Die Abstraktheit der Vollmacht
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Die Abstraktheit der Vollmacht
Zur mangelnden Begründbarkeit eines bürgerlichrechtlichen Lehrsatzes
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 487
(2018)
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Ruth Doerner studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Madrid. Nach dem Ersten juristischen Staatsexamen im Jahr 2009 absolvierte sie das Referendariat in Frankfurt a.M. mit Stationen in Berlin und Brüssel und war anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Handelsrecht an der Universität Heidelberg tätig. Im Oktober 2017 folgte die Promotion durch die Universität Heidelberg. Ruth Doerner ist Staatsanwältin am Landgericht Aschaffenburg.Abstract
Die Vollmacht als rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht gilt im deutschen Bürgerlichen Recht als abstrakt von dem ihr zugrunde liegenden Grundverhältnis. Der Grundsatz der Abstraktheit der Vollmacht wird in der Praxis jedoch vielfach durchbrochen und erweist sich bei genauerem Hinsehen als entbehrlich. Ausgehend von den historischen und dogmatischen Grundlagen des stellvertretungsrechtlichen Abstraktionsgrundsatzes im deutschen Zivil- und Handelsrecht entwirft die Arbeit auf der Basis des geltenden Rechts ein Gegenmodell zu der Abstraktheit der Vollmacht. Dieses Modell beruht auf der Anerkennung der Außenerklärung des Vertretenen über die Vertretungsmacht seines Stellvertreters als rechtsgeschäftliche Zusicherung gegenüber dem gutgläubigen Dritten. Der im Stellvertretungsrecht erforderliche Verkehrsschutz wird damit einheitlich mittels des Gutglaubensschutzregimes der §§ 170 ff. BGB hergestellt und anders als die Abstraktheit der Vollmacht privatautonom legitimiert. Eine Sonderrolle nimmt dabei die Prokura ein.»The Abstractness of the Authority under German Civil Law«The principle of abstractness of the authority (»Vollmacht«, i.e. the power of agency granted by a legal transaction) under German Civil Law is oftentimes ignored in practice and - on a closer look - ultimately dispensable. Starting from a historical and dogmatic point of view, this analysis shows that the protection of legal relations can be sufficiently and consistently achieved by means of the good faith protection rules laid down in Sec. 170 et seq. of the German Civil Code and legitimated under the principle of private autonomy. Different rules, however, apply to the general commercial power of representation (»Prokura«).
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Widmung | 5 | ||
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 17 | ||
A. Der Ausgangspunkt | 17 | ||
I. Die Abstraktheit der Vollmacht in der „Schrottimmobilien“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs | 18 | ||
II. Die Normen des Stellvertretungsrechts als Beleg für die Abstraktheit der Vollmacht? | 21 | ||
B. Zum Stand der Diskussion | 23 | ||
I. Die nationale Perspektive | 23 | ||
II. Die europäische Perspektive | 26 | ||
C. Präzisierung der Fragestellung und Gang der Untersuchung | 27 | ||
