Öffentliche Freiheit und Individualität
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Öffentliche Freiheit und Individualität
Hegels Kritik des moralisch-juridischen Modells politischer Kultur
Philosophische Schriften, Vol. 93
(2017)
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Tatjana Sheplyakova ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Exzellenzcluster »Die Herausbildung normativer Ordnungen« der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu ihren Forschungsgebieten gehören Rechts- und Sozialphilosophie, politische Philosophie und Geschichte der Philosophie, insbesondere Klassische Deutsche Philosophie. Sie hat Philosophie, Anglistik und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation in Jena, Brisbane und Strasbourg studiert und wurde 2011 in Frankfurt am Main promoviert.Abstract
Die moderne Welt ist von einer Krise politischer Freiheit bedroht. Diese Diagnose Hegels bildet eine denkwürdige Konstante seiner Philosophie. Hegels Kritik gilt dabei der bürgerlich-liberalen Verfasstheit der modernen politischen Kultur, die das Versprechen, Freiheit und Gleichheit zu verwirklichen, uneingelöst lässt oder gar ins Gegenteil verkehrt: Freiheit des Einzelnen wird ununterscheidbar von einem Selbstermächtigungsanspruch, während die Gleichheit in die Nivellierung aller Unterschiede umschlägt.Die vorliegende Studie rekonstruiert diese Diagnose Hegels und verbindet die politisch-rechtliche Reflexion mit freiheitstheoretischen Erörterungen zum Verhältnis von Sozialität und Individualität. Der Schlüssel zu Hegels Diagnose wird dabei in seiner Kritik des Legalismus der Kantischen Moralphilosophie gesucht. Hinter der Kritik eröffnet sich die Perspektive auf mögliche Auswege aus der bürgerlich-liberalen Verfasstheit der politischen Kultur. Methodisch setzt dies allerdings voraus, dass das vernunftrechtliche in ein historisch-genealogisches Denken überführt wird.»Public Freedom and Individuality«Modernity is marked by a crisis of political freedom. In providing this diagnosis, Hegel locates this crisis in the heart of the bourgeois-liberal political culture itself: Individual freedom here turns into a claim to self-empowerment while equality expresses itself as the levelling of all differences. The key to this diagnosis lies in Hegel's critique of the legalistic frame of the Kantian moral philosophy. Turning away from legalism means leaving the rational law doctrine behind in favor of a historical genealogy of normativity.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 11 | ||
A. Entzweiung – Entpolitisierung – Idee des Rechts | 12 | ||
B. Die Kernelemente der Untersuchung – Hegels Kant-Kritik vor dem Hintergrund der Entpolitisierungsthese | 19 | ||
C. Anerkennung – Recht – Staat | 23 | ||
D. Von der Autonomie zur Logik der Autorisierung | 31 | ||
E. Warum Hegels Naturrechtsaufsatz? | 38 | ||
F. Struktur der Arbeit | 44 | ||
Erstes Kapitel | 50 | ||
Hegels Zeitdiagnostik: Die Krise des Öffentliche | 50 | ||
A. Die Krise politischer Freiheit: Im Vorfeld der Jenaer Modernitätskritik | 50 | ||
B. Hegels Naturrechtsaufsatz | 58 | ||
I. Die Problemstellung und die Vorannahme | 58 | ||
II. Das Verfahre | 66 | ||
III. Die Struktur und die Argumentationsstränge | 70 | ||
1. Der kritisch-diagnostische Teil | 70 | ||
a) Die „unechten“ Behandlungsarten des Naturrechts und die philosophische Aufgabe | 70 | ||
b) Der reine Empirismus | 74 | ||
c) Der Formalismus | 77 | ||
2. Der konstruktive Teil | 81 | ||
a) Die Ausdifferenzierung der Sittlichkeit in Disziplinen, Sphären und Stände | 81 | ||
b) Das ästhetische Intermezzo: Die Tragödie und Komödie der Moderne | 85 | ||
c) Das Primat des Sittlichen: Die Relativierung der Moral und die Kritik des Rechts | 90 | ||
aa) Die Behauptung des Vorrangs des Sittlichen: Hegels Programm | 90 | ||
bb) Hegels Begründungen des Vorrangs des Sittliche | 93 | ||
(1) Die substantialistische Begründung | 93 | ||
(2) Die bewusstseinstheoretische Begründung | 96 | ||
d) Zwischenbilanz | 98 | ||
e) Die Neubewertung des Rechts | 99 | ||
IV. Hegels Zeitdiagnose | 104 | ||
1. Von der Moderne in die Antike und zurück: Freie Unfreiheit und unfreie Freiheit | 104 | ||
a) Moderne Freiheit als „allgemeines Privatleben“ | 104 | ||
b) Antike Freiheit oder Freiheit durch Ungleichheit | 109 | ||
c) Antike und moderne Freiheit: Der Befund einer doppelten Beziehungslosigkeit | 111 | ||
2. Privatisierung des Rechts und der Moral: Die Zeiten „äußerer Gerechtigkeit“ | 114 | ||
3. Vorbehalte gegenüber Hegels Pauschaldiagnose | 122 | ||
4. Die Tiefenstruktur der Kritik | 128 | ||
