Rechtsgut als Verfassungsbegriff?
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Rechtsgut als Verfassungsbegriff?
Der Rekurs auf Güter im Verfassungsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1361
(2017)
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About The Author
Sebastian Löffler war nach rechtswissenschaftlichem Studium in Würzburg und Caen (Normandie) von 2008 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Dr. Horst Dreier in Würzburg. Den juristischen Vorbereitungsdienst absolvierte er 2012 bis 2014 im Land Berlin mit Aufenthalten in Karlsruhe und London. Ab 2015 war er Richter auf Probe am Verwaltungsgericht München. Seit 2016 ist er Notarassessor in Bayern.Abstract
Weithin geläufig ist die Formulierung, das Strafrecht diene dem Rechtsgüterschutz. Die Untersuchung des Strafrechts unter dieser Prämisse hat eine lange und vielfältige Tradition. Vergleichbare Traditionslinien finden sich für den Rechtsgutsbegriff im Verfassungsrecht nicht. Ziel der Arbeit war, seine Bedeutung im und für das Verfassungsrecht zu beleuchten, maßgeblich auf Grundlage der Senatsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Deren Auswertung zeigt eine bemerkenswerte Breite der Verwendung. Als Rechtsgüter erscheinen insbesondere grundrechtlich Geschütztes einerseits und Gesichtspunkte der Grundrechtseinschränkung andererseits. Dabei kann letztlich alles, was legitimes Ziel staatlichen Handelns sein kann, auch als Rechtsgut bezeichnet werden. In diesem Befund bildet sich ab, dass im demokratischen Verfassungsstaat für den Gesetzgeber ein weiter Spielraum der zulässigen Zielsetzungen besteht. Beschränkungen betreffen eher einzusetzende Mittel oder die Zweck-Mittel-Relation.»Legal Goods as a Concept in Constitutional Law?«In German Law it is common to describe Criminal Punishment's purpose as the protection of Legal Goods. The long tradition of the concept of Legal Goods in Criminal Law finds no counterpart in Constitutional Law. This dissertation undertakes a study of the concept in Constitutional Law, focused on the case law of the Federal Constitutional Court. Its results display a great variety of objects referenced as Legal Goods and a substiantial margin accorded to the legislator in recognizing such Goods.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung: Rechtsgut als juristischer Begriff | 15 | ||
I. Rechtsgüter im Strafrecht und im Verfassungsrecht | 15 | ||
II. Zur Spezifizierung der Fragestellung | 19 | ||
III. Gang der Untersuchung | 21 | ||
1. Teil: Güterbegriffe und Rechtsgüterbegriff | 23 | ||
A. Güterbegriffe außerhalb des Rechts | 23 | ||
I. Philosophie: Gegenstand des Strebens | 23 | ||
1. Substantivische, adjektivische und adverbiale Verwendung | 24 | ||
2. Moralischer und außermoralischer Gebrauch | 25 | ||
3. Dissoziation begrifflicher und normativer Frage | 27 | ||
4. Grenzbereich zur Ökonomie: Güterverteilung | 27 | ||
II. Wirtschaftswissenschaft: Mittel der Bedürfnisbefriedigung | 27 | ||
1. Inferiorität und Verwandtschaft von Güter | 28 | ||
2. Privatgut, Gemeinschaftsgut, Klubgut und Allmende | 29 | ||
