Die lex Falcidia und das Erbrecht des BGB
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Die lex Falcidia und das Erbrecht des BGB
Eine kritische Würdigung der Entscheidung des historischen Gesetzgebers, das Rechtsinstitut der falcidischen Quart aufzugeben
Schriften zur Rechtsgeschichte, Vol. 78
(1999)
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Abstract
Durch das Inkrafttreten des BGB am 01. Januar 1900 verschwand mit der sogenannten falcidischen Quart ein auf das antike römische Recht zurückgehendes Institut, das den Erben davor bewahrte, daß der ihm zugefallene Nachlaß durch Vermächtnisse überlastet und auf diese Weise im Extremfall völlig aufgezehrt wurde. Die Schöpfer der Erbrechtsordnung im fünften Buch des BGB hielten den Verzicht auf das Rechtsinstitut, das bei einer Überschwerung des Nachlasses, eine Kürzung der Vermächtnisse zugunsten des Erben vorsah, für "wünschenswerth und nicht bedenklich". Diese Entscheidung des historischen Gesetzgebers, die lex alcidia, die über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahrtausenden bis zum Ende des letzten Jahrhunderts große Bedeutung innerhalb der erbrechtlichen Vorschriften beansprucht hatte, aufzugeben, wurde in der Folgezeit nicht mehr zur Diskussion gestellt. Mit der vorliegenden Arbeit soll nun der Versuch unternommen werden, Versäumtes nachzuholen und die für die Abschaffung der lex Falcidia maßgeblichen Gründe näher zu betrachten. Hierbei wird erkennbar, daß die für die Abschaffung der lex Falcidia angeführten Argumente, namentlich im Lichte der Forschung zum römischen Erbrecht, fragwürdig sind - wurde doch der materielle Aspekt der Erbenstellung nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Angesichts dessen und der Problematik, daß die Rechtsstellung des Erben, dessen Erbportion durch Vermächtnisse aufgezehrt wird, auf der Grundlage der erbrechtlichen Vorschriften des BGB nicht in zufriedenstellender Weise ausgestaltet wurde, ist die in der Einführung gestellte Frage "Brauchen wir die lex Falcidia?" immer noch aktuell.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 12 | ||
Α. Einführung und Fragestellung | 15 | ||
B. Die historische Entwicklung der lex Falcidia bis zum Inkrafttreten des BGB | 20 | ||
I. Die Entwicklung der lex Falcidia bis in die Spätantike | 20 | ||
1. Die Schaffung der lex Falcidia und der ursprüngliche Inhalt der Regelung | 20 | ||
2. Die Entwicklung der lex Falcidia bis zu ihrer Kodifikation unter Justinian | 22 | ||
3. Die lex Falcidia und das römische Pflichtteilsrecht | 25 | ||
II. Die Entwicklung der lex Falcidia bis ins 18. Jahrhundert | 27 | ||
1. Die lex Falcidia von der Spätantike bis ins Mittelalter | 27 | ||
2. Die Rezeption der lex Falcidia im ius commune | 29 | ||
III. Die lex Falcidia in den partikularen Erbrechtsordnungen | 35 | ||
1. Allgemeine Tendenzen | 35 | ||
2. Die partikularen Erbrechtsordnungen im Überblick | 36 | ||
a) Bayern | 36 | ||
b) Württemberg | 37 | ||
c) Preußen | 37 | ||
d) Sachsen | 38 | ||
e) Hessen | 39 | ||
f) Baden | 39 | ||
g) Österreich | 39 | ||
h) Schweiz | 40 | ||
C. Die Abschaffung der lex Falcidia durch den BGB-Gesetzgeber | 42 | ||
I. Das Erbrecht des fünften Buches des BGB | 42 | ||
1. Die Entstehung der Erbrechtsordnung des BGB | 42 | ||
2. Der Charakter der Erbrechtsordnung des BGB | 47 | ||
II. Die Gründe für die Abschaffung der lex Falcidi | 50 | ||
