Die Beschränkung der Rechtsfolgen der Vorstandsinnenhaftung
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Die Beschränkung der Rechtsfolgen der Vorstandsinnenhaftung
Schriften zum Wirtschaftsrecht, Vol. 278
(2016)
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Andreas Brommer studierte an der Universität Konstanz, der Università di Bologna (Italien) und an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Am Landgericht Konstanz absolvierte er das Referendariat und arbeitete anschließend an der Universität Konstanz als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Dr. Jens Koch. Seit 2014 ist Andreas Brommer als Rechtsanwalt in Stuttgart tätig. Anfang 2015 wurde er durch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Bonn promoviert.Abstract
Die Vorstandsinnenhaftung verzeichnet einen steten Bedeutungszuwachs. Besonders brisant sind dabei Unternehmensgeldbußen. Würde die sanktionierte Gesellschaft anschließend einen ungekürzten Regress bei ihren verantwortlichen Vorstandsmitgliedern nehmen, führte das unweigerlich zu deren finanzieller Überforderung. Die Arbeit analysiert die damit verbundenen verhaltensökonomischen Auswirkungen und zeigt das Spannungsfeld auf, in dem sich die Vorstandsinnenhaftung bewegt: Sie muss scharf genug sein, damit sie disziplinierend auf den Vorstand einwirkt. Zu scharf darf sie aber auch nicht sein, da der Gesellschaft auch eine übersteigerte Risikoaversion ihres Vorstands schadet, der eine D&O-Versicherung nicht ausreichend entgegenwirken kann. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Arbeit mit verschiedenen Ansätzen zur Haftungsbeschränkung auseinander und entwickelt aus der gesellschaftsrechtlichen Fürsorgepflicht ein Haftungsmodell, das sich an der beschränkten Arbeitnehmerhaftung anlehnt.»The Limitation of the Internal Liability of Board Members«The liability of board members is caught between two stools: A strict liability has a disciplinary effect on the board members. However, if the liability is too strict, it causes an excessive risk aversion of the board members. In this context, the thesis examines different approaches that aim at limiting the board members' liability and develops a liability model based on specific principles of the liability of employees.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
A. Einführung | 17 | ||
I. Erhebliches Haftungsrisiko | 17 | ||
II. Gang der Untersuchung | 22 | ||
B. Regressauslösendes Vorstandshandeln | 24 | ||
I. Verantwortlichkeit des Vorstands für Ordnungswidrigkeiten | 24 | ||
1. Geldbuße gegen den Vorstand | 24 | ||
2. Geldbuße gegen die Gesellschaft | 25 | ||
3. Regress beim Vorstand | 26 | ||
4. Regress im Lichte des Kartellrechts | 27 | ||
II. Nichtbußgeldbedingte Schäden | 32 | ||
C. Meinungsstand | 34 | ||
I. Geldbußen als Gegenstand des Innenregresses | 34 | ||
1. Vollständiger Regressausschluss | 34 | ||
2. Regress in voller Höhe | 35 | ||
3. Begrenzter Regress | 36 | ||
II. Tendenz zu einer Verallgemeinerung | 37 | ||
D. Kein vollständiger Regressausschluss bei bußgeldbedingten Schäden | 40 | ||
I. Keine Einschränkung des Schutzbereichs des § 93 Abs. 2 AktG | 40 | ||
1. Straflosigkeit der Strafvollstreckungsvereitelung | 40 | ||
2. BGHZ 23, 222 | 42 | ||
3. Nebeneinander von Sanktions- und Organhaftungsrecht | 43 | ||
II. Präventive Wirkung des Regresses | 45 | ||
