Lückenhaftigkeit und Reform des deutschen Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Lückenhaftigkeit und Reform des deutschen Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention
Schriften zum Strafrecht, Vol. 323
(2018)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Astrid Kempe studierte 2006 bis 2011 Jura an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg, wo sie das Studium mit dem 1. juristischen Staatsexamen abgeschlossen hat. Von 2011 bis 2013 erfolgte die Referendarausbildung in Sachsen-Anhalt und das 2. juristische Staatsexamen. Von 2013 bis 2015 arbeitete sie als Lehrkraft am Lehrstuhl für Sexualstrafrecht/Rechtsphilosophie von Prof. Renzikowski und von 2015 bis 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Arbeits- und Sozialrecht von Prof. Nebe – MLU.Abstract
Am 11.05.2011 hat Deutschland die Istanbul-Konvention unterzeichnet. Artikel 36 des Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten, alle nicht einverständlichen Sexualkontakte unter Strafe zu stellen. Daraus ergab sich ein Reformbedarf für das vormals geltende deutsche Sexualstrafrecht, das gemäß § 177 StGB a.F. den Einsatz von Zwang voraussetzte. Es genügte nicht, dass das Opfer seinen Gegenwillen zum Ausdruck brachte. Zu befürworten war eine Reform nach dem sogenannten »Nur ein Ja ist ein Ja«-Modell nach dem Vorbild des Common Law. Es setzt die Vornahme einer sexuellen Handlung ohne Einverständnis des Opfers voraus. Resultat wäre ein übersichtlicher Grundtatbestand von einfacher Lesart, der sämtliche Strafbarkeitslücken schließen würde. Der Gesetzgeber hat sich mit der Reform durch das 50 StrÄndG für einen punktuell kasuistischen Ansatz entschieden. Die reformierte Vorschrift des § 177 StGB verbessert den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, wirft aber dogmatische Fragen auf.»Incompleteness and Reform of the German Law Governing Sexual Offences against the Background of the Istanbul Convention«Section 36 of the Istanbul Convention obligates the member states and consequently even Germany to sentence all forms of nonconsensual sexual contacts. This led to a Need for reform of the former German law governing sexual offences, which expected the use of force. A reform in accordance with the concept »just yes means yes« conforming to the common law appeared to be preferable. With the last amending law the legislator has implemented it just partially.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Danksagung | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einführung | 13 | ||
Kapitel 1: Völkerrechtliche Verpflichtungen zum Schutz des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung | 20 | ||
A. Der Schutz des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung durch die Europäische Menschenrechtskonvention | 22 | ||
B. Das Urteil M. C. gegen Bulgarien | 25 | ||
C. Das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einschließlich häuslicher Gewalt – Istanbul-Konvention | 31 | ||
I. Historischer Abriss | 33 | ||
II. Die Istanbul-Konvention im Überblick | 39 | ||
III. Sexuelle Gewalt und Vergewaltigung – Art. 36 IK | 41 | ||
D. Zusammenfassung | 45 | ||
Kapitel 2: Lückenhaftigkeit des deutschen Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund der Istanbul-Konvention | 46 | ||
A. Historischer Abriss | 46 | ||
I. Die germanischen Volksrechte – 500 n.Chr. | 48 | ||
II. Die Straftatbestände der Notzucht und der Gewaltunzucht i.d.F. des Reichsstrafgesetzbuchs und des Strafgesetzbuchs nach Inkrafttreten des 1. StrRG vom 25.06.1969 | 49 | ||
