Der lange Schatten der Hidschra
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Der lange Schatten der Hidschra
Ein theologiegeschichtlicher Vergleich zwischen Islam und Christentum
(2018)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Heinz Gottwald (Jahrgang 1943) studierte Germanistik und Geschichte mit dem Schwerpunkt »mittelalterliche Geistesgeschichte« an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Veranlasst durch die religionssoziologischen Arbeiten Max Webers beschäftigte er sich bereits in seiner Dissertation mit dem Zusammenhang zwischen Religion und gesellschaftlicher Entwicklung. Gegenstand seiner Dissertation war ein Vergleich der hochmittelalterlich-katholischen mit der frühprotestantischen Glaubenslehre und der sich daraus jeweils ergebenden Sozial- und Wirtschaftsethik. Nach seiner Pensionierung im Jahre 2007 veranlasste ihn die seit 9/11 in Gang gekommene Islamdebatte, nach den Gründen für die aktuelle soziokulturelle Rückständigkeit der islamisch geprägten Länder zu fragen.Abstract
Die aktuelle Islamdebatte wird oft durch die Frage bestimmt, warum seit Beginn der Neuzeit die soziokulturelle Entwicklung islamisch geprägter Regionen im Vergleich zum christlich geprägten Abendland zurückgeblieben ist. Angesichts vergleichbarer sozioökonomischer Ausgangsbedingungen im Mittelalter liegt die Vermutung nahe, dass die divergente soziokulturelle Entwicklung der beiden Regionen ihre Wurzeln in der unterschiedlichen Mentalität der jeweiligen Bevölkerung haben könnte. Da in traditionalen Gesellschaften die Mentalität entscheidend durch die Religion geprägt war, wird in der vorliegenden Untersuchung die mittelalterliche Theologiegeschichte der beiden Religionen entsprechend befragt und gegenübergestellt.Zunächst wird die mittelalterliche Entwicklung des Kalifenamtes sowie des islamischen Rechts- und Bildungswesens in ihrer Verwobenheit mit islamischen Glaubensvorstellungen präsentiert. Zur Verdeutlichung des theologischen Kontextes folgt eine Darstellung der Vorstellung von Gott und der göttlichen Prädestination. Danach wird die Entwicklung der entsprechenden Themenbereiche im abendländischen Christentum dargestellt. Bei dem anschließenden Vergleich der Entwicklungen im sunnitischen Islam mit denen im abendländischen Christentum wird gleichzeitig nach den Gründen der divergenten Entwicklung gefragt. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die erwähnte soziokulturelle Rückständigkeit islamisch geprägter Regionen auf Entscheidungen der islamischen Theologie während des Mittelalters zurückzuführen ist.»The long shadow of the Hijra. A comparison between Islam and Christianity in terms of a history of theology«The current debate on Islam is often dominated by the question of why the socio-cultural development of Islamic-influenced regions since the beginning of modern times has lagged behind the Christian-influenced Western world. Given the comparable socio-economic conditions in the Middle Ages, it is reasonable to assume that the divergent socio-cultural development of the two regions could have its roots in the different mentalities of their respective populations. Since in traditional societies mentality was decisively influenced by religion, the present study looks into and compares the medieval history of theology of the two religions.First, the medieval development of the Caliphate and the Islamic legal and educational system is presented and how it is interwoven with Islamic beliefs. To illustrate the theological context, this is followed by a presentation of the idea of God and divine predestination. This in turn is followed by a presentation of the development of the corresponding topics in Western Christianity. In the subsequent comparison of the developments of Sunni Islam with those in Western Christianity, the reasons for the divergent development are analysed. The author concludes that the socio-cultural backwardness of Islamic regions is due to decisions of Islamic theology during the Middle Ages.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 17 | ||
