Elternrecht und Beschneidung
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Elternrecht und Beschneidung
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1363
(2017)
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Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und – im Rahmen der Fachspezifischen Fremdsprachenausbildung – des Anglo-amerikanischen Rechts an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verfasste der Autor dort diese Arbeit als Dissertation, zudem war er am Institut für Öffentliches Recht und Politik tätig. Das Referendariat absolvierte er am Landgericht Essen, mit Stationen auch in Madrid und Brüssel.Abstract
Das Werk liefert nicht nur einen Beitrag zur Beschneidungsdiskussion, sondern erarbeitet auch grundlegend Kriterien zur Reichweite elterlicher Befugnisse.Der Verfasser analysiert zunächst die Beschneidung mit ihrem geschichtlichen und religiös-kulturellen Hintergrund als vielfältiges globales Phänomen mit medizinischen Vor- und Nachteilen. Danach entwickelt er einen neuen Ansatz zur Dogmatik von Elternrecht und Kindesgrundrechten. Dabei differenziert er zwischen den Verhältnissen Kind-Staat und Kind-Eltern. In letzterem wirken die Grundrechte des Kindes nicht. Zur Bestimmung der Grenzen elterlicher Befugnisse - auch vor dem Hintergrund eines umfassenden elterlichen Interpretationsvorrangs bezüglich des Kindeswohls - stellt der Verfasser allgemeine Kriterien zur Reichweite des Elterngrundrechts auf. Dabei hebt er insbesondere den Erziehungswillen (einschließlich der Relevanz religiöser Motivation) und den Kindeswillen - unter Berücksichtigung der UN-Kinderrechtskonvention - hervor. In Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse auf die Beschneidungsregelung des § 1631d BGB erläutert der Autor die danach gebotene verfassungskonforme Auslegung.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
1. Kapitel: Einführung | 13 | ||
A. Untersuchungsansatz | 13 | ||
B. Die Beschneidungsdebatte: Polarisierung | 14 | ||
C. Gegenstand und Verlauf der Untersuchung | 17 | ||
I. Beschneidung als vielfältiges Phänome | 18 | ||
II. Zirkumzision im medizinwissenschaftlichen Diskurs | 18 | ||
III. Elternrecht und Kindesgrundrechte: kein Widerstreit | 18 | ||
IV. Umfassender elterlicher Interpretationsprimat hinsichtlich des Kindeswohls | 19 | ||
V. Grenzen des Elternrechts | 20 | ||
VI. § 1631d BGB als verfassungskonform auszulegende Beschneidungsregelung | 20 | ||
VII. Grundlage für folgende Rechtsfrage | 20 | ||
2. Kapitel: Herkunft, Verbreitung und Grund der Beschneidung (Zirkumzision) | 22 | ||
A. Vielfältig motiviertes globales Phänome | 22 | ||
B. Identitätsstiftendes Ritual in Judentum und Islam | 23 | ||
I. Brit Mila als Kernmerkmal jüdischen Glaubens | 24 | ||
1. Religionsgesetzliche Begründung und Vorgabe | 24 | ||
2. Vom kulturellen Symbol zum religiösen Ritual mit vielfältiger Sinndeutung | 25 | ||
3. Beschneidung als religiöse Zeremonie | 27 | ||
II. Heterogenität der Beschneidungspraxis im Islam | 29 | ||
1. Sunna oder Pflicht | 29 | ||
2. Mehrdeutige Motivatio | 31 | ||
3. Uneinheitlichkeit von Zeitpunkt und Durchführung | 31 | ||
C. Säkulare amerikanische Traditio | 32 | ||
D. Zusammenfassung | 35 | ||
3. Kapitel: Medizinische Fragen der Zirkumzisio | 37 | ||
A. Chirurgischer Eingriff und mögliche Probleme | 37 | ||
I. Terminologie und Ablauf | 37 | ||
II. Risiken und Nachteile | 38 | ||
B. Medizinische Begründung | 41 | ||
I. Phimose als gesicherte Indikatio | 42 | ||
II. Zweifelhaftigkeit der präventiv-medizinischen Zirkumzisio | 43 | ||
