Recht und Moral
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Recht und Moral
Zur gesellschaftlichen Selbstverständigung über »Verbrechen« vom 17. bis zum 21. Jahrhundert
Editors: Friedrich, Hans-Edwin | Ort, Claus-Michael
Schriften zur Literaturwissenschaft, Vol. 39
(2015)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Hans-Edwin Friedrich (*1959) ist ord. Professor am Institut für Neuere deutsche Literatur und Medien der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Er wurde in Trier promoviert, hat sich in München habilitiert und ist seit 2007 in Kiel. Er hat zahlreiche Publikationen zur Literatur des 18.–21. Jahrhunderts veröffentlicht.Claus-Michael Ort (*1956) ist außerplanmäßiger Professor am Institut für Neuere deutsche Literatur und Medien der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Nach dem Studium der Neueren deutschen Literatur, der Soziologie und Neueren Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München war er 1982 bis 1988 ebendort in Lehre und Forschung tätig, u.a. als Mitarbeiter der DFG-Forschergruppe »Sozialgeschichte der deutschen Literatur 1770–1900«, seit 1989 an der Universität Kiel. Er wurde 1993 in München promoviert, hat sich 1999 in Kiel habilitiert und zahlreiche Publikationen zur Literaturtheorie und zur Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert mit Schwerpunkten in der Frühen Neuzeit und im Realismus vorgelegt.Abstract
Seit sich in der Frühen Neuzeit Naturrecht und positives Recht gegeneinander profilieren, sich die Unterscheidung von ›Recht‹ und ›Unrecht‹ autonomisiert und diese zugleich ihr moralisierendes Gegenstück hervorbringt, konkurrieren Strafrecht und Moral (später auch Medizin) um die Deutungshoheit über Verbrechen und Verbrecher und versuchen, die je eigene Geltungssphäre zu behaupten oder zu erweitern. Gesellschaftliche Selbstverständigung über Kriminalität verhandelt somit spätestens seit der Aufklärung immer auch die konfliktreichen Beziehungen von Recht und Moral. Die Beiträge des Sammelbandes beleuchten exemplarische mediale Konstellationen dieser Beziehungsgeschichte sowie ihre rechtsphilosophischen und wissenschaftsgeschichtlichen Kontexte anhand literarischer und audiovisueller Narrative (Fallgeschichten, Kriminalliteratur, TV-Gerichtsshows, CSI-Serien u.a.), in denen sich die gegenläufigen Tendenzen zur Moralisierung des Rechts und zur Verrechtlichung der Moral manifestieren.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Joachim Linder / Claus-Michael Ort: Recht und Moral. Mediale Konstellationen der gesellschaftlichen Selbstverständigung über ‚Verbrechen‘ vom 17. bis zum 21. Jahrhundert | 13 | ||
I. Historische Voraussetzungen und theoretische Vorentscheidungen | 13 | ||
1. Autonomisierung des Rechts – Universalisierung der Moral | 13 | ||
2. Diskurse – Semantiken – Medien | 19 | ||
3. Diskurs- und mediengeschichtliche Periodisierungen | 23 | ||
II. Gesellschaftliche Selbstverständigung über ‚Verbrechen‘ – exemplarische Medienkonstellationen, leitende Fragestellungen | 25 | ||
1. Ausdifferenzierung von Recht und Moral – Printmediale Bild-Text-Formate der Frühen Neuzeit | 25 | ||
2. Die Autonomisierung des Literatursystems und die Konkurrenz von rechtlicher, moralischer und medizinischer Verbrechensdeutung seit dem 18. Jahrhundert | 28 | ||
3. Krisenwahrnehmungen: Konkurrenz zwischen Recht, Moral und Medizin | 30 | ||
a) Konkurrenzen um 1800 | 30 | ||
b) Konkurrenzen in der Zeit der ‚Weimarer Republik‘ | 34 | ||