1. Vorstand als Adressat verhaltenssteuernder Maßnahmen | 45 | ||
a) Präventive Funktion der Geldbuße | 45 | ||
b) Ungenügende Steuerung der Geschäftsleiter durch das Unternehmen | 46 | ||
c) Unwerturteil der Ordnungswidrigkeit | 48 | ||
2. Anreiz zu verstärkter Compliance | 49 | ||
a) Grundlagen der Compliance | 49 | ||
b) Auswirkungen eines Compliance-Systems | 53 | ||
c) Initiator der Compliance | 55 | ||
III. Systemkonformität des Rückgriffs | 56 | ||
1. Vereinbarkeit mit europäischem Kartellrecht | 56 | ||
a) Im innerstaatlichen Recht vorgesehene Sanktionen | 56 | ||
b) Zuständigkeitsverteilung bei Kartellverstößen | 57 | ||
c) Geringe praktische Bedeutung von Sanktionen gegen natürliche Personen | 59 | ||
d) Mitwirkung an der Kartellaufdeckung | 60 | ||
2. Kein entgegenstehendes Verfassungsrecht | 61 | ||
IV. Unerlässliche Ergänzung der Legalitätspflicht | 62 | ||
V. Regress als mildernder Umstand: Lehren aus dem Fall Siemens | 64 | ||
VI. Fazit | 69 | ||
E. Notwendigkeit einer Regressbeschränkung | 71 | ||
I. Gesellschaftswohl als ökonomisch-teleologische Handlungsmaxime | 71 | ||
1. Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts | 71 | ||
2. Aussagekraft der ökonomischen Analyse der Vorstandsinnenhaftung | 73 | ||
II. Beeinflussung der Bußgeldhöhe | 74 | ||
1. Kooperation mit den Ermittlungsbehörden | 74 | ||
2. Erfahrungen in der Praxis | 77 | ||
III. Steigende Vorstandsvergütung bei zunehmender Risikoaversion | 78 | ||
1. Keine in die Vergütung eingepreiste Risikoprämie | 78 | ||
2. Verhaltensökonomische Anreize | 81 | ||
a) Kein durchgängig rationales Verhalten | 81 | ||
b) Tendenz zur Risikoaversion | 82 | ||
aa) Ökonomische Grundlagen | 82 | ||
bb) Erkenntnisse aus der Arzthaftung | 85 | ||
c) Verhältnis von Haftungsbeschränkung zu Business Judgment Rule | 86 | ||
aa) Grenzen der Business Judgment Rule | 86 | ||
bb) Behandlung von Rechtsverstößen | 88 | ||
cc) Vielfache Absicherung jeder Entscheidung | 90 | ||
dd) Effektivität und Kosten der Compliance | 94 | ||
d) Verteilung von Ertrag und Risiko | 97 | ||
e) Diversifikationsmöglichkeit der Aktionäre | 99 | ||
f) Abnehmender Grenznutzen des Eigentums | 100 | ||
g) Risikoaffinität bei nur geringer Wahrscheinlichkeit der Verlustvermeidung | 103 | ||
aa) Ein Gedankenexperiment | 103 | ||
bb) Wirtschaftsethische Überlegungen | 105 | ||
3. Zwischenergebnis | 106 | ||
IV. Gefährdete Rekrutierung geeigneten Personals | 106 | ||
1. Eher theoretisches Problem | 106 | ||
2. Keine Rückschlüsse aus § 31a BGB | 108 | ||
V. Einfluss auf Vergleichsverträge | 110 | ||
VI. Angemessene Risikoverteilung | 111 | ||
VII. Regress in der Insolvenz | 112 | ||
VIII. Unzureichender Versicherungsschutz | 115 | ||
1. Empfindliche Leistungsausschlüsse | 115 | ||
a) Hintergrund | 115 | ||
b) Regelungen in den GDV-Musterbedingungen (AVB-AVG) | 119 | ||
aa) Grundlagen | 119 | ||
bb) Ziffer 5.1 AVB-AVG | 120 | ||
cc) Ziffer 5.11 AVB-AVG | 120 | ||
c) Verlängerte Verjährungsfrist | 123 | ||
2. Begrenzte Deckungssumme | 125 | ||
3. Interessenwiderstreit der Beteiligten | 128 | ||
4. Obligatorischer Selbstbehalt | 130 | ||
5. Optimierungsmöglichkeiten im Versicherungsschutz | 133 | ||
a) Erhöhung der Deckungssumme | 133 | ||
b) Versicherung des Selbstbehalts | 136 | ||
aa) Zulässigkeit de lege lata | 136 | ||
bb) Trügerische Sicherheit | 138 | ||
cc) Umgehung des Gesetzeszwecks | 138 | ||