V. Hegels Innovatione | 134 | ||
1. Das Zugleich von Mensch und Bürge | 134 | ||
2. Die Freisetzung von Individualität | 137 | ||
C. Offene Frage | 143 | ||
Zweites Kapitel | 146 | ||
Hegels Kritik am moralisch-juridischen nFreiheitsmodell | 146 | ||
A. Die Ausgangslage: Die Diagnose der Beziehungslosigkeit | 146 | ||
B. Zum Profil der Entzweiung | 148 | ||
C. Hegels Kritik an Kant | 153 | ||
I. Die Spezifik der Kritik | 153 | ||
1. Hegels Kritik an Kant als Theoretiker des „relativ Sittlichen“ | 153 | ||
2. Über das Verhältnis von Moralität und Legalität bei Kant | 155 | ||
3. Hegels Kant-Rezeption: Das Lob und das Verschwiegene | 160 | ||
II. Die Gegenstände der Kritik | 167 | ||
1. Über die wechselseitige Defizienz von Recht und Moral: Die Notwendigkeit des Zwangs | 167 | ||
2. Hegels Kritik des Verfahrens | 174 | ||
a) Die Verkehrung von moralischer Richtigkeit in rechtliche Erlaubtheit | 174 | ||
b) Das Problem der Unterminierung der Handlungsinitiative oder die Eitelkeit des Subjekts | 179 | ||
c) Legitimierungsstrategien: Zwischen Inhaltsleere und Willkürherrschaft | 187 | ||
3. Ein Exkurs zu Fragen der Subjektkonstitutio | 193 | ||
a) Die „Inkorporationsthese“: Das Subjekt der Wahl | 193 | ||
b) Die Superfigur des Ich | 196 | ||
c) Die Unerklärlichkeit des Scheiterns | 198 | ||
III. Die Gehalte der Kritik | 202 | ||
1. Die Anwendungsbedingungen von Moral und Recht und ihre Revisio | 202 | ||
a) Einleitende Erläuterunge | 202 | ||
b) Das Primat der vertragsrechtlichen Logik: Das „Tautologische“ des Nützlichkeitsprinzips | 204 | ||
c) „Vertrauen“ versus Vertragsprinzip? Das Missverständnis über „das Rechte“ | 208 | ||
2. Die Tiefenstruktur der Kritik | 214 | ||
a) Die Asymmetrisierung des Recht-Pflicht-Zusammenhangs: Der Vorstoß gegen die Enge der Verpflichtungsordnung? | 214 | ||
b) Moralische Pflichten als legitime Forderungen versus Wahrnehmbarkeit von Rechte | 219 | ||
c) Versuch einer Kontextualisierung: Subjektive Rechte | 222 | ||
d) Zwei Arten von „Idealität“ oder Die Fähigkeit, Rechte wahrzunehme | 223 | ||
e) Moralität als „Erhebung über den Stand“ | 226 | ||
3. Hegels Umkehrung des Verhältnisses von Recht und Moral oder Die Befreiung zum Subjekt | 228 | ||
D. Hegels Kant-Kritik – und was dann? | 234 | ||
Drittes Kapitel | 236 | ||
Individuelle und öffentliche Freiheit | 236 | ||
A. Die Quellen der Autonomie | 236 | ||
I. Kants ‚andere‘ Autonomie: Das „Faktum der Vernunft“ | 236 | ||
II. Hegels Genealogie des Rechts | 247 | ||
1. Antigone als prototypisch handelnde Individualität? | 247 | ||
2. Das „Förmliche“ und „Gegenförmliche“: Die Genese des „nachsittlichen“ Rechts | 252 | ||
3. Anforderungen an das „nachsittliche“ Recht | 254 | ||
4. Gesellschaftsbildung | 263 | ||
a) Zwischenstand der Überlegunge | 263 | ||
b) Das Öffentlichwerden des Privaten: Die Gesellschaft und ihr Unterschied zur Polis | 265 | ||
c) Die Gefahr des Plastizitätsverlusts | 268 | ||
d) „Verbindlichkeit, die nicht bindet“ und ihre Forme | 274 | ||
5. Recht als Befreiung: Wider das „Naturrecht ohne Natur“ | 277 | ||
B. Modelle sozial vermittelter Freiheit und ihre Grenze | 280 | ||
I. Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts | 280 | ||
1. Das Projekt: Subjektivität – Recht – freier Wille | 280 | ||
2. Die Ausführung: Moralität und Sittlichkeit, Gesellschaft und Staat | 294 | ||
a) Warum Moralität ein höherer Standpunkt ist | 294 | ||
b) „Moderne Sittlichkeit“ als Reaktion auf ein für überholt erklärtes Problem? | 296 | ||
c) Die Entzweiung in Gesellschaft und Staat und die Intellektualisierung der Freiheit | 298 | ||
3. Das ungelöste Problem: „Aufhebung der Moralität in Sittlichkeit“ | 306 | ||
a) Vom Freiheitsversprechen zum Verfallsprozess | 306 | ||
b) „Moralität als Krankheit am Sittlichen“: Hegels Aktualität | 308 | ||
c) Institutione | 312 | ||
4. Zwischenfazit | 318 | ||
II. Vom Optimismus des Soziale | 320 | ||
1. Das „Paradox der Autonomie“ und seine Auflösung | 320 | ||
2. Robert Brandom: Das Vertrauen in das Soziale | 328 | ||
3. Diskussion: Eine Verharmlosung von Hegels Ansatz? | 334 | ||
III. Die Dialektik des Selbstbewusstseins und ihre Schranke | 337 | ||
1. Der Standpunkt der Introspektion: „Anpassung in der Sache, Trotz fürs Selbstbewußtsein“ | 337 | ||
2. Die Vernunft in der Differenz: Vom Primat der Einheit vor dem Viele | 339 | ||
3. „Zweite Freiheit“: Freiheit nach der Natu | 343 | ||
4. Natur und Freiheit | 347 | ||
C. Ästhetisch zu vollziehende Befreiung: x03 Die Gesellschaft, die im „Schein“ wirklich ist | 350 | ||
Siglen und Kurztitel | 357 | ||
Literaturverzeichnis | 359 |