Die Performativität der Satire bei Karl Kraus
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Die Performativität der Satire bei Karl Kraus
Zu seiner »geschriebenen Schauspielkunst«
Schriften zur Literaturwissenschaft, Vol. 38
(2015)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Eiji Kouno ist geboren und aufgewachsen in der Präfektur Fukuoka, Japan. Studium und Promotion bei Prof. Dr. Eberhard Scheiffele an der Waseda-Universität, Tokio. 1995–1997 Studienaufenthalt an den Universitäten in Bonn und Düsseldorf. Hauptfach Germanistik. 1998–2011 Honorarlehrkraft an mehreren Universitäten in Japan. 2011 Dozent, 2014 außerordentlicher Professor an der Kindai-Universität, Osaka. Forschungsschwerpunkte: Medien / Performativität.Abstract
Karl Kraus (1874-1936) hat seine satirischen Texte, die er nicht nur in seiner Zeitschrift $aDie Fackel$z drucken ließ, sondern auch in Lesungen vortrug, »geschriebene Schauspielkunst« genannt. Bei ihrer ›Aufführung‹ handelt es sich um die Interpretation der Sätze im anspruchsvoll aphoristischen Stil, aber auch um das Erlebnis der materialen Präsenz des Wortes und Zeichens sowie der dadurch bewirkten Sprach-Ereignisse. Beim Publikum sollte so eine Ehrfurcht vor dem ästhetischen sowie ethischen Wert der Sprache hervorgerufen werden, der durch die Presse beeinträchtigt gewesen sei. Die Akte, welche die Kraussche Sprache dabei ausführt, werden hier, anhand seiner Werke bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, vom Aspekt der $aPerformativität$z aus betrachtet. Dieser Versuch zielt darauf, die Kraus-Forschung so zu erneuern, dass man in Kraus' Satire ein nie veraltendes Modell der Literatur entdecken kann, das sogar das Potential einer Kritik an der heutigen ›Herrschaft‹ der Informationstechnologie aufzuweisen scheint.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
I. Die gegenwärtige Szene der Kraus-Rezeption | 13 | ||
II. Zielsetzung unserer Untersuchung | 15 | ||
A. Zwischen Publizistik und Bühne | 19 | ||
I. Wider die »affectirte Beziehung zur Kunst« bei den ›Jung-Wienern‹ | 19 | ||
1. Widersprüchliche Parteinahme für den Naturalismus | 19 | ||
2. Ein Blick hinter die Kulissen der Wiener Moderne | 21 | ||
II. Die Konfrontation der Fackel mit der Theatralität der Presse-Meldung | 25 | ||
1. Kritik am Eingriff der Presse in den künstlerischen Bereich | 25 | ||
2. Wider die Theatralisierung der Öffentlichkeit | 28 | ||
III. Die Sprache als Gewalt im Spannungsfeld von Rassismus und Doppelmoral | 31 | ||
1. Das gewählte Ideal der jüdischen Assimilation in einer Umbruchszeit | 31 | ||
a) Angesichts des Dilemmas der assimilierten Juden | 31 | ||
b) Das Potential der Sprache für die ›Akkulturation‹ | 33 | ||
2. Verteidigung von »Geist« und »Sinnlichkeit« gegenüber der Strafjustiz | 37 | ||
a) Satire und Strafgesetz. Berührungspunkte und Unterschiede | 37 | ||
b) Das Hineinspielen der Sprache in die Geschlechterfrage | 42 | ||
IV. Der Gedanke über den Stil: Eine sowohl ethische als auch ästhetische Frage | 45 | ||
1. Der Einfluss des Presse-Mediums auf die Situation der Satire | 45 | ||
2. Die Polemik gegen Maximilian Harden als Ausgangspunkt von Kraus’ gezielter Sprachkritik | 49 | ||
B. Kritische Übernahme von Techniken Heinrich Heines | 53 | ||
I. Vorstufen der Entstehung von ›Heine und die Folgen‹ | 53 | ||
1. Der Heine-Essay als herausforderndes Manifest | 53 | ||
2. Die Ästhetik der Wiener Moderne und Heines Stil | 58 | ||
3. Der Streitpunkt. Das »Sprachproblem« bei zwei Satirikern | 62 | ||
a) Das Problem des Stils im Zusammenhang mit dem Schauspielerischen | 62 | ||
b) Der Künstlers als »Diener am Wort« | 65 | ||
II. Ausbruch aus der romantischen Ästhetik der Satire | 68 | ||
1. Parallele Entwicklung der Heine-Kritik und des eigenen Stil-Diskurses | 68 | ||
2. Die Strategie des Stils im Krausschen Aphorismus | 72 | ||
