Eheliche Vermögensausgestaltung im Korsett des Grundgesetzes
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Eheliche Vermögensausgestaltung im Korsett des Grundgesetzes
Zu den zivilrechtlichen Grenzen des Verzichts auf das Pflichtteilsrecht und des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 460
(2016)
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Der Autor ist Notarassessor bei der Notarkammer Koblenz.Abstract
Jahrzehntelang blieben ehevertragliche Vereinbarungen von einer durchgreifenden Inhaltskontrolle verschont. Erst die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts änderte dies. In der Folge entwickelte der Bundesgerichtshof - freilich auf Grundlage von insbesondere zivilrechtlichen Überlegungen - Leitplanken für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen, in deren Mittelpunkt die sogenannte Kernbereichslehre steht. Von dieser Inhaltskontrolle blieben das eheliche Güterrecht und der Pflichtteilsverzicht weitgehend unberührt. Jedoch bilden das Güter- und Erbrecht der Eheleute oftmals die wirtschaftlich bedeutendsten Rechte bei Beendigung der Ehe durch Scheidung bzw. Tod des anderen Ehegatten. Daher verwundert es nicht, dass diese beiden Rechtsinstitute in jüngster Vergangenheit zunehmend in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses bei der Inhaltskontrolle der Vermögensausgestaltung der Eheleute gerieten. Die Arbeit zeigt auf der Basis der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte - dem Ausgangspunkt der durch das Bundesverfassungsgericht angestoßenen Inhaltskontrolle von Eheverträgen - die Grenzen des Verzichts des auf Versorgung des Ehegatten gerichteten Pflichtteilsrechts auf. Daneben wird eine indisponible güterrechtliche Teilhabe verfassungsrechtlich geschützt. Hierbei handelt es sich um das Recht auf eine grundsätzliche Teilhabe an einem nicht schon bei Beginn der Ehe - etwa durch einen bereits vorgezeichneten Karriereweg - angelegten Vermögensaufbau. Demnach ist diese grundsätzliche Teilhabe auf einen nicht vorhersehbaren, schicksalhaften Vermögensaufbau gerichtet.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung | 15 | ||
B. Inhaltskontrolle von Gütertrennung und ehelichem Pflichtteilsverzicht | 19 | ||
I. Status quo der Inhaltskontrolle | 19 | ||
II. Durchgreifende Inhaltskontrolle auch bei Gütertrennung und Pflichtteilsverzicht? | 28 | ||
III. Generalklauseln als Korrektiv ehelicher Privatautonomie | 31 | ||
1. Entwicklung der Auslegung von Generalklauseln im Bereich von Ehe und Familie | 31 | ||
a) Die „Guten Sitten“ im Kaiserreich | 31 | ||
b) Die „Guten Sitten“ des Nationalsozialismus | 32 | ||
c) Generalklauseln als Einbruchstellen der Grundrechte in das Zivilrecht | 33 | ||
aa) Hoheitlich geprägte Willensbildung durch die notarielle Form | 36 | ||
bb) Eheliche Vermögensausgestaltung und staatliche Anerkennung | 37 | ||
cc) Umkehrung des Prinzips praktischer Konkordanz bei der Drittwirkung von Grundrechten | 38 | ||
d) Grenzen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte | 39 | ||
e) Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte als Ideallösung | 41 | ||
2. Das aufzulösende verfassungsrechtliche Spannungsfeld | 44 | ||
IV. Fazit | 45 | ||
C. Ehevertragsrechtsprechung – Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Bürgschaft durch Angehörige | 46 | ||
I. Angehörigenbürgschaftsrechtsprechung als Blaupause für das Recht der Eheleute? | 46 | ||
1. Die Ehe als Wuchertatbestand | 46 | ||
2. Eheliche Vertragsverhandlungen außerhalb der vertraglichen Richtigkeitsgewähr | 48 | ||
a) Disparität und Richtigkeitsgewähr | 50 | ||
b) Schutz durch Wirksamkeitskontrolle – aber nur soweit die Situation typisierbar ist | 53 | ||
c) Zuflucht in interdisziplinär geschaffenen Lösungsansätzen | 54 | ||
d) Disparitätserkennung in der Black Box Ehe | 56 | ||
3. Disparität – Geschäftsunfähigkeit light | 60 | ||