1. Beispiele für die Unzulänglichkeit bisher vorgelegter Erklärungsansätze | 17 | ||
2. Dan Diners ,Versiegelte Zeitˋ als Beispiel für die ,Fruchtbarkeitˋ des mentalitätsgeschichtlichen Erklärungsansatzes | 21 | ||
3. Begründung für Methode und Anlage der vorliegenden Untersuchung | 25 | ||
A. Entwicklung des mittelalterlichen Islam bis zum Ende des Bagdader Kalifats 1258 | 27 | ||
I. Die Entwicklung des Kalifenamtes | 27 | ||
1. Mögliche Vorbilder für die Doppelfunktion Mohammeds im medinensischen Gemeinwesen und deren realgeschichtliche Genese | 27 | ||
2. Zeit der ersten vier ,rechtgeleiteten Kalifenˋ | 30 | ||
3. Entwicklung des Kalifenamtes zur Zeit der Umaiyaden | 32 | ||
4. Wandel des Einsetzungsverfahrens und der Legitimation eines Kalifen bis zum Beginn des abbasidischen Kalifats | 35 | ||
5. Entwicklung des Kalifenamtes in der Frühphase der Abbasiden | 37 | ||
6. Entwicklung des Kalifenamtes während der buyidischen und seldschukischen Oberherrschaft (945–1055/1055–1157) | 39 | ||
7. Kalifenamt in der Spätphase des Bagdader Kalifats unter an-Nasir (1180–1225) | 46 | ||
8. Kalifatstheorien | 47 | ||
II. Entwicklung des sunnitischen Rechtswesens | 50 | ||
1. Formen der Gerichtsbarkeit sowie Verfahrens- und Beweisrecht | 50 | ||
2. Rechtsstatus der Nicht-Muslime und der Sklaven | 53 | ||
3. Entstehung und Entwicklung des schariatischen Rechts einschließlich der Methoden der Rechtsfindung | 55 | ||
4. Entstehung und Entwicklung der Rechtsschulen | 57 | ||
5. Gegenstand des schariatischen Rechts | 60 | ||
6. Unterscheidung zwischen göttlichem und menschlichem Recht und deren Folgen | 63 | ||
III. Entwicklung des islamischen Bildungswesens | 65 | ||
1. Organisation der Koranschulen und Gegenstand des Unterrichts | 65 | ||
2. Formen weiterführender Ausbildung | 66 | ||
3. Nizam al-Mulks neue Organisationsform der Madrasen und deren Bedeutung | 68 | ||
4. al-Mamuns ,Haus der Weisheitˋ (,bait al-hikmaˋ) | 70 | ||
IV. Verhältnis von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit | 70 | ||
1. Ausgangspunkt der theologischen Diskussion über das Verhältnis von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit | 70 | ||
2. Diskussion des Verhältnisses zwischen göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit in umaiyadischer Zeit | 72 | ||
3. Fortführung der Diskussion über das Verhältnis von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit im 9. Jahrhundert | 74 | ||
4. al-Ascharis Position als Vermittlungsversuch zwischen Mutaziliten und Hanbaliten | 79 | ||
5. Ursachen für die Niederlage der ,rationalen Theologieˋ in der Prädestinationsfrage | 81 | ||
6. Relativierung der radikalen Position der Prädestinatianer | 82 | ||
V. Entwicklung des Gottes- und Koranverständnisses | 85 | ||
1. Ausgangspunkt und Hintergrund der Diskussion über das Gottesverständnis | 85 | ||
2. Die koranische Gottesvorstellung | 85 | ||
3. Die Kritik Dschahm b. Safwans (gest. 746) und Dschad b. Dirhams (gest. 743) an der koranischen Gottesvorstellung | 88 | ||
4. Dirar ibn Amrs versuchter Ausgleich zwischen koranischer Gottesvorstellung sowie den Vorstellungen Dschahms und Dschads | 89 | ||
5. Abu l-Hudails Koranverständnis und Gottesvorstellung sowie die mutazilitische Attributenlehre | 91 | ||
6. Ahmad b. Hanbals Vorstellungen als Beispiel für das damalige traditionelle Gottes- und Koranverständnis | 94 | ||
7. Verschärfung der Auseinandersetzungen um das Gottes- und Koranverständnis zwischen Traditionariern und Mutaziliten | 96 | ||
8. al-Ascharis Gottesvorstellung und Koranverständnis | 100 | ||
9. Präzisierung und Weiterentwicklung der Lehre al-Ascharis | 104 | ||
B. Entwicklung des abendländischen Christentums bis zum Vorabend der Reformation | 108 | ||
I. Entwicklung des Verhältnisses zwischen geistlicher und weltlicher Obrigkeit | 108 | ||
