Frauenquoten in Gewerkschaften
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Frauenquoten in Gewerkschaften
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 320
(2013)
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Moritz Lennart von der Ehe, geboren 1983 in Northeim, Studium der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen von 2003 bis 2009, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München von 2010 bis 2012, Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München 2012, Referendariat im Bezirk des OLG München (LG München I).Abstract
Rechtliche Fragen zu Quotenregelungen in Gewerkschaften werden meist als »Annex« öffentlich-rechtlicher Diskussionen um Frauenquoten verstanden. Hinsichtlich der Situation in den Gewerkschaften stellen sich aber besondere rechtliche Fragen. Die privatautonome Grundstruktur des Vereins- und Koalitionsrechts und die Garantie der individuellen Koalitionsfreiheit ermöglichen den Gewerkschaften zwar große Freiheit in der satzungsmäßigen Ausgestaltung ihres Organisationsrechts. Sie verpflichten die Gewerkschaft aber auch auf ein Prinzip der Entfaltung des Individuums in »seiner« Gewerkschaft. Quotenregelungen dürfen diese Rechte des einzelnen Mitglieds nicht treuwidrig schmälern. Das AGG verlangt außerdem die Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Quotenregelungen. Schließlich gebietet die Tarifautonomie als kollektive Privatautonomie eine möglichst ungebrochene Legitimationskette zwischen Gewerkschaftsmitglied und Tarifvertragsnorm - ein Prinzip, zu dem Quotenregelungen als Instrument der Manipulation innerverbandlicher Willensbildung im Widerspruch stehen können.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 11 | ||
§ 1 Autonome Quoten zur Frauenförderung | 13 | ||
A. Selbstverpflichtung der Gewerkschaften durch Quotenregelungen | 13 | ||
B. Die Situation der Frauen in den DGB-Gewerkschaften | 14 | ||
§ 2 Frauenquoten und Koalitionsfreiheit | 18 | ||
A. Betätigungsfreiheit und Organisationsautonomie | 18 | ||
I. Individuelle und kollektive Koalitionsfreiheit | 18 | ||
II. Interne Betätigungsgarantie des Koalitionsmitglieds | 19 | ||
B. Organisationsautonomie und besondere Aufgaben der Koalition | 22 | ||
§ 3 Frauenquoten und Vereinsrecht | 27 | ||
A. Gewerkschaften als nicht eingetragene Vereine | 27 | ||
B. Weitgehende Satzungsautonomie im einfachen Vereinsrecht | 29 | ||
I. Satzungsmäßige Regelung der Frauenquote | 29 | ||
II. Einfaches Vereinsrecht und Ausgestaltung der Frauenquoten | 31 | ||
C. Gestörte Vertragsparität bei Vereinen mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich | 35 | ||
I. Ungleichgewicht zwischen Mitglied und Verein | 35 | ||
II. Gewerkschaften als Verbände mit überragender Machtstellung | 38 | ||
D. Inhaltskontrolle am Maßstab von Treu und Glauben | 40 | ||
I. Treu und Glauben als Maßstab | 40 | ||
II. Die Entfaltung des Einzelnen als Leitbild | 41 | ||
III. Mehrheitsprinzip kein hinreichender Schutz der Entfaltung des Einzelnen | 44 | ||
IV. Der vereinsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz | 44 | ||
V. Keine Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch Verbandsinteressen | 46 | ||
E. Frauenquoten im Verein und AGG | 47 | ||
I. Europarechtlicher und entstehungsgeschichtlicher Hintergrund des AGG | 48 | ||
II. Frauenquoten als rechtfertigungsbedürftige Benachteiligung von Männern | 49 | ||
III. Rechtfertigung einer Frauenquote nach § 5 AGG | 51 | ||
1. Zweckrichtung der Maßnahme | 51 | ||
2. Bestehender Nachteil | 53 | ||
a) Die Aussagekraft des Statistikbeweises | 53 | ||
aa) Statistik als Beweis einer Benachteiligung | 53 | ||
bb) Statistik als Beweis eines Nachteils | 55 | ||
b) Strukturelle Nachteile | 58 | ||
c) Bedeutung der Selbsteinschätzung der Gewerkschaften | 62 | ||
d) Erfolgreiche Nachteilskompensation als Argument gegen einen Nachteil? | 63 | ||
