Die Strafbarkeit der Abgabe eines unrichtigen Bilanzeids gemäß § 331 Nr. 3a HGB
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Die Strafbarkeit der Abgabe eines unrichtigen Bilanzeids gemäß § 331 Nr. 3a HGB
Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften, Vol. 58
(2014)
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Ulrich Fleischer, geboren 1984, studierte Rechtswissenschaften in Augsburg und Köln. Neben dem Studium war Herr Fleischer als Fremdsprachenübersetzer für eine internationale Wirtschaftskanzlei tätig. Nach Ablegen der ersten Prüfung vor dem OLG Köln im Jahr 2010 begann er mit einer Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Ende 2012 nahm Herr Fleischer das Referendariat am OLG Köln auf – unter anderem mit Stationen bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei und beim Generalkonsulat in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam.Abstract
Im Rahmen des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes fügte der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2007 mit § 331 Nr. 3a HGB eine neue Strafnorm auf dem Gebiet des Bilanzstrafrechts ein. Durch diese wurde die Abgabe eines unrichtigen »Bilanzeids« zum Jahres- und Konzernabschluss sowie zum Lage- und Konzernlagebericht von den gesetzlichen Vertretern von Kapitalgesellschaften unter Strafe gestellt. Seit ihrem Inkrafttreten wirft diese Strafnorm zahlreiche Fragen auf. Insbesondere wird vor dem Hintergrund, dass die unrichtige Rechnungslegung bereits seit jeher unter Strafe gestellt ist, in der Fachliteratur intensiv über den Anwendungsbereich von § 331 Nr. 3a HGB diskutiert. Eine klärende Gerichtsentscheidung steht bis heute aus.Die Arbeit behandelt sämtliche für Wissenschaft und Unternehmenspraxis bedeutsamen Fragestellungen rund um den Bilanzeid. Unter anderem forschte der Verfasser mehrere Monate lang an der University of California in Berkeley, um sich mit dem US-amerikanischen Bilanzrecht und Bilanzstrafrecht vertraut zu machen, dessen Modernisierung durch den »Sarbanes-Oxley Act of 2002« gewissermaßen den Grundstein für die innerdeutsche Gesetzgebung darstellt. Eine unter den Finanzvorständen sämtlicher im DAX, MDAX und SDAX gelisteten Unternehmen durchgeführte Fragebogen-Untersuchung rundet die Darstellung ab.Ausgezeichnet durch die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln mit dem CBH-Promotionspreis 2014.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
1. Kapitel: Gegenstand und Gang der Untersuchung | 17 | ||
2. Kapitel: Historischer Hintergrund | 19 | ||
A. Ausgangssituation: Bilanzskandale in den Vereinigten Staaten | 21 | ||
I. Der Skandal um Enron | 23 | ||
II. Der Skandal um Worldcom | 33 | ||
III. Fazit | 36 | ||
B. Sarbanes-Oxley Act | 36 | ||
I. Überblick | 36 | ||
II. Pflichtversicherungen nach Sec. 302 und 906 SOX | 39 | ||
III. Bedürfnis nach neuen Sanktionen | 41 | ||
C. EU-Transparenzrichtlinie | 42 | ||
D. Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz | 44 | ||
3. Kapitel: Grundfragen | 51 | ||
A. Anwendungsbereich des § 331 Nr. 3a HGB | 51 | ||
I. Publizitätspflichten nach HGB | 51 | ||
