Grund und Grenzen grundrechtlicher Schutzansprüche
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Grund und Grenzen grundrechtlicher Schutzansprüche
Die subjektiv-rechtliche Rekonstruktion der grundrechtlichen Schutzpflichten und ihre Auswirkung auf die verfassungsrechtliche Fundierung des Verbrauchervertragsrechts
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 931
(2003)
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Abstract
Die grundrechtlichen Schutzpflichten haben sich ein Vierteljahrhundert nach ihrer "Entdeckung" durch das BVerfG (in der ersten Abtreibungsentscheidung) einen festen Platz in der Grundrechtsdogmatik erobert. Die vorliegende Arbeit bietet einen Überblick über den Entwicklungsstand dieser Lehre. Sie widmet sich insbesondere dem Ausgreifen dieser Grundrechtsfunktion in das Zivilrecht.Der Verfasser stellt die bisherige Herleitung der Schutzpflichten vom "Kopf" der Staatszwecklehre auf die "Füße" der Grundrechtsdogmatik. Er ordnet - im Gegensatz zur herrschenden Ansicht - die Schutzpflichten nicht den objektiven, sondern den subjektiven Grundrechtsfunktionen zu. Kern seines subjektiv-grundrechtlichen Begründungsansatzes ist ein zweidimensionaler Freiheitsbegriff; Abwehr- und Schutzpflichtendimension teilen sich das Schutzgut der "Freiheit". Objektive grundrechtliche Schutzpflichten des Staates decken sich hiernach mit den grundrechtlichen Schutzansprüchen des Individuums.Günter Krings zieht auf dieser Begründungsbasis dem Tatbestand und der Rechtsfolge der Schutzpflichten klare Grenzen. Er schließt den Schutz vor Naturgewalten und vor körperimmanenten Gesundheitsstörungen ebenso aus wie den Schutz vor eigenverantwortlicher Selbstschädigung. Der eigenverantwortlich und autonom handelnde Verbraucher kann sich im Verbrauchervertragsrecht i.d.R. nicht auf grundrechtliche Schutzpflichten berufen. Verfassungsrechtliche Impulse für den Verbraucherschutz gehen kaum von den Grundrechten, wohl aber vom Sozialstaatsprinzip aus.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Teil 1: Einführung | 17 | ||
A. Anlaß der Untersuchung | 17 | ||
B. Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 19 | ||
C. Gang der Untersuchung | 24 | ||
Teil 2: Die Grundlagen der Schutzpflichtenlehre | 26 | ||
A. Das Phänomen der Schutzpflicht: Vom Eingriff zum Übergriff | 26 | ||
B. Ideengeschichtliche Grundlagen | 28 | ||
I. Sicherheit als Grundlage von „Herrschaftsverträgen" | 28 | ||
1. Die Vertragstheorien nach Hobbes und Locke | 28 | ||
2. Zur Kritik des Vertragskonzepts | 31 | ||
a) Bedingungen des Entstehens moderner Staatlichkeit | 32 | ||
b) Zur Offenheit staatlicher Zwecksetzung | 38 | ||
II. Sicherheit als Staatszweck und Staatslegitimation | 43 | ||
C. Der Verfassungstextbefund | 49 | ||
I. Schutzpflichten im Grundgesetz | 49 | ||
1. Grundrechtliche Pflichten zum Rechtsgüterschutz | 50 | ||
2. Schutzaufgaben als Grundrechtsschranken | 51 | ||
3. Schutzanordnungen außerhalb des Grundrechtsteils | 52 | ||
a) Kompetentielle Zuweisung von Schutzaufgaben | 52 | ||
b) Sonstige Schutzanordnungen | 55 | ||
II. Schutzpflichten in Landesverfassungen | 56 | ||
Teil 3: Schutzpflichten als Grundrechtsfunktion | 60 | ||
