Zur Theorie der internationalen Offenheit und der Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung und ihrer Erprobung am Beispiel der EU-Rechtsordnung
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Zur Theorie der internationalen Offenheit und der Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung und ihrer Erprobung am Beispiel der EU-Rechtsordnung
Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel, Vol. 197
(2017)
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Berenike Schriewer studierte Rechtswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Freien Universität Berlin und der Universidad Complutense de Madrid. Nach ihrer Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht in Kiel absolvierte sie ihr Referendariat beim Kammergericht Berlin, u.a. in einer internationalen Kanzlei in Hanoi, Vietnam. Berenike Schriewer ist seit 2014 als Anwältin zugelassen und war zunächst in einer internationalen Kanzlei in Frankfurt tätig. Nach dem Umzug in die USA arbeitet sie in ihrem eigenen Unternehmen.Abstract
Die Arbeit wirft die Frage nach der Übertragungsfähigkeit der Konzepte der Völkerrechtsfreundlichkeit und internationalen Offenheit der deutschen Rechtsordnung auf. Die einschlägige Literatur hat diese Konzepte bisher überwiegend im Bezug auf einzelne Rechtsordnungen untersucht. Vor dem Hintergrund des erreichten Kenntnisstandes des deutschen Verfassungsdiskurses entwickelt die Arbeit ein abstraktes Modell der internationalen Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit, das auf beliebige Rechtsordnungen übertragen werden kann. Der Erkenntnisgewinn einer entsprechenden Untersuchung folgt daraus, dass diese Konzepte verschiedene Aspekte unter einem Begriff vereinen und so die Grundhaltung einer Rechtsordnung treffend beschreiben können. Die Verallgemeinerungsfähigkeit der entwickelten Kriterien wird am Beispiel der Unionsrechtsordnung verdeutlicht. Abschließend stellt die Arbeit Entwicklungsmöglichkeiten des Modells dar.While the terms international openness and friendliness towards international law stem from German constitutional law, they relate to concepts that can be universalized. Because they poignantly summarize different aspects of the interaction between international and national law, their universalization would be beneficial. The author develops an abstract, transferable model of these concepts. After applying the model to the European Union legal order, its potential for development is discussed.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
1. Teil: Völkerrechtsfreundlichkeit im Konflikt mit sonstigen Verfassungswerten | 17 | ||
A. Internationale Kooperation und Völkerrechtsfreundlichkeit | 17 | ||
B. Völkerrechtsfreundlichkeit im Konfliktfall | 24 | ||
C. Der Kadi-Fall | 26 | ||
I. Ausgangslage | 26 | ||
II. Beispiel einer Kollision von Verfassungswerten | 28 | ||
1. Kollision von Verfassungswerten im nationalen Recht | 29 | ||
2. Besonderheiten auf Unionsrechtsebene: Die Unionsrechtsordnung als eine nach eigenen Grundsätzen auszulegende Rechtsordnung | 30 | ||
3. Grundrechte und Völkerrechtsfreundlichkeit als europäische Verfassungswerte | 32 | ||
a) Werte im europäischen Verfassungsrecht | 32 | ||
b) Grundrechte | 33 | ||
c) Forschungsbedarf bezüglich der Völkerrechtsfreundlichkeit | 33 | ||
D. Erhoffter Erkenntnisgewinn und Gang der Untersuchung | 33 | ||
2. Teil: Die Konzepte der internationalen Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung | 37 | ||
