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Der mündige Bürger

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Rüping, M. (2017). Der mündige Bürger. Leitbild der Privatrechtsordnung?. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55150-7
Rüping, Matthias. Der mündige Bürger: Leitbild der Privatrechtsordnung?. Duncker & Humblot, 2017. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55150-7
Rüping, M (2017): Der mündige Bürger: Leitbild der Privatrechtsordnung?, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-55150-7

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Der mündige Bürger

Leitbild der Privatrechtsordnung?

Rüping, Matthias

Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 471

(2017)

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About The Author

Nach dem Studium in Freiburg, Genf und Berlin absolvierte Matthias Rüping 2012 die Erste Juristische Prüfung. Zwischen 2010 und 2013 arbeitete er im Deutschen Bundestag, zuletzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Büroleiter der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. 2016 erfolgte die von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit einem Stipendium geförderte Promotion zum Dr. iur. an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Referendariat u.a. in der außen- und sicherheitspolitischen Abteilung des Bundeskanzleramts legte er 2017 die Zweite Juristische Prüfung ab. Seit April 2017 ist er als Rechtsanwalt bei der Kanzlei BMH Bräutigam & Partner in Berlin tätig.

Abstract

Das ursprüngliche BGB war vom Leitbild des mündigen Bürgers geprägt, der eigenverantwortliche Entscheidungen trifft und deren Konsequenzen trägt. Die Abhandlung zeigt unter anderem am Beispiel des Verbraucherprivatrechts und des Wohnraummietrechts, wie jahrzehntelange rechtspolitisch motivierte Einflussnahme diese Mündigkeitsvermutung sukzessive relativiert hat. Das zeitgenössische Privatrecht basiert auf der Annahme eines schutzbedürftigen und als Verbraucher, Mieter oder Arbeitnehmer strukturell unterlegenen Bürgers. An die Stelle von dispositivem Gesetzesrecht sind zunehmend unabdingbare und durch Umgehungsverbote flankierte zwingende Inhaltsvorgaben getreten. Diese Abkehr vom Leitbild des mündigen Bürgers gerät nicht nur in Konflikt mit der politischen Projektion eines souveränen und autonomen Wahlbürgers, sondern begegnet auch gravierenden verfassungsrechtlichen und ökonomischen Bedenken.»The Responsible Citizen Model of German Private Law?«