Kapitel 1: Die historischen Grundlagen des Abstraktionsgrundsatzes im Stellvertretungsrecht | 30 | ||
A. Mandat und Vollmacht in Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts vor Laband | 32 | ||
I. Zum Stand von Wissenschaft und Gesetzgebung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts | 32 | ||
1. Die Gesetzgebung | 33 | ||
2. Die Anerkennung der direkten Stellvertretung in der Wissenschaft | 36 | ||
II. Die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis | 40 | ||
1. Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenverhältnis bei Zeiller | 40 | ||
2. Die Trennung von Mandat und Vollmacht bei Brinz | 41 | ||
3. Die Trennung von Mandat und Vollmacht bei Jhering | 42 | ||
4. Die Schaffung der Prokura im ADHGB von 1861 | 43 | ||
B. Die „Entdeckung“ der Abstraktheit der Vollmacht durch Laband | 47 | ||
I. Die Argumentation Labands | 48 | ||
1. Die Selbstständigkeit der handelsrechtlichen Vollmachten mit gesetzlich festgelegtem Umfang | 49 | ||
2. Die Selbstständigkeit der Vollmachten mit frei bestimmbarem Inhalt | 50 | ||
3. Die Entstehung der Vollmacht durch Bevollmächtigungsvertrag | 51 | ||
II. Die Ergebnisse Labands | 52 | ||
III. Laband als „Kind seiner Zeit“ | 54 | ||
C. Die Rezeption der Thesen Labands | 56 | ||
I. Die Kritik | 56 | ||
II. Die Fortentwicklung | 57 | ||
III. Insbesondere: Das Verhältnis der beiden Rechtsgeschäfte Bevollmächtigung und Auftrag | 58 | ||
IV. Die Weiterführung bei Hupka | 60 | ||
V. Zwischenergebnis | 63 | ||
D. Die Beratungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch | 63 | ||
I. Die Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft | 63 | ||
II. Die Abstraktheit der Vollmacht | 64 | ||
1. Die Begründung des Teilentwurfs von Gebhard | 65 | ||
2. Die Beratungen der 1. Kommission | 67 | ||
3. Die Beratungen der 2. Kommission | 68 | ||
4. Interpretation der Materialien | 68 | ||
III. Zwischenergebnis | 70 | ||
E. Zusammenfassung und Fazit | 70 | ||
Kapitel 2: Die Abstraktheit der Vollmacht im deutschen Stellvertretungsrecht | 73 | ||
A. Der Vollmachtsbegriff des BGB | 73 | ||
I. Eine isolierte Betrachtung der Vollmacht | 73 | ||
II. Die Vollmacht als Mittel zum Zweck der Durchführung des Grundverhältnisses | 77 | ||
B. Trennungs- und Abstraktionsprinzip im Stellvertretungsrecht des BGB | 78 | ||
I. Das Trennungsprinzip | 79 | ||
II. Das Abstraktionsprinzip | 80 | ||
1. Inhaltliche und äußere Abstraktheit | 80 | ||
2. Die gesetzlichen Grundlagen der Abstraktheit | 83 | ||
3. Die Funktion der Abstraktheit | 84 | ||
4. Die Durchbrechungen des Abstraktionsgrundsatzes | 87 | ||
a) Bedingungszusammenhang, § 158 BGB, und Geschäftseinheit, § 139 BGB | 87 | ||
b) Fehleridentität | 90 | ||
c) Das Erlöschen der Vollmacht gemäß § 168 BGB | 91 | ||
d) Der Missbrauch der Vertretungsmacht | 92 | ||
aa) Kollusion | 93 | ||
bb) Sonstige Missbrauchsfälle | 94 | ||
(1) Die Überschreitung interner Weisungen | 94 | ||
(2) Der Abschluss eines nachteiligen Rechtsgeschäfts | 97 | ||
e) Zwischenergebnis | 99 | ||
5. Das Abstraktionsprinzip in der Zusammenschau mit anderen Rechtsinstituten und -prinzipien | 100 | ||