A. Begriffsklärung | 37 | ||
I. Internationale Offenheit | 37 | ||
II. Völkerrechtsfreundlichkeit | 39 | ||
III. Anwendungsbereiche dieser Begriffe | 42 | ||
B. Ausgangspunkt: Internationale Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung | 43 | ||
I. Internationale Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Verfassung | 45 | ||
1. Art. 24 GG | 46 | ||
2. Art. 25 GG | 48 | ||
3. Art. 26 GG | 52 | ||
4. Art. 1 Abs. 1 und 2 GG | 55 | ||
II. Herkunft der Kategorien internationale Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit | 56 | ||
1. Entwicklung der Kategorie der internationalen Offenheit | 56 | ||
2. Entwicklung der Kategorie der Völkerrechtsfreundlichkeit | 58 | ||
C. Die internationale Offenheit einer Rechtsordnung | 61 | ||
I. Die internationale Offenheit als Oberbegriff | 61 | ||
II. Die drei Aspekte der internationalen Offenheit | 62 | ||
1. Der rezeptive Aspekt: Völkerrechtsfreundlichkeit | 63 | ||
2. Der aktive Aspekt: Internationale Zusammenarbeit | 63 | ||
a) Allgemein | 63 | ||
b) Betonung des aktiven Aspektes im Konzept des kooperativen Verfassungsstaates | 67 | ||
aa) Merkmale des kooperativen Verfassungsstaates | 68 | ||
bb) Kooperationsoffene Anknüpfungspunkte im Verfassungstext | 68 | ||
3. Der menschenbezogene Aspekt: Orientierung am Menschenwohl | 69 | ||
a) Allgemein | 69 | ||
b) Bestandteile des menschenbezogenen Aspektes | 70 | ||
aa) Menschenrechtsfreundlichkeit | 71 | ||
bb) Weitergehende Bedeutung des menschenbezogenen Aspektes | 72 | ||
cc) Handhabung des menschenbezogenen Aspektes im Rahmen einer Untersuchung | 74 | ||
D. Die Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung | 76 | ||
I. Größtmögliche Wirksamkeit völkerrechtlicher Normen in der nationalen Rechtsordnung | 76 | ||
1. Richtige Ermittlung des Inhalts völkerrechtlicher Normen | 77 | ||
a) Problematik der Inhaltsbestimmung des Völkerrechts | 77 | ||
b) Auslegung von Normen völkerrechtlichen Ursprungs nach völkerrechtlichen Regeln | 77 | ||
c) Befolgung der Rechtsprechung internationaler Gerichte, quasi-gerichtlicher Entscheidungen und der Stellungnahmen internationaler Auslegungsinstanzen | 78 | ||
2. Unmittelbare Anwendung völkerrechtlicher Normen durch nationale Gerichte und Behörden | 84 | ||
a) Begrifflichkeiten | 84 | ||
b) Unmittelbare Anwendung völkerrechtlicher Normen durch innerstaatliche Rechtsanwender | 85 | ||
c) Prozessuale Durchsetzungsmöglichkeiten völkerrechtlicher Rechte und Pflichten als Indiz für die Völkerrechtsfreundlichkeit? | 88 | ||
3. Vermeidung von Konflikten zwischen völkerrechtlichen Normen und nationalen Normen | 89 | ||
a) Formell: Zuweisung eines hohen innerstaatlichen Ranges | 90 | ||
b) Materiell: Parallelisierung von nationalem Recht und Völkerrecht durch Rezeption völkerrechtlicher Standards | 94 | ||
4. Ausführlicher, an völkerrechtlichen Standards orientierter Grundrechtskatalog | 95 | ||
5. Möglichst völkerrechtskonforme Konfliktlösung | 98 | ||
a) Anwendung völkerrechtlicher Lösungsmöglichkeiten | 98 | ||
b) Völkerrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts | 101 | ||
aa) Anwendung der völkerrechtskonformen Auslegung | 102 | ||
bb) Abgrenzung zur völkerrechtsfreundlichen Auslegung | 102 | ||
6. Keine völkerrechtsunfreundlichen Elemente | 104 | ||
a) Bezug zur Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung | 104 | ||
b) Begriffsabgrenzung | 105 | ||
aa) Völkerrechtsskepsis | 105 | ||