a) Gemeinsame Anknüpfungsmomente von Sittenwidrigkeit und Geschäftsunfähigkeit | 60 | ||
b) Kein Mensch ist Herr im eigenen Haus | 62 | ||
II. Überwindung ehebedingter Disparität durch das Beurkundungserfordernis? | 64 | ||
1. Vertragsgerechtigkeit durch das notarielle Verfahren? | 64 | ||
2. Präambeln als Chance für mehr Rechtssicherheit | 66 | ||
3. Präambeln und die Geschäftsfähigkeit der Eheleute | 71 | ||
4. Grenzen des notariellen Verfahrens bei der Überwindung von Disparitätslagen | 74 | ||
III. Fazit | 78 | ||
D. Das verfassungsrechtliche Pflichtteilsrecht als Säule der Inhaltskontrolle | 79 | ||
I. Das konkrete verfassungsrechtliche Spannungsfeld des ehelichen Erb- und Güterrechts | 79 | ||
II. Inhaltskontrolle von Pflichtteilsverzichten | 83 | ||
III. Die abstrakte Rechtsnatur des Pflichtteilsverzichts und die Inhaltskontrolle | 89 | ||
IV. „Gefahren“ für den Pflichtteilsverzicht jenseits der mittelbaren Drittwirkung | 93 | ||
1. Mögliche „Infektion“ des Ehevertrages durch den Pflichtteilsverzicht | 93 | ||
2. Präambeln als Ausgangspunkt für Anfechtung und Inhaltskontrolle | 95 | ||
V. Verfassungsrechtliche Dominanz des Pflichtteilsrechts der Kinder – Grenzpfeiler für das Pflichtteilsrecht des Ehegatten | 98 | ||
1. Verfassungsrechtliche Verankerung des Pflichtteilsrechts der Kinder | 100 | ||
2. Erbrechtsgewähr nach dem Wortlaut des Grundgesetzes und nach systematischer Auslegung | 105 | ||
3. Die historische Verankerung des Pflichtteilsrechts als tragende Säule des verfassungsrechtlichen Schutzes | 107 | ||
a) Das Pflichtteilsrecht in den Beratungen des Parlamentarischen Rats | 110 | ||
b) Das Erbrechtsverständnis des Parlamentarischen Rats | 111 | ||
c) Dissens zwischen Parlamentarischem Rat und Bundesverfassungsgericht | 114 | ||
4. Boehmers Handschrift in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Pflichtteilsrecht der Kinder | 115 | ||
a) Argumentationsstruktur des Ersten Senats parallel zu Boehmer | 117 | ||
b) Würdigung Gustav Boehmers | 121 | ||
5. Die Belastbarkeit von Boehmers Thesen für die Erbrechtsgewährleistung | 122 | ||
6. Der „weite“ Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers nach dem Bundesverfassungsgericht | 126 | ||
a) Vorbehalt- und bedingungsloses Pflichtteilsrecht der Kinder auf Teilhabe am Nachlass | 127 | ||
b) Der Einfluss des tradierten Erbrechts auf einen verfassungsrechtlichen Wesenskern des Erbrechts | 128 | ||
c) Der tatsächliche Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers | 134 | ||
7. Halbteilung zwischen materieller Testierfreiheit und Familienerbrecht | 136 | ||
8. Verfassungswidrigkeit der Reform des Pflichtteilsergänzungsanspruchs | 139 | ||
VI. Verfassungsrechtliche Einordnung des Pflichtteilsrechts des Ehegatten | 141 | ||
1. Wahrscheinliche Verankerung des Pflichtteilsrechts des Ehegatten | 142 | ||
2. Das Pflichtteilsrecht des Ehegatten und Wortlaut und Systematik des Grundgesetzes | 144 | ||
3. Das Pflichtteilsrecht der Ehegatten und der Wille der Eltern des Grundgesetzes | 145 | ||
4. Die vorkonstitutionelle Entwicklung der erbrechtlichen Stellung des Ehegatten | 146 | ||
a) Das Ehegattenerbrecht seit dem Germanischen Recht bis zu den Partikularrechten | 148 | ||
b) Das Erbrecht der Ehefrau im Römischen Recht | 149 | ||
c) Das historische Bürgerliche Gesetzbuch als Fundament der erbrechtlichen Institutsgarantie | 151 | ||
5. Entwicklung des Ehegattenerbrechts unter dem Grundgesetz | 159 | ||
a) Voraus des Ehegatten auch neben den Kindern | 161 | ||
b) Das güterrechtliche Viertel des § 1371 Abs. 1 BGB | 162 | ||
c) Verortung der erbrechtlichen Stellung des Ehegatten nach der Anfügung des § 1931 Abs. 4 BGB | 168 | ||
d) Grenzen der Fortbildung der erbrechtlichen Institutsgarantie zugunsten des Ehegatten | 173 | ||
e) Fazit: Verfassungsrechtlicher Schutz eines auf Absicherung gerichteten ehelichen Pflichtteilsrechts | 176 | ||