A. Die Schutzpflichten in der Rechtsprechung | 60 | ||
I. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 60 | ||
1. Das Fristenregelungsurteil und seine Vorgeschichte | 60 | ||
a) Das erste Fristenregelungsurteil | 60 | ||
b) Die begrenzte Bedeutung der Vorgeschichte | 62 | ||
2. Die Fortführung der Schutzpflichtenjudikatur | 66 | ||
a) Schutz vor terroristischen Gewalttaten | 66 | ||
b) Gesundheitsschutz und Technikgefahren | 67 | ||
c) Das zweite Fristenregelungsurteil | 70 | ||
3. Die Ausweitung der Schutzgüter und das Eindringen der Schutzpflichten in das Zivilrecht | 73 | ||
II. Landesverfassungsgerichte | 79 | ||
III. Fachgerichte | 80 | ||
B. Die Anerkennung und Herleitung grundrechtlicher Schutzpflichten | 82 | ||
I. Die grundrechtliche Verortung der Schutzpflichten | 83 | ||
II. Staatszweckorientierte Herleitung | 85 | ||
1. Die „Wiederentdeckung" der Sicherheit im deutschen Staatsrecht | 85 | ||
2. Die Verwirklichung des Staatszweckes Sicherheit in den Grundrechten? | 86 | ||
a) Die Nachrangigkeit des Schutzaspektes bei der Grundrechtskodifizierung | 87 | ||
aa) Nordamerika | 88 | ||
bb) Frankreich | 90 | ||
cc) Deutschland | 92 | ||
b) Der Vorrang der Abwehrfunktion aus strukturellen Gründen | 98 | ||
3. Kompensationsargument | 100 | ||
III. Grundrechtsendogene Herleitung: Text und Dogmatik der Grundrechte | 102 | ||
1. Grundrechtliche Schutzpflichten und Eingriffsabwehr | 103 | ||
a) Eingriffsbegriff und Handlungskriterium | 104 | ||
aa) Die Schutzpflicht als Unterfall der grundrechtlichen Abwehrfunktion | 104 | ||
bb) Die Kritik an der Einheitsthese | 105 | ||
cc) Bewertung: Die fehlende Garantenstellung des Staates | 107 | ||
(1) Der Staat als Überwachungsgarant | 108 | ||
(a) Keine generelle Überwachungspflicht | 108 | ||
(b) Staatliche Genehmigung privaten Handelns am Beispiel des Immissionsschutzrechts | 111 | ||
(c) Erteilung einer Befugnis zu quasi-hoheitlichem Handeln | 116 | ||
(d) Finanzielle Förderung privaten Handelns | 118 | ||
(e) Staatlich angeordnetes und kooperatives Handeln | 120 | ||
(2) Der Staat als Beschützergarant | 121 | ||
(3) Die Konsequenzen der abwehrrechtlichen Lösung | 124 | ||
b) Abgrenzung der Abwehr- von der Schutzpflichtenfunktion | 124 | ||
aa) Staatliche Genehmigungen | 126 | ||
bb) Staatliche Förderung und Finanzierung | 128 | ||
(1) Abgrenzung zu verwandten Formen des Staatshandelns | 129 | ||
(2) Zuordnungskriterien | 131 | ||
(a) Subventionsquote | 132 | ||
(b) Vorhersehbarkeit und Finalität | 132 | ||
(c) Steuerungsebenen | 133 | ||
(3) Fazit | 134 | ||
cc) Herabsetzen des Schutzniveaus | 135 | ||
dd) Abwehr- und Schutzdimension bei schädlichen Einwirkungen im Gesundheitswesen | 136 | ||
c) Kollision der Grundrechtsfunktionen | 139 | ||
d) Die Unterstützung der Abwehrfunktion durch die Schutzpflichten | 141 | ||
2. Verfassungstextliche Begründungsansätze grundrechtlicher Schutzpflichten | 142 | ||
a) Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG | 142 | ||
b) Explizite Schutzpflichten in anderen Freiheitsrechten | 146 | ||
c) Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG | 147 | ||
d) Grundrechtsschranken | 147 | ||
e) Die Zweidimensionalität des grundrechtlichen Freiheitsbegriffs | 150 | ||