a) Abstraktion und Numerus clausus | 100 | ||
b) Abstraktion und Publizität | 103 | ||
6. Insbesondere: Abstraktion und Gutglaubensschutz | 105 | ||
III. Zwischenergebnis | 107 | ||
C. Die Wirkungsweise des stellvertretungsrechtlichen Abstraktionsprinzips | 108 | ||
I. Die Innenvollmacht | 108 | ||
1. Entstehung und Wirksamkeit | 109 | ||
2. Umfang | 111 | ||
3. Erlöschen | 116 | ||
4. Änderung der Interessenlage: Die zeitliche Dimension der Abstraktheit | 119 | ||
5. Die Kundgabe der Innenvollmacht | 122 | ||
6. Fazit: Die Abstraktheit als Ausnahme | 123 | ||
II. Die Außenvollmacht | 124 | ||
1. Das Verhältnis zu dem Grundgeschäft | 124 | ||
a) Entstehung | 125 | ||
b) Wirksamkeit | 125 | ||
c) Umfang | 126 | ||
d) Erlöschen | 126 | ||
2. Kritik an dem herrschenden Konzept der Außenvollmacht | 128 | ||
a) Die Außenvollmacht und der personenbezogene Vollmachtsbegriff des BGB | 128 | ||
b) Die Funktion der Außenvollmacht im Stellvertretungsrecht | 132 | ||
c) Die Außenvollmacht in anderen europäischen Privatrechtsordnungen | 134 | ||
aa) Schweiz | 135 | ||
bb) Österreich | 136 | ||
cc) Frankreich und Großbritannien | 136 | ||
d) Zwischenergebnis | 140 | ||
III. Die isolierte Vollmacht | 140 | ||
1. Die bewusste Erteilung einer Vollmacht ohne Auftrag | 141 | ||
a) Gefälligkeitsverhältnisse | 142 | ||
b) Die vorsorglich erteilte (General-)Vollmacht | 143 | ||
c) Die Empfangsbevollmächtigung | 144 | ||
d) Die Bevollmächtigung eines Minderjährigen | 145 | ||
e) Zwischenergebnis | 146 | ||
2. Die Erteilung einer Vollmacht in der irrigen Annahme eines wirksamen Grundverhältnisses | 146 | ||
IV. Zwischenergebnis | 147 | ||
D. Zusammenfassung und Fazit | 148 | ||
Kapitel 3: Verkehrsschutz durch Gutglaubensschutz | 150 | ||
A. Die reine Innenvollmacht | 152 | ||
I. Die Innenvollmacht in Abhängigkeit zu dem Grundverhältnis | 152 | ||
1. Entstehung | 152 | ||
2. Umfang und Erlöschen | 152 | ||
3. Entbehrlichkeit der Rechtsfigur des Missbrauchs der Vertretungsmacht | 157 | ||
4. Zwischenergebnis | 158 | ||
II. Der Schutz des Dritten | 159 | ||
1. Die Schutzbedürftigkeit des Dritten | 160 | ||
2. Die Haftung des falsus procurators nach § 179 BGB | 160 | ||
3. Die Haftung des Geschäftsherrn bei Vertretung ohne Vertretungsmacht | 162 | ||
4. Zwischenergebnis | 164 | ||
III. Der Schutz des Vertreters | 166 | ||
1. Identifizierung des Haftungsrisikos | 167 | ||
a) Die Unwirksamkeit des Grundgeschäfts | 167 | ||
aa) Die Bevollmächtigung eines Minderjährigen | 167 | ||
bb) Die Bevollmächtigung durch einen Minderjährigen | 168 | ||
cc) Der Dissens bezüglich des Grundgeschäfts | 168 | ||
dd) Die Unwirksamkeit des Grundgeschäfts aus sonstigen Gründen | 169 | ||
b) Die Beendigung des Grundgeschäfts | 169 | ||
c) Die Änderung der vollmachtsrelevanten Interessen des Geschäftsherrn | 170 | ||
2. Begrenzung des Haftungsrisikos | 171 | ||
a) Der Grund der Haftung aus § 179 BGB | 171 | ||
aa) Die falsus-procurator-Haftung als Tatbestand der Vertrauenshaftung | 173 | ||
bb) Die falsus-procurator-Haftung als Haftung für die Nichterfüllung eines eigenen Leistungsversprechens | 174 | ||
