Zum Anwendungsbereich der §§ 359 ff. StPO
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Zum Anwendungsbereich der §§ 359 ff. StPO
Möglichkeiten und Grenzen der Fehlerkorrektur über das strafrechtliche Wiederaufnahmeverfahren
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 273
(2017)
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Sara Brinkmann studierte von 2008 bis 2012 Rechtswissenschaften an der Universität Bielefeld sowie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Von 2012 bis 2017 war sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht bei Herrn Prof. Dr. Helmut Frister tätig. Ihre Promotion durch die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erfolgte im August 2016.Abstract
Wie ist zu reagieren, wenn sich nach Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung deren Fehlerhaftigkeit offenbart? Welche Handlungsoptionen bestehen, wenn sich etwa - wie in der BGHSt 52, 119 zugrundeliegenden Fallgestaltung - der totgesagte Angeklagte nach endgültiger Einstellung des Strafverfahrens mit einem Mal als quicklebendig, wenngleich flüchtig erweist? Für den Zugriff auf eine richterliche Entscheidung nach dem eigentlichen Schlusspunkt des Prozesses hält die Strafprozessordnung in den §§ 359 ff. StPO ein eigenes Verfahren bereit. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit dieses lediglich 18 Paragraphen umfassende, im Wesentlichen noch unverändert die Züge seiner Ausformung nach der Reichsstrafprozessordnung tragende Regelwerk für Fälle wie den oben geschilderten Lösungsmöglichkeiten offeriert. Hierzu werden mögliche Fehlentscheidungen ihrer Art nach kategorisiert und auf ihre Korrigierbarkeit über das Wiederaufnahmeverfahren hin untersucht. Im Ergebnis wird gezeigt, dass der Anwendungsbereich der §§ 359 ff. StPO deutlich weiter gefasst werden kann, als es der Titel des Vierten Buches der Strafprozessordnung suggeriert, und dass im Wiederaufnahmeverfahren enormes Potenzial steckt, Fehler aufzufangen, die auch in einem bestmöglich ausgeformten Strafverfahren nicht auszuschließen sind.»Retrials - Possibilities and Limits to Set aside an Erroneous Judicial Decision via sect. 359 et seqq. of the German Code of Criminal Procedure (StPO)«The thesis deals with the question if sect. 359 et seqq. of the German code of criminal procedure (StPO) provide an effective legal framework to set aside an erroneous judicial decision that has obtained legal force. For this purpose, judicial decisions are categorized and examined considering a possible revision via sect. 359 et seqq. StPO. It is shown, as a result, that the scope of application of these rules is wider than it has commonly been assumed.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung | 13 | ||
B. Fehlerhafte Entscheidungen und ihre Korrekturmöglichkeiten | 19 | ||
I. Grundlagen | 19 | ||
1. Begriffliches zum Fehlurteil | 19 | ||
2. Beginn der Bindungswirkung | 22 | ||
3. Korrekturmöglichkeit bei offensichtlichen Fehlern | 24 | ||
II. Gänzliche Unwirksamkeit massiv fehlerhafter Entscheidungen? | 27 | ||
1. Die Lehre von der Urteilsnichtigkeit | 28 | ||
2. Kritik an der Lehre vom nichtigen Urteil | 29 | ||
III. Gesetzlich vorgesehene Korrekturmöglichkeiten | 39 | ||
1. Die Wiederaufnahme nach §§ 359ff. StPO | 39 | ||
2. Die §§ 174 Abs. 2, 211 StPO | 51 | ||
3. Anhörungsrüge nach §§ 33a, 311a StPO | 53 | ||
4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, §§ 44ff. StPO | 54 | ||
5. Rechtsbehelfe im verfassungsrechtlichen Kontext | 56 | ||
6. Individualbeschwerde nach Art. 34 EMRK | 59 | ||
7. Gerichtliche Entscheidung im Strafvollstreckungsverfahren (§ 458 Abs. 1 StPO) | 60 | ||
8. Gnadenverfahren | 62 | ||
9. Gegenvorstellung | 64 | ||
IV. Korrigierbarkeit als Frage der Rechtskraft? | 66 | ||
1. Die herkömmliche Orientierung an der Rechtskraftfähigkeit der Entscheidung | 66 | ||
2. Eigener Ansatz | 68 | ||
a) Bindung als Ausfluss des Vertrauensschutzes | 69 | ||
b) Vertrauensschutz als Mittel zur Sicherung des Prozessziels | 72 | ||