E. Güterrechtliche Teilhabe als Teil des verfassungsrechtlich geschützten Wesenskerns der Ehe? | 178 | ||
I. „Nichts ist riskanter als die Eingehung der Ehe“ | 178 | ||
II. Der Weg zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft | 184 | ||
1. Die Zugewinngemeinschaft – lediglich eine Wiederentdeckung? | 184 | ||
2. Die Zugewinngemeinschaft – Güterstand des Grundgesetzes | 190 | ||
a) Unmittelbare Verfassungsbindung der Justiz durch Art. 117 Abs. 1 GG | 191 | ||
b) Verfassungsunmittelbare Verantwortung der ordentlichen Gerichte: Ein Vorschlag zur Auflösung der Problematik | 193 | ||
III. Zugewinn und Wesenskern der Ehe | 195 | ||
1. Das Wesen der Ehe in einem normgeprägten Grundrecht | 195 | ||
2. Zugewinnausgleich und verfassungsrechtlich geprägte Inhaltskontrolle von Eheverträgen | 197 | ||
a) Partielle Gleichwertigkeit von Zugewinn- und Versorgungsausgleich | 202 | ||
b) Zugewinnausgleich und Unterhalt | 204 | ||
c) Der Zugewinnausgleich jenseits der Sicherung des Hausstandes | 205 | ||
d) Kompensation ehebedingter Nachteile | 206 | ||
aa) Fiktive Erwerbsbiographie | 208 | ||
bb) Relativer Schutz vor ehebedingten Nachteilen | 210 | ||
e) Nebengüterrecht und Nachteilsausgleich | 212 | ||
f) Eigentlicher Charakter des Zugewinnausgleichs | 213 | ||
g) Teilhabegedanke im Wesen der Ehe | 215 | ||
h) Keine zwingende Halbteilung | 219 | ||
i) Fazit | 223 | ||
F. Eheliche Vertragsfreiheit | 224 | ||
I. Bedeutung der konkreten Verankerung der Vermögensausgestaltungsfreiheit | 224 | ||
1. Mögliche Verankerung der güterrechtlichen Ehevertragsfreiheit | 225 | ||
2. Mögliche Verankerung der verfassungsrechtlichen Freiheit zu Erb- und Pflichtteilsverzicht | 226 | ||
II. Gegenpole: Vertrags- und Verfassungsrecht | 228 | ||
1. Grundrechtsverzicht und die Grenze der Vertragsfreiheit | 229 | ||
2. Zeitpunkt von Ehevertrag bzw. Pflichtteilsverzicht unerheblich | 231 | ||
III. Die erb- und güterrechtliche „Vertragsfreiheit“ im historischen Bürgerlichen Recht | 231 | ||
IV. Erb- und güterrechtliche Ausgestaltungsfreiheit im Spiegel des Zeitgeistes | 239 | ||
V. Das Grundgesetz und die Vertragsfreiheit | 243 | ||
1. Keine Gewähr der Vertragsfreiheit durch ein spezielles Grundrecht | 243 | ||
2. Verfassungsrechtliche Entwicklung der Vertragsfreiheit | 243 | ||
a) Ausdrücklicher Schutz der Vertragsfreiheit in der Weimarer Verfassung | 243 | ||
b) Die Vertragsfreiheit des Grundgesetzes | 246 | ||
aa) Wirtschaftsvertragsfreiheit und die eheliche Vertragsfreiheit | 248 | ||
bb) Vertragsfreiheit und die unmittelbare Grundrechtsbindung nach Art. 117 Abs. 1 GG | 249 | ||
cc) Evolution von der Vertragsfreiheit zur Privatautonomie | 251 | ||
VI. Fazit | 255 | ||
VII. Eheliche Vermögensausgestaltung im Grundrechtskonflikt des Einheitsschutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG | 257 | ||
1. Multipolarer Grundrechtskonflikt | 257 | ||
2. Der Einheitsschutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG | 258 | ||
VIII. Konsequenzen für die Kautelarpraxis | 258 | ||
1. Rechtstechnische Absicherung des Wesenskerns des ehelichen Erbrechts | 258 | ||
2. Rechtstechnische Absicherung güterrechtlicher Teilhabe | 262 | ||
IX. Einheitsschutzbereich: „ ‚Abwägung überall‘ – Gefahr für den Rechtsstaat“ | 265 | ||
G. Resümee | 270 | ||
I. Inhaltskontrolle von Gütertrennung und Pflichtteilsverzicht am Maßstab der Drittwirkung der Grundrechte | 270 | ||
II. Ausblenden ehebedingter Disparität bei der Wirksamkeitskontrolle | 271 | ||
III. Ausschöpfen des Potentials der notariellen Form | 272 | ||
IV. Pflichtteilsverzicht und Gütertrennung in den Grenzen des Einheitsschutzbereichs des Art. 6 GG | 274 | ||
1. Pflichtteilsrechtliche Grundabsicherung des Ehegatten | 275 | ||
2. Güterrechtliche Teilhabe | 277 | ||
3. Das Gewicht ehelicher Privatautonomie in der Vermögensausgestaltung | 278 | ||
V. Schlussbetrachtungen | 278 | ||
Literaturverzeichnis | 280 | ||
Sachwortregister | 298 |