3. Verhältnismäßigkeit von Quotenregelungen | 65 | ||
a) Strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung bei § 5 AGG? | 65 | ||
b) Geeignetheit | 66 | ||
c) Erforderlichkeit | 66 | ||
d) Angemessenheit einer relativen verbindlichen Quotenregelung | 70 | ||
aa) „Chancengleichheit“ als Maßstab der Angemessenheit | 70 | ||
bb) Probleme bei der Übertragung des Maßstabs der Chancengleichheit auf die Situation in den Gewerkschaften | 71 | ||
cc) Reduzierte Anforderungen an die Angemessenheit im „Vorfeld des Zugangs zum Arbeitsmarkt“? | 73 | ||
dd) Angemessenheit und „Frauengewerkschaften“ | 74 | ||
ee) Frauenquoten als angemessenes Instrument zur Verwirklichung von Chancengleichheit | 75 | ||
ff) Keine Notwendigkeit zur geschlechtsneutralen Formulierung | 78 | ||
e) Besondere Quotenregelungen | 78 | ||
aa) Annähernd relative Quotenregelungen | 78 | ||
bb) Quote zur Sicherung einer Mindestbeteiligung | 80 | ||
cc) Starre Quoten | 80 | ||
dd) Mehrheitsbegünstigende Quoten | 81 | ||
IV. Folgen verbandsrechtlich unzulässiger Quotenregelungen | 82 | ||
§ 4 Frauenquoten und Tariffähigkeit | 84 | ||
A. Keine Ausgestaltung der Tarifautonomie durch das AGG | 84 | ||
B. Frauenquoten und „demokratisch“ organisierte Tarifwillensbildung | 86 | ||
I. „Demokratie“ und Funktionsfähigkeit des Tarifvertragssystems | 87 | ||
II. Tarifautonomie als kollektive Privatautonomie | 89 | ||
1. Die Bedeutung der Normsetzungskompetenz der Tarifpartner | 89 | ||
2. Kollektive Privatautonomie statt Herrschaft des Kollektivs | 91 | ||
3. Bedeutung für die innerverbandliche Willensbildung | 92 | ||
III. „Demokratie“ ist nicht Staatsdemokratie | 94 | ||
IV. „Demokratie“ zur Sicherung individueller Selbstbestimmung | 95 | ||
1. Vereinsrecht als Grundfall „demokratischer“ Organisation | 95 | ||
2. Strengere Partizipation im Bereich der Tarifautonomie | 96 | ||
a) Besonderheiten im Bereich der Tarifautonomie | 96 | ||
aa) Außenwirkung des Tarifvertrages | 96 | ||
bb) Grundrechtsrelevanz tariflicher Rechtsnormen | 97 | ||
cc) Ständiger Wandel tariflicher Normen | 98 | ||
b) Zusammenfassung: Möglichst unverfälschte Partizipation des Einzelnen als Ideal „demokratischer“ Strukturen | 100 | ||
3. Quoten und Funktionsfähigkeit der „demokratisch“ organisierten Gewerkschaft | 101 | ||
4. Frauenquoten als hinnehmbare Verzerrung der Tarifwillensbildung? | 104 | ||
5. Frauenquoten als Instrument zur Verwirklichung individueller Freiheit? | 106 | ||
6. Frauenquoten als Instrument „demokratischen“ Minderheitenschutzes? | 108 | ||
a) Minderheitenschutz bei spezifischem Gruppeninteresse | 108 | ||
b) Staatsdemokratischer Minderheitenschutz | 109 | ||
V. Keine relevante Wirkung der Frauenquoten nach außen | 109 | ||
C. Zulässige Implementierung materieller Gleichheitsvorstellungen als Ausdruck der Organisationsautonomie | 110 | ||
I. Organisationsautonomie der Gewerkschaftsmitglieder | 110 | ||
II. Treu und Glauben als Prüfungsmaßstab | 112 | ||
III. Frauenförderung als frei gesetzter Zweck | 116 | ||
IV. Prüfung am Maßstab von Treu und Glauben | 117 | ||
1. Das Problem des fehlenden gesetzlichen Leitbildes | 117 | ||
2. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG als Maßstab | 117 | ||
a) Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG als Rechtfertigungsgrund | 117 | ||
b) Grundrechte im Privatrecht | 121 | ||
c) Keine Pflicht zur Quote | 124 | ||
3. Ausgleich zwischen Gleichheitsvorstellungen und Partizipationsrecht nach dem Vorbild politischer Parteien | 125 | ||
4. Frauenquoten bei mehrheitlich weiblichen Gewerkschaftsmitgliedern | 128 | ||
D. Folgen unzulässiger Quotenregelungen für die Tariffähigkeit | 132 | ||
I. Gefahren für die Tariffähigkeit nur bei Störung der Tarifwillensbildung | 132 | ||
II. Das Beispiel der Gewerkschaft ver.di | 133 | ||
§ 5 Gesamtergebnis in Thesen | 136 | ||
Literaturverzeichnis | 138 | ||
Sachwortverzeichnis | 146 |