4. Recht und Moral seit dem 19. Jahrhundert (Fallsammlungen, Gerichtsberichterstattung, Kriminalgenre): Desiderata der Medien- und Genregeschichte | 35 | ||
5. Re-Visualisierung und die Ausdehnung der ‚Sinnprovinz Kriminalität‘: ‚Verbrechen‘ als Erfolgsmedium | 40 | ||
III. Paradoxien der Moralisierung und Verrechtlichung – ein Ausblick über Kohlhaas und Moosbrugger hinaus (Claus-Michael Ort) | 44 | ||
Reinhard Merkel: Willensfreiheit und strafrechtliche Schuld | 57 | ||
I. Willensfreiheit als Gegenstand der Literatur? Ein Beispiel | 57 | ||
II. Grundbegriffe | 60 | ||
III. Zum Verhältnis Determinismus, Freiheit und Verantwortlichkeit: philosophische Grundpositionen | 63 | ||
1. Inkompatibilistische Positionen: prinzipielle Argumente und Grenzen | 64 | ||
a) Determinismus | 64 | ||
b) Indeterminismus | 66 | ||
c) Zwei Folgeprobleme und eine pessimistische Prognose | 70 | ||
2. Der Kompatibilismus und seine Grundprobleme | 71 | ||
a) Das Leib-Seele-Problem und seine Bedeutung für die Freiheitsfrage | 71 | ||
b) Die Zurückweisung von PAM als begriffliche und normative Grundlage für Freiheit und Verantwortlichkeit: die kompatibilistische Theorie Harry Frankfurts | 73 | ||
IV. Strafrecht: normative Ansprechbarkeit und die Legitimation des Schuldvorwurfs | 77 | ||
1. Zur geltenden gesetzlichen Regelung | 77 | ||
2. Normative Ansprechbarkeit | 78 | ||
3. Die Funktionsbedingungen der Rechtsordnung | 80 | ||
V. Der dunkle Rest | 82 | ||
I. Die Ausdifferenzierung von Recht und Moral in der Frühen Neuzeit | 85 | ||
Michael Titzmann: Die Ausdifferenzierung des Normensystems in Früher Neuzeit und Aufklärung: ‚Moral‘ vs. ‚Recht‘ | 87 | ||
I. Die Ausgangssituation: Frühe Neuzeit | 87 | ||
II. Anthropologische, theologische, politologische Faktoren | 92 | ||
III. ‚Naturrecht‘ – ‚Naturzustand‘ – ‚(Gesellschafts)Vertrag‘ | 98 | ||
1. Die traditionellen Varianten | 98 | ||
2. Die radikalen Varianten | 104 | ||
IV. „Was ist Aufklärung?“ | 111 | ||
V. Innovative Staatsrechtskonzeptionen | 113 | ||
1. Auf dem Weg zur ‚Volkssouveränität‘: John Locke | 113 | ||
2. Kulturrelativität politischer, religiöser, juristischer Systeme: Montesquieu | 115 | ||
3. Das problematische Konzept der ‚volonté générale‘: Jean-Jacques Rousseau | 118 | ||
4. Neukonzeptionen des Zwecks der Vergesellschaftung: „größtmögliches Glück für die größtmögliche Zahl“ | 120 | ||
5. Das Problem sozialer Ungleichheit | 123 | ||
VI. Das Problem der Normbegründung | 126 | ||
1. Moraltheorien: ‚rationalistische‘ vs. ‚emotionalistische‘ | 126 | ||
2. Rechtstheorien: Das ‚Schädigungsverbot‘ als Basisnorm | 136 | ||
3. Humanisierung von Strafrecht und Strafprozess: Cesare Beccaria | 142 | ||
VII. Eine aufklärerische Erfindung: Die ‚Menschenrechte‘ | 144 | ||
1. Erklärungen der Menschenrechte | 144 | ||
Exkurs | 147 | ||
2. Der empirische Test auf die ‚Menschenrechte‘: ‚Sklaverei‘ | 148 | ||
VIII. Nachtrag | 151 | ||
Korpus der Primärtexte | 155 | ||
Hania Siebenpfeiffer: Affekt und Amoral – Der ‚Fall‘ der Marquise de Brinvilliers 1676/1734/1792 | 161 | ||
I. Der ‚Fall‘ der Marquise, gezogen aus den Akten des Prozesses 1676 | 170 | ||
II. Eine Frage des Beweises: Der Fall bei Nivelle (1676) und Gayot de Pitaval (1734) | 173 | ||
III. maleficium / venificium: Die Verbindung von Gift und genus | 182 | ||
Holger Dainat: Relationes Curiosae oder Merkwürdige Seltsamkeiten. Frühe Kriminalgeschichten aus Hamburg | 193 | ||
I. | 193 | ||
II. | 196 | ||
III. | 205 | ||
IV. | 210 | ||
Thomas Weitin: Die Sichtbarkeit der Folter. Zur Fallgeschichte Nickel List und seine Gesellen | 217 | ||
I. Gewalt der Archive | 217 | ||
