Zweckveranlassung
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Zweckveranlassung
Ein Beitrag zur Zurechnung des Verhaltens Dritter im Öffentlichen Recht
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1281
(2014)
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Moritz Lange wurde 1983 in Lich geboren. Er studierte von 2003 bis 2008 Rechtswissenschaft in Heidelberg mit dem Schwerpunkt Deutsches und europäisches Verwaltungsrecht. Von 2008 bis 2010 war er Rechtsreferendar am Landgericht Heidelberg (Wahlstation: Bundesverfassungsgericht). Anschließend war er bis 2013 Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Andreas Voßkuhle am Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie – Abteilung 1 (Staatswissenschaft) der Universität Freiburg. Seit 2013 ist er Rechtsanwalt in Stuttgart.Abstract
Die »Zweckveranlassung« betrifft die auf Veranlassung beruhende Zurechnung des Verhaltens Dritter im Gefahrenabwehrrecht. Allgemeingültige Zurechnungsgrundsätze haben sich bis heute nicht herausgebildet. Zur Anwendung gelangen unterschiedliche, am jeweiligen Einzelfall ausgerichtete Zurechnungskriterien. Der Autor schlägt eine Neukonzeption der Zweckveranlassung vor, die einzelfallabhängige Zumutbarkeitserwägungen aus der Zurechnungsentscheidung ausgliedert und die Einführung eines einheitlichen Zurechnungskriteriums ermöglicht. Anhand aktueller Fallgestaltungen - u.a. der gefahrenabwehrrechtlichen Verantwortlichkeit für Ausschreitungen bei Fußballbundesligaspielen und bei Facebook-Partys, für Gegengewalt im Versammlungsrecht und für terroristische Anschläge auf gefährdete Objekte - wird die Neukonzeption auf ihre Angemessenheit und Praxistauglichkeit überprüft. Der Autor beleuchtet zudem, inwieweit die zur Zweckveranlassung entwickelte Zurechnungskonzeption auf ähnlich gelagerte Zurechnungsfragen außerhalb des Polizei- und Ordnungsrechts, etwa bei der Indienstnahme Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, bei mittelbaren Grundrechtseingriffen und im Staatshaftungsrecht, übertragen werden kann.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
A. Die „Zweckveranlassung“ – ein erster Zugriff | 15 | ||
B. Die Rechtsfigur und ihre Gegenstände im Wandel der Zeit – vom Schaufensterfall zur Facebook-Party | 20 | ||
I. Die klassischen Rechtsprechungsfälle und ihre Rezeption in der Literatur | 20 | ||
II. Die aktuellen Fallgestaltungen | 23 | ||
1. Großveranstaltungen | 23 | ||
2. Die Zurechnung störenden Drittverhaltens im Immissionsschutz- und Gaststättenrecht | 25 | ||
3. Die Veranlassung von Gegengewalt durch Versammlungen im Sinne von Art. 8 GG | 27 | ||
4. Facebook-Partys und Flashmobs | 27 | ||
5. Eigensicherungspflichten | 29 | ||
C. Die Aktualität der Zurechnungsproblematik | 31 | ||
I. Die Zweckveranlassung – ein nach wie vor ungelöstes Rechtsproblem | 31 | ||
II. Die über das Recht der Gefahrenabwehr hinausreichende Bedeutung der die Zweckveranlassung kennzeichnenden Zurechnungsproblematik | 33 | ||
1. Kennzeichen der in Rede stehenden Zurechnungsproblematik | 33 | ||
2. Parallele Anwendungsfälle | 36 | ||
a) Die Begründung gemeinwohlbezogener Handlungs- und Finanzierungslasten Privater | 36 | ||
b) Durch Dritte vermittelte Grundrechtseingriffe | 38 | ||
c) Staatshaftungsrecht | 40 | ||
D. Notwendigkeit und Zulässigkeit der Zurechnung des Verhaltens Dritter im Gefahrenabwehrrecht | 42 | ||
I. Zum Einwand der Entbehrlichkeit der Zweckveranlassung | 44 | ||
1. Effektivität der Gefahrenabwehr als Argument | 44 | ||
2. Effektivitätseinbußen durch Regressverbot | 46 | ||
3. Zwischenergebnis | 49 | ||
II. Zum Einwand der fehlenden gesetzlichen Grundlage | 49 | ||
III. Zum Einwand der Verletzung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Selbstverantwortung | 50 | ||
IV. Zum Einwand der „Rechtmäßigkeit“ des Veranlasserverhaltens | 54 | ||
1. Das Verständnis von Rechtswidrigkeit im Polizeirecht | 55 | ||
2. Das herrschende „starke“ Verursachungsverständnis | 56 | ||
