Beobachtungen zum anzeichenlosen Verdacht
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Beobachtungen zum anzeichenlosen Verdacht
Eine rechtstheoretische Perspektive
Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 280
(2016)
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Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten in Saarbrücken, Mainz, Speyer und Dijon (Frankreich) war Norbert Reez Rechtsreferendar beim Oberlandesgericht Koblenz (1990–1993). Danach absolvierte er ein zweijähriges Aufbaustudium Kriminologie an der Universität Hamburg. 1995 trat er in den Bundesdienst ein und war bis 2008 in verschiedenen Führungsfunktionen bei der Bundespolizei tätig. Nach dem Wechsel zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe leitete er dort das Referat »Strategische Krisenmanagement-Übungen«, zugleich als Leiter der nationalen Projektgruppe LÜKEX. Seit Juli 2014 ist Norbert Reez Studienreferent an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin.Abstract
Die Arbeit setzt sich im Rahmen der juristischen Grundlagenforschung kritisch mit der Praxis systematischer datengetriebener Verdachtschöpfung auseinander. Diese Praxis zielt nicht mehr auf konkrete tatsächliche Feststellungen zu bestimmten Tatverdächtigen. Über »Trefferfälle« in vernetzten IT-Systemen will man frühzeitig kriminogene Muster erkennen und auf diese Weise eine allgemeine risikobasierte Sicherheitsvorsorge ermöglichen.Der Verfasser vertritt die These, dass die Praxis des »anzeichenlosen Verdachts« im Ansatz verfehlt ist und ein beträchtliches Risiko falscher Verdächtigung birgt. Um das neu entstandene Verdachtsdispositiv der Sicherheitsbehörden rechtlich einzuhegen und ein noch zu entwickelndes Vorfeld- bzw. Risikorecht vorzubereiten, diskutiert er verschiedene poststrukturalistische Theorieansätze. Im Ergebnis plädiert er - in bewusster Abkehr vom positivistischen Mainstream - für einen diskurstheoretisch und semiotisch inspirierten Pragmatismus.»Observations on Indicesless Intelligence-work«How does Police and law enforcement agencies currently work - beyond the threshold of evidence-based investigation? How to deal with risks and threats without having any concrete indices? In the author's view proactive targeting and profiling stringently based on data collection and matching leads to what he calls »indiceless intelligence-work«. Discussing various approaches in Legal Theory, in particular those apostrophized as »poststructuralist«, the author argues for a new balance between positivism and pragmatism inspired by discourse theory and semiotics.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 13 | ||
Abbildungsverzeichnis | 17 | ||
Vorbemerkungen zum theoretischen Ansatz | 19 | ||
I. Untersuchungsgegenstand | 20 | ||
II. Methodologie | 23 | ||
Einleitung | 29 | ||
I. „9 / 11“ | 29 | ||
II. Anti-Terror-Diskurs und „Vernetzte Sicherheit“ | 34 | ||
III. „Vor die Lage kommen …“ | 41 | ||
IV. „Im Vorfeld wird zurückgeschossen …“ | 46 | ||
V. Von der Prävention zur Vorsorge | 54 | ||
VI. Verdachtslose Grundrechtseingriffe | 75 | ||
1. Kapitel: Anhaltspunkte und Anfangsverdacht | 87 | ||
I. L’Affaire des Quatorze | 87 | ||
II. Lehre vom Anfangsverdacht | 93 | ||
III. Verdachtschöpfung | 102 | ||
IV. Anhaltspunkte | 114 | ||
V. Virtuelle Realität und Krise der Orientierung | 122 | ||
2. Kapitel: Metaphern – verdächtige Wörter? | 133 | ||
I. Leviathan | 133 | ||
II. Die Welt als Uhrwerk | 136 | ||
III. Von verdächtigen Wörtern | 140 | ||
IV. Uhrwerk und Waage | 145 | ||
V. Kritik der Computer-Metapher | 152 | ||
VI. Epoche der Metapher | 157 | ||
VII. Blickwende | 160 | ||
VIII. Zwischen Logik und Literatur | 166 | ||
3. Kapitel: Anzeichenloser Verdacht | 174 | ||
I. Zur Kunstsprache der Kriminalistik | 174 | ||
II. Perseveranz-Hypothese und Reform des „KPMD“ | 185 | ||
III. Intelligence-led policing | 195 | ||
IV. „… wie Schießen im Dunkeln“ | 206 | ||
V. „Predictive Policing“? | 217 | ||
VI. eLeviathan | 231 | ||
4. Kapitel: Anzeichen eines Verdachts | 237 | ||
I. „Kultur der Kontrolle“ | 237 | ||
II. Kybernetik | 242 | ||
III. Mythos „Kontrolle“ | 247 | ||
IV. Kritik der „Sozialen Kontrolle“ | 256 | ||
V. Kontext und strategische Sozialkontrolle | 261 | ||
VI. Anzeichen | 273 | ||
VII. Degenerierte Indexikalität | 284 | ||
5. Kapitel: Dialogische Prämissensuche | 294 | ||
I. Vicos Hinweis | 294 | ||
II. Kritik der Topik | 303 | ||
III. Juristische Logik | 313 | ||
IV. Entdeckung der Unschärfe | 322 | ||
V. Abwägung im Recht | 329 | ||
VI. Ordnung des Diskurses | 334 | ||
VII. Dekonstruktion und „différance“ | 348 | ||
VIII. Sprachpragmatik und Sprachspiel | 355 | ||
IX. Logik der Vagheit | 366 | ||
6. Kapitel: Antizipative Verdachtschöpfung | 380 | ||
I. Musil – Vision einer relevanten Literatur | 380 | ||
II. Erkenntnisprosa als „Frühwarnsystem“ | 387 | ||
III. Kafka – Motiv des Verdachts | 393 | ||
IV. Orwell – „Wahr spricht, wer Schatten spricht. …“ | 396 | ||
V. Antizipation | 400 | ||
VI. Polizei und „pro-aktive“ Verdachtsgewinnung | 408 | ||
VII. Sichindiestraßebegeben | 415 | ||
Ausblick | 424 | ||
I. Am Vorabend der Big Data-Welt | 425 | ||
II. Strategie der „Neuen Balance“ | 433 | ||
Epilog | 452 | ||
Literaturverzeichnis | 455 | ||
Personen- und Sachverzeichnis | 549 |