III. Die Straftatbestände der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung i.d.F. des Strafgesetzbuches nach Inkrafttreten des 4. StrRG vom 28.11.1973 | 51 | ||
1. Das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung | 51 | ||
2. Das Festhalten am Merkmal der Außerehelichkeit | 53 | ||
3. Straftatbestand und Strafzumessung | 54 | ||
IV. Übersicht über die Gesetzesreform durch das 33. StrÄndG und das 6. StrRG | 58 | ||
1. Das 33. StrÄndG vom 05.07.1997 | 58 | ||
2. Das 6. StrRG vom 01.04.1998 | 60 | ||
B. Lückenhaftigkeit des Straftatbestandes der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung i.d.F. des 6. StrRG und des 33. StrÄndG | 61 | ||
I. Rechtsanwendungs- und Regelungslücken | 61 | ||
II. Die Nötigungsmittel des § 177 Abs. 1 StGB i.d.F. des 33. StrÄndG und des 6. StrRG | 64 | ||
1. Die Überwindung körperlichen Widerstandes durch Gewalt | 67 | ||
a) Problemdarstellung | 67 | ||
b) Die rechtliche Würdigung der subjektiven Tatseite durch die Tatgerichte | 76 | ||
c) Das Eingreifen einer anderen Tatalternative des § 177 Abs. 1 StGB a.F. oder eines Auffangtatbestandes | 78 | ||
aa) § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. | 78 | ||
bb) § 240 Abs. 4 Nr. 1 StGB a.F. | 82 | ||
2. Die Zweiaktigkeit der sexuellen Nötigung | 84 | ||
a) Anforderungen an die Willensbeugung | 84 | ||
b) Das Eingreifen eines Auffangtatbestandes | 86 | ||
3. Gewalt gegen Sachen | 90 | ||
Fazit | 94 | ||
4. Die subjektiv-finale Verknüpfung | 94 | ||
a) Die Zweck-Mittel Verknüpfung zwischen Gewalt und sexueller Handlung | 96 | ||
aa) Der zur Lustbefriedigung handelnde Täter | 99 | ||
bb) Das Abschließen der Tür aus sonstigen Gründen | 101 | ||
cc) Das Eingreifen eines Auffangtatbestandes | 102 | ||
dd) Überblick über die Schutzlosigkeit | 105 | ||
b) Das Fortwirken früherer Gewalt | 113 | ||
aa) Die zeitliche Zäsur | 113 | ||
bb) Gewalt gegen Dritte | 115 | ||
cc) Der subjektive Tatbestand | 120 | ||
dd) Sexuelle Serienstraftaten zwischen denselben Personen | 122 | ||
c) Der überraschende Sexualangriff | 132 | ||
5. Drohen mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben | 138 | ||
a) Die unbestimmte Drohung | 139 | ||
b) Die Unerheblichkeit der Leibesgefahr | 140 | ||
c) Die Bedrohung Dritter | 144 | ||
d) Die Bedrohung sonstiger Güter | 145 | ||
6. Die Abgrenzung zwischen Widerstandsunfähigkeit und Schutzlosigkeit | 149 | ||
a) Das absolut widerstandsunfähige Opfer | 149 | ||
b) Das relativ widerstandsunfähige Opfer | 151 | ||
c) Das körperlich widerstandsunfähige Opfer | 154 | ||
d) Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen | 157 | ||
7. Der Irrtum des Opfers über die eigene Schutzlosigkeit | 159 | ||
Fazit | 164 | ||
Kapitel 3: Das Sexualstrafrecht des common law | 166 | ||
A. Vergleich der Rechtssysteme | 166 | ||
I. The judicial law making process | 167 | ||
II. Das deutsche Richterrecht | 169 | ||
III. The binding precedents | 170 | ||
IV. Die Bindungswirkung deutscher Rechtsprechung | 172 | ||
V. The statute law | 174 | ||
VI. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit | 176 | ||
1. The offence | 176 | ||
2. The defence | 178 | ||
Fazit | 179 | ||
B. Das englische Sexualstrafrecht | 180 | ||
I. Sexual Assault – Sec. 3 SOA 2003 | 183 | ||
II. Consent and reasonable belief | 186 | ||
1. Consent – Sec. 74 SOA 2003 | 186 | ||
2. Das tatbestandsausschließende Einverständnis und die rechtfertigende Einwilligung im deutschen Recht | 189 | ||
3. The reasonable belief | 194 | ||
4. Der Irrtum des Täters im deutschen Recht | 195 | ||
