Der Ausgleich zwischen Investorenschutz- und Regulierungsinteressen in internationalen Investitionsschutzabkommen
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Der Ausgleich zwischen Investorenschutz- und Regulierungsinteressen in internationalen Investitionsschutzabkommen
Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht, Vol. 102
(2017)
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Christian Zielonka absolvierte sein Studium der Rechtswissenschaften ab 2003 in Tübingen mit Schwerpunkt Internationales Wirtschaftsrecht. In 2006/2007 studierte er an der Paul Cézanne Université, Aix-En-Provence, Frankreich, mit Abschluss »Maîtrise en Droit International et Européen«. Nach dem Ersten Staatsexamen 2010 in Tübingen folgten das Rechtsreferendariat und das Zweite Staatexamen 2012 in Stuttgart. Anschließend promovierte Christian Zielonka bei Prof. Dr. Martin Nettesheim, Universität Tübingen, zum Internationalen Investitionsschutzrecht. 2014 arbeitete er für seine Promotion als Visiting Fellow am Lauterpacht Centre for International Law, University of Cambridge, UK. Christian Zielonka ist tätig als Rechtsanwalt.Abstract
Wie können Staaten zur Sicherstellung ihres $aright to regulate$z ihr jeweiliges Verständnis eines angemessenen Ausgleichs zwischen Investorenschutz- und Regulierungsinteressen in einer $aNeuen Generation$z von Investitionsschutzabkommen verankern? Werden diese vertraglichen Vorgaben in künftigen Investor-Staat-Verfahren Beachtung finden oder sind sie vergebliche oder gar risikoträchtige Bemühungen? Entgegen pessimistischerer Stimmen sind in diese Prognose und die Bewertung der vertraglichen Gestaltungsoptionen die gewandelten Interessenslagen der Akteure und die Entwicklung der Schiedspraxis infolge eines massiven, vielfältigen und ausdauernden Widerspruchs gegen eine immer expansivere Auslegung des Investorenschutzes einzubeziehen.So belegt die Analyse der Schiedspraxis zu indirekten Enteignungen um zum $aFair and Equitable Standard,$z dass dieser Widerspruch in Teilen bereits das bewirkt hat, was die Gestaltungsbemühungen bezwecken: Eine Rekalibrierung zugunsten staatlicher Regulierungsinteressen. Dies spricht dafür, dass vertragliche Präzisierungen, mit denen fortbestehende Auslegungsunsicherheiten ausgeräumt werden sollten, auch zukünftig bei den Schiedsgerichten nicht auf taube Ohren stoßen werden.»The Balancing of Investor Rights and the Right to Regulate in International Investment Agreements«How can states articulate their understanding of what is the right balance of investors' interests and their own interest in regulating in the public interest in a new generation of international investment agreements? Will these provisions be complied with by arbitral tribunals in future investor-state disputes or are they futile or even risky?Contrary to rather pessimistic views, assessing the contractual options and predicting their prospects of success must take account of the change in the interests of the actors involved and arbitral practice. Such change, so the author argues, has been brought about by a massive, manifold and persistent opposition to an increasingly broad interpretation of investor rights and already resulted in a recalibration to the benefit of the $aright to regulate$z in the public interest.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einleitung | 17 | ||
I. Die gegenwärtige Ausgangslage der Betrachtung | 19 | ||
1. Das neue Ausmaß alter Kritik und der Schiedsrichter als Sündenbock | 19 | ||
2. Zwischen Reflexion, Rückzug und Rekalibrierung – Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit am Scheideweg | 23 | ||
3. Der Trend zur vertraglichen Rekalibrierung als mildere Reaktion gegenüber dem radikaleren Rückzug | 28 | ||
II. Untersuchungsinteresse und These | 29 | ||
III. Gang der Darstellung | 33 | ||
A. Vertragsgestaltung vor den Herausforderungen eines gewandelten Investitionsumfelds, eines Krisengefühls und unter dem Eindruck der Akteure des Investitionsrechts | 35 | ||
I. Vertragsgestaltung angesichts eines gewandelten Investitionsumfelds | 36 | ||
1. Die Interessenslage in den Anfängen des vertraglichen Investitionsschutzes | 36 | ||
2. Die vertragliche Reziprozität wird aktuell – Rückzugstendenzen im Bewusstsein einer neuen Doppelrolle | 39 | ||