German private law used to be governed by the idea of a responsible and independent citizen who is able to make informed decisions and must carry their consequences. Over the past decades, this traditional approach to individual responsibility has essentially been replaced by the assumption of structural disparity in contractual relations and a citizen in need of constant protection. This departure from the »responsible citizen« gives rise to severe constitutional, economic and ethical concerns.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 13
1. Teil: Das Leitbild des mündigen Bürgers und sein Stellenwert im deutschen Privatrecht 15
A. Leitbilder im Recht 15
I. Bestandsaufnahme und Definitio 16
II. Funktionen rechtlicher Leitbilder: Orientierung, Rechtssicherheit, Positionierung 21
III. Zusammenfassung 23
B. Privatautonomie und Mündigkeit: Begriffe und Bezüge 24
I. Privatautonomie 24
1. Bedeutung und Gewährleistungselemente 25
2. Privatautonomie und Grundgesetz: Kollision von Grundrechtsdimensione 27
3. Formale und materiale Privatautonomie 28
a) Formales Verständnis der Privatautonomie 30
b) Materiales Verständnis der Privatautonomie 33
c) Exkurs: Schmidt-Rimplers „Richtigkeitsgewähr des Vertragsmechanismus“ 36
4. „Materialisierung des Privatrechts“ 38
II. Mündigkeit und das Leitbild vom mündigen Bürge 42
1. Rechtstechnische und anthropologische Mündigkeit 43
2. Mündigkeit und Privatautonomie 45
3. Der mündige Bürger als Leitbild 49
a) Qualifizierung des Leitbildes vom mündigen Bürge 49
b) Charakteristika einer vom Leitbild des mündigen Bürgers geprägten Rechtsordnung 50
aa) Die Befolgung der abstrakten Gleichheitsvermutung und der Verzicht auf systematischen Schwächerenschutz 50
bb) Die Anerkennung gesetzlicher Dispositivität 51
cc) Die Beachtung des Vertragstreue-Grundsatzes und die Abwesenheit gerichtlicher Inhaltskontrolle 53
c) Der mündige Bürger und die „Privatrechtsgesellschaft“ 54
d) Leitbild vom mündigen Bürger als sozialempirische Zustandsbeschreibung? 56
III. Zusammenfassung 56
C. Das Leitbild des mündigen Bürgers im ursprünglichen Bürgerlichen Gesetzbuch 57
I. Historische Rahmenbedingungen – Das Bürgerliche Gesetzbuch als Kind eines „liberalen Zeitgeistes“ und der „Tropfen sozialistischen Öls“ 58
II. Mündigkeit im ursprünglichen Bürgerlichen Gesetzbuch 63
1. Mündigkeit als „Primärstatus“ 64
2. Ausnahmen von der Mündigkeit als „Sekundärstatus“ 71
III. Zusammenfassung 74
D. Das Leitbild des mündigen Bürgers im heutigen Privatrecht 75
I. Verbraucherprivatrecht und wettbewerbsrechtliches Verbraucherleitbild 77
1. Die historische Herausbildung des Verbraucherprivatrechts 77
2. Verbraucherprivatrecht als gesetzliches Regelwerk 81
a) Fernabsatzverträge 81
b) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge 83
c) Verbrauchsgüterkauf 85
d) Sonstige Bereiche 85
e) Zwischenergebnis: Mündigkeit im gesetzlichen Verbraucherprivatrecht 86
3. Das wettbewerbsrechtliche Verbraucherleitbild 86
4. Zusammenfassung: Verbraucherprivatrecht, Verbraucherleitbild und das Mündigkeitsprinzip 90
II. Wohnraummietrecht 93
1. Die rechtspolitische Dynamik des Wohnraummietrechts: Vom liberalen über das regulierte zum sozialen Mietrecht 94
2. Instrumente des Mieterschutzes 96
a) Vertragsbeendigung: Kündigungsschutz und Widerspruchsrecht 97
b) Vertragsgestaltung: Mietpreisregulierung 99
c) Zwangsvollstreckung: Räumungsschutz 102
d) Weitere Schutzinstrumente 104
3. Zusammenfassung: Mündigkeit im Wohnraummietrecht 104
III. Sittenwidrige Rechtsgeschäfte 105
1. Sittenwidrigkeit in den Gesetzesmaterialien des Bürgerlichen Gesetzbuchs 107
2. Der Funktionswandel des Sittenwidrigkeitsbegriffs 109
a) Angehörigenbürgschafte 109
aa) Rechtsprechung des BGH bis 1993 110
bb) Bürgschafts-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1993 112
cc) Reaktionen auf die Bürgschafts-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 115
dd) Ausweitung der Verfassungsgerichts-Rechtsprechung 116
ee) Zwischenergebnis 118
b) Sexualbezogene Leistunge 118
c) Ausweitung des Wucherschutzes über § 138 I, II BGB 120
aa) Wucherschutz über § 138 II BGB 121
bb) Wucherschutz über § 138 I BGB 122
d) Der Funktionswandel des Sittenwidrigkeitsbegriffs: Ausgleich von wirtschaftlicher Unterlegenheit als zentrales Regulierungsmotiv 123
3. Zusammenfassung: Sittenwidrigkeit als Gradmesser für die Mündigkeitsvermutung 124
IV. Zwingendes Privatrecht – die Teilaufgabe der Dispositivität 125
1. Gesetzliche Dispositivität und das Mündigkeitsprinzip 126
