Schutz vorvertraglicher Investitionen
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Schutz vorvertraglicher Investitionen
Zur Haftung beim Scheitern von Vertragsverhandlungen
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 446
(2015)
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Thomas Krawitz studierte Rechtswissenschaften und Neuere und Neueste Geschichte in Freiburg, Cambridge (UK) und München. Nach dem ersten Staatsexamen 2005 absolvierte er sein Referendariat am OLG München (Wahlstation bei den Vereinten Nationen in New York). Im Anschluss erwarb er 2008 einen Master of Law (LL.M.) an der Columbia University in New York City. Von 2005 bis 2007 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Claus-Wilhelm Canaris und von 2008 bis 2012 am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit an der LMU München tätig, wo er 2014 promoviert wurde. Seit 2012 arbeitet er als Rechtsanwalt in München und London.Abstract
Die Arbeit untersucht die Problematik der Frustrierung vorvertraglicher Investitionen beim Scheitern von Vertragsverhandlungen. Sie zeigt, dass die Frage der Haftung beim Abbruch von Verhandlungen bislang nicht zufriedenstellend gelöst ist. Die Rechtsprechung behandelt diese Problematik meist im Rahmen des Instituts der culpa in contrahendo. Allerdings gelingt es nur in seltenen Fällen, die für eine Haftung aus c.i.c. erforderliche Pflichtverletzung überzeugend zu begründen; der oft bemühte Tatbestand des »Verhandlungsabbruchs ohne triftigen Grund« kann das Begründungsdefizit nicht beseitigen und begegnet grundsätzlichen dogmatischen Bedenken.Zentrales Anliegen der Arbeit ist daher die Entwicklung eines kohärenten Haftungskonzepts. Neben einer Haftung aus c.i.c. für pflichtwidriges Verhandlungsverhalten sollte eine verschuldensunabhängige Ausgleichshaftung anerkannt werden, die eine gerechte Risikoverteilung gewährleistet und auf Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gestützt werden könnte.»Protection of Precontractual Investment«The study analyses the problem of frustration of a precontractual investment in the event of a break-off of negotiations. The difficulty is that a fault-based liability under the concept of culpa in contrahendo requires a breach of duty which is usually absent in such situations. The author proposes a coherent liability concept which - apart from fault-based liability - provides for a liability irrespective of fault to ensure a fair allocation of risks.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung | 15 | ||
I. Problemaufriss | 15 | ||
II. Gang der Untersuchung | 16 | ||
B. Haftung beim Scheitern von Verhandlungen im Rahmen der c.i.c. | 19 | ||
I. Vorüberlegungen zum Wesen der c.i.c. und zur Funktion vorvertraglicher Pflichten | 19 | ||
1. Die verschuldensabhängige Haftung aus culpa in contrahendo auf der Grundlage des „hybriden“ vorvertraglichen Schuldverhältnisses | 19 | ||
2. Vorvertragliches Pflichtenprogramm | 21 | ||
a) „Haftungsgetriebene“ Entwicklung der Pflichten | 21 | ||
b) Zur Terminologie und dogmatischen Einordnung der vorvertraglichen Pflichten | 23 | ||
aa) Zu den Schutzpflichten | 29 | ||
bb) Zu den Verhandlungspflichten | 31 | ||
II. Analyse der Rechtsprechung | 32 | ||
1. Herausbildung eines zweigliedrigen Haftungstatbestands | 32 | ||
a) Schuldhafte Vertrauenserweckung | 33 | ||
b) Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund | 35 | ||
2. Widersprüchliche Verwendung des Kriteriums des Verhandlungsabbruchs ohne triftigen Grund | 36 | ||
a) Abbruch ohne triftigen Grund als Chiffre in der Auseinandersetzung um die Reichweite der Haftung | 37 | ||
aa) Anfängliche Phase der Herausbildung eines eigenen Haftungstatbestands | 38 | ||
bb) Anlehnung an verschuldensunabhängige Haftung aus § 122 BGB | 39 | ||
cc) Haftungsbegrenzende Tendenz | 41 | ||
(1) Ablehnende Haltung gegenüber verschuldensunabhängiger Haftung – jedenfalls für formbedürftige Verträge | 41 | ||
(2) „Druckerei“-Entscheidung | 43 | ||
(3) Kritik | 45 | ||
(4) Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund als Chiffre für verschuldensunabhängige Haftung | 46 | ||
dd) (Potentiell) Haftungsausweitende Tendenz | 48 | ||