1. Befürwortung durch die American Academy of Pediatrics | 43 | ||
2. Kritik | 44 | ||
a) Medizinethische Einwände | 44 | ||
b) Ungewissheit signifikanter gesundheitlicher Vorteile | 46 | ||
3. Potentielle Vorteile der Zirkumzision im Neugeborenenalte | 51 | ||
4. Präventive Beschneidung als persönliche Wertungsfrage | 52 | ||
C. Zusammenfassung | 53 | ||
4. Kapitel: Elternrecht und Kindesgrundrechte | 54 | ||
A. Einleitung | 54 | ||
B. Analyse des Forschungsstandes | 55 | ||
I. Grundrechtsträgerschaft | 55 | ||
II. Grundrechtsreife | 56 | ||
III. Grundrechtsmündigkeit | 57 | ||
IV. Eltern-Kind(-Staat?)-Verhältnis | 59 | ||
C. Kindesgrundrechte: keine Wirkung gegenüber den Elter | 60 | ||
I. Getrennte Betrachtung von Kind-Staat- und Kind-Eltern-Verhältnis | 60 | ||
II. Uneingeschränkte Grundrechtsgeltung gegenüber dem Staat | 61 | ||
1. Grundrechtsausübung ohne minderjährigenspezifische Voraussetzunge | 61 | ||
a) Grundrechtsträgerschaft | 62 | ||
b) Grundrechtsreife kein zusätzliches Rechtserfordernis | 62 | ||
c) Konstrukt der Grundrechtsmündigkeit abzulehne | 64 | ||
2. Elternrecht nicht als materiellrechtliche Beschränkung | 65 | ||
a) Elterliche Befugnisse nur tatsächliches Hindernis | 66 | ||
b) Relevanz hinsichtlich der Prozessfähigkeit | 68 | ||
aa) Grundsätzliche Skepsis an Verfahrensfähigkeit Minderjährige | 69 | ||
bb) Elternrecht als entscheidendes Hindernis | 73 | ||
cc) Prozessuale Durchsetzung durch Elter | 74 | ||
c) Kritik am Treuhand-Konzept | 75 | ||
III. Keine Grundrechtswirkung gegenüber den Elter | 77 | ||
1. Selbstbestimmungsfähigkeit kein tragfähiges Kriterium | 77 | ||
2. Unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte? | 79 | ||
3. Mittelbare Drittwirkung? | 80 | ||
a) Analyse und Fortentwicklung bisheriger Annahme | 80 | ||
b) Stellungnahme | 82 | ||
D. Zusammenfassung | 87 | ||
5. Kapitel: Religionsfreiheit, Kindeswohl und elterlicher Interpretationsprimat | 89 | ||
A. Einleitung | 89 | ||
B. Religiöse Erziehung: Religionsfreiheit oder Elternrecht? | 90 | ||
I. Analyse des Forschungsstandes | 90 | ||
II. Sedes materiae: Elternrecht | 91 | ||
C. Kindeswohl | 92 | ||
I. Analyse des Forschungsstandes | 92 | ||
II. Umfassender elterlicher Interpretationsprimat | 93 | ||
1. Generelle staatliche Bestimmung? | 94 | ||
2. Teilentzug elterlichen Vorrangs? | 96 | ||
a) Substantiierung des Objektivierungsansatzes | 96 | ||
b) Unvereinbarkeit mit dem Elterngrundrecht | 97 | ||
D. Zusammenfassung | 103 | ||
6. Kapitel: Grenzen des Elternrechts | 104 | ||
A. Einleitung | 104 | ||
B. Menschenwürde und Kindeswohlorientierung als absolute Schranke | 105 | ||
I. Menschenwürde | 106 | ||
II. Subjektive Kindeswohlorientierung | 106 | ||
C. Relative Kriterie | 107 | ||
I. Intensität des Erziehungswillens | 107 | ||
II. Physische und psychische Grundlagen der Selbstbestimmung | 109 | ||
1. Menschenbild des Grundgesetzes als Maßstab | 109 | ||
2. Leitbild des selbstbestimmten Mensche | 110 | ||
3. Freiheitliche Erziehung als Basis einer freiheitlichen Verfassung | 113 | ||
a) Förderung physischer und psychischer Fähigkeite | 113 | ||
b) Berücksichtigung des Kindeswillens | 115 | ||
aa) Selbstbestimmung erfordert Übung | 115 | ||
bb) Elterlicher Interpretationsprimat | 116 | ||
D. Einordnende Zusammenfassung | 117 | ||
7. Kapitel: Verfassungsmäßigkeit der Beschneidungsregelung § 1631d BGB | 120 | ||
A. Einleitung | 120 | ||
B. Verfassungsmäßigkeit und Auslegung des § 1631d Abs. 1 BGB | 121 | ||
I. Einwilligungsbefugnis als Teil des Elternrechts | 121 | ||
1. Art. 6 Abs. 2 GG als dogmatische Grundlage | 122 | ||
2. Kindesgrundrechte kein Hindernis | 123 | ||
