Theologie an staatlichen Universitäten – Relikt oder Modell?
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Theologie an staatlichen Universitäten – Relikt oder Modell?
Förderung des freiheitlichen Staatsethos durch integrative Feindpolitik
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1368
(2018)
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Clemens Steinhilber, geboren 1983; Studium der Rechtswissenschaften: 2012 Erstes Juristisches Examen (Heidelberg) und LL.M. (Krakau); 2012–2016 Promotion an der Juristischen Fakultät Heidelberg mit Forschungsaufenthalten in Montpellier, Berlin, Paris (DU Gratianus 2014/2015 – Institut Catholique de Paris / Paris Sud) und Cambridge. 2011–2015 Lehraufträge an den juristischen Fakultäten der Universität Montpellier 1 (2011/2012), der Humboldt Universität zu Berlin (2012/2013) sowie der Universität Paris Sud (2014/2015). 2015–2017 Rechtsreferendariat am Kammergericht mit Stationen im Bundeskanzleramt und am Bundesverfassungsgericht.Abstract
»Theology at State Universities - Model or Relic?«Concerning the constitutionality of teaching theology at state universities, scholars come to a variety of conclusions (requirement, prohibition, or neutrality). In contrast, this work does not analyze the constitutionality of teaching theology at state universities from the perspective of legal dogma alone. Instead, it recognizes that interpretation of constitutional norms is a matter of opinion, and ultimately cannot be isolated from their context: the practical needs of the secular democratic order underlying the Basic Law. This study finds that theology at state universities forms a bulwark against religious fundamentalism by integrating potential enemies of social order into the modern religious framework. Religious communities who accept the invitation for government-funded academic education of faith leaders are then transformed from within in the medium- and long term, pacifying religious and ideological conflicts without state infringement upon religious autonomy and liberty. The multi-perspective approach may convince secular opponents of state-university theology that higher education of faith leaders is not only constitutional, but also serves religious-political interests and preserves basic assumptions of democratic government.Zur grundgesetzlichen Entscheidung hinsichtlich des Ob von »Theologie an staatlichen Universitäten« werden im juristischen Diskurs gegensätzliche Ansichten vertreten (Gebot, Verbot und Enthaltung). Die vorliegende Untersuchung nimmt ein grundgesetzliches Gebot an. Indes greift sie auf den religionsverfassungsrechtlichen Klassiker nicht rechtsdogmatisch zu. Infolge der rechtstheoretischen Erkenntnis, dass präskriptive Rechtsnormativität zugleich binnenperspektivisch möglich und metaperspektivisch unmöglich ist, nimmt sie eine mehrperspektivische Rechts- und Ordnungsbetrachtung vor. Die juristische Binnenentscheidung bemisst sich dabei maßgeblich an den religions- sowie integrationspolitischen und staatstheoretischen Bedürfnissen der säkularen, freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Die Untersuchung erkennt in staatsuniversitärer Theologie eine integrative Feindpolitik, um religiös-weltanschauliche Konfliktlagen im Rahmen einer säkularen Ordnungskonzeption zu befrieden und die Gefahr des religiösen Fundamentalismus mittel- bis langfristig in freiheitsadäquater Weise zu bannen. Der mehrperspektivische Zugriff vermag auch säkularen Gegnern staatsuniversitärer Theologie aufzuzeigen, dass dieses Integrationsinstrument nicht nur im Sinne ihrer religionspolitischen Interessen und staatstheoretischen Grundannahmen ist, sondern auch keine rechtlichen Vorbehalte angezeigt sind.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsübersicht | 11 | ||
