Der Schutz des Einfältigen durch den Betrugstatbestand
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Der Schutz des Einfältigen durch den Betrugstatbestand
Schriften zum Strafrecht, Vol. 314
(2017)
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Mathias Greupner studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Nach seinem Zweiten Juristischen Staatsexamen im Jahr 2011 arbeitete er ebendort als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Lehrstühlen von Prof. Dr. Christian Jäger und Prof. Dr. Nina Nestler. Seit 2015 ist Mathias Greupner als Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in den Bereichen Kartellrecht und Compliance tätig.Abstract
Es gibt Sachverhaltskonstellationen, in denen die Anwendung des Betrugstatbestands fragwürdig erscheint, weil das Opfer außergewöhnlich leichtgläubig war oder sich besonders fahrlässig verhalten hat. Hierzu zählen beispielsweise sogenannte Abo-Fallen im Internet, rechnungsähnliche Angebotsschreiben, aber auch übertreibende Aussagen im Bereich der Publikumswerbung. Die Arbeit untersucht, ob und inwieweit das von der herrschenden Meinung vertretene Dogma, dass auch besonders leichtgläubige und sorglose Opfer durch den Tatbestand des Betruges geschützt seien, angesichts bestehender unionsrechtlicher Einflüsse noch aufrechterhalten werden kann. Dabei geht die Arbeit auch darauf ein, wie sich das unionsrechtliche Leitbild vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher in den Betrugstatbestand integrieren lässt.»The Protection of Credulous Individuals through the Criminal Offence of Fraud«In Germany, there is a controversy whether the offence of fraud, Sec. 263 of the German Criminal Code, can be applied in cases where the victim was extremely credulous or negligent, particularly with respect to so called subscription traps, invoice-like offer letters, etc. The study analyses relevant opinions in German literature and case law and investigates possible implications of the EU-law principle of the reasonably well-informed, reasonably observant and circumspect average consumer.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
Kapitel 1: Der Schutzumfang des Betrugstatbestands nach der herrschenden Meinung | 15 | ||
A. Die Abgrenzung der erlaubten Geschäftstüchtigkeit vom strafbaren Betrug | 15 | ||
B. Keine Auswirkungen mitwirkenden Opferverhaltens | 17 | ||
C. Phänotypik | 19 | ||
I. Betrug durch Behauptung wahrer Tatsache | 20 | ||
1. Behindertenwerkstatt-Fall | 22 | ||
2. Schuldenregulierungsfall | 25 | ||
3. Betrug durch rechnungsähnliche Angebotsschreiben | 26 | ||
a) Behandlung rechnungsähnlicher Angebotsschreiben in der Rechtsprechung | 30 | ||
aa) BGH Beschl. v. 27.02.1979 – 5 StR 805 / 78 | 30 | ||
bb) OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 17.08.1994 – 2 Ws 129 / 94 | 31 | ||
cc) LG Frankfurt a. M. Beschl. v. 1.10.1999 – 5 / 29 Qs 19 / 99 | 32 | ||
dd) BGH Urt. v. 26.04.2001 – 4 StR 439 / 00 | 33 | ||
ee) BGH Urt. v. 04.12.2003 – 5 StR 308 / 03 | 35 | ||
ff) Auswertung und Kritik | 37 | ||
b) Die Behandlung rechnungsähnlicher Angebotsschreiben in der Literatur | 42 | ||
aa) Faktisches Täuschungsverständnis | 44 | ||
bb) Unterscheidung nach der Geschäftserfahrenheit der Empfänge | 47 | ||
cc) Normatives Täuschungsverständnis | 48 | ||
(1) Inanspruchnahme besonderen Vertrauens | 49 | ||
(2) Enttäuschung von Kontinuitätserwartunge | 51 | ||
4. Betrug durch Kosten- und Abofallen im Internet | 53 | ||
a) Einführung in die Problematik | 53 | ||