1. Außenseiterposition der Jesusbewegung und der frühen Christenheit | 108 | ||
2. Verhältnis zwischen (ost-)römischen Kaisern und Christentum seit der ,Konstantinischen Wende‘ | 110 | ||
3. Verhältnis zwischen weltlicher und geistlicher Obrigkeit in germanischer Zeit bis zum Investiturstreit | 118 | ||
4. Cluniazensische Reformbewegung und Investiturstreit in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zwischen weltlicher Herrschaft und Kirche | 125 | ||
5. Konflikte zwischen weltlicher Obrigkeit und Papsttum infolge des papalen Anspruchs auf die indirekte Suprematie | 130 | ||
6. Auseinandersetzungen zwischen dem Papsttum und der spätmittelalterlichen konziliaren Bewegung | 136 | ||
II. Spätantike und mittelalterliche Entwicklung des weltlichen und geistlichen Rechtswesens im westkirchlichen Christentum | 138 | ||
1. Entstehung der geistlichen Gerichtsbarkeit in Abgrenzung zur weltlichen Gerichtsbarkeit | 138 | ||
2. Mittelalterliche Entwicklung der bischöflichen Gerichtsbarkeit | 139 | ||
3. Entwicklung der päpstlichen Gerichtsbarkeit im Mittelalter | 142 | ||
4. Mittelalterliche Entwicklung der weltlichen Gerichtsbarkeit | 146 | ||
5. Entwicklung des materiellen Rechts am Beispiel des Rechtsstatus der Sklaven und der Frauen | 153 | ||
III. Entwicklung des mittelalterlichen Bildungswesens im westkirchlichen Christentum | 162 | ||
1. Entwicklung des Schulwesens | 162 | ||
2. Entstehung und Organisationsform der Pariser ,Professorenuniversitätˋ | 163 | ||
3. Entstehung und Organisationsform der ,Studentenuniversitätˋ in Bologna | 165 | ||
4. Gründung einer ,obrigkeitlichen Universitätˋ in Neapel durch Kaiser Friedrich II. | 167 | ||
IV. Entwicklung des Verhältnisses von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit im westkirchlichen Christentum | 168 | ||
1. Augustins Prädestinationslehre als Ausgangspunkt der entsprechenden Kontroversen in der Westkirche | 168 | ||
2. Beschlüsse der Synode von Orange im Jahre 529 und deren Bestätigung auf der Synode von Quierzy 853 als Grundlage der westkirchlichen Prädestinationslehre | 171 | ||
3. Hochmittelalterliche Präzisierungen bzw. Modifikationen der Prädestinationslehre | 173 | ||
4. Spätmittelalterliche Entwürfe zum Verhältnis von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit | 175 | ||
5. Entwicklung des Bußsakramentes und dessen Bedeutung für die Vorstellung von der menschlichen Willensfreiheit | 178 | ||
V. Entwicklung des christlichen Gottesverständnisses in Antike und Mittelalter | 186 | ||
1. Die jesuanische Gottesvorstellung im Neuen Testament | 186 | ||
2. Entwicklung der Gottesvorstellung bis zum Konzil von Nizäa | 188 | ||
3. Entscheidung der trinitarischen Frage auf den Konzilien von Nizäa (325) und Konstantinopel (381) | 192 | ||
4. Frage nach der ,Gott- und Menschheit Jesu Christiˋ als Gegenstand von Auseinandersetzungen bis zum Konzil von Konstantinopel (680/681) | 193 | ||
5. Scheitern der neuplatonischen Kritik des Johannes Scotus Eriugena (gest. 877) an der dogmatisierten Gotteslehre | 197 | ||
Exkurs: Christliche Bibelexegese in Antike und Mittelalter | 198 | ||
6. Hochmittelalterliche Beiträge zur Trinitätslehre und Christologie | 201 | ||
7. Neue Ansätze in Bezug auf die Gottesvorstellung bei Duns Scotus und Wilhelm von Ockham | 206 | ||
C. Vergleichende Analyse der dargestellten Entwicklungen im mittelalterlichen Islam sowie im abendländischen Christentum und Auswertung der Ergebnisse dieser Analyse | 210 | ||
I. Vergleichende Analyse der Entwicklungen in den fünf Themenfeldern | 210 | ||
1. Vergleichende Analyse der Entwicklung des Kalifenamtes und des Verhältnisses von weltlicher und geistlicher Obrigkeit im westkirchlichen Christentum | 210 | ||
a) Wahrung sowohl der Trennung von weltlicher und geistlicher Gewalt im westkirchlichen Christentum als auch der Einheit beider Gewalten im Amt des Kalifen | 210 | ||