1. Jahresabschluss | 52 | ||
2. Lagebericht | 53 | ||
3. Konzernabschluss | 54 | ||
4. Konzernlagebericht | 56 | ||
II. Publizitätspflichten nach IAS/IFRS | 56 | ||
III. Publizitätspflichten nach WpHG | 58 | ||
B. Formale Eigenschaften des Bilanzeids | 59 | ||
I. Eigenständige Erklärung | 59 | ||
II. Bilanzeid zum (Konzern-)Abschluss und zum (Konzern-)Lagebericht in einer gemeinsamen Erklärung | 59 | ||
III. Wortlaut | 60 | ||
IV. Pflicht zur gesonderten Unterzeichnung des Bilanzeids | 61 | ||
C. § 331 Nr. 3a HGB im Kontext des Bilanzstrafrechts | 62 | ||
I. Schutzgut | 62 | ||
1. Streitstand | 62 | ||
2. Diskussion | 63 | ||
3. Zwischenergebnis | 65 | ||
4. Bezugspunkt des geschützten Rechtsguts „Vertrauen“ | 65 | ||
a) Streitstand | 65 | ||
aa) Objektive Lesart | 65 | ||
(1) Gehalt | 65 | ||
(2) Kritik und Diskussion | 66 | ||
(a) Zweck der Strafe | 66 | ||
(aa) Ansichten in der Literatur und die Diskussion um den Rechtsgutsbegriff | 66 | ||
(bb) Standpunkt des BVerfG | 68 | ||
(b) BVerfG: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Prüfstein für strafrechtliche Sanktionen | 68 | ||
(c) BVerfG: „Ultima-ratio“-Charakter des Strafrechts | 69 | ||
(d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die objektive Lesart | 70 | ||
bb) Subjektive Lesart | 72 | ||
(1) Gehalt | 72 | ||
(2) Kritik und Diskussion | 73 | ||
cc) Objektive Lesart mit subjektivem Einschlag | 75 | ||
(1) Gehalt | 75 | ||
(2) Kritik und Diskussion | 75 | ||
b) Erfordernis der Auslegung unter besonderer Beachtung des Wissensvorbehalts | 76 | ||
aa) Vorüberlegung: Bewusste Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben durch den deutschen Gesetzgeber | 77 | ||
bb) Gang der Auslegung | 78 | ||
cc) Grammatikalische Auslegung | 79 | ||
(1) Wesen der grammatikalischen Auslegung | 79 | ||
(2) Anwendung auf den vorliegenden Fall | 79 | ||
(3) Ergebnis | 79 | ||
dd) Systematische Auslegung | 80 | ||
(1) Wesen der systematischen Auslegung | 80 | ||
(2) Anwendung auf den vorliegenden Fall | 80 | ||
(a) Vorüberlegung: Der Aussagegegenstand der Aussagedelikte | 80 | ||
(b) Der Wissensvorbehalt im Rahmen des Zeugenmeineids | 82 | ||
(c) Der Wissensvorbehalt im Rahmen des Parteieids | 83 | ||
(d) Der Wissensvorbehalt im Rahmen des Sachverständigenmeineids | 83 | ||
(3) Ergebnis | 83 | ||
ee) Historische Auslegung | 84 | ||
(1) Wesen der historischen Auslegung | 84 | ||
(2) Anwendung auf den vorliegenden Fall | 84 | ||
(a) Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums und Gesetzentwurf der Bundesregierung | 84 | ||
(b) Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundesrats | 87 | ||
(c) Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestags | 87 | ||
(aa) Aussagen | 87 | ||
(bb) Interpretation: Die „erweiternde Funktion“ des Wissensvorbehalts | 87 | ||
α) Hinweise auf die objektive Lesart | 88 | ||
αα) Möglichkeit 1: Die Erweiterung betrifft den objektiven Erklärungsgegenstand | 88 | ||
ββ) Möglichkeit 2: Die Erweiterung betrifft den Pflichtenumfang | 88 | ||
γγ) Möglichkeit 3: Die Erweiterung im Sinne der Rechtsprechung des BGH zum Zeugenmeineid | 90 | ||
β) Hinweise auf die subjektive Lesart | 91 | ||