3. Verschiedenheit rechtlicher und ökonomischer Perspektive | 30 | ||
B. Güter im positiven Recht | 31 | ||
I. Schutz von Rechtsordnung und Rechtsgütern im Polizeirecht | 32 | ||
II. Rechtsgüter im Bürgerlichen Gesetzbuch | 34 | ||
1. Rechtsgüter im BGB der Schuldrechtsreform | 34 | ||
2. Die herkömmliche Terminologie zu § 823 Abs. 1 BGB | 35 | ||
3. Kein scharf konturierter Begriff im Bürgerlichen Recht | 36 | ||
C. Insbesondere: Rechtsgüter im Strafrecht | 37 | ||
I. Elemente zur Begriffsgeschichte | 37 | ||
1. Birnbaum: Schutz von Gütern, nicht von Rechte | 38 | ||
a) Die Feuerbachsche Rechtsverletzungslehre | 38 | ||
b) Sprachliche, logische und dogmatische Kritik | 41 | ||
c) Ablehnung des individualistischen Kontraktualismus | 43 | ||
2. Verbrechen, Rechtsgut und Interesse bei Binding und von Liszt | 46 | ||
a) Bindings kollektivistisches Rechtsgut des Gesetzgebers | 47 | ||
b) von Liszts Akzentverschiebung zum Lebensgut | 50 | ||
c) Ausgangspunkt bei Interesse oder Anerkennungsakt | 52 | ||
3. Rechtsgut und ratio legis: neukantianische Strafrechtslehre | 54 | ||
a) Neukantianismus in Philosophie und Rechtswissenschaft | 54 | ||
b) Rechtsgut zwischen Tatbestand und Rechtswert | 55 | ||
c) Normsatz- und Weltanschauungsrelativität des Rechtsguts | 58 | ||
4. Liberalismus als Vorwurf im Nationalsozialismus | 59 | ||
a) Widerspruch zu Weltanschauung und Methode? | 59 | ||
b) Verteidigung der ideologischen Kompatibilität | 62 | ||
c) Inhaltliche Offenheit des Rechtsgutskonzepts | 64 | ||
5. Liberalität als Vorzug bis in die Gegenwart | 65 | ||
a) Liberalität unter anderen Vorzeiche | 65 | ||
b) Rechtsgutslehren der 1970er Jahre | 67 | ||
6. Zusammenfassung: politischer Inhalt und wechselnder Fokus | 70 | ||
a) Explizite und implizite Rezeption außerrechtlicher Wertung | 70 | ||
b) Wertkriterium, Wertungssubjekt und Wertungsakt | 71 | ||
II. Gegenwart: Dogmatischer und strafrechtstheoretischer Aspekt | 73 | ||
1. Vielfalt der Definitionen und Charakterisierunge | 73 | ||
2. Zwei Grundvariante | 75 | ||
III. Strafrechtsdogmatische Variante | 77 | ||
1. Rechtsgutsorientierte Auslegung in der Literatu | 77 | ||
2. Rechtsgüter in der Rechtsprechung | 79 | ||
3. Praxis ohne Definitionsprobleme | 80 | ||
IV. Strafrechtstheoretische Variante | 81 | ||
1. Rechtsgutsdiskussion als Legitimationsdiskussio | 81 | ||
2. Beispiel personale Rechtsgutslehre | 84 | ||
D. Fazit: Offenheit des Rechtsgutsbegriffs | 87 | ||
I. Trennung von Begriff und Bewertung | 87 | ||
II. Rechtsgüter als rechtlich relevante Ziele | 88 | ||
III. Geltungsindifferenz | 89 | ||
IV. Folgen für die weitere Untersuchung | 89 | ||
2. Teil: Rechtsgüter in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 91 | ||
A. Rahmen der Analyse | 91 | ||
I. Gebrauch des Rechtsgutsbegriffs als Ausgangspunkt | 91 | ||
II. Auswahl und Einschränkung des Materials | 92 | ||
III. Drei Hauptkonstellatione | 94 | ||
B. Rechtsgut und Strafe | 97 | ||
I. Häufige Erwähnung | 97 | ||
II. Geringer verfassungsrechtlicher Gehalt | 100 | ||
