Gnade vor Recht – Gnade durch Recht?
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Gnade vor Recht – Gnade durch Recht?
Editors: Waldhoff, Christian
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, Vol. 81
(2014)
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Prof. Dr. Christian Waldhoff, Jahrgang 1965, studierte in Bayreuth, Fribourg, München und Speyer Rechtswissenschaft. Promotion und Habilitation 1996 und 2002 in München. Lehrbefugnis für Staats- und Verwaltungsrecht, Steuerrecht, Europarecht sowie Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Neuzeit. 2003 bis 2012 Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Bonn, dort zugleich Direktor des Kirchenrechtlichen Instituts, seit 2012 Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Finanzrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, sachverständiger Berater der Deutschen Bischofskonferenz, 2010 bis 2014 Vorstandsmitglied der Vereinigung für Verfassungsgeschichte.Abstract
Gnade diente seit jeher als Komplement zum Recht. Gnade konnte damit nicht selbst Recht sein, sondern stellte eine andere Kategorie neben dem Recht dar. Sie hat ihre Ursprünge im Religiösen. Das Recht zu begnadigen kam in Monarchien zumeist dem Herrscher zu. Im Verfassungsstaat der Gegenwart erscheint demgegenüber die Gnade weitgehend verrechtlicht: Zwar weist das Grundgesetz das Gnadenrecht dem Staatsoberhaupt und weisen die Landesverfassungen dieses Recht den Ministerpräsidenten zu. Die konkrete Umsetzung ist jedoch delegiert, durchnormiert und bürokratisiert. Ohnehin erscheinen viele Fälle, die früher im Gnadenwege gelöst wurden, heute mit den Mitteln des Rechts bewältigbar: Teile des materiellen Strafrechts und des Strafvollzugsrechts können als in die Rechtsordnung diffundierte Gnadenaspekte verstanden werden. Nimmt man hinzu, dass nach der Rechtsprechung Gnadenentscheidungen nicht justiziabel sein sollen, stellt sich die Frage nach der Berechtigung von Gnade im Verfassungsstaat des Grundgesetzes erneut und verstärkt. Diesen Fragen widmet sich der Band unter Einbeziehung historischer und theologischer Analysen und unter Einbeziehung der Gnadenpraxis in Bund und Ländern.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhalt | 5 | ||
Christian Waldhoff: Einführung | 7 | ||
Ulrich Berges: „Gnädig ist JHWH und gerecht“ (Ps 116, 5). Zur Ambiguität von Recht und Gnadeim biblischen Gottesbild | 11 | ||
I. Probleme bei der semantischen Rückfrage | 11 | ||
II. Religionsgeschichtliche Hintergründe und Entwicklungen | 16 | ||
III. Semantische Spurensuche zur „Gnade“ Gottes im Alten Testament | 18 | ||
IV. Semantische Spurensuche zu „Recht“ und „Gerechtigkeit“ Gottes im Alten Testament | 23 | ||
V. Ergebnissammlung aus alttestamentlicher Sicht | 26 | ||
VI. Die unauflösbare Dialektik von Gnade und Recht | 28 | ||
David von Mayenburg: Begnadigung aus rechtshistorischer Perspektive | 33 | ||
I. Einleitung | 33 | ||
II. Fallbeispiele | 36 | ||
1. Der Fall Anna Maria Inderbitzi (1725) | 36 | ||
2. Der Fall Johann Michael Friedrich Schütz (1799) | 38 | ||
3. Der Fall Hans von Hentig (1926) | 43 | ||
4. Der Fall Franz Freiherr von Ruffin (1965) | 45 | ||
III. Thesen | 48 | ||
1. Gnade dispensiert | 48 | ||
2. Gnade demonstriert | 58 | ||
3. Gnade diskriminiert | 62 | ||
4. Gnade diskreditiert | 65 | ||
5. Gnade entlastet | 68 | ||
6. Gnade dissimuliert | 70 | ||
IV. Schluss | 73 | ||
Thomas Harden: Einblicke in die Gnadenpraxis am Beispiel Nordrhein-Westfalens | 75 | ||
I. Einleitung | 75 | ||
II. Kurze Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen | 76 | ||
1. Art. 59 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen | 76 | ||
2. Erlass des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Rechts der Begnadigung vom 12. November 1951 | 78 | ||
3. Gnadenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen | 78 | ||
III. Abriss zum Ablauf eines Gnadenverfahrens | 79 | ||
1. Gnadengesuch oder Gnadenanregung | 79 | ||
2. Prüfung vorläufiger Einstellung der Vollstreckung | 80 | ||
3. Prüfung des Vorrangs von Entscheidungen des Gerichts oder der Vollstreckungsbehörde | 80 | ||
4. Gnadenermittlungen | 80 | ||
5. Eigene Entscheidung der Gnadenbehörde oder Bericht an das Justizministerium oder den Ministerpräsidenten | 81 | ||
6. Bekanntmachung | 83 | ||
7. Einwendungen | 83 | ||
8. Gegenvorstellung, Dienstaufsichtsbeschwerde und Petition | 84 | ||
IV. Typische Fallkonstellationen in der Gnadenpraxis | 85 | ||
V. Die tatsächliche Bedeutung des Gnadenverfahrens in Nordrhein-Westfalen | 86 | ||
VI. Ausblick | 86 | ||
Stefan Ulrich Pieper: Das Gnadenrecht des Bundespräsidenten – eine Bestandsaufnahme | 89 | ||
I. Das Gnadenrecht des Bundespräsidenten – ein Überblick | 90 | ||
1. Bundesstaatliche Kompetenznorm | 91 | ||
2. Im Einzelfall | 93 | ||
3. Gegenzeichnungsbedürftigkeit von Gnadenerweisen | 94 | ||
4. Delegationsbefugnis | 96 | ||
II. Gnade | 97 | ||
1. Herkunft des Gnadenrechts | 98 | ||
2. Begriff der Gnade | 101 | ||
III. Die Gnadenentscheidung | 112 | ||
1. Gesamtwürdigung | 112 | ||
2. Rechtscharakter der Gnadenentscheidung – Justitiabilität | 116 | ||
IV. Ist Gnade noch zeitgemäß? | 120 | ||
1. Gnade und Gewaltenteilung | 121 | ||
2. Gnade und gerechte Bestrafung | 123 | ||
3. Gnade „vor“ Recht | 126 | ||
V. Fazit | 129 | ||
VI. Statistische Angaben | 129 | ||
Christian Waldhoff: Hat Gnade im demokratischen Verfassungsstaat (noch) eine Daseinsberechtigung? | 131 | ||
I. Einleitung | 131 | ||
II. Das Rechtsinstitut der Gnade aus verfassungsrechtlicher Sicht | 133 | ||
III. Rechtspolitische Bedenken gegenüber der Kategorie der Gnade im demokratischen Verfassungsstaat | 143 | ||
IV. Schluss | 149 | ||
Autoren | 151 | ||
Rechtstexte zur Gnade | 153 | ||
Bibliographie Gnade und Recht | 158 |