3. Gegenentwurf eines „schwachen“ Verursachungsverständnisses | 57 | ||
4. Die Notwendigkeit einer Befreiung des Störerbegriffs von Rechtmäßigkeitserwägungen | 59 | ||
a) Wortlaut und Systematik der Polizeigesetze | 59 | ||
b) Fehlende Abstützung des Dogmas von der Rechtswidrigkeit der Verursachung im „starken“ Verursachungsverständnis | 60 | ||
c) Die Rechtsordnung als lückenhafter Maßstab der polizeirechtlichen Verursachung | 62 | ||
aa) Pflichtenkonstruktionen | 64 | ||
(1) Nichtstörungspflicht | 64 | ||
(2) Allgemeine Rechtsgüterschutzpflichten | 65 | ||
bb) Kritik der Pflichtenkonstruktionen | 66 | ||
(1) Nichtstörungspflicht | 66 | ||
(2) Allgemeine Rechtsgüterschutzpflichten | 67 | ||
(3) Fehlender Nutzen der Pflichtenkonstruktionen | 69 | ||
(4) Zwischenergebnis | 69 | ||
d) Fehlende Konsistenz des Satzes von der Rechtswidrigkeit der Verursachung | 70 | ||
e) Einengung polizeilicher Handlungsmöglichkeiten | 71 | ||
f) Die Betonung der Differenzierungsfunktion als primäre Funktion von Zurechnungsgründen auf Adressatenebene | 72 | ||
aa) Die Funktionen von Zurechnungsgründen im öffentlichen Recht | 73 | ||
bb) „Verursachung“ als taugliches Zurechnungskriterium | 76 | ||
cc) Die notwendige Trennung der Differenzierungs- und der Zumutbarkeitsfunktion von Zurechnungsgründen | 77 | ||
dd) Erfüllung des „Mindestzurechnungszusammenhangs“ als hinreichende Voraussetzung der Einordnung einer Person als Störer | 79 | ||
(1) Die Relevanz der Stärke des Zurechnungszusammenhangs im Einzelfall | 79 | ||
(a) … im Zusammenhang mit der Funktion von Zurechnungsgründen als Zumutbarkeitsgründen | 79 | ||
(b) … im Zusammenhang mit der Funktion von Zurechnungsgründen als Differenzierungsgründen | 80 | ||
(2) Die Maßgeblichkeit des „Mindestzurechnungszusammenhangs“ für die Störerbestimmung | 82 | ||
(3) Vorteile | 83 | ||
(a) Abbildung des Unterschieds zwischen Differenzierungs- und Zumutbarkeitsfunktion von Zurechnungsgründen | 83 | ||
(b) Die Unterscheidung zwischen Störer und Nichtstörer als „Vorfilter“ | 84 | ||
ee) Zwischenergebnis | 85 | ||
g) Denkbarer Einwand: Notwendigkeit der Entschädigung von Gefahrverursachern | 85 | ||
h) Ausnahme bei „Befugnis“? | 88 | ||
5. Zwischenergebnis | 91 | ||
V. Zum Einwand der Systemwidrigkeit der Zweckveranlassung | 92 | ||
VI. Ergebnis | 93 | ||
E. Die Zweckveranlassung als umfassende Figur für die auf Veranlassung beruhende Zurechnung des Verhaltens Dritter im Gefahrenabwehrrecht | 95 | ||
I. Die Unabhängigkeit der Zweckveranlassung von den gefahrenabwehrrechtlichen Verursachungstheorien | 95 | ||
II. Die Unabhängigkeit der Zweckveranlassung von der „an sich“ gegebenen polizeirechtlichen Neutralität des Veranlasserverhaltens | 99 | ||
1. Die Parallelität der „klassischen“ Zweckveranlassung zur erforderlichen Zurechnung zu einer schon „an sich“ störenden Person | 100 | ||
2. Die Irrelevanz der Rechtmäßigkeit des Veranlasserverhaltens bei der Zurechnung zu einem Störer | 101 | ||
3. Zwischenergebnis | 103 | ||
III. Die Anwendbarkeit der Zweckveranlassung auf die Verhaltens- und die Zustandsverantwortlichkeit | 104 | ||
IV. Ergebnis | 108 | ||
F. Das Zurechnungskriterium | 109 | ||
I. „Verursachung“ | 109 | ||
II. Äquivalente Kausalität | 111 | ||
1. Äquivalente Kausalität als Grundvoraussetzung der Zurechnung | 111 | ||
2. Äquivalente Kausalität als allein unzureichendes Zurechnungskriterium | 114 | ||
a) Die Weite der Äquivalenztheorie | 115 | ||
b) Verhältnismäßigkeit als allein ungeeignetes Korrektiv der Äquivalenztheorie | 116 | ||
3. Zwischenergebnis | 118 | ||
III. Subjektive Vorhersehbarkeit als maßgebliches Zurechnungskriterium | 118 | ||
1. Die derzeitige Bedeutung der Vorhersehbarkeit für die Zurechnung im Polizeirecht | 118 | ||
2. Vorhersehbarkeit des Drittverhaltens als notwendiger Ausfluss des Prinzips der Selbstverantwortung | 121 | ||
3. Subjektive Vorhersehbarkeit | 124 | ||
4. Zwischenergebnis | 127 | ||
IV. Zur Entbehrlichkeit eines die Vorhersehbarkeit ergänzenden Zurechnungskriteriums | 127 | ||