3. Interpretationsprimat auch hinsichtlich körperbezogener Maßnahme | 124 | ||
4. Vereinbarkeit mit den absoluten Schranke | 125 | ||
II. Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 1631d Abs. 1 BGB | 126 | ||
1. Gesetzgeberischer Spielraum hinsichtlich der Einsichtsfähigkeit | 127 | ||
a) Einsichtsfähigkeit als Alleinentscheidungsbefugnis | 127 | ||
b) Altersstufen bei Operationen im Allgemeine | 127 | ||
c) Abgrenzung zu § 5 RelKEG und zu anderen operativen Eingriffe | 128 | ||
d) Vorgaben der Verfassung | 128 | ||
e) Spielraum des Gesetzgebers | 130 | ||
2. Aufklärung der Elter | 131 | ||
3. Voraussetzung der religiös-kulturellen Motivation als Folge verfassungskonformer Auslegung | 131 | ||
a) Auslegung nach Absicht des Gesetzgebers bei Normerlass | 131 | ||
aa) Ausschluss der kurativen Zirkumzisio | 132 | ||
bb) Fehlen spezifischer Zweckbindunge | 133 | ||
(1) Einbeziehung der präventiv-medizinischen Beschneidung | 133 | ||
(2) Verzicht auf herausgehobene kulturelle oder religiöse Bedeutung | 133 | ||
b) Verfassungsrechtliche Korrektu | 135 | ||
aa) Beschneidung als irreversible physische Veränderung | 136 | ||
bb) Gewichtiger Erziehungswille als zusätzliches Erfordernis | 138 | ||
(1) Zulässigkeit verfassungskonformer Auslegung | 138 | ||
(2) Unzulässigkeit der aufschiebbaren kurativen Beschneidung | 139 | ||
(3) Unzulässigkeit der präventiven Beschneidung | 140 | ||
(4) Vermittlung religiöser Vorstellungen als elementarer Teil des Erziehungsplans | 142 | ||
4. Kindeswohlgefährdung bei Widerspruch des vetofähigen Kindes | 145 | ||
a) Vetoberechtigung des Kindes | 146 | ||
aa) Entwicklungsprozess der Selbstbestimmung | 146 | ||
bb) Keine generelle Altersvorgabe der Verfassung | 146 | ||
cc) Aufklärung des Kindes | 148 | ||
dd) Mögliche Konsequenz der früheren Zirkumzision nicht bedeutsam | 149 | ||
b) Sonstige Kindeswohlgefährdunge | 149 | ||
5. Fachgerechte Durchführung | 150 | ||
a) Operation nach medizinischen Standards | 150 | ||
b) Grundsätzliches Erfordernis der Schmerzfreiheit | 150 | ||
c) Grundsätzlicher Arztvorbehalt | 152 | ||
C. Teilnichtigkeit von § 1631d BGB aufgrund der Verfassungswidrigkeit von Abs. 2 | 153 | ||
I. Unzulässigkeit der Sechs-Monats-Grenze | 153 | ||
II. Fortbestand von § 1631d Abs. 1 BGB | 154 | ||
D. Vereinbarkeit mit UN-Kinderrechtskonventio | 158 | ||
I. Einleitung | 158 | ||
II. Völkerrechtlicher Vertrag zum Schutze des Kindes | 160 | ||
III. Art. 24 Abs. 3 KRK | 161 | ||
IV. Art. 12 KRK | 166 | ||
E. Zusammenfassung | 168 | ||
8. Kapitel: Schlussbetrachtung | 170 | ||
A. Überblick | 170 | ||
B. Ergebnisse | 170 | ||
I. Elternrecht und religiöse Kindererziehung: kein Sonderrecht für Gläubige durch Beschneidungserlaubnis | 170 | ||
II. Elterngrundrecht und Kindesgrundrechte: kein Widerstreit | 171 | ||
III. Grenzen des Elternrechts und Beschneidung | 172 | ||
1. Absolute und relative Schranke | 172 | ||
2. Zulässigkeit jüdischer und muslimischer Beschneidung | 173 | ||
3. Berücksichtigung des Kindeswillens | 174 | ||
4. Fachgerechte Operatio | 176 | ||
IV. UN-Kinderrechtskonventio | 177 | ||
V. Verfassungskonforme Auslegung von § 1631d BGB | 178 | ||
C. Ausblick | 179 | ||
I. Elternrecht in der öffentlichen Diskussio | 179 | ||
II. Schlussfolgerungen des juristischen Verständnisses vom Elternrecht | 180 | ||
1. Kindesmissbrauch und Vernachlässigung | 180 | ||
2. Partizipation des Kindes | 181 | ||
3. Verfahrensfähigkeit, Vetoberechtigung bei medizinischen Eingriffen und künftige Gesetzesänderunge | 182 | ||
Literaturverzeichnis | 184 | ||
Sachwortverzeichnis | 207 |