b) LG Frankfurt a. M. Beschl. v. 5.3.2009 – 5 / 27 Kls 3330 Js 212484 / 07 KLs – 12 / 08 | 57 | ||
c) OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 17.12.2010 – 1 Ws 29 / 09 | 61 | ||
d) BGH Urt. v. 05.03.2014 – 2 StR 616 / 12 | 65 | ||
5. Ping-Anrufe | 66 | ||
a) Konkludente Täuschung über ein inhaltliches Kommunikationsverlangen | 67 | ||
b) Planmäßiges Ausnutzen einer inhaltlich wahren Erklärung | 69 | ||
c) Täuschung über die Herkunft des Anrufs | 71 | ||
d) Täuschung durch Unterlasse | 73 | ||
e) Täuschung über die Höhe der Rückrufkoste | 74 | ||
f) Täuschung über einen erfolglosen Anrufversuch | 76 | ||
II. Übertreibende Anpreisungen und marktschreierische Reklame | 76 | ||
III. Fälle aus dem Bereich des Aberglaubens und des Okkultismus | 84 | ||
1. Sirius-Fall (BGHSt 32, 38) | 84 | ||
2. Teufelsaustreibungsfall (LG Mannheim NJW 1993, 1488) | 86 | ||
3. Auswertung | 87 | ||
D. Berücksichtigung der Mitverantwortung des Opfers auf der Rechtsfolgenseite | 88 | ||
E. Der Schutz des Einfältigen im Zusammenhang mit den Täuschungsformen des Betruges | 91 | ||
I. Der Schutz des Einfältigen im Zusammenhang mit ausdrücklichen Täuschunge | 92 | ||
II. Der Schutz des Einfältigen im Zusammenhang mit konkludenten Täuschunge | 93 | ||
III. Der Schutz des Einfältigen im Zusammenhang mit der Täuschung durch Unterlasse | 95 | ||
Kapitel 2: Viktimodogmatik | 97 | ||
A. Restriktion des Täuschungsmerkmals | 98 | ||
I. Erhöhte Anforderungen an die Qualität des Täuschungsmittels | 99 | ||
II. Der Missbrauch berechtigten Vertrauens | 100 | ||
III. Einschränkung durch das Kriterium der objektiven Täuschungseignung | 103 | ||
IV. Einschränkung durch die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen anhand von Solidaritätspflichten des Täters | 104 | ||
V. Eingrenzung des Täuschungsmerkmals anhand des Tatsachenbegriffs | 107 | ||
B. Tatbestandliche Restriktionen über das Irrtumsmerkmal | 109 | ||
I. Irrtum bei Zweifeln des Verfügenden | 110 | ||
II. Abschichtung nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit | 111 | ||
III. Verneinung des Irrtums bei konkreten Zweifel | 112 | ||
IV. Ausschluss des Irrtums bei mitwirkendem Opferverschulde | 114 | ||
C. Einschränkungen durch den Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Irrtum | 116 | ||
D. Einschränkungen über die objektive Zurechnung | 119 | ||
I. Schutzzweck der Norm | 119 | ||
II. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung | 122 | ||
E. Viktimodogmatische Einschränkungen des Schadensmerkmals | 123 | ||
I. Ausschluss des Schadens aufgrund Opfermitverschuldens | 123 | ||
II. Verkauf von Illusionen | 125 | ||
F. Lösungsansätze außerhalb des Tatbestands | 127 | ||
Kapitel 3: Der Schutz des Einfältigen vor dem Hintergrund unionsrechtlicher Vorgabe | 130 | ||
A. Der Einfluss des Europarechts auf das nationale Strafrecht | 131 | ||
I. Rechtsquellen des Unionsrechts | 131 | ||
II. Verhältnis des nationalen Strafrechts zum Recht der Europäischen Unio | 133 | ||
B. Der Einfluss des Europarechts auf den Betrugstatbestand | 137 | ||
I. Einflussmöglichkeiten primärrechtlicher Vorschriften des Unionsrechts auf den Betrugstatbestand | 137 | ||
1. Warenverkehrsfreiheit, Art. 28 ff., 34 ff. AEUV | 138 | ||
2. Dienstleistungsfreiheit, Art. 57 ff. AEUV | 140 | ||
II. Einflussmöglichkeiten sekundärrechtlicher Vorschriften des Unionsrechts auf den Betrugstatbestand | 142 | ||
1. RL 2006 / 114 / EG | 142 | ||
2. RL 2005 / 29 / EG | 142 | ||
a) Vollharmonisierende Wirkung der RL 2005 / 29 / EG | 144 | ||
