Rechtsmetaphorologie – Ausblick auf eine Metaphorologie der Grundrechte
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Rechtsmetaphorologie – Ausblick auf eine Metaphorologie der Grundrechte
Eine Untersuchung zu Begriff, Funktion und Analyse rechtswissenschaftlicher Metaphern
Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 281
(2016)
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About The Author
Jörg Michael Schindler studierte Rechtswissenschaften in Köln, Lausanne, Berlin und Potsdam von 2001 bis 2006 sowie Kultur und Management von 2006 bis 2010 in Dresden. Von 2007 bis 2009 war er Rechtsreferendar in Berlin (u.a. beim Deutschen Bundestag, beim Deutschen Landkreistag und an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer). Nach Tätigkeit als Rechtsanwalt in Berlin-Neukölln arbeitet er seit 2011 als Verwaltungsjurist und -manager in der Stadtplanung der Landeshauptstadt München und – nebenberuflich – als Lehrbeauftragter für öffentliches Recht an der Dresden International University (seit 2012). Er wurde 2015 durch die Juristische Fakultät der Universität Potsdam promoviert.Abstract
Es existiert bisher in der deutschsprachigen Rechtswissenschaft keine umfassende Forschung zu Metaphern. Der vorliegende Band stellt einen wichtigen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke dar. Auf gut zwei Dritteln der Studie wird ein als »Rechtsmetaphorologie« bezeichnetes Forschungsprogramm theoretisch und methodologisch fundiert. Sie bietet zunächst einen differenzierten Metaphernbegriff an, der das bislang gestörte Verhältnis der Rechtswissenschaft zu »Metaphern« weitgehend klärt. Danach fokussiert sie auf die Erscheinungsform der hier sog. »präskriptiven Metapher«. Diese und ihre Anerkennung werden insbesondere philosophisch und anthropologisch legitimiert. Rechtswissenschaftliche Begriffe sind wohl fast immer präskriptive Metaphern. Ein herausragendes Beispiel bieten der Begriff der »Grundrechte« und die zentralen Begriffe ihrer Dogmatik. Ihre Geschichte bis in die Gegenwart wird im letzten Drittel rechtsmetaphorologisch begründet und in vielerlei Hinsicht neu erzählt.Die Arbeit wurde mit dem Förderpreis »Sprache und Recht« 2016 der Universität Regensburg und dem Wolf-Rüdiger-Bub-Preis 2016 ausgezeichnet.»Metaphorology of Law - Outlook on a Metaphorology of Fundamental Rights«Up to now, German legal science lacks comprehensive research on legal metaphors. This study outlines a scientific program called »metaphorology of law«. Starting from a differentiated concept of metaphor and the acknowledgement that at least most legal terms are metaphorical, it provides a set of instruments for the analysis of legal metaphors. Using this set, it develops a history of fundamental rights (German Grundrechte) which features some surprising new insights.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abbildungsverzeichnis | 14 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
A. Einleitung | 17 | ||
I. Wissenschaft und Stil | 19 | ||
II. Erste Überlegungen zur Legitimität einer rechtsmethodischen Metaphorologie | 20 | ||
III. Auffällige und usuelle Metaphorik | 23 | ||