II. Geistliche Gewalt | 220 | ||
III. Sichtbarkeit und Imagination: „Tortura spiritualis“ | 222 | ||
IV. Schlussfolgerung | 226 | ||
II. Zur Konkurrenz von Recht und Moral | 227 | ||
John A. McCarthy: ‚Freie Rechtslehrer‘ und Rechtsreformziele in der Vernetzung von Moral und Rechtswidrigkeit | 229 | ||
I. Justiziabilität und Rechtsdiskurs. Neuzeitliche Inszenierungsversuche bis zur Gegenwart | 229 | ||
1. Die öffentliche Sphäre als übergeordneter Raum | 230 | ||
2. Strukturwandel der Öffentlichkeit und Justiziabilität | 232 | ||
II. ‚Kriminalistische Unfühlbarkeit‘ und Justiziabililtät | 234 | ||
III. Aufklärung – moralischer Fortschritt – gute Taten | 237 | ||
IV. Die Justizreform und Christoph Martin Wieland als ‚freier Rechtslehrer‘ | 239 | ||
VI. Fazit | 253 | ||
Michael Niehaus: Zum Verhältnis von Recht und Moral bei der Zuschreibung von Zurechnungsfähigkeit in historischer Perspektive | 255 | ||
I. | 255 | ||
II. | 258 | ||
III. | 261 | ||
IV. | 265 | ||
Alexander Košenina: Rechtliche und moralische Paradoxa oder Dilemmata. Kleists Sonderbarer Rechtsfall, Klingemanns Selbstgefühl und Schirachs Volksfest | 269 | ||
Christian Bachhiesl: Über die Verwandlung von Werten in Wissen. Wahrheitsstreben und Wertungen in der Kriminalwissenschaft um 1900 | 285 | ||
I. Kriminologie als ‚exakte‘ Wissenschaft | 285 | ||
II. Strukturelle Skepsisvergessenheit | 289 | ||
III. Der Mensch als Realie – ein reduzierter Kausalitätsbegriff | 296 | ||
III. Die Autonomisierung des Literatursystems und die Konkurrenz von rechtlicher, moralischer und medizinischer Verbrechensdeutung | 301 | ||
Joachim Linder: Mobilisierung und Diabolisierung der Zeichen. Zu Heinrich von Kleists Erzählung Michael Kohlhaas | 303 | ||
I. Kriminalität und Unordnung: Literarische Modelle um 1800 | 303 | ||
II. Grenzübergang an der Tronkenburg | 307 | ||
III. Der ‚Rosskamm‘ Kohlhaas | 310 | ||
IV. Handlungsskizze | 314 | ||
V. Ordnung, Un-Ordnung | 321 | ||
VI. Schauspiel: Die Darstellung von Mobilisierung und Diabolisierung | 323 | ||
VII. Schlussbemerkung | 328 | ||
Katharina Prinz / Simone Winko: Wertungen und Wertmaßstäbe in literarischen Texten. Analyse von Recht und Moral in E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi | 331 | ||
I. Fragestellung und Vorgehen | 331 | ||
II. Thematische Skizze der Erzählung und Interpretationsansätze | 333 | ||
III. Verfahren zur Analyse von Wertungen, Werten und Wertmaßstäben in literarischen Texten | 337 | ||
1. Begriffsklärungen | 337 | ||
2. Analyseverfahren | 339 | ||
IV. Analyse der Wertungen und Wertmaßstäbe der Erzählung | 343 | ||
1. Moralische vs. juristische Beurteilung des Kriminalfalles | 346 | ||
2. Affirmation und Relativierung des moralischen Bewertungsstandpunkts | 352 | ||
V. Fazit | 356 | ||
Johanna Bergann: Gewaltsame Befriedung. Johann Peter Hebels Der Friedensstifter als Vermittler zwischen Recht und Literatur | 359 | ||
I. Friedensstifter als völkerrechtliche Figur des Friedens | 361 | ||
II. Literarische Friedensstiftung mittels Gewalt | 368 | ||
III. Recht und Literatur | 377 | ||
Sebastian Bernhardt: Recht vs. Moral am Beispiel der Thematisierung von Sterbehilfe in literarischen Texten um 1900 | 381 | ||
I. Einleitung | 381 | ||
II. Tötung auf Verlangen bei Heyse, Storm und Huch | 382 | ||
III. Zusammenfassung: Das Verhältnis von Recht und Moral in Fällen der Tötung auf Verlangen | 396 | ||
Ulrike Zeuch: Die Aktualität des Falls „Moosbrugger“ | 399 | ||
I. „Moosbrugger“ – aktuell in welcher Hinsicht? | 399 | ||
II. Musils Kontexte | 403 | ||
1. Zurechnungsfähigkeit um 1800 | 403 | ||