dd) Verfassungskonformität eines gesetzlichen Verbots | 145 | ||
6. Bedeutung der D&O-Versicherung für die Organhaftung | 150 | ||
IX. Fazit | 152 | ||
F. Vereinbarkeit mit § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 153 | ||
I. Grundlagen | 153 | ||
II. Keine unzulässige Ausnahme | 154 | ||
1. Beschränkte Anspruchsentstehung | 154 | ||
2. Regressbeschränkung als Einwand des Vorstands | 156 | ||
G. Alternativmodelle zur Regressbeschränkung | 158 | ||
I. Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats | 158 | ||
1. BGHZ 135, 244 – ARAG/Garmenbeck | 158 | ||
2. Weitmaschiger Filter auf der ersten Stufe | 159 | ||
3. Undifferenzierter Ermessensspielraum auf der zweiten Stufe | 160 | ||
4. Rezeption der Entscheidung im Hinblick auf die Entschärfung der Vorstandshaftung | 164 | ||
5. Unternehmenswohl als Ausgangspunkt ergebnisorientierter Argumentation | 165 | ||
6. Information der Hauptversammlung | 170 | ||
7. Umgehung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 170 | ||
a) Abtretung des Ersatzanspruchs | 170 | ||
b) Gegenteilige Literaturmeinungen | 173 | ||
aa) Kein tatbestandlicher Ausschluss des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 173 | ||
bb) Kein Bedarf einer Analogie zu § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 176 | ||
8. Universeller Anwendungsbereich der materiellen Regressbeschränkung | 177 | ||
II. Vertragliche oder statutarische Vereinbarungen | 178 | ||
1. De lege lata | 178 | ||
a) Ex ante | 178 | ||
aa) Vereinbarungen zum Sorgfaltsmaßstab | 178 | ||
bb) Vereinbarung eines Haftungshöchstbetrags | 181 | ||
b) Ex post | 183 | ||
2. Nicht überzeugende Korrektur de lege ferenda | 185 | ||
a) Praktikabilitätserwägungen | 185 | ||
b) Rechtliche Grenzen | 187 | ||
aa) Bedeutung der Satzungsstrenge | 187 | ||
bb) Komplette Abschaffung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 188 | ||
cc) Abschaffung der Sperrfrist in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG | 191 | ||
c) Untauglichkeit eines Haftungshöchstbetrags | 193 | ||
aa) Vorschläge in der Literatur | 193 | ||
bb) Vorhersehbarkeit der Haftungsfolgen | 195 | ||
cc) Mangelnde Flexibilität | 197 | ||
dd) Deckungssumme der D&O-Versicherung als Haftungsgrenze | 198 | ||
III. Tatbestandliche Korrektur des § 93 Abs. 2 AktG | 199 | ||
1. Keine Anerkennung nützlicher Pflichtverletzungen | 199 | ||
2. Vorteilsanrechnung | 200 | ||
3. Differenzierte Betrachtung von Unternehmensgeldbußen | 203 | ||
4. Berücksichtigung des Zwecks der Vermögensminderung | 204 | ||
IV. Schadensrechtliche Billigkeitsklausel | 205 | ||
1. Im Allgemeinen Schuldrecht | 205 | ||
2. Im Aktienrecht | 206 | ||
V. Fazit | 207 | ||
H. Dogmatische Herleitung einer Regressbeschränkung | 209 | ||
I. Haftungsbeschränkung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen | 209 | ||
1. Rechtslage im Arbeitsrecht | 209 | ||
2. Mögliche Parallelwertung im Vorstandsrecht | 211 | ||
3. Entkräftung verbreiteter Gegenargumente | 213 | ||
a) Fragliche Arbeitnehmereigenschaft des Vorstands | 213 | ||
aa) Keine eindeutigen Rückschlüsse aus der Gesetzessystematik | 213 | ||
bb) Fehlgeleitete Fokussierung | 214 | ||
cc) Systematische Auslegungsversuche | 215 | ||
dd) Rechtliche Weisungsfreiheit der Vorstandsmitglieder | 216 | ||
ee) Keine Haftung gegenüber Dritten | 221 | ||
ff) Zwischenergebnis | 222 | ||
