Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Angeklagten vor dem Hintergrund neuer Beweise
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Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Angeklagten vor dem Hintergrund neuer Beweise
Schriften zum Strafrecht, Vol. 298
(2016)
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André Bohn studierte von 2008 bis 2013 Rechtswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Nach Absolvierung der Ersten Prüfung im Freiversuch promovierte er bei Herrn PD Dr. Sickor zu dem Thema: »Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Angeklagten vor dem Hintergrund neuer Beweise«. Seit Mitte 2014 ist er am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Internationales Strafrecht von Frau Prof. Swoboda als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seit Mai 2016 ist André Bohn Rechtsreferendar im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.Abstract
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob es möglich sein soll, beim Vorliegen neuer Beweise eine zuvor freigesprochene Person nochmals anzuklagen. Dieser Fragestellung liegt der Konflikt zwischen dem Verbot erneuter Strafverfolgung und der Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit zugrunde. § 362 StPO normiert die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Angeklagten, ermöglicht aber momentan keine Wiederaufnahme bei dem Vorliegen neuer Beweise.Nach einem historischen Teil zur Entwicklung der Wiederaufnahme des Strafverfahrens und des Schutzes vor erneuter Strafverfolgung setzt André Bohn sich mit der Rechtskonformität des bestehenden § 362 StPO auseinander. Im Anschluss wird die Möglichkeit geprüft, in § 362 StPO einen Wiederaufnahmegrund wegen neuer Beweise einzuführen. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass eine Erweiterung des § 362 StPO um einen Wiederaufnahmegrund wegen neuer Beweise nicht möglich ist.»Revision Proceedings to the Disadvantage of the Accused on the Basis of Newly Discovered Incriminating Evidence«Should it be admissible to reopen criminal proceedings even after a final judgement has been rendered if new inculpating evidence has come to light which seriously incriminates the person acquitted? The answer to this question entails solving the conflict between the prohibition of double jeopardy (in Germany known as the rule of »ne bis in idem« which in itself is an aspect of the individual guarantee of legal certainty) and the criminal courts' duty to render material justice on the basis of a material truth.In Germany revision proceedings to the disadvantage of the accused are regulated in § 362 of the German Code of Criminal Procedure (»StPO«). § 362 StPO does currently not envisage revision proceedings to the disadvantage of an accused on the basis of new inculpating evidence.The author traces the historical development of the protection against double jeopardy and the rules on revision proceedings in criminal matters. He furthermore examines the constitutionality of the current normative framework on revision in § 362 StPO and of the rules recently proposed with the intent to acknowledge the discovery of new inculpating evidence as an additional ground of revision to the disadvantage of the accused.The author concludes that admitting such a new ground of revision would violate the German Constitution and European Legal Minimum Standards on legal certainty in criminal law.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung | 17 | ||
B. Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens | 22 | ||
C. Der Grundsatz „ne bis in idem“ | 36 | ||