2. Zurechnungsfähigkeit im juristischen Diskurs vor 1933 | 404 | ||
3. Mord oder Notwehr als Thema der Literatur vor 1933 | 407 | ||
III. Moosbruggers Innenansicht | 410 | ||
IV. Die Aktualität Moosbruggers | 415 | ||
IV. Verbrechen als Medium:Das Genre Kriminalroman | 421 | ||
Carsten Würmann: „Mehr Lebensnähe im Krimi“. Die Indienstnahme eines populären Genres im Nationalsozialismus | 423 | ||
I. Ein populärer Fremdling mit schlechtem Einfluss | 424 | ||
II. Der Krimi als Ausdruck der Moderne – Traditionen einer Debatte | 427 | ||
III. „Der Kriminalfilm ist tot. Es lebe der Kriminalfilm“ | 429 | ||
IV. Überwindung des Ganovenkultes – Frühe Verbote und Vorgaben | 432 | ||
V. „Der Kriminalfilm auf neuen Wegen“ | 434 | ||
VI. „Beratende Mitwirkung“ – Polizeiliche Mitarbeit in der Krimiproduktion | 436 | ||
VII. „Gute Kriminalliteratur ist nach wie vor durchaus erwünscht“ – Neue Aufgaben im Krieg | 437 | ||
VIII. Mehr Lebensnähe! | 441 | ||
IX. Der Krimi im Einsatz für Staat und Volksgemeinschaft | 442 | ||
Nele Hoffmann: Kriminalliteratur als Genre der kulturellen Selbstbeschreibung. Am Beispiel einiger neuerer deutscher Kriminalromane | 447 | ||
I. Kriminalliteratur und Gattungstheorie | 448 | ||
II. Einige Beispiele aus der neueren deutschen Kriminalliteratur | 452 | ||
1. Weinschröter, du musst hängen: Legitimierung von Gewalt im feministischen Kriminalroman | 453 | ||
2. Herzrasen: Die Kriminalisierung von Außenseitern | 455 | ||
3. Murnaus Vermächtnis: Kulturelle Relativierungen von Normalität | 457 | ||
III. Schlussbemerkung | 460 | ||
Todd Herzog: Nazi Noir: Deutsche Detektive und deutsche Verbrecher im englischsprachigen Kriminalroman | 461 | ||
I. Einführung | 461 | ||
II. Überblick über die Gattung „Nazi Noir“ | 462 | ||
III. Gattungsmerkmale | 465 | ||
IV. Zusammenfassung | 469 | ||
V. Literaturverzeichnis | 470 | ||
V. Audiovisuelle Formate: Verbrechen, Detektion und Justizals Erfolgsmedien | 473 | ||
Greta Olson: Recht und Moral in TV-Gerichtsshows mit vorsitzenden Richterinnen: Judge Judy und Richterin Barbara Salesch | 475 | ||
I. Die Geschichte von Judge Judy | 479 | ||
II. Judge Judy und die Kategorie Geschlecht | 487 | ||
III. Die Darstellung retributiver Gerechtigkeitsvorstellungen durch eine Repräsentantin einer Minderheit | 490 | ||
IV. Judge Judy und ihre Kopie? Richterin Barbara Salesch | 493 | ||
V. Auswirkungen von Richterin Barbara Salesch und anderen Gerichtsshows auf die deutsche Rechtskultur | 496 | ||
VI. Richterin Barbara Salesch und Genderpolitik | 498 | ||
VII. Robin-Hood-Gerechtigkeit und Richterin Barbara Salesch | 502 | ||
VIII. Auswirkungen dieser Gerichtsshows auf ihre jeweiligen Rechtskulturen | 503 | ||
Katrin Bliemeister / Christian Wickert: Moralvorstellungen im Fernsehkrimi am Beispiel von CSI: Crime Scene Investigation | 507 | ||
I. Kriminalgeschichten als Moralgeschichten | 507 | ||
II. CSI als neues Genre oder Altes neu verpackt? Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu früheren Krimiserien | 511 | ||
III. Narration und audiovisuelle Effekte in CSI | 514 | ||
IV. Der Begriff der ‚Wahrheit‘ in CSI und seine möglichen Auswirkungen auf das Verständnis von Moral und Schuld | 520 | ||
V. Und die Moral von der Geschichtʼ? | 525 | ||
Stefan Höltgen: Vom Denkmonster zur Killer-Applikation. Der Computer als Mörder und Mordwaffe im Film | 529 | ||
I. | 530 | ||
II. | 532 | ||
III. | 534 | ||
IV. | 535 | ||
V. | 536 | ||
VI. | 537 | ||
VII. | 538 | ||
Verzeichnis der Beiträgerinnen und Beiträger | 541 | ||
Personenverzeichnis | 547 |