3. Fazit | 41 | ||
II. Vertragsgestaltung als Reaktion auf eine Krise des Investitionsrechts | 42 | ||
1. Krisengefühle in Zeiten des Booms – Investor-Staat Verfahren als wahrgenommene Bedrohung für legitime Gemeinwohlinteressen | 42 | ||
2. Präzisere Vertragsgestaltung als Antwort auf eine Fehlentwicklung und vertrauensstiftendes Signal | 47 | ||
3. Fazit | 49 | ||
III. Das Interesse an vertraglicher Präzisierung und seine Grenzen | 49 | ||
1. Der Wunsch nach mehr Rule – Der Verlust vertraglicher Unbestimmtheit | 50 | ||
2. Die heutige Möglichkeit der Präzisierung – ein Verdienst auch der Schiedspraxis | 53 | ||
3. Fazit | 55 | ||
IV. Vertragsgestaltung unter dem Eindruck der Akteure des Investitionsrechts | 56 | ||
1. Die heutige Interessenslage der Investoren | 57 | ||
2. Die heutige Interessenslage der Schiedsrichter – steht ihr Eigeninteresse der angemessenen Berücksichtigung von Regulierungsinteressen entgegen? | 63 | ||
a) Vertragsgestaltung als Austarieren der Rolle der Schiedsrichter bei der Erzielung eines Ausgleichs | 63 | ||
b) Vertragsgestaltung als Teil eines Dialogs mit den Schiedsgerichten | 65 | ||
c) Hirschmans Abwanderung und Widerspruch | 68 | ||
d) Vertragsgestaltung als Widerspruch bei bestehender Abwanderungsoption | 71 | ||
e) Mehr Voice durch eine glaubwürdige Exit-Drohung? | 73 | ||
f) Erste Hinweise auf eine erhöhte Sensibilität und Korrekturbereitschaft der Schiedsgerichte | 79 | ||
V. Schlussfolgerungen aus dem ersten Teil | 84 | ||
B. Die Entwicklung der Schiedspraxis zum Schutz vor indirekter Enteignung und zu Fair and Equitable Treatment als Ausdruck eines wirksamen Widerspruchs | 87 | ||
I. Der Schutz vor indirekter Enteignung als Hemmnis für die Verfolgung legitimer Regulierungsinteressen? | 88 | ||
1. Einführung | 88 | ||
2. Die Fortentwicklung der Kriterien zur Abgrenzung zwischen Regulierung und indirekter Enteignung in der Schiedspraxis | 93 | ||
a) Die Eingriffsintensität als notwendiges Kriterium einer potentiellen Enteignung | 95 | ||
aa) Die hohe Hürde des Kontroll- oder nahezu vollständigen Wertverlusts | 96 | ||
bb) Und immer wieder Metalclad | 105 | ||
cc) Fazit | 113 | ||
b) Korrektur einer potentiellen Enteignung durch die Berücksichtigung des Gemeinwohlziels? | 114 | ||
aa) Sole effects doctrine | 116 | ||
bb) Police powers doctrine | 121 | ||
cc) Der Trend zur Abkehr von Extremen – Die „gemäßigte“ police powers doctrine und ihre Fortentwicklung zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung | 125 | ||
c) Indirekte Enteignung und der Schutz legitimer Erwartungen | 130 | ||
3. Schlussfolgerungen aus der Fortentwicklung der Schiedspraxis zum Schutz vor indirekter Enteignung | 134 | ||
4. Zunehmende Verlagerung zum FET-Standard | 138 | ||
II. FET als Hemmnis für die Verfolgung legitimer Regulierungsinteressen? | 141 | ||
1. Einführung | 141 | ||
2. Zwischen Hindernis und Gestaltungsoption – die unterschiedlichen Ausprägungen des FET-Standard und ihre Berücksichtigung in der Schiedspraxis | 146 | ||
a) Unqualifizierte FET-Klauseln | 146 | ||
b) FET in accordance with / no treatment less than required by international law | 150 | ||
c) FET begrenzt auf den International Minimum Standard of Treatment | 153 | ||
d) FET konkretisiert durch die Benennung von Einzelverpflichtungen | 154 | ||
e) Fazit | 154 | ||
3. Der FET-Standard und sein Verhältnis zum Minimum Standard – Fortbestehende Gestaltungsalternative oder Unterscheidung ohne Relevanz? | 156 | ||
a) Das Verhältnis des FET zum MST – zu Recht weiterhin im Fokus? | 156 | ||
b) Die Konvergenz von MST und FET – Wegfall einer Gestaltungsoption? | 159 | ||
aa) Die Annahme einer Evolution des Gewohnheitsrechts innerhalb des NAFTA – Ausdruck des vorsätzlichen Übergehens restriktiver Gestaltungsbemühungen? | 161 | ||
(1) Die Begrenzung auf den Minimum Standard als Katalysator des Konvergenztrends | 161 | ||
(2) Die Entscheidungen Glamis Gold und Cargill – Hinweise auf fortbestehende Gestaltungsalternativen? | 167 | ||
(3) Die Fortsetzung des Konvergenztrends in nachfolgenden Entscheidungen | 174 | ||
bb) Zur Relevanz einer Unterscheidung außerhalb des NAFTA | 177 | ||
c) Rückschlüsse und Konsequenzen für die zukünftige Vertragsgestaltung | 185 | ||