ee) Unklare Positionierung anderer Senate | 51 | ||
b) Folgerungen | 55 | ||
aa) Verschuldensunabhängige Haftung beim Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund? | 56 | ||
bb) Faktische Aufgabe des Tatbestands bei vordergründiger Aufrechterhaltung desselben | 57 | ||
3. Keine Veränderungen durch Schuldrechtsreform | 58 | ||
4. Fazit | 59 | ||
C. Kritik am bestehenden Haftungsregime | 61 | ||
I. Haftung aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung | 61 | ||
1. Vorvertragliche Informationspflichten | 62 | ||
a) Terminologie und Systematik | 62 | ||
b) Wahrheitspflicht | 63 | ||
c) Aufklärungspflichten | 66 | ||
aa) Rechtsökonomische Überlegungen zur Statuierung von Aufklärungspflichten | 67 | ||
bb) Begründungsmodelle | 69 | ||
cc) Fazit | 72 | ||
2. Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen vertragsbezogenen und verhandlungsbezogenen Informationspflichten | 73 | ||
a) Anderer Bezugspunkt | 73 | ||
b) Andere Schutzrichtung | 74 | ||
c) Abschlussbereitschaft als ungewöhnliches Objekt von Informationspflichten | 74 | ||
aa) Schwierigkeit der exakten Beschreibung der Abschlussbereitschaft | 74 | ||
bb) Unübertragbarkeit der zu den vertragsbezogenen Informationspflichten entwickelten Begründungen und Dogmatik | 75 | ||
d) Fazit | 77 | ||
II. Haftung aufgrund des Verhandlungsabbruchs ohne triftigen Grund | 78 | ||
1. Technische Schwierigkeiten | 78 | ||
a) Belastbare Definition eines triftigen Grunds kaum möglich | 78 | ||
b) Verhandlungsabbruch kein geeigneter Anknüpfungspunkt für Pflichtverletzung | 81 | ||
c) „Wahrer“ Abbruchsgrund schwierig zu bestimmen | 82 | ||
d) Abbruchsentscheidung kaum justitiabel aufgrund ihres prospektiven Charakters | 83 | ||
aa) Prospektive, unternehmerische Entscheidung | 83 | ||
bb) Business Judgement Rule | 84 | ||
cc) Beispiel für Zweifelhaftigkeit der Beurteilung einer unternehmerischen Entscheidung | 86 | ||
2. Dogmatische Widersprüche | 88 | ||
a) Pflichtgemäßes Alternativverhalten nicht begründbar | 88 | ||
b) Widerspruch zu verhandlungsbezogener Aufklärungspflicht | 89 | ||
c) Unvereinbarkeit mit negativer Vertragsfreiheit | 90 | ||
d) Umgang mit besserem Angebot eines Dritten ungelöst | 91 | ||
e) Ersatz des Vertrauensschadens inkonsequent | 92 | ||
3. Keine „Hilfestellung“ durch Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens | 94 | ||
D. Entwicklung eines kohärenten Haftungskonzepts | 97 | ||
I. Pflichtenbasierte, verschuldensabhängige Haftung | 97 | ||
1. Die verhandlungsbezogenen Informationspflichten | 98 | ||
a) Integratives und distributives Verhandeln | 98 | ||
b) Kein Widerspruch zu negativer Abschlussfreiheit und Formvorschriften | 99 | ||
2. Die Ausprägungen der verhandlungsbezogenen Informationspflicht | 100 | ||
a) Pflicht, bei der Gegenseite keine unzutreffenden Vorstellungen über die Wahrscheinlichkeit eines wirksamen Vertragsschlusses zu erwecken oder aufrechtzuerhalten | 101 | ||
aa) Angaben zur inneren Abschlussbereitschaft | 101 | ||
bb) Angaben zu Wirksamkeitshindernissen | 102 | ||
(1) Abschlusshindernisse, die von den Parteien selbst beseitigt werden können | 103 | ||
(2) Abschlusshindernisse, die nicht von den Parteien selbst beseitigt werden können | 104 | ||
b) Kein opportunistisches Verhalten in der Form des sog. „hold up“ | 104 | ||
aa) Definition opportunistischen Verhaltens | 105 | ||
bb) Begründung der Pflichtwidrigkeit | 108 | ||
cc) Schwierigkeiten bei der Begründung eines Haftungsanspruchs | 109 | ||
dd) Beispiel: Druckerei-Fall | 110 | ||
3. Grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Begründung eines Ersatzanspruchs im Rahmen einer verschuldensabhängigen Haftung | 111 | ||
a) Feststellung und Beweisbarkeit eines Auseinanderklaffens zwischen innerer und geäußerter Einstellung | 111 | ||
b) Keine „Rückwirkung“ | 112 | ||
II. Verschuldensunabhängige Ausgleichshaftung | 113 | ||
1. Rechtsökonomische Vorüberlegungen zu einer verschuldensunabhängigen Haftung | 114 | ||
2. Möglichkeit privatautonomen Selbstschutzes kein schlagendes Argument gegen eine verschuldensunabhängige Haftung | 117 | ||
3. Notwendigkeit der Konstruktion einer verschuldensunabhängigen Haftung außerhalb des Instituts der c.i.c. | 120 | ||