D. Strafprozessuale Zulässigkeit und Vereinbarkeit des § 362 StPO mit höherrangigem Recht und anderen Prinzipien | 47 | ||
I. Strafprozessuale Zulässigkeit des § 362 StPO | 47 | ||
II. Vereinbarkeit des § 362 StPO mit Art. 103 III GG | 56 | ||
1. Reichweite des Art. 103 III GG | 57 | ||
a) Art. 103 III GG als Verbot erneuter Verfolgung | 57 | ||
b) Sonderfall: Art. 103 III GG und nichtige Urteile | 62 | ||
2. Verhältnis des § 362 StPO zu Art. 103 III GG | 83 | ||
III. Fragen zu § 362 StPO vor dem Hintergrund des Europa- und Völkerrechts | 100 | ||
1. Vereinbarkeit des § 362 StPO mit Art. 14 VII IPbpR, Art. 4 EMRK-Pr. 7 und Art. 50 GRC in seiner innerstaatlichen Wirkung | 101 | ||
2. Transnationale Ne-bis-in-idem-Regelungen | 117 | ||
3. § 362 StPO vor dem Hintergrund der Art. 50 GRC, 54 SDÜ und 103 III GG | 137 | ||
4. Ergebnis zu der Vereinbarkeit des § 362 StPO mit dem Europa- und Völkerrecht | 143 | ||
IV. Verhältnis des § 362 StPO zu den §§ 78 ff. StGB | 143 | ||
1. Das Institut der Verjährung | 145 | ||
2. Versuch einer Lösung des Konflikts anhand des Gesetzes | 148 | ||
a) Verschiedene Lösungsansätze | 148 | ||
b) Lösung über § 78b I Nr. 2 StGB | 150 | ||
aa) Anwendbarkeit des Legalitätsprinzips im Wiederaufnahmeverfahren | 151 | ||
bb) Ergebnis zur Anwendbarkeit des Legalitätsprinzips im Wiederaufnahmeverfahren | 157 | ||
cc) Weitere Probleme bei der Lösung über § 78b I Nr. 2 StGB | 157 | ||
dd) Ergebnis | 159 | ||
3. Weitere Argumente der einzelnen Meinungen | 160 | ||
a) Berücksichtigung der Folgen der einzelnen Meinungen | 160 | ||
b) Die Reform der Verjährungsvorschriften von 1975 | 161 | ||
c) Beschuldigtenschutz | 162 | ||
d) Weitere Argumente für einen Neubeginn der Verjährung | 164 | ||
aa) Argumente | 164 | ||
bb) Kritik | 165 | ||
e) Weitere Argumente gegen das Weiterlaufen der Verjährung nach Freisprüchen | 170 | ||
4. Ergebnis | 171 | ||
5. Wiederaufnahme und Verjährung bei unterschiedlicher rechtlicher Würdigung im Ausgangs- und im Wiederaufnahmeverfahren | 172 | ||
E. Schlussfolgerungen aus der bisherigen Untersuchung und Lösungsansätze | 176 | ||
I. Zwischenergebnis und daraus resultierende Schlussfolgerungen | 176 | ||
II. Lösungsansätze | 180 | ||
F. Rechtskonforme Ausgestaltung des § 362 StPO | 184 | ||
I. § 362 Nr. 3 StPO i.V.m. § 370 I StPO als absoluter Wiederaufnahmegrund | 184 | ||
II. Fehlende Anknüpfung an die Schwere der begangenen Straftat | 185 | ||
G. Erweiterung des § 362 StPO | 193 | ||
I. Generelle Möglichkeit einer Erweiterung der Wiederaufnahmegründe in § 362 StPO | 193 | ||
II. Notwendigkeit einer Erweiterung der Wiederaufnahmegründe in § 362 StPO | 200 | ||
III. Strafprozessuale Zulässigkeit und Vereinbarkeit einer Erweiterung des § 362 StPO mit höherrangigem Recht und anderen Prinzipien | 217 | ||
1. Strafprozessuale Zulässigkeit einer Erweiterung | 217 | ||
2. Vereinbarkeit einer Erweiterung mit Art. 103 III GG | 219 | ||
3. Vereinbarkeit einer Erweiterung mit Art. 14 VII IPbpR, Art. 4 EMRK-Pr. 7 und Art. 50 GRC in seiner innerstaatlichen Wirkung | 238 | ||
4. Vereinbarkeit einer Erweiterung mit Art. 54 SDÜ, Art. 50 GRC und Art. 103 III GG in ihrer transnationalen Wirkung | 242 | ||
5. Verstoß gegen Art. 3 I GG | 242 | ||
6. Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot | 253 | ||
7. Verstoß gegen die Unschuldsvermutung | 273 | ||
8. Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit oder den Nemo-tenetur-Grundsatz | 283 | ||
IV. Gefahr der Ausweitung der nachteiligen Wiederaufnahme | 286 | ||
H. Fazit | 289 | ||
Literaturverzeichnis | 290 | ||
Stichwortverzeichnis | 346 |