b) Haftungsbeschränkung kein Gegenpol zum Weisungsrecht | 222 | ||
c) Keine Arbeitnehmerhaftung mit vollem Vermögen | 224 | ||
d) Risikoneigung und Freiwilligkeit der Arbeit unbeachtlich | 224 | ||
e) Enthaftung leitender Angestellter nur bei typischen Leitungsaufgaben | 226 | ||
f) Keine Enthaftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit | 228 | ||
g) Eingeschränkte Gestaltungsmacht des Organmitglieds | 228 | ||
aa) Im Hinblick auf den Anstellungsvertrag | 228 | ||
bb) Im Hinblick auf die Organtätigkeit | 229 | ||
h) Angeblich fehlender Korrekturbedarf | 230 | ||
i) Vereinbarkeit mit dem Normzweck der Vorstandshaftung | 233 | ||
aa) Normzweck Gläubigerschutz | 233 | ||
bb) Kein Konflikt von arbeitsrechtlicher Haftung und Gläubigerschutz | 233 | ||
cc) Gegenüber der Gesellschaft verhängte Geldbuße als Schadensposten | 235 | ||
dd) Besonderheiten des Kartellrechts | 238 | ||
ee) Sondertatbestände nach § 93 Abs. 3 AktG | 240 | ||
4. Ansätze in der Rechtsprechung | 242 | ||
II. Methodische Zulässigkeit eines Wertungstransfers | 246 | ||
1. Vergleichbare Wirkung unterschiedlicher methodischer Ansätze | 246 | ||
2. Analogie | 247 | ||
a) Analogiefähigkeit einer Rechtsfigur | 247 | ||
b) Fehlende planwidrige Regelungslücke | 248 | ||
3. Teleologische Reduktion | 250 | ||
a) Dogmatische Grundlagen | 250 | ||
b) Gleichrangigkeit von Schadenskompensation und Schadensprävention | 251 | ||
c) Neujustierung bei der Vorstandsinnenhaftung | 252 | ||
aa) Ökonomische Perspektive | 252 | ||
bb) Endliche Haftungsmasse | 253 | ||
cc) Verschiedene Einwände | 254 | ||
dd) Begrenzte Überzeugungskraft der Einwände | 256 | ||
d) Ungefährdete Schadensprävention | 258 | ||
e) Folgerungen | 260 | ||
4. Gesellschaftsrechtliche Fürsorgepflicht | 260 | ||
a) Fremdnützigkeit der Tätigkeit | 260 | ||
b) Keine analoge Anwendung des § 254 BGB | 262 | ||
c) Folgerungen | 264 | ||
III. Ausreichende Möglichkeiten de lege lata | 265 | ||
IV. Fazit | 265 | ||
I. Kriterien und Fallgruppen einer Regressbeschränkung | 266 | ||
I. Keine blinde Übernahme der arbeitsrechtlichen Haftung | 266 | ||
II. „Angemessener“ Regress statt fester Grenzen | 267 | ||
III. Auswirkungen einer D&O-Versicherung | 268 | ||
1. Kein bestehender Versicherungsschutz | 268 | ||
2. Bestehender Versicherungsschutz | 268 | ||
3. Grundsatz der Trennung von Haftung und Versicherung | 270 | ||
IV. Verschulden | 272 | ||
1. Arbeitsrechtliche Grenzen | 272 | ||
2. Entgegenstehendes Wortlautargument | 273 | ||
3. Bedeutungszuwachs der Vorstandsinnenhaftung | 274 | ||
4. Einzelfälle | 275 | ||
V. Nachtatverhalten | 276 | ||
VI. Schaden der Gesellschaft | 277 | ||
1. Absolute Höhe | 277 | ||
2. Keine Orientierung an der möglichen Höhe einer persönlichen Geldbuße | 278 | ||
VII. Vergütungsstruktur | 280 | ||
VIII. Finanzielle Leistungsfähigkeit | 282 | ||
IX. Ungeeignete Kriterien | 284 | ||
1. Risikoprofil der Gesellschaft | 284 | ||
2. Umgang mit Formalverstößen | 286 | ||
3. Ersetzbarkeit des Organmitglieds | 287 | ||
4. Zukünftige Profitabilität | 289 | ||
5. Persönliche Verhältnisse des Organmitglieds | 289 | ||
6. Keine Signalwirkung der Behördenentscheidung | 290 | ||
X. Fazit | 290 | ||
J. Prozessuales Vorgehen | 291 | ||
I. Situation des Aufsichtsrats | 291 | ||
II. Schadensschätzung nach § 287 ZPO | 293 | ||
K. Untersuchungsergebnisse | 296 | ||
Literaturverzeichnis | 299 | ||
Stichwortverzeichnis | 340 |