2. Einschränkungen der Dispositivität durch zwingendes Recht 128
a) Mietrecht 129
b) Verbraucherprivatrecht 131
c) Allgemeine Geschäftsbedingungen: Die Abweichung von „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ als Unwirksamkeitsgrund 132
d) Sonstige zwingende Vorschrifte 132
3. Zusammenfassung: Zwingendes Recht als Aufweichung des Mündigkeitsprinzips 133
V. Ehe- und Minderjährigenrecht: Quantitative Ausweitung der Mündigkeitsvermutung 134
1. Eherecht: Die Rechtsstellung der (verheirateten) Frau 135
2. Minderjährigenrecht: Das Volljährigkeitsalte 140
3. Zusammenfassung: Quantitative Ausweitung der Mündigkeitsvermutung 141
VI. Weitere Rechtsgebiete 141
1. Arbeitsrecht 141
2. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingunge 144
3. Inhaltskontrolle von Eheverträge 146
VII. Ergebnis: Qualitative Einschränkung und quantitative Ausweitung der Mündigkeitsvermutung 147
1. Die Befolgung der abstrakten Gleichheitsvermutung und der Verzicht auf systematischen Schwächerenschutz 148
2. Die Anerkennung gesetzlicher Dispositivität 148
3. Die Beachtung des Vertragstreue-Grundsatzes und die Abwesenheit gerichtlicher Inhaltskontrolle 149
4. Quantitative Ausweitung der Mündigkeitsvermutung 149
5. Gesamtschau 149
E. Zusammenfassung 151
2. Teil: Normative Grundlagen des Leitbildes vom mündigen Bürger: Verfassungsrecht, Ökonomie, Rechtspolitik 153
A. Verfassungsrechtliche Vorgaben – Das „Menschenbild des Grundgesetzes“ 153
I. Grundgesetz und Bürgerliches Gesetzbuch: Die Bedeutung verfassungsrechtlicher Wertungen für das Privatrecht 154
II. Das Konzept eines grundgesetzlichen Menschenbilds 157
III. Analyse des Verfassungstextes 158
1. Das freiheitlich-individuelle Element 158
2. Das sozialverpflichtet-gemeinwohlorientierte Element 160
3. Abwägung zwischen den Elemente 162
4. Zwischenergebnis 166
IV. Das Menschenbild des Grundgesetzes und das privatrechtliche Leitbild vom mündigen Bürge 166
V. Ergebnis 168
B. Ökonomische Analyse – Mündigkeit und Marktversage 170
I. Theorie des Marktversagens als Methode der ökonomischen Analyse 171
II. Die Befolgung der abstrakten Gleichheitsvermutung und der Verzicht auf systematischen Schwächerenschutz 173
1. Vorliegen eines Marktversagens 174
a) Marktversagen aufgrund von externen Effekte 174
b) Marktversagen aufgrund von Marktmacht 175
c) Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrie 176
d) Ergebnis 179
2. Überlegenheit einer hoheitlichen Regulierung 180
3. Ergebnis 184
III. Die Anerkennung gesetzlicher Dispositivität 185
1. Vorliegen eines Marktversagens: externe Effekte, Marktmacht, Informationsasymmetrie 185
2. Überlegenheit einer hoheitlichen Regulierung 187
3. Ergebnis 190
IV. Die Beachtung des Vertragstreue-Grundsatzes und die Abwesenheit gerichtlicher Inhaltskontrolle 191
1. Vorliegen eines Marktversagens 191
2. Überlegenheit einer hoheitlichen Regulierung 193
3. Ergebnis 195
V. Verhaltensökonomische Erkenntnisse 195
VI. Ergebnis 200
C. Rechtspolitische Implikationen – Der mündige Bürger als Postulat 201
I. Das Verhältnis der Privatrechtsordnung zum Individuum oder: Das Paternalismus-Problem 202
1. Mündigkeit als Element personaler Würde 202
2. Der schutzbedürftige Bürger als politischer Souverän: ein Wertungswiderspruch 205
3. Mündigkeit als gradueller Gewährleistungsmaßstab 207
4. Ergebnis 207
II. Mündigkeit als Förderung der Rechtssicherheit 207
III. Mündigkeit als Bedingung individueller Lerneffekte 208
IV. Sozialpolitische Intentionen: „Schutz des Schwächeren“ durch das Privatrecht? 210
V. Systematische Rationalitätsdefizite als empirische Falsifizierung der Mündigkeitsvermutung? 212
1. Die Existenz systematischer Rationalitätsdefizite 213
2. Konsequenz für die Mündigkeitsvermutung 214
3. Zunehmende rechtsgeschäftliche Komplexität und steigender individueller Informationsbedarf als Erschütterungen der Mündigkeitsvermutung? 216
4. Exkurs: Der mündige Bürger als homo oeconomicus? 218
5. Ergebnis 219
VI. Ergebnis 220
D. Ergebnis: Die Bedeutung der Mündigkeitsvermutung aus verfassungsrechtlicher, ökonomischer und rechtspolitischer Perspektive 221
E. Zusammenfassung 222
Schluss: Die Rückkehr des mündigen Bürgers? 224
A. Öffentliche Subventionen als Alternative zu privatrechtlichen Inhaltsverbote 224
B. Regulierung mit Augenmaß: Wahl des „mildesten“ Mittels 226
I. Inhalt: Informationspflichten, Formvorschriften, Inhaltsverbote 227
II. Geltungsmodus: Dispositivität, Flexibilität, Unabdingbarkeit 230
III. Schutzobjekt: Individualisierung und Typisierung 231
C. Ergebnis 231
Literaturverzeichnis 233
Sachverzeichnis 282