Arbeitsunfall und Dienstunfall
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Arbeitsunfall und Dienstunfall
Zur Reichweite des Unfallschutzes von Arbeitnehmern und Beamten nach § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 339
(2017)
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About The Author
Gerd Giesen studierte von 2007 bis 2012 Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem Schwerpunkt Arbeit und soziale Sicherung. Nach der Ersten Juristischen Staatsprüfung war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsrecht, Arbeits- und Sozialrecht tätig, wo er als Doktorand von Prof. Dr. Katharina von Koppenfels-Spies betreut wurde. Anschließend arbeitete er als geprüfter Rechtskandidat beim Deutschen Bundestag. Seit 2015 absolviert er sein Rechtsreferendariat am Kammergericht Berlin mit Stationen unter anderem beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und in der Konzernzentrale der Deutschen Bahn AG.Abstract
Kommt es bei einer berufsbedingten Tätigkeit zu einem Unfall, so kennt das deutsche Recht seit den 1880er Jahren zwei unterschiedliche Sicherungssysteme, die an den Status des Betroffenen anknüpfen: Während der Arbeitnehmer mittels der gesetzlichen Unfallversicherung vor den Folgekosten geschützt wird, unterliegt der Beamte der Dienstunfallfürsorge. Auf der Rechtsschutzebene entscheiden im ersten Fall die Sozialgerichte, wohingegen bei letzterem die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Trotz nahezu identischer Gesetzestatbestände und einer vergleichbaren Gefährdungslage am Arbeitsplatz ist die Rechtsprechung der Sozial- und Verwaltungsgerichte nicht einheitlich. Die Arbeit nimmt eine grundlegende Gegenüberstellung der Rechtslage vor, um das Ausmaß der Divergenzen zu bestimmen. Darüber hinaus widmet sie sich der Frage, ob sich eine unterschiedliche Anerkennungspraxis rechtfertigen lässt, und plädiert im Ergebnis für eine weitgehende Maßstabsbildung anhand des Unfallversicherungsrechts.»Occupational Accidents in Private and Public Employment«According to German law, in case an accident occurs in the workplace, private sector and public sector employees are protected differently, even though they are exposed to similar hazards. What are the similarities and differences regarding the legal recognition of occupational accidents? Additionally, this work questions whether the approach to treating private and state sector employees differently can be reasonably founded.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
Einführung | 19 | ||
A. Gegenstand der Arbeit | 19 | ||
B. Gang der Untersuchung | 21 | ||
Erstes Kapitel: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes | 23 | ||
A. Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls | 23 | ||
I. Grundlagen | 23 | ||
1. Normative Ausgangspunkte | 23 | ||
a) § 8 Abs. 1 SGB VII | 24 | ||
b) § 31 Abs. 1 BeamtVG | 24 | ||
2. Berechtigte Personenkreise | 25 | ||
a) Der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII | 25 | ||
b) Der „Beamte“ im Sinne des § 30 BeamtVG | 28 | ||
3. Herangehensweise der Gerichte | 29 | ||
a) Arbeitsunfall | 29 | ||
b) Dienstunfall | 30 | ||
c) Folgen für diese Untersuchung | 30 | ||
II. Zurechnung einer Verrichtung zur versicherten Tätigkeit und zum Dienst | 31 | ||
1. Funktion | 31 | ||
2. Zurechnungskriterien im Arbeitsunfallrecht | 32 | ||
a) Kein „Betriebsbann“ | 32 | ||
b) Die Zurechnung anhand der „objektivierten Handlungstendenz“ | 33 | ||
aa) Im Rahmen des „inneren Zusammenhangs“ | 33 | ||
bb) Urteile des BSG vom 26. 6. 2014 | 37 | ||
3. Zurechnungsdogmatik im Dienstunfallrecht | 38 | ||
a) Alternativen „in Ausübung“ und „infolge“ | 38 | ||
b) Bestimmung des Dienstzusammenhangs | 40 | ||
aa) Ältere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterium der dienstbezogenen Aufgaben | 40 | ||
bb) Neuere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterien Dienstort und Dienstzeit | 41 | ||
cc) Tendenz zum faktischen „Betriebsbann“? | 44 | ||
c) Dienstzusammenhang außerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit | 46 | ||