1. Die Begründung der 1. Kommission | 50 | ||
2. Die Aufnahme der Entscheidung der 1. Kommission | 53 | ||
ΙII. Die Analyse der Begründung | 54 | ||
1. Der rechtspraktische Aspekt der Begründung | 55 | ||
a) Die Gestalt und Anwendungsweise der lex Falcidia am Ende des 19. Jahrhunderts | 56 | ||
aa) Die berechtigten Personen | 57 | ||
bb) Die von der lex Falcidia betroffenen letztwilligen Zuwendungen | 58 | ||
cc) Die Berechnung der falcidischen Quart | 59 | ||
dd) Die Berechnung der falcidischen Quart bei einer Mehrheit von Erben oder Erbteilen | 62 | ||
ee) Der maßgebliche Wertansatz | 65 | ||
ff) Die Durchführung der Kürzung | 66 | ||
gg) Die Ausschlußtatbestände | 68 | ||
b) Kritische Würdigung des rechtspraktischen Aspekts der Begründung | 71 | ||
2. Der rechtssystematische Aspekt der Begründung | 73 | ||
a) Der Sinn und Zweck der lex Falcidia in der Sichtweise der Motive | 74 | ||
aa) Die Auffassung der herrschenden Meinung im 19. Jahrhundert vom Sinn und Zweck der lex Falcidia | 76 | ||
bb) Die antiken Quellen zum Sinn und Zweck der lex Falcidia | 77 | ||
b) Das Fehlen der „inneren Rechtfertigung" der lex Falcidia aus der Sicht des BGB-Gesetzgebers | 81 | ||
c) Kritische Würdigung des rechtssystematischen Aspekts der Begründung | 84 | ||
IV. Die Ratio legis der lex Falcidia | 85 | ||
1. Die herrschende Lehre und ihre Kritiker im 19. Jahrhundert | 85 | ||
a) Die Theorie Lassalles | 85 | ||
b) Die Argumentation Dernburgs | 90 | ||
2. Erblasser oder Erbe - wessen Schutz bezweckte die lex Falcidia in erster Linie? | 93 | ||
a) Die Zuverlässigkeit der Darstellung in Gaius Inst. 2, 224 - 227 | 93 | ||
aa) Der historische Ausgangspunkt: Die Erschöpfung des Nachlasses durch letztwillig angeordnete Legate | 94 | ||
bb) Die Regelungen der leges Furia und Voconia | 100 | ||
cc) Der Zusammenhang zwischen den leges Furia und Voconia und der lex Falcidia | 102 | ||
dd) Der Charakter der Darstellung in Gaius Inst. 2, 224 - 227 | 103 | ||
b) Der vorrangige Regelungszweck der lex Falcidia im Lichte der neueren Forschung | 104 | ||
V. Die Krititk der Entscheidung des BGB-Gesetzgebers | 108 | ||
VI. Exkurs: Die lex Falcidia in der Erbrechtsordnung des Züricher Gesetzbuches von 1855 | 111 | ||
D. „Brauchen wir die lex Falcidiai" | 114 | ||
I. Der mit Vermächtnissen beschwerte Erbe im BGB | 114 | ||
1. Der nicht pflichtteilsberechtigte Erbe | 115 | ||
a) Kürzungsrechte des Erben gegenüber den Vermächtnisnehmern | 116 | ||
aa) Das Kürzungsrecht nach § 1992 BGB in Verbindung mit §§ 1990, 1991 Abs. 4 BGB | 117 | ||
bb) Das Kürzungsrecht nach § 2318 Abs. 1 BGB | 120 | ||
cc) Das Kürzungsrecht nach § 2322 BGB | 122 | ||
b) Die formale Rechtsstellung des mit Vermächtnissen überschwerten Erben | 123 | ||
2. Der pflichtteilsberechtigte Erbe | 126 | ||
a) Die Regelung des Gesetzes | 127 | ||
aa) Der mit Vermächtnissen beschwerte Erbteil ist größer als der Pflichtteil - § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB | 127 | ||
(1) Das Wahlrecht gemäß § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB | 128 | ||
(2) Das Kürzungsrecht des pflichtteilsberechtigten Erben gemäß § 2318 Abs. 3 BGB | 130 | ||
bb) Der mit Vermächtnissen beschwerte Erbteil entspricht dem Pflichtteil - § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB | 132 | ||
b) Der entstehungsgeschichtliche Hintergrund der Regelungen des §2306 Abs. 1 BGB | 134 | ||