(d) Plenarprotokoll 16/70 vom 30. November 2006 | 92 | ||
(3) Ergebnis | 92 | ||
ff) Teleologische Auslegung | 93 | ||
(1) Wesen der teleologischen Auslegung | 93 | ||
(2) Anwendung auf den vorliegenden Fall | 93 | ||
(3) Ergebnis | 94 | ||
gg) Rechtsvergleichende Auslegung | 95 | ||
(1) Wesen der rechtsvergleichenden Auslegung | 95 | ||
(2) Anwendung auf den vorliegenden Fall | 95 | ||
(3) Ergebnis | 96 | ||
c) Zusammenfassung und Entscheidung | 96 | ||
II. Geschützte Rechtssubjekte | 97 | ||
1. Möglichkeit der Übertragung der für § 331 Nr. 1 und 2 HGB geltenden Grundsätze | 97 | ||
2. Schutz des Einzelnen | 98 | ||
3. Schutz der Öffentlichkeit | 99 | ||
4. Abgleich der gewonnenen Erkenntnisse mit den Erwägungsgründen der Transparenzrichtlinie und den Vorstellungen des deutschen Gesetzgebers | 100 | ||
III. Deliktstypus: Abstraktes Gefährdungsdelikt | 100 | ||
D. Objektiver Tatbestand | 101 | ||
I. Tatsubjekt: § 331 Nr. 3a HGB als echtes Sonderdelikt | 101 | ||
1. Gesetzliche Vertreter im Sinne des § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB | 101 | ||
a) Dogmatische Bedenken gegen die Benennung der „gesetzlichen Vertreter“ als taugliche Täter | 101 | ||
b) Höchstpersönlichkeit der Pflicht zur Abgabe des Bilanzeids | 102 | ||
c) Weigerungsrecht des überstimmten Vorstandsmitglieds | 103 | ||
aa) Problemstellung | 103 | ||
bb) Auffassung im Schrifttum | 103 | ||
cc) Stellungnahme | 104 | ||
d) Faktische Organe | 104 | ||
aa) Problemstellung | 104 | ||
bb) Entwicklung und Standpunkt der Rechtsprechung | 105 | ||
cc) Beurteilung der Rechtsprechung durch die Literatur | 105 | ||
dd) Stellungnahme | 106 | ||
2. Anforderungen an die vertretenen Kapitalgesellschaften im Einzelnen | 106 | ||
a) Inlandsemittent im Sinne des § 2 Abs. 7 WpHG | 106 | ||
aa) Inlandsemittenten mit der Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat | 106 | ||
bb) Inlandsemittenten mit einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat als Herkunftsstaat | 107 | ||
cc) Inlandsemittenten mit einem Drittstaat als Herkunftsstaat | 107 | ||
b) Keine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a HGB | 107 | ||
II. Tathandlung: Die nicht richtige Abgabe des Bilanzeids | 108 | ||
1. Der Begriff der „Unrichtigkeit“ | 108 | ||
a) Materielle Unrichtigkeit | 108 | ||
b) Formale Unrichtigkeit | 109 | ||
2. Vermögens-, Finanz- und Ertragslage | 110 | ||
3. Der Begriff der „tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft“ | 111 | ||
a) Grundlegendes | 111 | ||
b) Verfassungsrechtliche Erwägungen | 112 | ||
c) Ermittlung und Vermittlung der tatsächlichen Verhältnisse | 113 | ||
d) Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung | 115 | ||
e) Erheblichkeit und Eindeutigkeit der inhaltlichen Unrichtigkeit | 117 | ||
4. Der Wissensvorbehalt | 118 | ||
a) Überblick über die bisherigen Ergebnisse | 118 | ||
b) Anforderungen an das „beste Wissen“ | 118 | ||
c) Auswirkungen von horizontaler und vertikaler Arbeitsteilung | 119 | ||
aa) Horizontale Arbeitsteilung: Vorstandsinterne Geschäftsverteilung | 119 | ||
bb) Vertikale Arbeitsteilung: Aufgabenzuweisung an nachgeordnete Unternehmensebenen | 123 | ||