IV. Deskriptive, nominative und präskriptive Metaphorik | 25 | ||
V. Präskriptive Metaphorik als Gegenstand rechtsmethodischer Metaphorologie | 27 | ||
B. Metaphorologische Analyse des Rechts als Perspektive (Teil 1, Theorie) | 29 | ||
I. Metapherntheorien | 29 | ||
1. Aristoteles, Poetik und Rhetorik (4. Jh. v. Chr.) | 30 | ||
a) Metaphern im Kontext der Poetik | 31 | ||
aa) Metaphern als Ausdruck von Gedankenführung | 32 | ||
bb) Grunddefinition(en) der Metapher | 34 | ||
cc) Metapher(n) als Erkenntnisleistung | 36 | ||
b) Metapher(n) im Kontext der Rhetorik | 37 | ||
aa) Rhetorik als Darstellung des Überzeugenden | 37 | ||
bb) Metaphern als angemessene Ausdrucksweisen des Überzeugenden | 39 | ||
cc) Metapher(n) und enthymemische Konfiguration | 40 | ||
c) Interpretationen der Aristotelik | 41 | ||
d) Exkurs: Arabische Post-Aristotelik | 43 | ||
e) Konklusion | 44 | ||
2. Immanuel Kant und die metaphorologische Realisierung reiner Vernunftbegriffe, ein kleiner Kommentar zu § 59 der Kritik der Urteilskraft (1790) | 46 | ||
a) Die Weisen, die Realität der Begriffe darzutun | 47 | ||
b) Urteilskraft und das Prinzip der Zweckmäßigkeit | 48 | ||
c) Metapher(n) als Verfahren der reflektierenden Urteilskraft | 50 | ||
d) Konklusion | 51 | ||
e) Nachspiel: Metaphern als symbolische Fiktionen in Hans Vaihingers „Philosophie des Als Ob“ | 52 | ||
3. Hans Blumenberg, Paradigmen zu einer Metaphorologie (1960) u. a. | 54 | ||
a) Begriff(e) und Metapher(n) | 55 | ||
b) Philosophische Anthropologie der Metapher | 58 | ||
aa) Natürliche ‚Uneingepasstheit‘ und Handlungsfreiheit | 58 | ||
bb) Rhetorik, insbesondere Metapher(n) als Bewältigung von Wahrheitsbedarf | 59 | ||
cc) Metapher(n) als Ökonomie und Muskelspiel der Freiheit | 62 | ||
c) Metaphorologischer Werkzeugkasten | 63 | ||
aa) Metaphorologische Grundbegriffe (i. w. S.) | 63 | ||
bb) Methodologisches Selbstverständnis | 66 | ||
d) Konklusion | 68 | ||
4. Hannah Arendt, Vom Leben des Geistes (1973) | 69 | ||
5. George Lakoff und Mark Johnson, Leben in Metaphern (1980) u. a. | 71 | ||
a) Fundierung als kognitive Linguistik | 73 | ||
b) Metapherntheoretische Heuristik | 76 | ||
aa) Systemische und isolierte Metaphern | 77 | ||
bb) Strukturelle Metaphern, insbesondere ontologische Metaphern | 78 | ||
cc) Orientationale Metaphern, insbesondere Raummetaphern | 79 | ||
dd) Partialität und Usualität der Metapher(n) | 80 | ||
c) (Zwischen-)Metaphorische Zusammenhänge | 82 | ||
d) Konklusion | 84 | ||
6. Zwischenresümee | 86 | ||
II. Metaphern und Recht im Spiegel der rechtswissenschaftlichen Literatur | 88 | ||
1. Jacob Grimm, Von der Poesie im Recht (1816) | 89 | ||
2. Heinrich Triepel, Vom Stil des Rechts (1947) | 92 | ||
3. Karl Engisch, Einführung in das juristische Denken (1956) | 95 | ||
4. Winfried Hassemer, Die Sprachlichkeit des Tatbestandes (1967) | 98 | ||
5. Arthur Kaufmann, Die Sprache als hermeneutischer Horizont der Geschichtlichkeit des Rechts (1969) | 102 | ||
6. Fritjof Haft, Juristische Rhetorik (1978) | 105 | ||
7. Hubert Rottleuthner, Biological Metaphors in Legal Thought (1988) | 107 | ||