C. Grundrechtlich geschützte Rechtsgüte | 101 | ||
I. Schutzpflichten: De-Relationierung | 102 | ||
II. Rechtsgüter der einzelnen Grundrechte | 104 | ||
1. Kanonisierung: allgemeines Persönlichkeitsrecht | 104 | ||
2. Weiche Hierarchisierung: Schutzgüter des Art. 2 Abs. 2 GG | 105 | ||
3. Hoher Rang: Schutzgut des Art. 4 GG | 107 | ||
4. Wertung: Schutzgüter des Art. 5 Abs. 1 GG | 107 | ||
5. Kunst als kommunikationsbezogenes Schutzgut | 108 | ||
6. Schutzgüter des Art. 6 GG: Ehe und Familie | 108 | ||
7. Schutzgut und Inhalt der Vereinigungs- und Parteienfreiheit | 109 | ||
8. Schutzgut und Inhalt des Art. 12 GG | 110 | ||
9. Schutzgut des Art. 13 GG: Wohnung | 111 | ||
10. Schutzgüter des Art. 14 GG: vermögenswerte Güte | 111 | ||
11. Anspruch auf politisches Asyl: Rechtsgutsgefah | 113 | ||
12. Zusammenfassung | 113 | ||
III. Strukturen grundrechtlicher Rechtsgüte | 114 | ||
1. Rechtsgüter auf verschiedenen Ebenen der Begründung | 114 | ||
a) Unspezifischer Gebrauch | 114 | ||
b) Spezifischer Gebrauch: subsumtionsnähere Ebene | 116 | ||
c) Sonderfall Eigentumsgüte | 117 | ||
2. Schutzgut und grundrechtlicher Schutzbereich | 118 | ||
a) Grundrecht und Grundrechtsgut | 118 | ||
b) Gesamt- und Teilschutzgut | 120 | ||
c) Schutzbereich und Inhalt als Schutzgutskonkretisierung | 122 | ||
3. Institutionell-kollektive Seite der Rechtsgüte | 123 | ||
a) Allgemeinheit und Singularität auf begrifflicher Ebene | 124 | ||
b) Formales Verständnis der Institutionalisierung | 125 | ||
c) Prozessuale und mediale Abbildung | 127 | ||
d) Unspezifizität des begrifflich institutionellen Aspekts | 127 | ||
4. Betonung der Singularität als Sonderfall | 128 | ||
a) Nur prozessuale Bedeutung der Singularität als solche | 128 | ||
b) Lebensschutz: Singularität als Allgemeines | 129 | ||
c) Keine Identität mit subjektiver Berechtigung | 129 | ||
5. Institutionell-individuelle Verschränkunge | 130 | ||
6. Gleiche Rechtsgüter auf verschiedener Normebene? | 131 | ||
D. Rechtsgüter und Grundrechtseinschränkung | 132 | ||
I. Einschränkung von Freiheitsrechten mit Vorbehalt | 133 | ||
1. Schranken von Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG | 133 | ||
2. Einschränkung der persönlichen Freiheit | 134 | ||
3. Regelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung | 134 | ||
4. Schranken der Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG | 136 | ||
a) Vielfalt der Güter der allgemeinen Gesetze | 136 | ||
b) Freiheitliche demokratische Grundordnung | 138 | ||
5. Schranken der Versammlungsfreiheit | 138 | ||
6. Schranken der Vereinigungsfreiheit | 139 | ||
7. Schranken der Rechte aus Art. 10 GG | 140 | ||
8. Einschränkungen von Art. 12 GG | 141 | ||
a) Güter in der Drei-Stufen-Lehre | 142 | ||
b) Rechtsgüter und Gemeinschaftsgüte | 142 | ||
c) Textbezug und funktionale Begründung | 144 | ||
d) Politikabhängige und absolute Gemeinschaftsgüte | 145 | ||
9. Eingriff in das Eigentum, Inhaltsregelung | 146 | ||
10. Zusammenfassung | 147 | ||
II. Einschränkung von Freiheitsrechten ohne Vorbehalt | 147 | ||
1. Schranken der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG | 147 | ||