III. Beweisregeln im englischen und deutschen Recht | 200 | ||
1. The conclusive presumptions about consent – Sec. 76 SOA 2003 | 200 | ||
2. Die Einführung unwiderlegbarer Beweisregeln in das deutsche Strafrecht | 203 | ||
3. Der Irrtum des Opfers im deutschen Strafrecht | 207 | ||
IV. Aspekte der Willensfreiheit im englischen und deutschen Recht | 209 | ||
1. The evidential presumptions about consent – Sec. 75 (1) SOA 2003 | 209 | ||
2. Widerlegliche Vermutungsklauseln im deutschen Recht | 209 | ||
3. The requirements of the evidential presumptions about consent – Sec. 75 (2) SOA 2003 | 211 | ||
4. Aspekte der Willensfreiheit im deutschen Strafrecht | 214 | ||
Fazit | 217 | ||
Kapitel 4: Die Reform des deutschen Sexualstrafrechts – Vorschläge und Novellierung | 219 | ||
A. Nein heißt Nein | 220 | ||
I. Gegen den erklärten Willen oder unter Umständen, in denen das Fehlen der Zustimmung offensichtlich ist | 220 | ||
II. Das Handeln gegen den Willen des Opfers | 224 | ||
III. Das offensichtliche Fehlen der Zustimmung | 225 | ||
IV. Der subjektive Tatbestand | 229 | ||
B. Nur ein Ja ist ein Ja | 230 | ||
I. Bestimmtheitsgrundsatz und Gebot der Rechtsstaatlichkeit | 233 | ||
II. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Schuldprinzip | 241 | ||
Fazit | 245 | ||
C. Die Reformdiskussion im deutschen Bundestag | 245 | ||
I. Gesetzentwurf der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Cornelia Möhring, Frank Tempel, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, Martina Renner, Kersten Steinke und der Fraktion Die Linke vom 25.02.2016 | 246 | ||
1. § 174 StGB e.F. – Nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen, Vergewaltigung | 247 | ||
2. § 175 StGB e.F. – Sexuelle Nötigung | 251 | ||
3. § 177 StGB e.F. – Sexuelle Handlungen unter Ausnutzung besonderer Umstände | 253 | ||
II. Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Ulle Schauws, Renate Künast, Luise Amtsberg, Volker Beck, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 01.07.2015 | 255 | ||
III. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.04.2016: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung | 260 | ||
IV. Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 13.05.2016 | 264 | ||
D. Das 50. Gesetz zur Änderung des Strafrechts zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung | 267 | ||
I. Der Grundtatbestand des sexuellen Übergriffs | 272 | ||
1. Die Vornahme sexueller Handlungen des Täters am Opfer | 273 | ||
2. Die sexuelle Handlung, die der Täter an sich vornehmen lässt | 278 | ||
3. Die sexuelle Handlung von oder an einem Dritten | 279 | ||
II. Das Ausnutzen besonderer Umstände | 281 | ||
1. Die fehlende Fähigkeit zur Willensbildung oder Äußerung | 281 | ||
2. Die relative Unfähigkeit zur Bildung oder Äußerung eines entgegenstehenden Willens | 286 | ||
3. Der überraschende sexuelle Übergriff | 293 | ||
4. Das Drohen eines empfindlichen Übels | 294 | ||
5. Die Drohung mit einem empfindlichen Übel | 298 | ||
III. Der Versuch | 299 | ||
IV. Die Qualifikationstatbestände | 300 | ||
1. Der sexuelle Übergriff auf behinderte oder erkrankte Personen | 300 | ||
2. Der Einsatz eines klassischen Zwangsmittels | 301 | ||
3. Die Qualifikationstatbestände des § 177 Abs. 7 und 8 StGB n.F. | 305 | ||
V. Der besonders schwere Fall | 305 | ||
VI. Der Straftatbestand der sexuellen Belästigung | 307 | ||
VII. Straftaten aus Gruppen | 310 | ||
E. Fazit | 315 | ||
Zusammenfassung | 317 | ||
Literaturverzeichnis | 319 | ||
Sachwortverzeichnis | 335 |