b) Anwendungsbereich der RL 2005 / 29 / EG | 145 | ||
C. Das unionsrechtliche Verbraucherleitbild | 147 | ||
I. Die Entwicklung des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds durch den EuGH | 147 | ||
1. Die Entscheidungen „Cassis de Dijon“, „Rau“ und „Bocksbeutel“ | 147 | ||
2. Die Entscheidung „Pall / Dahlhausen“ | 148 | ||
3. Die Entscheidung „GB-Inno-BM“ | 149 | ||
4. Die Entscheidung „Clinique“ | 149 | ||
5. Die Entscheidung „Mars“ | 150 | ||
6. Die Entscheidung „Gut Springenheide“ | 151 | ||
7. Die Entscheidung „Sektkellerei Kessler“ | 152 | ||
8. Die Entscheidung „d’arbo naturrein“ | 152 | ||
9. Weitere Präzisierung des Verbraucherleitbilds in den Entscheidungen „Lidl / Vierzon“ und „Konsumentenombudsmannen / Ving Sverige“ | 153 | ||
10. Einschränkungen des Leitbilds vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauche | 154 | ||
a) Die Entscheidung „Lloyd“ | 154 | ||
b) Die Entscheidung „Lifting Creme“ | 155 | ||
c) Die Entscheidungen „Buet“ und „Graffione“ | 156 | ||
11. Zusammenfassung | 157 | ||
II. Das Verbraucherleitbild der RL 2005 / 29 / EG | 158 | ||
D. Rezeption des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des BGH | 163 | ||
E. Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur | 165 | ||
I. Keine Verpflichtung zur Übernahme des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds aus Gründen des Rechtsgüterschutzes | 165 | ||
II. BGH Urt. v. 05.03.2014 – 2 StR 616 / 12 | 172 | ||
III. Keine Verpflichtung zur Übernahme des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds wegen überwiegender Rechte der betroffenen Personenkreise | 176 | ||
IV. Kein Erfordernis zur generellen Übernahme des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds wegen fehlender praktischer Auswirkunge | 178 | ||
F. Implementierung der unionsrechtlichen Vorgaben in den Betrugstatbestand | 181 | ||
I. Nichtanwendung des Betrugstatbestands | 183 | ||
II. Normative Auslegung des Täuschungs- nbzw. Irrtumsmerkmals | 185 | ||
1. Normative Auslegung des Täuschungsmerkmals | 185 | ||
2. Normative Auslegung des Irrtumsmerkmals | 186 | ||
III. Unionsrechtliche Grundfreiheiten als Rechtfertigungsgründe | 187 | ||
IV. Implementierung des unionsrechtlichen Verbraucherleitbilds über bestehende normative Elemente des Betrugstatbestands | 189 | ||
1. Implementierung unionsrechtlicher Vorgaben im Bereich konkludenter Täuschunge | 190 | ||
2. Implementierung der unionsrechtlichen Vorgaben im Bereich ausdrücklicher Täuschunge | 192 | ||
a) Die Figur der objektiven Erfolgszurechnung | 193 | ||
b) Die objektive Zurechnung beim Betrug | 194 | ||
c) Der Ausschluss der Zurechenbarkeit zwischen Täuschung und Irrtum bei unionsrechtlicher Gestattung der fraglichen Verhaltensweisen | 196 | ||
G. Zersplitterung des Täuschungsschutzstandards | 198 | ||
I. Sektorale Differenzierung | 200 | ||
II. Einführung einer betrugsstrafrechtlichen Sonderdogmatik für den Bereich der Publikumswerbung | 203 | ||
III. Einheitliche Auslegung des Betrugstatbestands | 207 | ||
Kapitel 4: Anwendung einer unionsrechtskonformen Auslegung auf die genannten Fallgruppe | 209 | ||
A. Konkludente Täuschunge | 210 | ||
I. Täuschung durch Behauptung wahrer Tatsache | 210 | ||
II. Rechnungsähnliche Angebotsschreibe | 211 | ||
III. Abofalle | 214 | ||
IV. Ping-Anrufe | 216 | ||
B. Ausdrückliche Täuschunge | 218 | ||
I. Übertreibende Werbeaussagen | 218 | ||
II. Aberglauben und Okkultismus | 220 | ||
Zusammenfassung und Fazit | 222 | ||
Literaturverzeichnis | 225 | ||
Stichwortverzeichnis | 238 |