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Riecken, P. (2006). Die Duldung als Verfassungsproblem. Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52178-4
Riecken, Philipp-Asmus. Die Duldung als Verfassungsproblem: Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland. Duncker & Humblot, 2006. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52178-4
Riecken, P (2006): Die Duldung als Verfassungsproblem: Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52178-4

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Die Duldung als Verfassungsproblem

Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland

Riecken, Philipp-Asmus

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1036

(2006)

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Abstract

Noch immer befinden sich in Deutschland 180.000 ausländische Personen im Status der "Duldung" - mehr als ein Drittel davon seit über zehn Jahren. Sie leben in einem ausländerrechtlichen Schwebezustand jenseits des illegalen und des legalen Aufenthalts. Die gesetzliche Einordnung geduldeten Aufenthalts als "unrechtmäßig" wirft die Frage nach der grundrechtlichen Rechtsstellung dieser Bevölkerungsgruppe auf. Augenscheinlich widerspricht die menschenrechtliche Fassung der ersten drei Verfassungsbestimmungen - Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit - jeder qualitativen Unterscheidung in der grundrechtlichen Stellung von Ausländern mit/ohne Aufenthaltsrecht. Ziel der Arbeit ist es, die vermeintliche Inkongruenz zwischen einfachgesetzlichem und grundrechtlichem Status aufzulösen.

