Die ergänzenden Auslegungsmittel gem. Art. 32 WVK | 119 | ||
III. Ergebnis: Eingeschränkt-textuell-dynamische Auslegungskonzeption und Maßgeblichkeit des Parteikonsenses für dynamische Methoden | 121 | ||
C. Schlussfolgerungen für Voraussetzung und Grenzen evolutiver Auslegung | 124 | ||
I. Der Wortlaut als geeignete Grenze evolutiver Auslegung? | 125 | ||
II. Voraussetzung und Grenzen evolutiver Auslegung anhand von Art. 31 III c WVK i.V.m. den Grundsätzen des Intertemporalen Rechts | 127 | ||
1. Evolutive Auslegung anhand des Vertragszweckes oder anhand von Art. 31 III c WVK i.V.m. den Grundsätzen des Intertemporalen Rechts | 128 | ||
a) Evolutive Auslegung anhand des Vertragszweckes als Ansicht in der Literatur | 128 | ||
b) Evolutive Auslegung anhand von Art. 31 III c i.V. m. den Grundsätzen des Intertemporalen Rechts | 130 | ||
aa) Systematisches Argument | 130 | ||
bb) Principle of contemporaneity | 132 | ||
cc) Entstehungsgeschichte des Art. 31 WVK | 132 | ||
dd) Grenzen evolutiver Auslegung anhand von Art. 31 III c WVK als dem eingeschränkt-textuellen Ansatz entsprechend | 134 | ||
c) Ergebnis: Evolutive Auslegung in Anwendung des Art. 31 III c WVK | 136 | ||
2. Auf evolutive Normkonzeption gerichteter Wille der Vertragsstaaten als Voraussetzung evolutiver Auslegung im Rahmen von Art. 31 III c WVK | 137 | ||
a) Die intertemporale Dimension des Art. 31 III c WVK nach Maßgabe des Parteikonsenses | 137 | ||
aa) Die Grundsätze des Intertemporalen Rechts in Bezug auf die Auslegung völkerrechtlicher Verträge | 138 | ||
bb) Die Entstehungsgeschichte des Art. 31 III c WVK: der Parteikonsens als maßgebliches Kriterium zeitlicher Anwendung | 139 | ||
cc) Parteikonsens als maßgebliches Kriterium der Einbeziehung nach Vertragsschluss entstehender Entwicklungen über Art. 31 III c WVK nach den Grundsätzen des Intertemporalen Rechts | 140 | ||
b) Ermittlung des auf evolutive Normkonzeption gerichteten Parteikonsenses | 142 | ||
c) Ergebnis | 145 | ||
D. Ergebnis | 145 | ||
4. Kapitel: Voraussetzung und Grenzen evolutiver Auslegung in der praktischen Anwendung | 147 | ||
A. Kritik bezüglich der Ermittlung des auf evolutive Auslegung gerichteten Parteikonsenses | 147 | ||
I. Die Praxis des IGH | 147 | ||
1. Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution 276 (1970) („Namibia“) | 147 | ||
2. Aegean Sea Continental Shelf Case (Greece v. Turkey) | 150 | ||
3. Case concerning the Gabčíkovo-Nagymaros Project (Hungary v. Slovakia) | 152 | ||
4. Case concerning Kasikili/Sedudu Island (Botswana/Namibia) | 153 | ||
II. Die Entscheidung des Schiedsgerichts im Fall Iron Rhine („Ijzern Rijn“) Railway | 155 | ||
B. Kritische Prüfung der Praxis des EGMR unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Auslegungsbereiches EMRK | 157 | ||
I. Fehlende Ermittlung des zur evolutiven Auslegung berechtigenden Parteikonsenses und living-instrument-Formel | 157 | ||
II. Einbeziehung von nicht unter Art. 31 III c WVK fallenden Entwicklungen | 159 | ||
III. Rechtfertigung durch die Besonderheiten der EMRK? | 163 | ||
C. Der Shrimp-Fall des WTO Appellate Body als Beispiel für die Anwendung evolutiver Auslegung nach Art. 31 III c WVK i.V.m. den Grundsätzen des Intertemporalen Rechts | 166 | ||
D. Ergebnis | 169 | ||
Zusammenfassung und Ergebnisse | 171 | ||
Verzeichnis der zitierten Entscheidungen und Berichte | 174 | ||
I. Entscheidungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofes | 174 | ||
II. Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes | 174 | ||
III. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte | 175 | ||
IV. Entscheidungen internationaler Schiedsgerichte und der Streitbeilegungsorgane der WTO | 176 | ||
V. Berichte der International Law Commission | 176 | ||
Literaturverzeichnis | 177 | ||
Stichwortverzeichnis | 186 |