b) Die Voraussetzungen der Haftung aus § 179 BGB | 175 | ||
aa) Die Fragwürdigkeit der Verschuldensunabhängigkeit der Haftung aus § 179 Abs. 2 BGB | 175 | ||
bb) Die teleologische Reduktion des § 179 Abs. 2 BGB | 177 | ||
c) Der Schutz des Dritten bei einer verschuldensabhängigen falsus-procurator-Haftung aus § 179 Abs. 2 BGB | 178 | ||
d) Der Regress des Vertreters gegenüber dem Geschäftsherrn | 179 | ||
3. Zwischenergebnis | 182 | ||
IV. Zwischenergebnis | 183 | ||
B. Die Außenerklärung | 183 | ||
I. Die Außenerklärung als Basis eines stellvertretungsrechtlichen Verkehrsschutzes | 184 | ||
1. Die gesetzliche Verankerung der Außenerklärung in den §§ 170 ff. BGB | 184 | ||
a) Die Rechtsscheinlehre | 185 | ||
b) Das rechtsgeschäftliche Erklärungsmodell Flumes | 186 | ||
c) Die Kundgabe als rechtsgeschäftliche Risikoübernahme nach Lobinger | 187 | ||
d) Zwischenergebnis | 191 | ||
2. Die ausdrückliche Erklärung des Geschäftsherrn gegenüber dem Dritten | 191 | ||
a) Die Auslegung der Erklärung des Geschäftsherrn als Angebot | 192 | ||
b) Die Annahme durch den Dritten | 193 | ||
c) Die Anfechtbarkeit der Außenerklärung | 193 | ||
d) Der Widerruf der Außenerklärung | 194 | ||
3. Die konkludente Erklärung des Geschäftsherrn gegenüber dem Dritten | 196 | ||
4. Das fahrlässige Verhalten des Geschäftsherrn | 200 | ||
5. Die Vollmachtsurkunde | 201 | ||
II. Konsequenzen für das Verhältnis der Außenerklärung zu dem Grundverhältnis | 204 | ||
1. Die Unabhängigkeit von dem Innenverhältnis | 204 | ||
2. Die Begrenzung der Risikoübernahme durch das Erfordernis der Gutgläubigkeit | 205 | ||
3. Die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes | 207 | ||
a) Der Anknüpfungspunkt für den guten Glauben | 207 | ||
b) Die Redlichkeit des Dritten | 208 | ||
c) Die Kenntnis des Dritten von Mängeln des Grundgeschäfts | 211 | ||
d) Die Entbehrlichkeit der Rechtsfigur des Missbrauchs der Vertretungsmacht | 212 | ||
III. Kein Wahlrecht des Dritten | 213 | ||
IV. Zwischenergebnis | 216 | ||
C. Überprüfung der Ergebnisse | 217 | ||
D. Zusammenfassung und Fazit | 228 | ||
Kapitel 4: Die handelsrechtlichen Vollmachten | 229 | ||
A. Die Prokura | 230 | ||
I. Umfang | 230 | ||
1. Die gesetzliche Fixierung | 230 | ||
2. Der Missbrauch der Vertretungsmacht | 232 | ||
II. Erlöschen | 233 | ||
III. Entstehung und Wirksamkeit | 236 | ||
B. Die Handlungsvollmacht | 240 | ||
I. Zur Genese von § 54 HGB | 241 | ||
II. § 54 HGB im System der handelsrechtlichen Vollmachten | 243 | ||
III. Die Handlungsvollmacht in der Rechtsprechung | 244 | ||
1. Die schlüssige Bevollmächtigung | 244 | ||
2. Die Stellung nach außen | 246 | ||
3. Die Sicherheit des Rechtsverkehrs | 247 | ||
IV. Zum Telos von § 54 HGB | 248 | ||
V. Zwischenergebnis | 250 | ||
C. Die Vollmacht des Ladenangestellten | 251 | ||
I. Die Anstellung | 254 | ||
II. Die Redlichkeit des Dritten | 255 | ||
III. Die Anfechtbarkeit | 255 | ||
D. Zusammenfassung und Fazit | 256 | ||
Thesenartige Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick | 258 | ||
Literaturverzeichnis | 263 | ||
Sach- und Personenregister | 277 |