Die einverständliche, beidseitig bewusst fahrlässige Fremdschädigung
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Die einverständliche, beidseitig bewusst fahrlässige Fremdschädigung
Schriften zum Strafrecht, Vol. 303
(2017)
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Martin Lotz studierte an der Universität Konstanz und der Victoria University of Wellington Rechtswissenschaft. Im Anschluss daran war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Lehrstühlen für Straf- und Strafprozessrecht bei Herrn Prof. Dr. Eisele und seinem Doktorvater Herrn Prof Dr. Rengier tätig. Nach Beendigung des Referendariats und seit Abschluss der Dissertation arbeitet er als Rechtsanwalt in einer international agierenden Wirtschaftskanzlei in München.Abstract
Die »einverständliche Fremdgefährdung« erlangt in regelmäßigen Abständen immer wieder die Aufmerksamkeit unserer höchsten Gerichte. Obwohl es sich um einen Alltagssachverhalt des Kernstrafrechts handelt, herrscht große Unsicherheit über Reichweite und Relevanz der Fallgruppe sowie ihrer Abgrenzung zu benachbarten Themenbereichen. Die Arbeit sichtet die kaum noch überschaubare Kasuistik und arbeitet strafrechtsspezifische Topoi der Haftungsbegrenzung heraus, um diese vom richterlichen Ermessen durchwaltete terra incognita urbar zu machen. Dabei wird eine Lösung vorgestellt, die sich ohne dogmatischen Bruch in die angrenzenden Gebiete der Tötung auf Verlangen, Beihilfe zum Suizid und der Sterbehilfe einfügt. Der Autor zeigt, dass Selbst- und Fremdgefährdung/-schädigung stringent anhand des letzten rechtsgutsbeeinträchtigenden Aktes abzugrenzen sind. Bei den haftungsbegrenzenden Kriterien setzt er neue Impulse in der Diskussion, indem er die Gefährdungslage subjektiv bestimmt und über den Schutzzweck der Norm ein weiteres Kriterium einfließen lässt, das im Zusammenspiel mit abgestuften Anforderungen an die »Risikoeinwilligung«, eine differenzierte Herangehensweise für die Fälle der »einverständlichen, beidseitig bewusst fahrlässigen Fremdschädigung« bietet.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
§ 1 Einleitung | 19 | ||
§ 2 Gang der Untersuchung | 24 | ||
§ 3 Begriffsbestimmunge | 26 | ||
I. Allgemeines | 26 | ||
II. „Einverständlichkeit“ | 27 | ||
1. Einverständnis und Einverständlichkeit | 28 | ||
2. Einverständlichkeit und Gefahrwisse | 33 | ||
III. „Fremdgefährdung“ | 39 | ||
1. Allgemeines | 39 | ||
2. „Fremd“ | 39 | ||
a) Quasi mittelbare Täterschaft | 40 | ||
b) Der Abbruch einer medizinischen Behandlung | 51 | ||
aa) Vereinbarkeit der Entscheidung mit § 216 StGB | 55 | ||
bb) Konsequenzen für die vorliegende Arbeit | 62 | ||
3. Gefährdung | 63 | ||
§ 4 Entwicklung der einverständlichen Fremdgefährdung in der Rechtsprechung | 72 | ||
I. Allgemeines | 72 | ||
II. Entscheidunge | 73 | ||
1. „Memel“-Fall – RGSt 57, 172 | 73 | ||
a) Fall | 73 | ||
b) Einordnung | 73 | ||
c) Lösung des Falls nach heutigen Kriterie | 76 | ||
2. „Soziussitz“-Fall – RG JW 1925, 2250 | 77 | ||
a) Fall | 77 | ||
b) Einordnung | 78 | ||
c) Lösung des Falls anhand heutiger Kriterie | 81 | ||
3. Zu schnelles Fahren – RG DAR 1930, 190 | 81 | ||
4. Herausforderung zum Kampf – BGHSt 4, 88 | 81 | ||
a) Fall | 81 | ||
b) Einordnung | 82 | ||
c) Lösung nach heutigen Kriterie | 83 | ||
5. Einwilligung der Verletzten in die körperlichen Auswirkungen einer Trunkenheitsfahrt – BGHSt 6, 232 bis AG Kempten, BA 2006, 44 | 84 | ||
a) Analyse der Urteile | 84 | ||
b) Einordnung | 88 | ||
c) Lösung nach heutigen Kriterie | 90 | ||
6. Fahren ohne Führerschein – KG JR 1954, 428 | 91 | ||
a) Fall | 91 | ||
b) Einordnung | 93 | ||
c) Lösung nach heutigen Kriterie | 94 | ||
7. Motorradrennen – BGHSt 7, 112 | 95 | ||