8. Susanne Baer, Schlüsselbegriffe, Typen und Leitbilder als Erkenntnismittel und ihr Verhältnis zur Rechtsdogmatik (2004) | 110 | ||
9. Klaus F. Röhl und Hans Christian Röhl, Allgemeine Rechtslehre (2008) | 113 | ||
10. Zwischenresümee | 115 | ||
C. Mensch, Metapher, Recht, Geschichte – Eine kleine philosophisch-anthropologische Grundlegung für eine Rechtsmetaphorologie | 119 | ||
I. Die sinnliche Seite der präskriptiven Analogie – Vertrauenswürdigkeit | 122 | ||
1. Metaphern entspringen vertrauten Sachverhalten | 123 | ||
2. Theorie ist vertrauensbedürftig | 123 | ||
3. Metaphern erzeugen (Analog-)Vertrauen in Theorie – zugleich ein Beitrag über die Metapherntheorie Arnold Gehlens | 126 | ||
II. Die (Metaphorizität der) Institutionalität des Rechts – Beständigkeit | 136 | ||
1. Ursprüngliche Verbindungen zwischen Institutionentheorie und Rechtswissenschaft | 137 | ||
2. „Symbolische“, auch metaphorische Verkörperung der Institutionen? | 139 | ||
3. Metapher(n) und institutionelle Legitimität | 142 | ||
III. Die Rechtzeitigkeit der Metapher – Verfahrensökonomie | 147 | ||
IV. Die Beliebigkeit der Metapher – Freiheit? | 149 | ||
1. Die Geburt der Freiheit aus der Distanz zur kosmischen Wahrheit im jüdisch-christlichen Gründungsmythos | 150 | ||
2. Die Metapher als Symbol soziokultureller Kontingenz | 151 | ||
a) Die ursprüngliche Beliebigkeit der Zeichen | 151 | ||
b) Auf der Suche nach dem Subjekt des Beliebens | 153 | ||
3. Institutionalisierung als Grund und Grenze sprachlicher Freiheit (oder: Cornelius Castoriadis’ Beitrag zu einer Metaphorologie) | 157 | ||
a) Vorstellungskraft als Schlüsselmoment des Menschen | 158 | ||
b) Freiheit als ursprünglich unbestimmte Vorstellung in Gesellschaft | 161 | ||
V. Schluss: Die begrenzte Aufklärung – Zur Funktion der metaphorologischen Analyse des Rechts im demokratischen Rechtsstaat | 165 | ||
VI. Zwischenüberlegung: Rechtsmetaphorologie als ästhetische (Sub-)Disziplin? | 169 | ||
1. Metaphern, Ästhetik, Paradigmen (Thomas S. Kuhn) | 169 | ||
2. „Ästhetik“ als komplizierter Begriff | 171 | ||
D. Metaphorologische Analyse des Rechts als Perspektive (Teil 2, Praxis) | 177 | ||
I. Vorfindliche metaphorologische Analytiken | 178 | ||
1. Anil K. Jain, Metaphorisch-imaginative heuristische Methode | 179 | ||
a) Initiale Metapher | 180 | ||
b) Detaillierung und Verdichtung | 181 | ||
c) Überschreitender Retransfer – Rückübertragung und hermeneutische Überschreitung | 182 | ||
2. Anja Lobenstein-Reichmann, Archäologie der Metapher | 185 | ||
a) Typologie | 186 | ||
b) Kulturspezifische europäische Bezüge | 187 | ||
c) Ideologiekritik | 188 | ||
3. Susanne Lüdemann, Metaphern der Gesellschaft | 189 | ||
a) Grundverständnis einer metaphorologischen Ideologie- und Institutionenkritik | 190 | ||
b) Methodologische Anhaltspunkte | 191 | ||
4. Zwischenbemerkungen | 193 | ||
II. Input: Theorie und Analyse institutioneller Mechanismen (TAIM) | 195 | ||
1. Leitende Ideen und Differenzierungen | 196 | ||
2. Organisation | 199 | ||
3. Symbolische Verselbstständigungstendenzen | 201 | ||
III. Synthese eines verbindenden, flexiblen und offenen Ansatzes – Orientierungen für rechtsmetaphorologische Analytiken | 204 | ||