4. Die Entwicklung der unter FET gefassten Einzelverpflichtungen im Fokus der Gemeinwohlregulierung – offene Fragen und Haftungsrisiken | 191 | ||
a) Fokussierung auf die Einzelverpflichtungen im Mittelpunkt der Regulierungsfälle | 191 | ||
b) Der Schutz vor willkürlicher Behandlung | 194 | ||
aa) Zum Inhalt und den Befürchtungen | 194 | ||
bb) Einschätzung des Haftungsrisikos anhand der jüngeren Schiedspraxis | 197 | ||
cc) Geht die Zurückhaltung mitunter zu weit – Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und Angemessenheit zur Aufdeckung von Missbrauch? | 202 | ||
c) Der Schutz legitimer Investorenerwartungen und die Pflicht zur Gewährleistung stabiler und vorhersehbarer Investitionsbedingungen | 209 | ||
aa) Zum Inhalt und den Befürchtungen | 209 | ||
bb) Das Vertrauen des Investors auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage | 214 | ||
cc) Anlass zur Befürchtung – Tecmed vs. Mexico und die Annahme einer Verpflichtung zur Gewährleistung stabiler und rvorhersehbarer Rahmenbedingungen | 215 | ||
d) Der Trend zur Einschränkung von Investorenerwartungen – ausreichende Reaktion auf den Widerspruch? | 218 | ||
aa) Ausreichende Beschränkung auf Fälle spezifischer Zusicherungen? | 218 | ||
(1) Zum Erfordernis einer individuellen Zusicherung | 221 | ||
(2) Legitime Erwartungen aufgrund rder generellen innerstaatlichen Rechtslage? | 224 | ||
bb) Die kontinuierliche Relativierung einer Verpflichtung zur Stabilität im Zuge der Fortentwicklung der Schiedspraxis | 231 | ||
cc) Die Anerkennung eines Schutzes vor diskriminierenden und unverhältnismäßigen Änderungen im Rahmen eines Abwägungsvorgangs | 237 | ||
dd) Zwischenfazit | 241 | ||
ee) Die weitere Einschränkung legitimer Erwartungen durch die Berücksichtigung des Investorenverhaltens in Anbetracht rder jeweiligen Umstände im Gaststaat | 244 | ||
5. Schlussfolgerungen aus der Fortentwicklung der Schiedspraxis zu FET | 251 | ||
C. Konsequenzen für die vertragliche Verankerung eines Ausgleichs | 255 | ||
I. Die beobachtete Entwicklung als Ausdruck eines wirksamen Widerspruchs | 255 | ||
II. Konsequenzen und Handlungsbedarf angesichts befürchteter Nachteile der vertraglichen Rekalibrierung? | 258 | ||
III. Warum ein Untätigbleiben keine Option ist | 261 | ||
D. Gestaltungsoptionen vor dem Hintergrund eines wirksamen Widerspruchs und der beobachteten Fortentwicklung der Schiedspraxis | 266 | ||
I. Optionen zur stärkeren Berücksichtigung des Regulierungsinteresses bei der Auslegung | 266 | ||
1. Die Betonung des Regulierungsinteresses in den Abkommenspräambeln | 266 | ||
2. Normierung staatlicher Regulierungsinteressen in speziellen Regulierungsklauseln | 271 | ||
II. Mehr Rule – Die Präzisierung der unbestimmten Standards | 276 | ||
1. Zu den Präzisierungsoptionen und gegen die Kritik an einer vertraglichen Verankerung der Schiedspraxis | 276 | ||
2. Optionen zur Präzisierung des Schutzes vor indirekter Enteignung | 278 | ||
a) Stärkung der Regulierungsinteressen durch die „positive“ Präzisierung des Schutzumfangs | 278 | ||
b) Ansatzpunkte zur Beseitigung identifizierter Auslegungsunsicherheiten | 280 | ||
aa) Präzisierung der erforderlichen Eingriffsintensität | 280 | ||
bb) Beseitigung fortbestehender Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Berücksichtigung des verfolgten Zwecks der Maßnahme | 281 | ||
cc) Präzisierung der Rolle und Voraussetzungen legitimer Erwartungen | 281 | ||
c) Stärkung der Regulierungsinteressen durch „negative“ Präzisierung | 282 | ||
3. Optionen zur Präzisierung des Fair and Equitable Treatment Standard | 287 | ||
a) Beschränkung auf den Minimum Standard | 288 | ||
b) Präzisierung der Einzelverpflichtungen unter dem FET-Standard | 290 | ||
III. General Exceptions nach Vorbild von Art. XX GATT | 295 | ||
1. Vorteile und Ausgleichspotential von General Exceptions | 297 | ||
a) Ausgleichspotential durch ein beschränktes und bedingtes right to regulate | 297 | ||
b) Profitieren von der WTO-Rechtsprechung? | 299 | ||
2. Bedenken gegen General Exceptions | 301 | ||
a) Zweifel an der Geeignetheit für den Enteignungs- und den FET-Standard | 302 | ||
b) Bedenken aufgrund der Auslegungsunsicherheit | 304 | ||
3. Bewertung und Prognose im Lichte eines wirksamen Widerspruchs | 307 | ||
Schlussbetrachtung und Ausblick | 312 | ||
Literaturverzeichnis | 321 | ||
Sachverzeichnis | 336 |