Inhaltsverzeichnis | 15 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 21 | ||
Anstatt einer Einleitung: Entwicklung des juristischen Zugriffs anhand einer Genese des Untertitels | 25 | ||
§ 1 Heranführung an den Untersuchungsgegenstand | 31 | ||
A. Begriffliche Fassung des betroffenen Rechtsgebiets als Vorprägung juristischer Argumentation: Staatskirchenrecht, Religionsverfassungsrecht oder Religionsrecht? | 31 | ||
B. Empirische Betrachtung des Untersuchungsgegenstands: Was ist Theologie an staatlichen Universitäten? | 37 | ||
C. Wegmarken und Stand der Diskussion | 53 | ||
I. Wegmarken der Diskussion | 53 | ||
II. Stand der Diskussion | 56 | ||
D. Fokus der Untersuchung: Das ‚Ob‘ staatsuniversitärer Theologie | 59 | ||
Erster Teil: Versuch einer juristischen Binnenbetrachtung: Von der Suche nach einer Entscheidung des Rechts | 61 | ||
§ 2 Verfassungsrechtliche Entscheidung zu Theologie an staatlichen Universitäten? – Interpretationsvielfalt | 61 | ||
A. Verfassungsrechtliche Entscheidung im engeren Sinne: Gebot – Enthaltung – Verbot? | 62 | ||
I. Interpretatorischer Ausgangspunkt: Nichtrezeption des Art. 149 Abs. 3 WRV | 62 | ||
II. Religionsverfassungsmodell als Grundlegung der Verfassungsinterpretation | 65 | ||
III. Interpretationsvielfalt: Gebot – Enthaltung – Verbot | 68 | ||
1. Gebot – staatsuniversitäre Theologie ist verfassungsrechtlich garantiert | 68 | ||
2. Enthaltung – staatsuniversitäre Theologie ist verfassungsrechtlich zulässig | 71 | ||
3. Verbot – staatsuniversitäre Theologie ist verfassungsrechtlich (teilweise) unzulässig | 73 | ||
IV. Kurzgefasst | 75 | ||
B. Verfassungsrechtliche Entscheidung im weiteren Sinnex03: Wissenschaftlichkeit der Theologie | 75 | ||
I. Ausgangslage: Bekenntnisbindung akademischer Theologie als Kritikgrund | 76 | ||
II. Das Angebot grundgesetzlicher Wissenschaftsbegriffe: offen – normativ – inpersonal | 77 | ||
1. Offener Wissenschaftsbegriff | 78 | ||
2. Normativer Wissenschaftsbegriff | 80 | ||
3. Inpersonaler Wissenschaftsbegriff | 83 | ||
III. Kurzgefasst | 85 | ||
§ 3 Von den Grenzen der Rechtserkenntnis zur Mehrperspektivität des Rechts | 86 | ||
A. Grenzen der Rechtserkenntnis: Reflexionen zu juristischem Denken und Handeln | 86 | ||
I. Interpretationsvielfalt | 86 | ||
II. Präskriptive Normativität als regulative Idee des Rechts | 88 | ||
1. Erkenntnisinteresse: Rechtsnormativität | 88 | ||
2. Religionsverfassungsrecht: Mahnungen zu redlicher Rechtsarbeit aufgrund besonderer Ideologieanfälligkeit | 98 | ||
III. Mehrperspektivität juristischen Denkens und Handelns | 102 | ||
1. Partikulare Begründbarkeit universaler Wahrheitsansprüche | 102 | ||
2. Ebenenadäquate Rechtsbetrachtung: Binnen- und Metaebene | 105 | ||
B. Konsequenzen aus der Besinnung auf die Mehrperspektivität des Rechts im Rahmen dieser Untersuchung: Entbehrlichkeit einer Binnenbetrachtung | 111 | ||
I. Allgemein: Entlastende juristische Redlichkeit | 111 | ||
II. Konsequenzen im Rahmen dieser Untersuchung: Entbehrlichkeit einer Binnenbetrachtung | 112 | ||
C. Kurzgefasst | 113 | ||
Zweiter Teil : Metabetrachtungen: Staatliche Motivation zu staatsuniversitärer Theologie | 115 | ||
§ 4 Religionspolitische Perspektiven: Herausforderungen durch religiösen Fundamentalismus | 116 | ||
A. Aktuelle Herausforderungen durch islamischen Fundamentalismus | 116 | ||
B. Fundamentalismus als religions- / konfessionsübergreifendes Phänomen – rAnschauungsmaterial | 126 | ||
C. Vergewisserung: Wann spricht man von religiösem Fundamentalismus? – Strukturelle Einordnung fundamentalistischen Denkens und Handelns in modernen Gesellschaften | 133 | ||