c) Vertrauensschutz als Grundlage tatsächlicher Verfahrensgestaltung | 74 | ||
d) Bezugspunkt des Vertrauens | 77 | ||
e) (Verzichtbare) Kriterien | 78 | ||
C. Die aus tatsächlichen Gründen fehlerhafte Entscheidung | 80 | ||
I. Sachurteile | 80 | ||
1. Sachurteile im Kontext der klassischen Verfahrenshindernisse | 81 | ||
a) Strafunmündigkeit | 81 | ||
b) Verjährung der Tat | 89 | ||
c) Strafantragserfordernis | 94 | ||
d) Amnestie | 97 | ||
e) Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) | 98 | ||
f) Verhandlungsunfähigkeit | 109 | ||
g) Fehlen der deutschen Gerichtsbarkeit | 114 | ||
h) Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz | 117 | ||
i) Fehlende Anklage und fehlender Eröffnungsbeschluss | 119 | ||
2. Sachurteile im Kontext von Beweisverwertungsverboten | 122 | ||
a) Verkennen des Eingreifens eines Beweisverwertungsverbotes | 123 | ||
b) Fehlerhafte Annahme eines Beweisverwertungsverbotes | 127 | ||
3. Sachurteile im Kontext sonstiger Verfahrensfehler | 128 | ||
a) Fehleinschätzungen im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit | 129 | ||
b) Unzulässige Abwesenheit des Angeklagten | 132 | ||
c) Mitwirkung einer ausgeschlossenen oder befangenen Gerichtsperson | 135 | ||
d) Verfahrensmängel, denen mit der Strafzumessungslösung begegnet wird | 139 | ||
e) Zwischenergebnis | 142 | ||
4. Strafbefehlsverfahren nach §§ 407ff. StPO | 142 | ||
a) Erlass des Strafbefehls | 143 | ||
b) Urteil nach Einspruch gegen den Strafbefehl, § 411 Abs. 4 StPO | 154 | ||
II. Prozessurteile | 159 | ||
1. Prozessurteile im Kontext der klassischen Verfahrenshindernisse | 161 | ||
a) Behebbare Verfahrenshindernisse | 161 | ||
b) Verjährung der Tat | 162 | ||
c) Strafantragserfordernis | 170 | ||
d) Verhandlungsunfähigkeit | 173 | ||
e) Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) | 176 | ||
f) Verfahrenshindernisse bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens | 177 | ||
g) Zwischenergebnis | 178 | ||
2. Prozessurteile im Strafbefehlsverfahren | 179 | ||
a) Verwerfung des Einspruchs wegen Ausbleibens des Angeklagten | 179 | ||
b) Verwerfung des Einspruchs wegen Unzulässigkeit | 185 | ||
III. Urteilsersetzende Beschlüsse | 187 | ||
1. Urteilsersetzende Beschlüsse im Kontext der klassischen Verfahrenshindernisse – Vorbehalte gegen den Einbezug ins Wiederaufnahmeverfahren | 187 | ||
a) Grundsätzlich andere Sperrwirkung | 189 | ||
b) Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege | 196 | ||
c) Förderung vorschneller Verfahrenseinstellungen | 198 | ||
d) Wiederaufnahme als Ausnahmeerscheinung | 198 | ||
e) Unzulässigkeit einer Analogie | 202 | ||
f) Ruf nach dem Gesetzgeber | 212 | ||
g) Umständlichkeit des Verfahrens | 214 | ||
h) Anwendung auf BGHSt 52, 119 | 216 | ||
2. Urteilsersetzende Beschlüsse im Strafbefehlsverfahren | 223 | ||
D. Die aus rechtlichen Gründen fehlerhafte Entscheidung | 224 | ||
I. Die hinsichtlich der materiellen Rechtslage fehlerhafte Entscheidung | 228 | ||
1. Verurteilung ohne gesetzliche Grundlage | 229 | ||
2. Ignoranz von Tatbestandsmerkmalen | 239 | ||
3. Sonstige Subsumtionsfehler | 241 | ||
4. Fehler auf Strafzumessungsebene | 243 | ||
5. Verhängung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsfolge | 245 | ||
6. Verjährung der Tat | 247 | ||
7. Strafantragserfordernis | 249 | ||
8. Verstoß gegen ne bis in idem | 250 | ||
9. Zwischenergebnis | 252 | ||
II. Die hinsichtlich des Verfahrens fehlerhafte Entscheidung | 253 | ||
1. Verstöße gegen die Vorschriften zur Verständigung (§ 257c StPO) | 253 | ||
2. Missachtung der sachlichen Zuständigkeit | 260 | ||
3. Fehlerhafte Anklage und fehlerhafter Eröffnungsbeschluss | 263 | ||
4. Rechtsfehler im Bereich der Beweisverwertungsverbote | 266 | ||
5. Mitwirkung einer ausgeschlossenen oder befangenen Gerichtsperson | 267 | ||
6. Einstellung des Verfahrens als nicht gebotene Entscheidungsform | 267 | ||
E. Fazit | 270 | ||
Literaturverzeichnis | 274 | ||
Sachregister | 291 |