8. Flucht auf dem Motorroller – BGH VRS 17, 277 | 96 | ||
a) Fall | 96 | ||
b) Einordnung | 97 | ||
c) Lösung nach heutigen Kriterie | 98 | ||
9. Der Seelsorger – BGHSt 17, 359 | 100 | ||
10. Vom Auto ziehen lassen – BayObLG JR 1978, 296; NZV 1989, 80 | 101 | ||
a) Als Radfahrer – BayObLG JR 1978, 296 | 101 | ||
b) Als Skateboarder– BayObLG NZV 1989, 80 | 105 | ||
11. Mitnahme auf der Ladefläche – OLG Zweibrücken, JR 1994, 518 | 106 | ||
a) Fall | 106 | ||
b) Einordnung | 108 | ||
c) Lösung anhand heutiger Kriterien | 109 | ||
12. Auto-Surfen – OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 325 | 109 | ||
a) Fall | 109 | ||
b) Einordnung | 111 | ||
c) Lösung anhand heutiger Kriterie | 114 | ||
13. Heroin Fremdinjektion – BGHSt 49, 34 | 115 | ||
a) Fall | 115 | ||
b) Einordnung | 118 | ||
14. Sadomasochismus – BGHSt 49, 166 | 124 | ||
a) Fall | 124 | ||
b) Einordnung | 128 | ||
15. Autorennen – BGHSt 53, 55 | 129 | ||
a) Fall | 129 | ||
b) Einordnung | 133 | ||
16. Schlägerei – BGHSt 58, 140; 60, 166; OLG München NStZ 2014, 706 | 138 | ||
a) BGHSt 58, 140 | 138 | ||
aa) Fall | 138 | ||
bb) Einordnung | 140 | ||
b) OLG München NStZ 2014, 706; BGHSt 60, 166 | 142 | ||
aa) OLG München NStZ 2014, 706 | 142 | ||
bb) BGHSt 60, 166 | 143 | ||
cc) Einordnung | 146 | ||
III. Zusammenfassung und Ergebnis der Analyse | 148 | ||
§ 5 Die Trennung von Selbst- und Fremdgefährdung anhand der Gefährdungsherrschaft | 154 | ||
I. Ausgangspunkt der Unterscheidung | 155 | ||
1. Abweichende Lösungen innerhalb des Teilnahmearguments | 155 | ||
2. Suizid, Sterbehilfe und das Teilnahmeargument | 159 | ||
3. Übertragung des Teilnahmearguments auf die Fahrlässigkeitsebene | 167 | ||
a) Fahrlässige Unterstützung der Selbstverletzung | 167 | ||
b) Vorsätzliche Förderung der Selbstgefährdung | 170 | ||
c) Fahrlässige Unterstützung einer Selbstgefährdung | 171 | ||
d) Quasi mittelbare Täterschaft | 171 | ||
4. Zwischenergebnis | 171 | ||
II. Alternativen zum Teilnahmeargument oder die Suche nach dem übergeordneten Prinzip | 172 | ||
1. Regressverbot | 172 | ||
2. Alteritätsprinzip | 173 | ||
3. Schutzzweck der Norm | 174 | ||
4. Eigenverantwortlichkeits-/(Selbst-)Verantwortungs-/Autonomieprinzip | 174 | ||
III. Die Abschichtung der Verantwortungsbereiche anhand der Trennlinie von Täterschaft und Teilnahme | 179 | ||
1. Ausgangspunkt: Kriterien zur Abgrenzung von strafloser Suizidbeihilfe und Tötung auf Verlange | 180 | ||
a) Abgrenzungskriterie | 180 | ||
b) Fälle der sogenannten Quasi-Mittäterschaft | 186 | ||
c) Fälle der mittelbaren Täterschaft und der sogenannten quasi mittelbaren Täterschaft | 188 | ||
aa) Quasi mittelbare Täterschaft gegen sich selbst | 188 | ||
bb) Mittelbare Täterschaft: Einsetzung des Werkzeugs gegen sich selbst und die Behandlung überlegenen Gefahrwissens im Fahrlässigkeitsbereich | 190 | ||
d) Garantenhaftung | 194 | ||
2. Übertragung der Kriterien auf die Fahrlässigkeit | 194 | ||
IV. Zusammenfassung | 198 | ||
§ 6 Auseinandersetzung mit den in der Literatur vorgeschlagenen Lösungsansätzen zur einverständlichen Fremdgefährdung | 202 | ||
I. Viktimodogmatik und die Anwendung der §§ 254, 242 BGB | 202 | ||
II. Pflichtwidrigkeitslösung | 206 | ||
III. Erlaubtes Risiko/Sozialadäquanz | 209 | ||
1. Erlaubtes Risiko | 210 | ||
2. Sozialadäquanz | 213 | ||
IV. Einwilligungslösung, respektive Risikoeinwilligung | 214 | ||
1. Einwilligungsgegenstand | 215 | ||
2. Anwendbarkeit der §§ 216, 228 StGB | 223 | ||
3. Kriterien der Einwilligungslösung | 234 | ||
a) Zweck | 235 | ||
b) Erfolg | 237 | ||
c) Gefah | 238 | ||
4. Weitere Aspekte | 241 | ||
a) Erfolgsunerhebliches überlegenes Gefahrwisse | 241 | ||