Im Zentrum des ersten Teils steht die These, dass sich der grundrechtliche Status von Ausländern im Bundesgebiet durch eine Teilhabe am Verfassungsprinzip der gleichen Freiheit aller Menschen realisiert. Mit dem Nationalstaatsprinzip ist zudem ein zweites, gegenläufiges fundamentales Verfassungsprinzip auszumachen, welches die Entscheidungsbefugnis über die grundsätzliche Aufnahme von Ausländern dem Staat belässt. Vor dem theoretischen Hintergrund dieser Prinzipien erklärt sich das Phänomen eines relativ rechtswidrigen Aufenthaltes: Ungeachtet der aufenthaltsrechtlichen Wertung des Aufenthalts als "unrechtmäßig" erlangen geduldete Ausländer einen übergeordneten verfassungsrechtlichen Rechtsstatus, in dessen Perspektive der Aufenthalt rechtmäßig bleibt. Die Verfassung legt damit eine Obergrenze für den Zeitraum der Duldungserteilung fest. Den Aufenthalt aus humanitären oder politischen Interessen auf die Grundlage der Duldung zu stellen ist zudem mit dem Prinzip der Freiheit unvereinbar. In Anwendung der gewonnenen Ergebnisse auf die bundesdeutschen Ausländergesetze bis hin zum Zuwanderungsgesetz 2005 zeigt sich im zweiten Teil, dass diese klaren verfassungsrechtlichen Grenzen sowohl bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Duldung, als auch bei ihrer Anwendung in der Praxis bis heute nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsübersicht 7
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 15
1. Kapitel: Problemstellung und Themenabgrenzung: Aufenthalt zwischen Sanktion und Genehmigung 18
A. Ausgangsproblem 18
I. Aufenthalt als Rechtsproblem 18
1. Aufenthalt und Ausländerrecht 18
2. Grundrechtlicher Status: Begründung durch schlichten Aufenthalt 22
II. Grundrechtsschutz nach Maßgabe der Aufenthaltstatbestände? 24
1. Grundrechte der nach einfachem Recht „statuslosen" geduldeten Ausländer 25
2. Gleichstellung mit außerhalb Deutschlands weilenden Ausländern? 27
B. Methodische Vorüberlegungen und Definitionen 29
I. Methodik und nähere Eingrenzung des Themas 29
II. Definitionen 33
1. Facetten des Aufenthaltsbegriffes nach geltendem Ausländerrecht und schlichter Aufenthalt 33
2. Rechtmäßig - Unrechtmäßig - Rechtswidrig 37
a) Formeller Begriff der Rechtswidrigkeit (Kirchhof) 40
b) Relative Rechtswidrigkeit als Ausdruck von Unterscheidungen (Bumke) 42
3. Statusbegriff 45
III. Aufbau und Ziel der weiteren Untersuchung 50
2. Kapitel: Aufenthalt und Verfassungsrecht - Grundrechtlicher Status im Falle unrechtmäßigen, nicht sanktionierten Aufenthalts von Ausländern in Deutschland 52
A. Ausgangsbedingungen für die Begründung eines grundrechtlichen Status geduldeter Ausländer 52
I. Die verfassungsdogmatische Kategorie der Grundrechtsvoraussetzungen 52
II. Der Verfassungsstaat als notwendiger Bezugspunkt grundrechtlicher Freiheit 55
III. Die Rahmenordnung des Völkerrechts - Einbindung des deutschen Staates in die internationale Staatengemeinschaft 60
IV. Aufenthalt und Aufenthaltsrecht als Grundrechtsvoraussetzungen 63
1. Aufenthalt als Grundrechtsvoraussetzung 63
2. Räumliche und personale Reichweite der Grundrechtsbestimmungen 64
3. Kollisionsrechtliches Kriterium: Statusprinzip 65
4. Keine Grundrechtsvoraussetzung Aufenthaltsrecht 68
B. Inhalt des grundrechtlichen Status: Verfassungsprinzip der Freiheit 68
I. Anforderungen an den Inhalt des grundrechtlichen Status 68
II. Verfassungsprinzip der gleichen Freiheit Aller 70
1. Dimensionen des verfassungsrechtlichen Freiheitsverständnisses 73
a) Prinzip der Freiheit und Grundrechtstheorie(n) 74
b) Grundrechte und negativer Freiheitsbegriff 76
2. Freiheit des Einzelnen und Menschenwürde 78
3. Prinzip der Freiheit im Grundgesetz 80
a) Verfassungsrechtliche Verortung 81
b) Prima-facie-Struktur der Freiheitsrechte 84
c) Rechtsstaatliches Verteilungsprinzip 85
d) Rechtscharakter des Verfassungsprinzips der Freiheit 88
III. Zwischenergebnis und Konsequenzen für den unrechtmäßigen, nicht sanktionierten Aufenthalt von Ausländern 91
C. Verfassungsimmanente Einschränkung grundrechtlicher Freiheit von Ausländern durch das Verfassungsprinzip des Nationalstaats 97
I. Nationalstaat und Konzept der Nation in Deutschland 99
1. Bundesrepublik Deutschland als Nationalstaat 101
a) Der „offene" Nationalstaat 101
b) Die Verankerung des Nationalstaats im Grundgesetz 106
aa) Präambel 106
bb) Weitere Bestimmungen 110
c) Nationalstaat im europäischen Rahmen: „Nationale Identität" der Mitgliedstaaten 113
aa) Nationale und europäische Identität 114
bb) Identitätsbegriff in der deutschen Staatsrechtslehre 116
cc) Europäischer Verfassungsvertrag 118
2. Nationalitätskonzept in der Bundesrepublik Deutschland 121
a) Zwei Modelle der Natiogenese: Politisch und ethnisch-kulturell begründetes Verständnis der Nation 124
b) Grundgesetz und Nationalitätskonzept 127
aa) Anknüpfung an die Regelung der „Statusdeutschen" in Art. 116 Abs. 1 2. Alt. GG 128
bb) Staatsangehörigkeit im Grundgesetz 132
(1) Ius sanguinis als tradierte Form des Staatsangehörigkeitserwerbs 132
(2) Grundgesetz und die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes des Jahres 1999 135