bb) Völkerrechtsunfreundlichkeit | 105 | ||
II. „Natürliche“ bzw. „erarbeitete“ Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung | 110 | ||
1. Verhältnis zwischen Völkerrecht und nationalem Recht | 111 | ||
a) Der (gemäßigte) Monismus | 112 | ||
b) Der (gemäßigte) Dualismus | 114 | ||
2. Überführung des Völkerrechts in den innerstaatlichen Raum | 116 | ||
a) Notwendigkeit der Überführung völkerrechtlicher Normen in den innerstaatlichen Bereich | 116 | ||
b) Transformation, Adoption und Vollzug | 117 | ||
3. Völkerrechtsfreundlichkeit des monistischen und des dualistischen Systems | 119 | ||
a) Die „natürliche“ Völkerrechtsfreundlichkeit des monistischen Systems | 119 | ||
aa) Vorrang des Völkerrechts | 120 | ||
bb) Adoption völkerrechtlicher Normen | 120 | ||
b) Die „erarbeitete“ Völkerrechtsfreundlichkeit des dualistischen Systems | 121 | ||
aa) Übergesetzesrang des Völkerrechts oder Verzicht auf die lex posterior-Interpretationsmaxime | 121 | ||
bb) Innerstaatliche Anwendung des Völkerrechts durch einen Vollzugsbefeh | 122 | ||
III. Fazit | 122 | ||
3. Teil: Die internationale Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit der Unionsrechtsordnung | 126 | ||
A. Die Unionsrechtsordnung als ausgewählte Rechtsordnung | 126 | ||
I. Notwendige Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 126 | ||
II. Begründung der Auswahl | 128 | ||
III. Der außerrechtliche Kontext | 130 | ||
1. Erforderlichkeit der Kontexteinordnung | 130 | ||
2. Selbst- und Fremdwahrnehmung der Europäischen Union | 131 | ||
a) Europa und die EU | 131 | ||
b) Die Europäische Sicherheitsstrategie | 135 | ||
c) Außereuropäische Wahrnehmung der EU als „bessere Macht“? | 136 | ||
B. Die internationale Offenheit der Unionsrechtsordnung | 138 | ||
I. Inhaltliche Maßstäbe der internationalen Offenheit | 139 | ||
1. Allgemeine Verfassungswerte und Ziele der Union | 139 | ||
a) Werte der Union, Art. 2 EUV (neu) | 139 | ||
b) Ziele der Union, Art. 3 EUV (ex-Art. 2 EUV) | 141 | ||
2. Spezielle Ziele und Grundsätze des auswärtigen Handelns der Union, Art. 21 EUV (ex-Art. 11 EUV) | 143 | ||
II. Anhaltspunkte für die verschiedenen Aspekte der internationalen Offenheit im Überblick | 146 | ||
1. Der menschenbezogene Aspekt der internationalen Offenheit | 146 | ||
2. Der rezeptive Aspekt der internationalen Offenheit | 149 | ||
3. Der aktive Aspekt der internationalen Offenheit | 151 | ||
III. Ergebnis | 154 | ||
C. Die Völkerrechtsfreundlichkeit der Unionsrechtsordnung | 155 | ||
I. Anwendung des Kriterienkataloges | 155 | ||
1. Auslegungskompetenz des EuGH in diesem Bereich | 155 | ||
2. Auslegung des Völkerrechts nach völkerrechtlichen Regeln | 157 | ||
3. Befolgung der Rechtsprechung internationaler (Schieds-)Gerichte | 162 | ||
4. Unmittelbare Anwendung völkerrechtlicher Normen | 166 | ||
a) Unmittelbare Anwendung im Allgemeinen | 166 | ||
b) Unmittelbare Anwendbarkeit des GATT/WTO-Rechts | 168 | ||
5. Zuweisung eines hohen Ranges | 171 | ||
a) Völkerrechtliche Verträge | 171 | ||
b) Völkergewohnheitsrecht | 172 | ||
c) Wertung | 174 | ||
6. Ausführlicher, an völkerrechtlichen Standards orientierter Grund- und Menschenrechtskatalog | 175 | ||
7. Möglichst völkerrechtskonforme Konfliktlösung | 177 | ||
a) Anwendung völkerrechtlicher Lösungsmöglichkeiten | 177 | ||
b) Völkerrechtskonforme Auslegung | 178 | ||
8. Keine völkerrechtsunfreundlichen Elemente | 180 | ||