b) Aspekte der Übertragungsfähigkeit der Risikoeinwilligung auf Sachverhalte zwischen einverständlicher Fremdgefährdung und mittelbarer Täterschaft | 241 | ||
V. Objektive Zurechnung | 245 | ||
1. Die Gleichsetzung von einverständlicher Fremdgefährdung und eigenverantwortlicher Selbstgefährdung | 246 | ||
2. Teilweise Gleichstellung von einverständlicher Fremdgefährdung und eigenverantwortlicher Selbstgefährdung | 251 | ||
a) Der Schaden muss Folge des eingegangenen Risikos sei | 252 | ||
b) Gleichrangige Verantwortlichkeit | 253 | ||
aa) Zurechnungsfähigkeit des Geschädigten/keine Nötigung | 253 | ||
bb) Die Gefahr voll und ganz bzw. im gleichem Maße überblicke | 254 | ||
c) Zwischenfazit | 254 | ||
d) Roxins Beispielsfälle | 255 | ||
§ 7 Lösungsvorschlag | 257 | ||
I. Der dogmatische Rahmen | 257 | ||
II. Kriterie | 263 | ||
1. Ausgangspunkt: beide Beteiligten handeln bewusst fahrlässig | 263 | ||
2. „In-den-Händen-Halten“ des letzten rechtsgutsbeeinträchtigenden Aktes | 264 | ||
3. Bestimmung der Eigenverantwortlichkeit anhand der Einwilligungsregel | 265 | ||
4. Bestimmen durch ein ernstliches Verlangen bei konkreter Lebensgefah | 267 | ||
a) Ausgangspunkt | 267 | ||
b) Abstufung im Vorsatzbereich | 268 | ||
c) Übertragung der Voraussetzungen auf die Fahrlässigkeitsebene | 269 | ||
aa) Unterscheidung zwischen konkreter und abstrakter Lebensgefah | 269 | ||
bb) Zeitpunkt der Unterscheidung | 272 | ||
cc) Subjektive Bestimmung der konkreten Gefahr | 273 | ||
(1) Vorsatzbereich bzw. die im Lichte des § 216 StGB gebotene subjektiv rechtsgutsorientierte Auslegung des § 228 StGB | 273 | ||
(2) Fahrlässigkeitsbereich | 278 | ||
d) Zusammenfassung | 279 | ||
5. Bestimmen durch ein ernstliches und ausdrückliches Verlangen bei durch Rechtsnormen verbotenen Gefährdungshandlunge | 280 | ||
a) Ausgangspunkt | 280 | ||
b) Das gesetzliche Verbot als Vernunftkriterium | 283 | ||
aa) Ausgangspunkt in Anbetracht der Rechtsprechung | 283 | ||
bb) Ein kurzer Exkurs zur Metaebene | 285 | ||
cc) Der potentielle Einwand der Rechtsgutsvertauschung | 287 | ||
dd) Einfaches oder qualifiziertes Verbot | 289 | ||
c) Zusammenfassung und Einfügen dieses Kriteriums in die vorliegende Lösung auf der Ebene der objektiven Zurechnung | 291 | ||
III. Die Konstellation des § 227 StGB | 293 | ||
IV. Mehrpersonenverhältnisse | 294 | ||
V. Irrtüme | 298 | ||
1. Irrtum des Gefährdete | 298 | ||
a) Erfolgsunerhebliches, teilweises Verkennen der Gefah | 298 | ||
b) Strafbarkeit des Gefährdenden bei einem erfolgserheblichen Irrtum des Gefährdete | 300 | ||
2. Irrtum des Gefährdende | 300 | ||
3. Irrtum beide | 300 | ||
VI. Die Behandlung von Sachverhalten zwischen einverständlicher Fremdgefährdung und bewilligter Fremdschädigung | 302 | ||
1. Die risikobewilligte Vorsatztat | 303 | ||
2. Die bewilligte Fahrlässigkeitstat | 306 | ||
VII. Zusammenfassung der Kriterien und Gegenüberstellung der Lösungen anhand der behandelten Fälle | 307 | ||
1. Zusammenfassung | 307 | ||
2. Gegenüberstellung der Lösunge | 311 | ||
a) Kriterie | 311 | ||
aa) Kriterien der Einwilligungslösung | 311 | ||
bb) Kriterien der Zurechnungslösung | 312 | ||
cc) Eigene Kriterie | 312 | ||
b) Gegenüberstellung anhand der Fälle | 312 | ||
aa) Fall 1 (Memel) | 312 | ||
bb) Fall 5 (Mitfahrt bei einem Betrunkenen) | 313 | ||
cc) Fall 11 (Mitnahme auf der Ladefläche) | 314 | ||
dd) Fall 12 (Autosurfen) | 314 | ||
ee) Fall 14 (Sadomasochismus) | 315 | ||
ff) Fall 15 (Autorennen) | 317 | ||
(1) Ausgangsfall | 317 | ||
(2) Abwandlung 1 | 317 | ||
(3) Abwandlung 2 | 318 | ||
gg) Bavarian Dumbasses | 318 | ||
hh) Vom Auto in der Badewanne ziehen lasse | 319 | ||
§ 8 Resümee | 321 | ||
Literaturverzeichnis | 322 | ||
Stichwortverzeichnis | 339 |