2. Schranken der Rechte aus Art. 5 Abs. 3 GG | 148 | ||
3. Schranken der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG | 149 | ||
4. Zusammenfassung | 150 | ||
III. Andere Beschränkungen in Grundrechte | 150 | ||
1. Rechtfertigung von Ungleichbehandlung | 150 | ||
2. Rechtsgüter und Verfahrensgrundrechte | 151 | ||
3. Abstrakt zur Grundrechtseinschränkung | 152 | ||
4. Zusammenfassung | 153 | ||
IV. Strukturen der Rechtfertigungsgüte | 153 | ||
1. Nähe der Güter zum Verfassungstext | 153 | ||
2. Bezug zwischen Grundrechts- und Rechtfertigungsgut | 155 | ||
3. Rechtfertigungsgüter als Gemeinschaftsgüte | 156 | ||
a) Allgemeinheit der Güter und Drittwirkungskonstellatio | 156 | ||
b) Grundrechtsträger Träger des Rechtfertigungsguts? | 157 | ||
c) Komponenten der freiheitlichen Grundordnung | 157 | ||
E. Rechtsgüter in weiteren Konstellatione | 158 | ||
I. Freiheit und Gleichheit des Mandats | 158 | ||
II. Gefahrenabwehr und Genehmigungsrecht | 159 | ||
III. Einschätzungs- und Entscheidungsspielraum | 159 | ||
IV. Rechtsgüter in Art. 72 Abs. 2 GG | 160 | ||
V. Prozessual: Weitergeltung und einstweiliger Rechtsschutz | 161 | ||
VI. Zusammenfassung | 161 | ||
F. Verwandte Begriffe | 162 | ||
I. Rechtsgut und (Gemeinschafts-, Rechts-)Wert | 162 | ||
II. Gemeinschaftsgüter und Erwägungen des Gemeinwohls | 164 | ||
III. Rechtsgut und Gemeinwohlbelang | 167 | ||
IV. Gemeinschaftsgut und Gemeinschaftsinteresse | 168 | ||
V. Ergebnis: keine erheblichen Unterschiede im Gebrauch | 170 | ||
G. Güter als Objekt von Schutz und Strebe | 170 | ||
H. Zusammenfassung: Güter in der Verfassungsrechtsprechung | 173 | ||
3. Teil: Güterrekonstruktion als Verfassungsproblem? | 177 | ||
A. Das Subjekt der Zwecksetzung | 177 | ||
B. Zielsetzung und Zielerkenntnis | 179 | ||
I. Gesetzeszweck als zentraler Ort der Kritik am Inzest-Beschluss | 179 | ||
1. Sondervotum: wirkliche Zwecksetzung, Zweckklarheit | 180 | ||
2. Rekonstruktion des Standpunkts der Senatsmehrheit | 184 | ||
3. Keine fundamentale Differenz | 187 | ||
II. Unterschiedliche Zweckermittlung durch die Senate? | 187 | ||
III. Kein Vorrang normtext-externer Zweckerkenntnisquelle | 189 | ||
1. Methode der Zweckrekonstruktion als Kern des Problems | 189 | ||
2. Begründungspflicht und normtext-externe Erkenntnisquelle | 190 | ||
3. Untergesetzliche Akte und der Vorrang empirischer Zwecke | 194 | ||
a) Zweckkontrolle untergesetzlicher Rechtssetzung | 195 | ||
b) Zweckverfolgung und Ermessensfehle | 196 | ||
c) Zweckverfolgung in planerischen Abwägungsvorgänge | 197 | ||
d) Zwischenbefund: tatsächlicher Zweck als Bezugspunkt | 197 | ||
e) Fehlende Vergleichbarkeit | 198 | ||
4. Fazit: Kein Vorrang des Normtext-Externe | 200 | ||
C. Zwecksetzung durch Rechtssetzung | 200 | ||
I. „Objektives“ und „subjektives“ Auslegungsziel | 200 | ||
II. „Objektive“ Zweckermittlung adäquat | 202 | ||
Schluss: Das Gut im Grenzbereich rechtlicher Normativität | 204 | ||
Zentrale These | 209 | ||
Literaturverzeichnis | 213 | ||
Personen- und Sachverzeichnis | 231 |