aa) Außerhalb der Dienstzeit | 46 | ||
bb) Außerhalb des Dienstgebäudes | 47 | ||
cc) Sonderfall „Indienstversetzung“ | 49 | ||
4. Auswirkungen der divergierenden Zurechnungsdogmatik | 50 | ||
a) Unfallschutz am Arbeitsplatz | 50 | ||
aa) Nahrungsaufnahme | 51 | ||
bb) Toilettengang | 52 | ||
b) Gemischte Tätigkeit und gemischte Motivationslage | 54 | ||
aa) Im Arbeitsunfallrecht | 54 | ||
bb) Im Dienstunfallrecht | 57 | ||
c) Unfallschutz außerhalb des regulären Arbeitsplatzes | 58 | ||
aa) Betriebs- und Dienstsport | 58 | ||
bb) Telearbeit | 62 | ||
cc) Innerhäusliche Betriebswege | 65 | ||
dd) Schutzimpfungen | 68 | ||
ee) Übernachtungen im Schullandheim | 70 | ||
5. Wegfall des Zusammenhangs aus anderen Gründen | 72 | ||
a) Verbotswidriges Handeln | 72 | ||
b) Alkoholisierung | 74 | ||
III. Unfallereignis | 76 | ||
1. Ereignis | 76 | ||
2. Äußere Einwirkung | 76 | ||
a) Funktion | 77 | ||
b) Qualitative Anforderungen | 77 | ||
3. Zeitliche Limitierung | 79 | ||
a) Funktion | 79 | ||
b) Höchstdauer | 80 | ||
c) Örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit | 82 | ||
d) Problembereich Infektionskrankheiten | 83 | ||
4. Unfreiwilligkeit | 85 | ||
IV. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Unfallereignis | 86 | ||
1. „Unfallkausalität“ im Arbeitsunfallrecht | 86 | ||
a) Begriff und Funktion | 87 | ||
b) BSG: „Theorie der wesentlichen Bedingung“ | 88 | ||
c) Abgrenzung gegenüber konkurrierenden Ursachen | 90 | ||
2. Zurechnung im Dienstunfallrecht | 91 | ||
3. Besondere Fallgruppen | 93 | ||
a) Allgemein wirkende Gefahren | 93 | ||
b) Unfälle des täglichen Lebens | 94 | ||
c) „Selbstgeschaffene Gefahr“ | 96 | ||
d) „Besondere Betriebsgefahr“ | 97 | ||
V. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Schädigung | 99 | ||
1. Wesentlichkeit des Unfallereignisses | 100 | ||
2. Primärschaden | 104 | ||
a) Gesundheitsschaden | 104 | ||
b) Mindestintensität | 105 | ||
c) Psychische Schädigungen | 105 | ||
d) Hilfsmittel und Körperersatzstücke | 106 | ||
e) Kompensation von Sachschäden | 108 | ||
VI. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Primärschaden und Folgeschäden | 109 | ||
VII. Ergebnisse für den Grundtatbestand | 111 | ||
B. Der Tatbestand des Wegeunfalls | 113 | ||
I. Grundlagen | 113 | ||
1. Normative Ausgangspunkte | 113 | ||
a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII | 113 | ||
b) § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG | 114 | ||
2. Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem Dienst | 115 | ||
II. Anfangs- und Endpunkt des Weges | 115 | ||
1. Ort der Tätigkeit | 115 | ||
2. Außenhaustür | 116 | ||
a) Abstrakte Grenzziehung | 116 | ||
b) Präzedenzfall Haustürschwelle | 118 | ||
3. Private Garage | 120 | ||
4. „Dritter Ort“ | 123 | ||
III. Unmittelbarer Weg | 125 | ||
1. Fortbewegungsmittel und Streckenführung | 125 | ||
2. Abwege | 126 | ||
3. Umwege und private Unterbrechungen | 128 | ||
a) Bloß geringfügige Unterbrechungen | 128 | ||
b) Zwei-Stunden-Grenze und Loslösung | 129 | ||
c) Unterbrechungen zwecks Betankung | 131 | ||
4. Wegeunfall im „öffentlichen Verkehrsraum“ | 132 | ||
a) Ältere Rechtsprechung des BSG | 132 | ||
b) Neuere Rechtsprechung des BSG | 133 | ||
c) Urteile des BSG vom 4. 7. 2013 | 134 | ||
d) Ältere Rechtsprechung des BVerwG | 136 | ||
e) Urteil des BVerwG vom 10. 12. 2013 | 136 | ||
IV. Ergebnisse für den Wegeunfalltatbestand | 138 | ||
C. Zusammenfassung des Kapitels | 139 | ||
Zweites Kapitel: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung der vorgebrachten Erklärungsansätze | 141 | ||
A. Ausgangsüberlegungen | 141 | ||
I. Bewertung der Divergenzen | 141 | ||
1. Uneinheitlichkeit der Terminologie | 141 | ||
2. Unklarheit bei zeitlichen Limitierungen im Dienstunfallrecht | 142 | ||
3. Mangelnde Kohärenz bei divergierender Reichweite des Unfallschutzes | 143 | ||
a) Grundtatbestand | 143 | ||
b) Wegeunfall | 145 | ||
4. Keine Ausfallhaftung der gesetzlichen Unfallversicherung | 145 | ||
5. Identische Gefährdungslage | 146 | ||
a) Unfallrisiken am Arbeitsplatz | 146 | ||
b) Beispiel: Öffentlicher Dienst | 147 | ||
II. Keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG | 149 | ||
III. Meinungsstand: Erklärungsbedürftigkeit der Divergenzen | 151 | ||
1. Wesentliche Inhaltsgleichheit? | 151 | ||
2. Gedanke der Rechtseinheit | 153 | ||
B. Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen | 153 | ||
I. Zirkelschlüssige Begründungsansätze | 154 | ||
II. Dienstunfalltatbestand – „enger gefasst“? | 154 | ||
1. Urteile des BVerwG vom 16. 5. 1963, 24. 10. 1963 und 6. 7. 1965 | 155 | ||
2. Urteil des BVerwG vom 4. 6. 1970 | 156 | ||
3. Bewertung | 157 | ||
4. Fazit | 159 | ||
III. Wegeunfall in § 31 Abs. 2 BeamtVG – zurückhaltend auszulegen? | 159 | ||
1. Urteil vom 27. 5. 2004 zum „dritten Ort“ | 159 | ||
2. Bewertung | 160 | ||
3. Urteil des BVerwG vom 27. 1. 2005 zum Unfallschutz in der Garage | 161 | ||
4. Bewertung | 162 | ||
a) Fiktionale Gleichstellung | 162 | ||
b) Sozialpolitischer Hintergrund | 165 | ||
5. Fazit | 166 | ||
IV. Finanzierung, Versicherungsprinzip und Entstehungsgeschichte als Ansatzpunkte? | 166 | ||
1. Urteile des BSG | 167 | ||
a) Urteil des BSG vom 21. 9. 1967 | 167 | ||
b) Urteil des BSG vom 18. 11. 2008 | 168 | ||
2. Urteil des BVerwG vom 6. 5. 1975 | 168 | ||
3. Bewertung | 169 | ||
a) Rehabilitation des Unfallbetroffenen als gemeinsame Zielsetzung | 170 | ||
b) Historische Perspektive | 171 | ||
aa) Ablösung privatrechtlicher Gefährdungshaftung als historischer Zweck | 172 | ||
bb) „Betriebsunfall“ als historischer Ausgangstatbestand | 179 | ||
c) Finanzierung und Versicherungsprinzip | 180 | ||
4. Fazit | 182 | ||
C. Zusammenfassung des Kapitels | 183 | ||
Drittes Kapitel: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen | 184 | ||
A. Ausgangsüberlegungen | 184 | ||
I. Kontinuität der institutionellen Trennung | 184 | ||
II. Die Rechtsprechung als Ausgangspunkt | 185 | ||
B. Thesen | 186 | ||
I. Erste These: Anerkennung eines Arbeitsunfalls nach § 8 SGB VII als Mindeststandard für das Dienstunfallrecht | 187 | ||
1. Blick auf das Arbeitsschutzrecht | 187 | ||
a) Arbeitsschutzgesetzgebung | 187 | ||
b) Weitere Schutzgesetzgebung im Bereich des Arbeitsrechts | 191 | ||
2. Orientierungsfunktion der gesetzlichen Unfallversicherung | 194 | ||
a) Gesetzessystematik | 194 | ||
aa) „Beschäftigung“ nach § 7 Abs. 1 SGB IV | 194 | ||
bb) Vorrangverhältnis nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BeamtVG | 196 | ||
cc) Leistungen an Beamte nach § 82 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 61 SGB VII | 197 | ||
b) Normzweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII | 197 | ||
3. Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums | 198 | ||
4. Orientierung des Unfallfürsorgeschutzes am Niveau der Sozialversicherung aus gesetzgeberischer Perspektive | 202 | ||
a) Schrifttum | 203 | ||
b) Beispiel: Entwicklung des Wegeunfallrechts | 203 | ||
c) Beispiel: Entwicklung des Berufskrankheitenrechts | 205 | ||
d) Beispiel: Unfallschutz beim Aufsuchen eines Geldinstituts | 205 | ||
II. Zweite These: Fortentwicklung des Dienstunfallrechts durch Adaption der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik | 206 | ||
1. Leitfunktion des Unfallversicherungsrechts | 207 | ||
2. Blick auf das Beihilferecht | 208 | ||
3. Fortentwicklungspotential | 208 | ||
a) Realisierung des Mindeststandardgedankens | 209 | ||
b) Angleichung der Dienstunfallrechtsdogmatik in bisherigen Zweifelsfällen | 209 | ||
aa) Zeitliche Limitierungen | 209 | ||
bb) „Objektivierte Handlungstendenz“ im Rahmen der Bestimmung des Dienstzusammenhangs außerhalb des Dienstgebäudes | 210 | ||
cc) „Unfallkausalität“ im Dienstunfallrecht | 210 | ||
III. Dritte These: Extensiver Dienstunfallschutz nur in konkretisierten Konstellationen | 211 | ||
1. Vereinbarkeit mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII | 211 | ||
2. Besondere Treuepflicht des Beamten als Ausgangspunkt? | 211 | ||
3. Beispiel: § 31 Abs. 4 BeamtVG | 214 | ||
C. Zusammenfassung des Kapitels | 215 | ||
Viertes Kapitel: Resümee und Ausblick | 216 | ||
Literaturverzeichnis | 218 | ||
Sachwortregister | 240 |