(3) Mehrfache Staatsangehörigkeit 136
(4) Zwischenergebnis: Grundsätzlich konzeptionelle Offenheit der verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Staatsangehörigkeit 141
cc) Verfassungsidentität als Nucleus einer verfassungsrechtlichen Nationalitätskonzeption 142
II. Das Nationalstaatsprinzip des Grundgesetzes als Grundlage aufenthaltsrechtlicher Einschränkung der Ausländergrundrechte 148
1. Die Deutschenvorbehalte der Freiheitsgrundrechte als Ausdruck des Nationalstaatsprinzips des Grundgesetzes 148
a) Das Nationalstaatsprinzip im weiteren Sinne (Bleckmann) 150
b) Das auf das angehörigkeitsrechtliche Grundverhältnis gegründete Nationalstaatsprinzip im engeren Sinne (Siehr) 152
c) Zusammenfassung und Bewertung 154
2. Nationalstaatsprinzip und Aufenthaltsbegründung 155
3. Nationalstaatsprinzip als Grundlage für ein abgestuftes System aufenthaltsbedingter Freiheitseinschränkungen 158
D. Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt nach Maßgabe der Verfassungsprinzipien 159
I. Maßstabsfunktion der Verfassungsprinzipien 159
II. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung unrechtmäßigen, nicht sanktionierten Aufenthalts 162
1. Verfassungsprinzip der Freiheit 162
2. Nationalstaatsprinzip 164
3. Relative Rechtswidrigkeit des geduldeten Aufenthalts 164
4. Grenzen und Maßstäbe des Verfassungsrechls 166
a) Perpetuierungsverbot und zunehmende Rechtfertigungsbedürftigkeit von Grundrechtseingriffen im Zeitablauf 166
b) Kein geduldeter Aufenthalt nach grundsätzlicher Aufnahmeentscheidung des Staates 167
3. Kapitel: Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt im Gefüge der einfachgesetzlichen Bestimmungen des Ausländerrechts 170
A. Entwicklung des Aufenthaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Focus unrechtmäßigen, nicht sanktionierten Aufenthalts bis 1990 170
I. Über die Aufenthaltsdauer zum Aufenthaltsrecht - Entwicklung des geduldeten Aufenthalts bis 1990 170
1. Von der Ausländerpolizei Verordnung zum Ausländergesetz 1965 172
2. Aufenthalt nach dem Ausländergesetz 1965 173
3. Die Duldung als aufenthaltsrechtliche Neuerung 177
4. Duldung und Daueraufenthalt 178
a) Anwendungsbeispiel: De-facto-Flüchtlinge 180
b) Ostblockflüchtlinge 183
c) Abgelehnte Asylbewerber aus Bürgerkriegsgebieten - Beispiel der Tamilen 186
d) Bewertung in der Literatur 190
B. Unrechtmäßiger, nicht sanktionierter Aufenthalt nach der Reform des Ausländerrechts von 1990 192
I. Die Neuregelung aus dem Jahr 1990 192
1. Die Zielstellungen der Reform und ihre Umsetzung 192
2. Duldung nach dem Ausländergesetz 1990 - Rückführung auf ihre vollstreckungsrechtliche Funktion? 195
a) Der Rechtsanspruch auf die Duldungserteilung 196
b) Ermessensentscheidung über die Duldung, § 55 Abs. 3 198
c) Abschiebung oder Duldung: Ausschluss ungeregelten Aufenthaltes durch die Rechtsprechung 199
II. Die Anwendung der Duldungsbestimmungen des Ausländergesetzes von 1990 202
1. Keine Anwendung des § 32a AuslG auf Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge 204
2. Duldung und humanitäre Aufenthaltsbegründung - Beispiel der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina 205
a) Zur Kriegsentwicklung in Bosnien 206
b) Rechtliche Stellung der Flüchtlinge in Deutschland 209
aa) Aufenthalt auf asylrechtlicher Grundlage? 209
bb) Humanitäre Soforthilfe - Aufenthaltsbefugnisse gem. §§ 30, 32, Verpflichtungserklärungen nach § 84 AuslG 212
cc) Duldung auf der Basis von Aussetzungsanordnungen und Abschiebungshindernissen (§§ 53, 54 AuslG) 213
c) Auswirkungen der Traumatisierung von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen 216
III. Zusammenfassung und Ergebnis 219
C. Die Neuregelung des Ausländerrechts 2005 222
I. Die Entstehung des Zuwanderungsgesetzes - Abschaffung der Duldung? 222
1. Die Vorarbeiten der Kommissionen 223
2. Entwicklung bis zum Zuwanderungskompromiss im Sommer 2004 225
a) Das Zuwanderungsgesetz vom 20. Juni 2002 225
b) Europarechtliche Implikationen 229
c) Scheitern des Zuwanderungsgesetzes 2002 und neuer Anlauf bis zur Verabschiedung im Jahr 2004 233
d) Zuwanderungsgesetz und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung 234
II. Wesentliche Neuerungen 236
1. Systematik des Aufenthaltsgesetzes 236
2. Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen 237
a) Aufenthalt aus humanitären Gründen, § 25 AufenthG 239
aa) Aufenthaltsrecht bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen 239
bb) Aufenthaltsrecht bei tatsächlicher und rechtlicher Unmöglichkeit der Ausreise 241
cc) Aufenthaltserlaubnis bei vorübergehendem Aufenthalt 243
b) Härtefallregelung 244
3. Die Duldung im Gefüge des Aufenthaltsgesetzes 246
a) Duldungstatbestände 246
b) Rechtsfolgen 248
c) Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer nach § 15a AufenthG 249
III. Bewertung 250
1. Bewertung mit Blick auf das Ziel der Verhinderung dauerhafter Duldung 250
2. Verfassungsrechtliche Anforderungen 251
4. Kapitel: Schlussbetrachtung 253
Literaturverzeichnis 259
Personenverzeichnis 276
Sachwortverzeichnis 278