(1) Pflichten des Vorstands | 123 | ||
(2) Mirror Certificates | 124 | ||
III. Bezugspunkt des Bilanzeids | 125 | ||
1. Streitstand | 125 | ||
a) Aufgestellter Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 126 | ||
b) Festgestellter Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 127 | ||
c) Endgültiger Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 128 | ||
2. Diskussion | 128 | ||
a) Endgültiger Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 128 | ||
b) Aufgestellter Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 129 | ||
c) Festgestellter Jahresabschluss als Bezugspunkt des Bilanzeids | 132 | ||
d) Der maßgebliche Zeitpunkt der Pflicht zur Unterzeichnung des Jahresabschlusses nach § 245 HGB | 134 | ||
aa) Standpunkt der Rechtsprechung | 135 | ||
bb) Diskussion | 135 | ||
(1) Grammatikalische Gesichtspunkte | 135 | ||
(2) Systematische Gesichtspunkte | 136 | ||
(3) Historische Gesichtspunkte | 137 | ||
(4) Zweckmäßigkeitsüberlegungen | 138 | ||
3. Ergebnis | 139 | ||
E. Subjektiver Tatbestand | 140 | ||
F. Pflicht zur Offenlegung des Bilanzeids | 142 | ||
4. Kapitel: Weitere Fragen | 145 | ||
A. Vollendung und Beendigung | 145 | ||
I. Vollendung | 145 | ||
1. Streitstand | 145 | ||
2. Diskussion | 145 | ||
II. Beendigung | 147 | ||
1. Streitstand | 147 | ||
2. Diskussion | 147 | ||
B. Tätige Reue | 148 | ||
C. Konkurrenzen | 149 | ||
I. Streitstand | 149 | ||
II. Diskussion | 150 | ||
5. Kapitel: Fragebogen-Untersuchung zum Bilanzeid | 151 | ||
A. Zweck | 151 | ||
B. Methodik | 152 | ||
C. Ergebnis | 154 | ||
6. Kapitel: Die Rolle von Sec. 302 und 906 SOX im US-amerikanischen Rechtssystem | 165 | ||
A. Hintergrund: Der Sarbanes-Oxley Act in der Kritik | 165 | ||
I. Allgemeiner Diskurs | 165 | ||
II. Sec. 404 SOX als Hauptkritikpunkt des Sarbanes-Oxley Acts | 166 | ||
B. Gegenstand der Untersuchung | 167 | ||
C. Erklärungsinhalt der Pflichtversicherungen | 167 | ||
D. Eigenständiger Informationsgehalt von Pflichtversicherungen im Allgemeinen | 168 | ||
E. Sec. 302 und 906 SOX in der Diskussion | 169 | ||
F. Standpunkt der SEC | 170 | ||
G. Bedeutung von Sec. 906 SOX für wirtschaftsstrafrechtliche Verfahren | 170 | ||
I. Sec. 906 SOX als Teil des US-amerikanischen Strafrechts | 170 | ||
II. Das Problem einer uneinheitlichen Rechtsprechung im Kontext angehobener Strafrahmen | 171 | ||
III. Zunahme an Verfahren seit Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Acts | 173 | ||
IV. Strafverfahren gegen Richard Scrushy | 174 | ||
1. Verlauf und Besonderheiten | 174 | ||
2. Auswirkungen des Scrushy-Urteils | 177 | ||
H. Bedeutung von Sec. 302 und 906 SOX für private Verfahren | 178 | ||
I. Sec. 302 und 906 SOX als Anspruchsgrundlagen und subjektive Rechte | 178 | ||
II. Bedeutung der Pflichtversicherungen im Rahmen der Geltendmachung eines Anspruchs aus Rule 10b-5 | 179 | ||
I. Fazit | 181 | ||
7. Kapitel: Schlussbetrachtung | 183 | ||
8. Kapitel: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse | 187 | ||
Literaturverzeichnis | 192 | ||
Entscheidungsübersicht | 205 | ||
Anhang: Fragebogen Bilanzeid | 210 |