4. Möglichkeit der Konstruktion einer verschuldensunabhängigen Haftung außerhalb des Instituts der c.i.c. | 121 | ||
5. Begründungsansätze | 124 | ||
a) Gesetzliche Haftung | 125 | ||
aa) Deliktsrechtliche Ansätze | 125 | ||
bb) Ansätze, die das Vertrauen in den Vertragsschluss betonen | 125 | ||
cc) Ansätze, die den Verkehrsschutz in den Mittelpunkt stellen | 129 | ||
b) Rechtsgeschäftliche bzw. quasivertragliche Lösungen | 131 | ||
aa) Selbstbindung | 131 | ||
(1) Konzepte einer Selbstbindung | 131 | ||
(2) Stellungnahme | 136 | ||
bb) Vorwirkung des (später gescheiterten) Vertrags | 140 | ||
c) Überwindung der Antinomie zwischen gesetzlicher und (quasi-)vertraglicher Haftung | 142 | ||
d) Haftungsgrund und Zurechnungsprinzip | 145 | ||
aa) Zum Haftungsgrund | 147 | ||
bb) Zum Zurechnungsprinzip | 149 | ||
(1) Das Risikoprinzip und seine Anwendungsfelder | 150 | ||
(2) Die Vielschichtigkeit des Risikobegriffs | 153 | ||
(3) Das Risikoprinzip in Bezug auf vorvertragliche Investitionen | 155 | ||
6. Anknüpfungspunkte für eine Ausgleichshaftung im Gesetz | 157 | ||
a) Analogie zu § 122 BGB | 158 | ||
b) Anlehnung an §§ 1298 ff. BGB | 161 | ||
c) Anlehnung an §§ 722, 735 BGB und § 313 BGB | 166 | ||
aa) Anknüpfung an §§ 722, 735 BGB | 166 | ||
bb) Anknüpfung an § 313 BGB | 167 | ||
(1) Position des BGH | 168 | ||
(2) Anwendbarkeit des Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft | 169 | ||
(3) Übertragbarkeit der Argumentation auf die Situation des Verhandlungsabbruchs | 171 | ||
(4) § 313 BGB als Generalnorm zur Gewährleistung einer gerechten Risikoverteilung | 171 | ||
7. Voraussetzungen und Leitlinien einer verschuldensunabhängigen Ausgleichshaftung | 172 | ||
a) Konsentierte Investition als zentrales Merkmal | 172 | ||
b) Bezugnahme auf Verhandlungssituation | 174 | ||
c) Drei Szenarien des Scheiterns von Verhandlungen | 175 | ||
aa) Investierende Partei bricht Verhandlungen ab | 175 | ||
bb) Nicht investierende Partei weicht von Verhandlungszusage ab | 176 | ||
cc) Verhandlungen scheitern an noch offenen oder neuen offenen Punkten | 176 | ||
d) Risikoverteilung und Umfang des Schadensausgleichs – insbesondere unter Berücksichtigung des Typus der Investition | 177 | ||
aa) Ersatzfähigkeit von verhandlungsspezifischen Investitionen bei exklusiven Verhandlungen | 178 | ||
bb) Ersatzfähigkeit von verhandlungsspezifischen Investitionen bei Scheitern der Verhandlungen an noch offenen oder neuen offenen Punkten | 180 | ||
e) Sonderfall des besseren Angebots eines Dritten | 181 | ||
f) Indirekte (Selbst-)Einschränkung der negativen Abschlussfreiheit | 184 | ||
aa) Kein Widerspruch zur Garantie der negativen Abschlussfreiheit | 184 | ||
bb) Keine andere Bewertung bei formbedürftigen Transaktionen geboten | 186 | ||
8. Anwendung auf Beispielsfälle | 191 | ||
a) Investierende Partei rückt selbst von Verhandlungszusagen ab | 191 | ||
b) Nicht investierende Partei rückt von Verhandlungszusagen ab | 192 | ||
aa) Konsentierte Investitionen | 192 | ||
(1) „Bergmannkappen“-Fall | 192 | ||
(2) „Traditionsgaststätte“-Fall | 193 | ||
(3) „Druckerei“-Fall | 195 | ||
bb) Nicht konsentierte Investitionen | 197 | ||
(1) Schweigen auf Ankündigung von Investitionsvornahme ist kein Einverständnis | 197 | ||
(2) „Zeitschriften“-Fall | 198 | ||
c) Verhandlungen scheitern an noch offenen Punkten oder dem Auftreten neuer Erkenntnisse | 200 | ||
aa) Verhandlungsbezogene Investitionen | 200 | ||
bb) Vertragsbezogene Investitionen | 204 | ||
E. Zusammenfassung | 207 | ||
I. Übersicht | 207 | ||
II. Zur Behandlung der Problematik im Rahmen der c.i.c. | 208 | ||
1. Zum Wesen der c.i.c. und zum vorvertraglichen Pflichtenprogramm | 208 | ||
2. Zur Analyse der Rechtsprechung | 209 | ||
III. Zur Kritik am bestehenden Haftungsregime | 211 | ||
1. Zur Haftung aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung | 211 | ||
2. Zur Haftung aufgrund des Abbruchs der Verhandlungen ohne triftigen Grund | 211 | ||
IV. Zur Entwicklung eines kohärenten Haftungskonzepts | 212 | ||
1. Zur pflichtenbasierten, verschuldensabhängigen Haftung | 213 | ||
2. Zur verschuldensunabhängigen Ausgleichshaftung | 214 | ||
Literaturverzeichnis | 222 | ||
Sachverzeichnis | 232 |