a) Kraus und Heine als rhetorische Schriftsteller. Konvergenzen, Divergenzen | 72 | ||
b) Das Zusammenwirken von Pathos und Witz beim Aphorismus | 76 | ||
3. Die Verbundenheit der Krausschen Ästhetik der Satire mit der Materialität des sprachlichen Mediums | 80 | ||
a) Eine Neubestimmung des Primats der Form vor dem Stoff | 80 | ||
b) Eine typographische Strategie und die »Materialästhetik« der Satire | 84 | ||
III. Legitimation der Satire als Kunst im Gegenzug zur Herrschaft der Presse | 89 | ||
1. Zu Kraus’ »Spracherotik« | 89 | ||
a) »Lust und Qual« bei dem »Abenteuer« der Arbeit am Wort | 89 | ||
b) Der Antagonismus von Chaos und Kosmos in der Satire | 92 | ||
2. Theatralische Usurpation der Stelle eines »großen Satirikers« | 96 | ||
a) Das Paradox der »Präformiertheit der Gedanken« beim mimischen Zitat | 96 | ||
b) Eine literarische Usurpation auf der pragmatischen Ebene der Sprache | 100 | ||
3. Tragweite der Sprachauffassung im Heine-Essay | 104 | ||
a) Das Bild des Laufs im Begriff »Ursprung« | 104 | ||
b) Das Kernproblem des Kommunikativen bei der Krausschen Sprachauffassung | 108 | ||
C. »Geschriebene Schauspielkunst« – Satire, Performativ | 114 | ||
I. Die Entdeckung des Sprachsatirikers Nestroy | 114 | ||
1. Gegen die Inszenierung der Zeitgeschichte durch die Presse | 114 | ||
2. Aktualisierung von Nestroys satirischer Methode | 119 | ||
a) Das Zusammenwirken von Pathos und Witz bei Nestroy als Vorbild der Krausschen Satire | 119 | ||
b) Die Theatralität des satirischen Textes bei Kraus | 124 | ||
3. Zum performativen Zug der Krausschen Satire | 129 | ||
a) Kraus’ »Reinszenierung« verborgener Gewalttätigkeit der Presse | 129 | ||
b) Aspekte der Performativität im Blick auf die Kraussche Satire | 135 | ||
II. Zur Herkunft der Satire aus der Theaterpraxis | 140 | ||
1. Theatrale Textdarstellung als literarischer Entwurf | 140 | ||
a) Kraus’ Ansicht von der Verbundenheit von literarischen und schauspielerischen Elementen bei Nestroy | 140 | ||
b) Kraus’ Prosa: Monologe mit operettenhaften Zügen? | 146 | ||
2. Der »iterabilisierende« Aspekt der Performativität bei der Krausschen Satire | 150 | ||
a) »Grubenhund«. Fiktionale Elemente der »geschriebenen Schauspielkunst« | 150 | ||
b) Performative Iteration: Zur Strategie des Zitierens bei Kraus | 154 | ||
3. Sprachlicher Mimus. Zur Komik der Krausschen Satire | 160 | ||
a) Das Mimische und der Mimus: Die Herkunft der Satire aus dem »Schauspiel« | 160 | ||
b) Das Moment des Komischen in der »geschriebenen Schauspielkunst«. Zum Appell-Charakter der performativen Wiederholung | 164 | ||
4. Satire und Mimesis in performativer Perspektive | 168 | ||
a) Suspendierung der Grenze zwischen Faktizität und Fiktionalität | 168 | ||
b) Probleme der Satire-Auffassungen im Zusammenhang mit der Mimesis | 173 | ||
Exkurs: Performativität und das Problem der Fiktionalität | 177 | ||
III. Zur performativen Umgestaltung der Satire im Spannungsfeld der Aisthesis | 180 | ||
1. Die Sprache als Ideal. Kraus’ Wiederbelebung des aisthetischen Moments der Satire | 180 | ||
a) Gegen die Ästhetisierung der Satire. Das Problem der Aggressivität bei Kraus | 180 | ||
b) Zum literaturhistorischen Hintergrund des Krausschen Entwurfs der Satire als literarischer Form | 186 | ||
Exkurs: Performativität im Problemkreis des Erhabenen | 190 | ||
2. Sinn und Sinnlichkeit bei der »geschriebenen Schauspielkunst«. Die Schrift als Ereignis | 196 | ||
a) Die »graphische Anordnung« des operativ zur Schau gestellten Zitatmaterials | 196 | ||
b) Materialität der Schrift und performative Pädagogik | 206 | ||
3. Der »korporalisierende« Aspekt der Performativität bei Kraus | 211 | ||
a) Sagen und Zeigen. Kraus’ Eigenposition im Wechselspiel von Hermeneutik und Performanz | 211 | ||
b) Ethik der »Responsivität« und »korporalisierende Performativität« | 216 | ||