aa) Die allgemeine Konzeption des Pflichtteils im BGB | 134 | ||
bb) Die Entstehung der Regelungen des § 2306 Abs. 1 BGB | 136 | ||
3. Der Charakter der Rechtsstellung des mit Vermächtnissen beschwerten Erben nach den erbrechtlichen Vorschriften des BGB | 139 | ||
II. Der mit Vermächtnissen beschwerte Erbe im Rechtsvergleich | 140 | ||
1. Die Rechtsstellung des Erben in der Erbrechtsordnung des österreichischen ABGB | 141 | ||
a) Der nicht pflichtteilsberechtigte Erbe | 142 | ||
b) Der pflichtteilsberechtigte Erbe | 143 | ||
2. Die Rechtsstellung des Erben in der Erbrechtsordnung des schweizerischen ZGB | 144 | ||
a) Der nicht pflichtteilsberechtigte Erbe | 145 | ||
b) Der pflichtteilsberechtigte Erbe | 146 | ||
3. Zusammenfassende Würdigung | 147 | ||
ΙII. Die Notwendigkeit der falcidischen Quart | 147 | ||
1. Die Kritik an der Konzeption der Rechtsstellung des mit Vermächtnissen beschwerten Erben im BGB | 147 | ||
a) Die Kritik an der Rechtsstellung des pflichtteilsberechtigten Erben | 148 | ||
aa) Die Regelung des § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB aus der Sicht v. Tuhrs | 148 | ||
bb) Die Regelung des § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB im Rahmen der Bestrebungen zur Reform des Pflichtteilsrechts während des Nationalsozialismus | 150 | ||
cc) Die Kritik an der Regelung des § 2306 Abs 1 S. 2 BGB in neuerer Zeit | 152 | ||
b) Stellungnahme: Die vom Erblasser nicht beabsichtigte Überschwerung des Erben mit Vermächtnissen als allgemeines Problem | 153 | ||
2. Das Verhältnis zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer aus der Sicht des BGB-Gesetzgebers | 156 | ||
a) Der Erbe als Vermögensnehmer des Erblassers | 157 | ||
b) § 2318 BGB als gesetzliche Regelung zum Schutz des materiellen Inhalts der Erbenstellung gegenüber dem Vermächtnisnehmer | 160 | ||
c) Der „allgemeine" Fall einer vom Erblasser nicht beabsichtigten Überschwerung des Erben mit Vermächtnissen aus der Sicht des BGB-Gesetzgebers | 162 | ||
3. Die Möglichkeiten eines allgemeinen Erbenschutzes gegenüber einer vom Erblasser nicht beabsichtigten Überschwerung durch Vermächtnisse im BGB | 164 | ||
a) Das Bedürfnis eines allgemeinen Erbenschutzes gegenüber den Vermächtnisnehmern aus heutiger Sicht | 164 | ||
b) Das Instrumentarium zum Schutz des Erben im Verhältnis zu den Vermächtnisnehmern nach heutiger Rechtslage | 166 | ||
aa) Das sogenannte Quotenvermächtnis | 166 | ||
bb) Die Testamentsauslegung nach § 2084 BGB | 167 | ||
cc) Die Anfechtung des Testaments nach § 2078 BGB | 170 | ||
4. Stellungnahme: Das BGB bedarf einer gesetzlichen Regelung, die dem Erben grundsätzlich einen gewissen Anteil der Erbschaft unbeschwert von Vermächtnissen sichert | 173 | ||
IV. Die Gestalt einer falcidischen Quart im Rahmen des BGB | 176 | ||
1. Der allgemeine Charakter der Regelung | 177 | ||
2. Der Inhalt der Regelung | 179 | ||
a) Der von der Regelung begünstigte Personenkreis | 179 | ||
b) Die von der Regelung betroffenen letztwilligen Zuwendungen | 179 | ||
c) Der Umfang des dem Erben unbeschwert verbleibenden Anteils der Erbschaft | 181 | ||
d) Die Geltendmachung des unbeschwerten Anteils der Erbportion und die Durchführung der Kürzung | 183 | ||
e) Das Verhältnis zum Pflichtteilsrecht | 184 | ||
E. Ergebnis | 186 | ||
Literaturverzeichnis | 194 | ||
Personen- und Sachregister | 200 |