§ 5 Mehrperspektivische Betrachtung des religiösen Fundamentalismus als Voraussetzung integrativer Feindpolitik | 149 | ||
A. Maßgeblicher Gesichtspunkt: Positionierung zum säkularen Nationalstaat | 149 | ||
B. Sprachlosigkeit: Religiöser versus säkularer Fundamentalismus – religiöse versus säkulare Ordnungsideologie | 153 | ||
C. Notwendigkeit einer mehrperspektivischen Betrachtung: Metaebene und Binnenebene | 165 | ||
I. Der anbrechende Ernstfall – (un)berechtigtes Widerstreben freiheitlicher Ordnungen | 166 | ||
II. Religiös (un)gleich säkular | 173 | ||
III. ‚Integrative Feindpolitik‘ als begriffliche Fassung der notwendigen Gleichzeitigkeit von Konsensdenken und der Freund-Feind-Unterscheidung | 176 | ||
IV. Gehalt(losigkeit) des Fundamentalismusbegriffs | 181 | ||
§ 6 Staatstheoretische Verortung der Thematik und konzeptionelle Grundlegung mehrperspektivischen Ordnungsdenkens | 184 | ||
A. Annäherung an das staatstheoretische Grundproblem des freiheitlich-säkularen Staates: Der freiheitlich-demokratische Staat steht in der Luft | 185 | ||
B. Individuelle Freiheit und freiheitliche Gesellschaftsordnung – ein Paradoxon | 188 | ||
C. Konzeptionelle Grundlegung mehrperspektivischen Ordnungsdenkens im freiheitlich-säkularen Staat | 191 | ||
I. Binnenebene: Der idealistische Modus des modernen Staates – adjektivische Ordnungsbetrachtung (‚freiheitlich-demokratische‘ Ordnung) | 194 | ||
II. Metaebene: Der realistische Modus des modernen Staates – substantivische Ordnungsbetrachtung (freiheitlich-demokratische ‚Ordnung‘) | 198 | ||
1. Erinnerung: Herausforderungen im idealistischen Binnenmodus | 201 | ||
2. Der realistische Metamodus | 203 | ||
III. Lösungsstrategie: Metaperspektivische Binnenbetrachtung und -steuerung | 204 | ||
D. Kurzgefasst | 210 | ||
§ 7 Erdungsstrategien – Sicherung und Förderung des staatstragenden Ethos durch integrative Feindpolitiken | 212 | ||
A. Integrationsleistung der modernen Staatskonzeption | 213 | ||
I. Die freiheitliche Rahmenordnung: Das Gute und das Rechte | 214 | ||
II. Qualitative Allgemeinheit der Bürger und Nichtidentifikation des Staates | 220 | ||
III. Von der Verzauberung einer Machtordnung | 224 | ||
Exkurs: Anschauungsmaterial zur metaperspektivischen Binnensteuerung | 226 | ||
IV. Kurzgefasst | 229 | ||
B. Religiös-weltanschauliche Neutralität: Integrationspotenzial des (unmöglichen) konstitutiven Moments einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung | 231 | ||
I. Religiös-weltanschauliche Neutralität als konstitutives Moment einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung | 232 | ||
II. Funktionsweise religiös-weltanschaulicher Neutralität in moderner Ordnungskonstruktion | 238 | ||
III. (Un)Möglichkeit religiös-weltanschaulicher Neutralität am Beispiel staatsuniversitärer Theologie | 242 | ||
C. Maßnahmen der Außen- und der Innensteuerung | 247 | ||
I. Maßnahmen der Außensteuerung | 247 | ||
II. Maßnahmen der Innensteuerung (unmittelbar / mittelbar): Dialogstrategien | 249 | ||
§ 8 Theologie an staatlichen Universitäten als besonderes feindpolitisches Integrationsinstrument | 255 | ||
A. Religionspolitischer Aufriss: Moderne Religiosität durch akademische Theologie | 255 | ||
B. Detailbetrachtung des feindpolitischen Integrationsinstruments | 263 | ||
I. Ausnahmerhetorik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – geglaubte Verwirklichung einer Utopie | 263 | ||
II. Theologie an staatlichen Universitäten als Instrument mittelbar-unmittelbarer Innensteuerung | 267 | ||
III. Funktionsweise des Übersetzungsmechanismus | 273 | ||
1. Religiöser Fundamentalismus und moderne Wissenschaft | 273 | ||
2. Moderne Religiosität durch Erlernen innerer Diskursivität | 276 | ||
3. Bekenntnisbindung als notwendiges Relais für religiöse Bildung | 289 | ||