D. Der Leseabend als Ritual. Zur Performance-Ebene der Krausschen Satire | 223 | ||
I. Die eigene Stimme. Entwurf einer alternativen ›Schauspielkunst‹ | 223 | ||
1. Die Spezifik des sprachlichen Ereignisses bei Lesungen | 223 | ||
2. Attraktive Performance auf Grund der Vorkenntnis der Texte beim Publikum | 226 | ||
II. Die ›sinnliche‹ Verkörperung des Sinnes im affektiven Bannkreis der Stimme | 229 | ||
1. Kraus’ Entwurf einer »Sprechkunst«. Seine Beziehung zur Performativität der Stimme | 229 | ||
2. Kraus’ Position in einer verwandelten Situation der Sprachmedien | 233 | ||
III. Beifall und Verdächtigung angesichts der ›rätselhaften‹ Identität des Satirikers | 236 | ||
1. Sozialer Widerhall auf Kraus’ Lesungen als eine rituelle Performance | 236 | ||
2. Das Potential der transformierenden Wirkung der Krausschen Lesungen | 242 | ||
IV. Die orale Performance der Satire und ihr Bezug zum Ethischen | 245 | ||
1. Die »Persönlichkeit« in der aisthetischen Performance: Kraus’ Entwurf einer Erziehung des Publikums | 245 | ||
2. Die performative Annäherung ans Ideal der Satire durch das Zusammenwirken von Schrift und Stimme | 249 | ||
E. Aspekte der Performativität in der Antikriegstragödie Die letzten Tage der Menschheit | 254 | ||
I. Schriftstellerische sowie rezitatorische Strategie im ›Kriegstheater‹ des Ersten Weltkriegs | 254 | ||
1. Das Leitprinzip »Wort und Tat«. Zur Sprachproblematik in der Kriegsfackel | 254 | ||
a) Angriff auf die sprachliche Herrschaft der Presse im Mechanismus der Kriegspropaganda | 254 | ||
b) Der andere Krieg. Die sprachliche Ebene der Antikriegs-Satire | 257 | ||
2. Die Lesungen – eine Aktion gegen die mediale Verarbeitung von Kriegsereignissen | 261 | ||
a) Multisensorisierung der Satire durch Annäherung an das Mimetische | 261 | ||
b) Der Grund der Satire in aisthetischer Sicht: die ›Aura‹ | 265 | ||
3. Mehrdimensionale Entwicklung des Performativen in der Krausschen Satire | 268 | ||
a) Vorladung zum sprachlichen Weltgericht | 268 | ||
b) Das Metatheater eines mitschuldigen »Zeugen« | 273 | ||
II. Vier Erscheinungsformen der performativen Metatheatralik in der Antikriegstragödie | 277 | ||
1. Die Herrschaft der »universalisierenden« Macht der Phrasen | 277 | ||
a) Die Darstellung der anonymen Masse der Zeitungsleser im Hinterland | 277 | ||
b) Opposition der Sprache gegen den Krieg, optisch, akustisch | 280 | ||
2. Iterabilisierung der sprachlichen Gewalt durch die Kriegsberichterstattung | 283 | ||
a) Über das Dokumentartheater hinaus: Ansätze zur Problematisierung der Simulation bei Kraus | 283 | ||
b) Gegen die Anästhesie beim »tragischen Karneval« | 287 | ||
3. Anklage und Trauer auf dem ›Schlachtfeld der Sprache‹ | 291 | ||
a) Das Prinzip einer performativen Antikriegssatire in den Äußerungen des Nörglers | 291 | ||
b) Der »Nörgler« als halbfiktiver Agent der Heldin Sprache | 295 | ||
4. Neukonzeption der »Tragödie« durch eine performative »Korporalisierung« des Welttheaters | 299 | ||
a) Kraus’ Versuch einer Eingliederung der Sprache ins Kraftfeld sinnlicher Ganzheit | 299 | ||
b) Satirische Strafe der Menschheit durch eine multisensorisch wiederbelebte Sprache | 304 | ||
III. Der »Ursprung« als Ziel des »Epigonen«: Performative Annäherung an das Göttliche | 308 | ||
1. Gott im Welttheater einer performativen Satire | 308 | ||
2. Über die Negativität der Satire hinaus | 312 | ||
3. Kraus’ Dichtung als Hintergrund seines Welttheaters | 315 | ||
4. Das »Ja« des Satirikers im Spannungsfeld des Performativen | 321 | ||
Schlussbetrachtung | 327 | ||
Literaturverzeichnis | 330 | ||
Zur Zitierweise | 330 | ||
1. Schriften von Karl Kraus | 330 | ||
2. Sekundärliteratur | 331 | ||
a) Literarische Texte | 331 | ||
b) Wissenschaftliche Texte | 334 | ||
3. Nachschlagewerke | 353 | ||
Abbildungsnachweis | 355 | ||
Personenregister | 356 |