1. Die Ungeeignetheit der gängigen Zurechnungskriterien | 127 | ||
a) Schutzzweckerwägungen und andere Wertungen der Rechtsordnung als Maßstab der Zurechnung | 128 | ||
b) Beteiligung im Zeitpunkt der Gefahrentstehung | 132 | ||
c) „Subjektive Theorie“ | 133 | ||
d) „Objektive Theorie“ | 136 | ||
e) Risikonutzen | 139 | ||
f) Anpassung | 142 | ||
g) Zwischenergebnis | 144 | ||
2. Die Angemessenheit der mittels Kausalität und subjektiver Vorhersehbarkeit gewonnenen Ergebnisse | 144 | ||
a) Funktionsentsprechende Ausgestaltung des Zurechnungsgrunds | 145 | ||
b) Die Zurechnung in der Praxis | 146 | ||
c) Vergleich mit ähnlichen Zurechnungskonstellationen in anderen Rechtsgebieten | 147 | ||
aa) Der Fahrlässigkeitstäter hinter dem Täter im Strafrecht | 147 | ||
bb) Die zivilrechtliche Problematik des mittelbaren Störers im Rahmen von § 1004 BGB | 149 | ||
cc) Bewertung | 152 | ||
d) Zwischenergebnis | 153 | ||
3. Die Handhabbarkeit des Kriteriums der subjektiven Vorhersehbarkeit | 153 | ||
a) Zum Einwand der Unbestimmtheit des Kriteriums | 153 | ||
b) Zum Einwand der übermäßigen Weite des Kriteriums | 155 | ||
aa) Die Unanwendbarkeit des Vertrauensgrundsatzes | 155 | ||
bb) Der Gewinn an Rationalität durch ein weites Zurechnungskriterium | 157 | ||
c) Zwischenergebnis zur Handhabbarkeit des Kriteriums der subjektiven Vorhersehbarkeit | 157 | ||
4. Zwischenergebnis zur Entbehrlichkeit eines die Vorhersehbarkeit ergänzenden Zurechnungskriteriums | 158 | ||
V. Modifikation für den Fall der Zurechnung künftigen Verhaltens Dritter | 158 | ||
VI. Ergebnis | 158 | ||
G. Überblick über die Neukonzeption der Zweckveranlassung und ihre Vorteile | 160 | ||
H. Die Anwendung der Neukonzeption auf aktuelle Fallgestaltungen | 164 | ||
I. Großveranstaltungen | 164 | ||
1. Zurechnung | 164 | ||
2. Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen auf der Primärebene | 166 | ||
3. Möglichkeiten der Heranziehung des Veranstalters zum Kostenersatz | 169 | ||
a) Kostenverteilung nach den Polizeigesetzen | 170 | ||
b) Gebührenrecht | 171 | ||
II. Zurechnung störenden Drittverhaltens im Immissionsschutz- und Gaststättenrecht | 183 | ||
III. Die Veranlassung von Gegengewalt durch Versammlungen im Sinne von Art. 8 GG | 190 | ||
IV. Facebook-Partys und Flashmobs | 201 | ||
1. Zurechnung | 201 | ||
a) Zurechnung zum Einladenden | 202 | ||
b) Zurechnung zum Plattformbetreiber | 204 | ||
c) Zurechnung zu anderen Veranlassern | 207 | ||
2. Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen auf Primärebene | 207 | ||
3. Möglichkeiten der Heranziehung des Veranlassers zum Kostenersatz | 210 | ||
V. Eigensicherungspflichten | 212 | ||
1. Zurechnung | 212 | ||
a) Keine Zurechnung nach herkömmlichen Kriterien | 212 | ||
b) Zurechnung wegen Veranlassung durch Verhalten | 213 | ||
c) Zurechnung wegen Veranlassung durch den beherrschten Sachzustand | 216 | ||
2. Verpflichtbarkeit zu Eigensicherungsmaßnahmen auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel | 216 | ||
a) Die polizeiliche Generalklausel als hinreichend bestimmte Grundlage für die Auferlegung von Eigensicherungspflichten | 217 | ||
b) Verhältnismäßigkeit der Auferlegung von Eigensicherungspflichten | 218 | ||
c) „Legalisierungswirkung“ von Genehmigungen | 220 | ||
3. Konsequenzen für Einordnung und Auslegung der gesetzlichen Eigensicherungspflichten | 222 | ||
I. Ausblick: Die Übertragbarkeit der Zurechnungskonzeption auf andere Fälle der Zurechnung des Verhaltens Dritter im öffentlichen Recht | 227 | ||
I. Die Begründung gemeinwohlbezogener Handlungs- und Finanzierungslasten Privater | 227 | ||
II. Zurechnung des Verhaltens Dritter zur öffentlichen Hand aufgrund Veranlassung | 232 | ||
1. Die Zurechnung von durch Dritte vermittelten Grundrechtseingriffen | 233 | ||
2. Staatshaftungsrecht | 240 | ||
III. Schlussbemerkung | 244 | ||
J. Zusammenfassung | 245 | ||
Literaturverzeichnis | 248 | ||
Sachregister | 264 |