b) Gründe für die Veränderungen in Bezug auf das Amt des Kalifen | 211 | ||
c) Gründe für die Veränderungen in Bezug auf das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Obrigkeit im westkirchlichen Christentum | 214 | ||
d) Vergleich der Gründe für die Entwicklung des Kalifenamtes und des Verhältnisses von weltlicher und geistlicher Obrigkeit im westkirchlichen Christentum | 219 | ||
2. Vergleichende Analyse der mittelalterlichen Entwicklung des Rechtswesens im sunnitischen Islam und im westkirchlichen Christentum | 220 | ||
a) Wichtige Ergebnisse der mittelalterlichen Entwicklung des Rechtswesens im sunnitischen Islam und Gründe für die Stagnation in diesem Bereich | 220 | ||
b) Wichtige Ergebnisse der Entwicklung des Rechtswesens im westkirchlichen Christentum und Gründe für die relative Dynamik des Rechtswesens im westkirchlichen Bereich | 222 | ||
3. Vergleichende Analyse der Entwicklung des Bildungswesens im Damaszener und Bagdader Kalifat mit der im westkirchlichen Christentum | 224 | ||
a) ,Studentenuniversitätˋ in Bologna und ,Professorenuniversitätˋ in Paris als Beispiele für das Zurückdrängen der Kirche im hochmittelalterlichen Hochschulwesen | 224 | ||
b) Formen der islamischen Hochschulausbildung mit ihren ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnissen und ihrer fehlenden Offenheit | 225 | ||
c) Trennung und Einheit der beiden obersten Gewalten als Grund für die unterschiedlichen Strukturen im westkirchlichen und islamischen Hochschulwesen des Mittelalters | 226 | ||
4. Vergleichende Analyse der Entwicklung des Verhältnisses von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit im sunnitischen Islam und im abendländischen Christentum | 228 | ||
a) Entwicklung der sunnitischen Vorstellung von der göttlichen Prädestination und die Gründe für den Erfolg der ,Prädestinatianerˋ | 228 | ||
b) Entwicklung der christlichen Vorstellung vom Verhältnis zwischen göttlicher Allmacht und menschlicher Willensfreiheit und die Gründe für den Erfolg des synergistischen Modells | 230 | ||
c) Vergleich der Gründe für die unterschiedliche Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von göttlicher Prädestination und menschlicher Willensfreiheit im sunnitischen Islam und im westkirchlichen Christentum | 232 | ||
5. Vergleichende Analyse der Entwicklung der Gottesvorstellung im sunnitischen Islam und im abendländischen Christentum | 234 | ||
a) Entwicklung des sunnitischen Gottesverständnisses und ihre Bestimmungsfaktoren | 234 | ||
b) Entwicklung des christlichen Gottesverständnisses und ihre Bestimmungsfaktoren | 239 | ||
c) Ausprägung anthropomorph(-istisch-)er Züge in der sunnitischen und christlichen Gottesvorstellung | 242 | ||
d) Bedeutung der ,Ein(s)heit Gottes‘ in der christlichen und islamischen Theologiegeschichte sowie des damit verbundenen unterschiedlichen Verständnisses von Bibel und Koran | 243 | ||
II. Zusammenführung der Teilergebnisse des Vergleichs und deren abschließende Auswertung | 246 | ||
1. Bedeutung der unterschiedlichen Ausgangssituation von Christentum und Islam | 246 | ||
2. Unterschiedliche Entwicklung als Resultat einer ausgeprägten Traditionsgebundenheit im Islam und einer relativen Offenheit im Christentum | 248 | ||
Schlussteil: Ausblick auf die negativen Folgen der spätmittelalterlichen Verfasstheit des sunnitischen Islam für die neuzeitliche Entwicklung in dessen damaligem Verbreitungsgebiet | 254 | ||
Nachwort: Geltungsanspruch und aktuelle Bedeutung der Untersuchung | 257 | ||
Anhang | 260 | ||
Anhang 1: Dekret des Kalifen al-Qadir aus dem Jahre 1017 | 260 | ||
Anhang 2: ,Dictatus Papaeˋ Papst Gregors VII. (1073–1085) | 261 | ||
Anhang 3: Stammtafel zu Mohammed sowie zu wichtigen Clans und Familien in der Zeit des Damaszener und Bagdader Kalifats | 263 | ||
Anmerkungen | 264 | ||
Literaturverzeichnis | 280 | ||
I. Quellen | 280 | ||
II. Nachschlagewerke | 280 | ||
III. Sekundärliteratur | 280 | ||
Personen- und Sachregister | 289 |