4. Ordnungsaffirmation infolge religionsneutraler Rhetorik | 295 | ||
5. Staatsuniversitäre Theologie als allgemeines Werkzeug der Ordnungssicherung | 297 | ||
a) Vor 1870 / 1871 | 297 | ||
b) Deutsches Kaiserreich | 298 | ||
c) Weimarer Reichsverfassung | 303 | ||
d) Drittes Reich | 304 | ||
e) Deutsche Demokratische Republik | 307 | ||
f) Bundesrepublik Deutschland | 308 | ||
g) Kurzgefasst | 315 | ||
6. Kurzgefasst | 316 | ||
IV. Leistungsfähigkeit staatsuniversitärer Theologie als Instrument religiöser Bildung | 317 | ||
1. Perspektivische Diskursausschließung nichtwissenschaftlicher Theologie als Leistungsnachweis | 319 | ||
2. Innere Zerrissenheit der Religionsgemeinschaften und deren Aufhebung in die Moderne | 322 | ||
a) Innere Zerrissenheit am Beispiel islamischer Theologie an staatlichen Universitäten | 322 | ||
b) Entwicklungspfad der christlichen Großkirchen als Modell | 327 | ||
3. Stimmungsbild: Breiter Konsens als Indiz ordnungsstabilisierender Wirkung staatsuniversitärer Theologie | 330 | ||
V. Negative Implikationen einer überschießenden Zielerreichung – staatsuniversitäre Theologie als Bedrohung ihrer selbst | 330 | ||
VI. Theologie an staatlichen Hochschulen versus akademische Theologie: Religionspolitische Gründe für einen Fokus auf staatsuniversitäre Theologie | 333 | ||
VII. Theologie an staatlichen Universitäten als religions- und integrationspolitisches Modell auch für andere Religionsverfassungstraditionen | 336 | ||
Kurzgefasst – Zweiter Teil | 337 | ||
Staatliche Motivation zu staatsuniversitärer Theologie | 337 | ||
Dritter Teil: Metaperspektivisch begründete Binnendarstellung | 340 | ||
§ 9 Metaperspektivisch begründete Binnendarstellung – grundgesetzliches Gebot staatsuniversitärer Theologie | 342 | ||
A. Verfassungsrechtliche Entscheidung im engeren Sinne: Gebot – Enthaltung – Verbot? | 342 | ||
B. Verfassungsrechtliche Entscheidung im weiteren Sinne: Wissenschaftlichkeit der Theologie | 342 | ||
I. Gedanken zum Diskurs über die Wissenschaftlichkeit der Theologie | 343 | ||
1. Theologie als Wissenschaft – dominante Deutung verfassungsjuristischer, politischer und religionsgemeinschaftlicher Akteure | 343 | ||
2. Religiöse und säkulare Soll- und Kann-Kritik an akademischer Theologie an staatlichen Universitäten | 350 | ||
3. Theologie (un)gleich Wissenschaft – Einordnung der Positionen | 357 | ||
4. Diskursausschließung nichtakademischer Theologie aufgrund Perspektivität der Fragestellung | 358 | ||
II. Mahnung zur Annahme eines offenen Wissenschaftsbegriffs: Kritik des normativen und des inpersonalen Wissenschaftsbegriffs | 360 | ||
1. Kritik des normativen Wissenschaftsbegriffs | 360 | ||
a) Rationalisierung der Bekenntnisbindung als wissenschaftliches Prädikat | 361 | ||
b) Strukturelle Parallelen: Rechtswissenschaft als ‚bekenntnisgebundene‘ Disziplin | 365 | ||
c) Kurzgefasst – Kritik des normativen Wissenschaftsbegriffs | 370 | ||
2. Kritik des inpersonalen Wissenschaftsbegriffs: Verwirklichung der Erkenntnisoffenheit durch wissenschaftliche Tätigkeit | 370 | ||
a) Gewinnung religiöser Individuen für wissenschaftliches Denken durch staatsuniversitäre Theologie | 371 | ||
b) Folgenlosigkeit äußerer wie innerer Bekenntnisbindung für den Telos der Wissenschaftsfreiheit | 372 | ||
c) Einordnung des inpersonalen Wissenschaftsbegriffs | 373 | ||
3. Kurzgefasst | 374 | ||
III. Die Wissenschaftlichkeit der Theologie: Ein (un)entbehrliches Gefecht – Mehrperspektivität der Diskussion | 375 | ||
IV. Kurzgefasst | 377 | ||
§ 10 Sicherung des freiheitlichen Staatsethos durch Liberalisierung der Rechtsarbeit | 379 | ||
Schlusswort | 381 | ||
Literaturverzeichnis | 383 | ||
Stichwortverzeichnis | 430 |