a) Die WTO-/GATT-Rechtsprechung als völkerrechtsunfreundliches Element? | 180 | ||
b) Die Kadi-Rechtsprechung als völkerrechtsunfreundliches Element? | 183 | ||
aa) Die Kadi I-Entscheidung des EuG | 184 | ||
bb) Die Schlussanträge des Generalanwalts | 186 | ||
cc) Die völkerrechtsskeptische Kadi I-Entscheidung des EuGH | 187 | ||
dd) Die weitere Entwicklung: Kadi II | 192 | ||
c) Beurteilung der EuGH-Rechtsprechung | 195 | ||
9. Systemische Einordnung | 195 | ||
II. Erforderlichkeit eines zusätzlichen Kriteriums: Die Problematik der „Altverträge“ | 199 | ||
1. Art. 351 AEUVals Ausdruck der völkerrechtskonformen Integration | 200 | ||
a) Unberührtheitsklausel | 203 | ||
b) Anpassungsverpflichtung der Mitgliedstaaten | 204 | ||
c) Völkerrechtsfreundlichkeit von Art. 351 AEUV | 206 | ||
2. Umgang mit besonders wichtigen Verträgen der Mitgliedstaaten | 211 | ||
a) Die Europäische Menschenrechtskonvention | 211 | ||
b) Die Charta der Vereinten Nationen | 213 | ||
c) Der Nordatlantikvertrag | 215 | ||
III. Ergebnis der Untersuchung: „Natürliche“ oder „erarbeitete“ Völkerrechtsfreundlichkeit? | 216 | ||
IV. Tauglichkeit der entwickelten Kriterien | 218 | ||
4. Teil: Entwicklungschancen der Konzepte der internationalen Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit | 220 | ||
A. Zukünftige Erweiterung des Konzepts der internationalen Offenheit? | 220 | ||
I. Einbeziehung eines demokratischen Elementes? | 221 | ||
II. Einbeziehung eines biozentrischen Elementes? | 224 | ||
III. Fazit | 230 | ||
B. Anerkennung der Völkerrechtsfreundlichkeit von Rechtsordnungen auf nationaler/supranationaler Ebene | 231 | ||
I. Mögliche rechtliche Erfassung der Völkerrechtsfreundlichkeit einer Rechtsordnung | 231 | ||
1. Deskriptiver Begriff | 232 | ||
2. Auslegungshilfe der nationalen Normen | 233 | ||
3. Verfassungsrechtliches Leitbild | 235 | ||
4. Verfassungsprinzip | 236 | ||
II. Entwicklung einer Theorie des Verfassungsprinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit | 237 | ||
1. Das Wesen von Rechtsprinzipien | 237 | ||
a) Struktur von Rechtsprinzipien | 238 | ||
b) Bedeutung von Rechtsprinzipien für die Rechtsordnung | 239 | ||
2. Herleitung eines Verfassungsprinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit | 240 | ||
a) Ausgangspunkt: Grundsätzliche Existenzmöglichkeit dieses Prinzips | 240 | ||
b) Ableitbarkeit von Verfassungsprinzipien | 241 | ||
aa) Verfassungsgewohnheitsrechtliche Verankerung | 241 | ||
bb) Induktive Ableitung von Prinzipien aus dem positiven Recht im Gegensatz zur antipositivistischen Ableitung von Prinzipien „aus der Rechtsidee“ | 243 | ||
c) Induktive Gewinnung eines Verfassungsprinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit | 244 | ||
d) Ableitbarkeit aus dem Rechtsstaatsprinzip? | 245 | ||
3. Inhalt eines Prinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit | 248 | ||
4. Wirkweise eines Prinzips der Völkerrechtsfreundlichkeit | 252 | ||
a) Außerrechtliche Wirkungen | 252 | ||
b) Rechtliche Wirkungen | 252 | ||
aa) Einschränkende Wirkung | 254 | ||
bb) Erweiternde Wirkung | 256 | ||
cc) Abschließende Überlegungen | 258 | ||
III. Vorteile einer Anerkennung der Völkerrechtsfreundlichkeit als Verfassungsprinzip und konkrete Handhabung | 258 | ||
C. Vorläufiges Fazit: Eine Welt und das Recht im Umbruch | 260 | ||
5. Teil: Zusammenfassung/Summary | 266 | ||
A. Zusammenfassung | 266 | ||
B. Summary | 269 | ||
Literaturverzeichnis | 272 | ||
Personen- und Sachverzeichnis | 297 |