IV. Rechtsmetaphorologie als historisch-systematische Auslegungsmethodik | 209 | ||
E. Ausblick auf eine methodische Metaphorologie der „Grundrechte“ | 217 | ||
I. Geschichten der „Grundrechte“ | 218 | ||
1. Voraussetzungen in der europäischen Rechtskultur | 219 | ||
a) „Leges fundamentales“ | 220 | ||
b) „Fundamental rights“ bzw. „droits fondamentaux“ in England, den USA und Frankreich | 226 | ||
c) Exkurs: Grundgesetze an der Spitze der Normenhierarchie | 228 | ||
2. Die drei Bedeutungen der „Grundrechte“ bis 1848 | 231 | ||
a) Die „Grundrechte“ im Sinne der Grundrechte | 231 | ||
b) Die „Grundrechte“ der Grundherrschaft | 233 | ||
c) Die „Grundrechte“ der Staaten und ihrer Organisation | 236 | ||
3. Grundrechte als Leitmetapher der fortgeschrittenen Revolutionsbewegung 1848/1849 | 239 | ||
II. Historische Kontexte der Genese der Grundrechte | 244 | ||
1. Die Entwicklung des modernen Staates im Hintergrund („Obrigkeit“ und „Untertänigkeit“, „Souveränität“ und „Subjektivität“, „Bürger“ und „Land“ etc.) | 245 | ||
a) Feudalistische Herrschaftsordnung | 245 | ||
b) Konfessionskriege und ihr Ausgang im Absolutismus | 247 | ||
c) Ökonomie in der Frühmoderne | 249 | ||
d) Staat in der Frühmoderne | 250 | ||
e) Privatheit, Gesellschaft und Öffentlichkeit in der Frühmoderne | 253 | ||
2. Die Geschichte der „Grundrechte“ als (Grund-)Eigentumsmetapher | 255 | ||
3. Das ethisierte ‚Bauwerk‘ in der Freimaurerei 1848/1849 | 261 | ||
a) Die Baumetaphorik in der Freimaurerei | 262 | ||
b) Freimaurer und Baumetaphorik in Frankfurt 1848/1849 | 264 | ||
c) Logen als katalysatorische Sphäre des Souveränitätswandels | 267 | ||
III. Quellbereichskontexte: Grund – Architektur – Raum (Notizen) | 270 | ||
1. Probleme der Quellbereichsdefinition | 270 | ||
2. Lokales Geheimnis und globaler Raum | 272 | ||
3. Raumaneignung und bautechnische Berufe als exemplarische Genderaspekte | 275 | ||
IV. Die Grundrechte des Grundgesetzes | 276 | ||
1. Grundgesetz, Grundrechte, Artikel 1 | 277 | ||
2. Entstehungsgeschichte in metaphorologischer Hinsicht | 282 | ||
3. Grundrechtsdogmatik und metaphorische Topologie | 291 | ||
V. Metaphorologische Konkurrenzen | 294 | ||
1. „Sozialistische Gesetzlichkeit“ in der DDR | 295 | ||
a) Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung | 297 | ||
b) Der hier sog. verfassungsimmanente Vorbehalt der Gesetzmäßigkeit | 299 | ||
c) „Grundrechte“ als kollektive Gestaltungs- und Teilhabenormen | 303 | ||
d) Gesetzlichkeit als bewusst-formalisierte Gesetzmäßigkeit | 305 | ||
2. Die „libertés publiques“ der französischen Rechtstradition | 310 | ||
3. Veränderungstendenzen der neuen Grundrechtswissenschaft | 314 | ||
a) Verwechslungsgefahr zwischen realen und metaphorischen Bereichen | 314 | ||
b) Äußerlichkeit als Unangemessenheit | 315 | ||
c) „Gewährleistungsgehalt“ | 318 | ||
4. Vernetzte Fragmente als Zukunft des globalisierten Rechts(?) | 321 | ||
a) Fragmentierung des Rechts | 322 | ||
b) Recht als Netzwerk | 324 | ||
c) (Post-)Demokratische Verfassungsmetaphorologie im Prozess? | 329 | ||
F. Schluss – eine Rechtskritik der Zukunft | 334 | ||
Literaturverzeichnis | 340 | ||
Personen- und Sachverzeichnis | 372 |