aa) Wortlaut und Systematik der Grundrechte | 151 | ||
bb) Die historische Auslegungsperspektive | 154 | ||
(1) Verfassungsfortbildung | 156 | ||
(2) Verfassungswandel | 158 | ||
cc) Teleologische Auslegung und das Konzept negativer Freiheit | 160 | ||
dd) Gefahr einer Nivellierung der Grundrechtsfunktionen? | 164 | ||
3. Die objektive Wertentscheidung in den Grundrechten | 164 | ||
IV. Fazit zur Begründung der Schutzpflichtenfunktion | 170 | ||
Teil 4: Tatbestand und Reichweite grundrechtlicher Schutzpflichten | 171 | ||
A. Schutzgüter | 172 | ||
I. Grundrecht auf Sicherheit? | 172 | ||
II. Natürliche und rechtserzeugte Schutzgüter | 174 | ||
1. Natürliche Schutzgüter | 174 | ||
2. Rechtserzeugte Schutzgüter | 177 | ||
3. Bedeutung der Unterscheidung | 180 | ||
III. Integritäts- und Entfaltungsschutz | 182 | ||
IV. Gleichheitsrechte | 185 | ||
B. Schutzrichtungen und Gefahrenquellen | 188 | ||
I. Schutzpflicht des Staates als Garantie einer „Freiheit von Furcht"? | 188 | ||
II. Schutz vor Privaten | 190 | ||
III. Schutz gegen die inländische Staatsgewalt | 191 | ||
IV. Schutzpflichten mit Auslandsbezug | 194 | ||
1. Schutz von Ausländern in Deutschland | 194 | ||
2. Grenzen der auslandsbezogenen Schutzpflichten | 195 | ||
3. Übergriffe in die Freiheitssphäre von Inländern | 199 | ||
4. Diplomatischer Auslandsschutz und Landesverteidigung | 199 | ||
5. Asylgarantie | 201 | ||
6. Tabellarische Übersicht | 203 | ||
V. Schutz gegen sich selbst | 203 | ||
1. Die Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts | 204 | ||
2. Freiverantwortliche Selbstschädigung und übernommenes Risiko | 208 | ||
VI. Körperimmanente Gesundheitsstörungen | 210 | ||
VII. Schutz vor anthropogenen Umweltgefahren | 214 | ||
VIII. Kein Schutz gegen Naturgewalten | 217 | ||
C. Die Übergriffsschwelle | 221 | ||
I. Menschliches Tun und Unterlassen | 223 | ||
II. Grundrechtsbeeinträchtigung und Grundrechtsgefährdung | 225 | ||
1. Grundrechtsgefährdung und Abwehrrecht | 225 | ||
2. Grundrechtsgefährdung und Schutzpflicht | 227 | ||
III. Gefahr und Risiko | 228 | ||
IV. Objektives Individualrisiko | 232 | ||
V. Rechtswidrigkeit | 233 | ||
Teil 5: Die Rechtsfolgen grundrechtlicher Schutzpflichten | 234 | ||
A. Das subjektive Recht auf staatlichen Schutz | 234 | ||
I. Die Identität von Schutzpflichten und Schutzansprüchen | 235 | ||
II. Anerkennung der Subjektivierung in Rechtsprechung und Literatur | 236 | ||
III. Begründungsversuche einer Subjektivierung | 237 | ||
1. Sozialstaatliche Begründung | 237 | ||
2. Wirkkraftverstärkung von Grundrechtsprinzipien | 238 | ||
3. Schutzpflichtverletzung als Grundrechtseingriff? | 239 | ||
IV. Grundrechtliche Subjektivierung objektiven Gesetzesrechts? | 241 | ||
B. Adressaten der Schutzpflichten | 242 | ||
I. Primäre und sekundäre Schutzpflichtenebene | 243 | ||
1. Der Gesetzgeber als primärer Adressat der Schutzpflichten | 245 | ||
2. Sekundäre Schutzpflichtenebene | 246 | ||
II. Einstufige Schutzpflichtenkonstellationen | 248 | ||
1. Nur-gesetzgeberischer Schutz | 248 | ||
2. „Gesetzesfreier" Schutz | 249 | ||
III. Die vertikale Verteilung der Schutzpflichtenverantwortung im Bundesstaat | 251 | ||
C. Die inhaltliche Konkretisierung der Schutzpflichten | 254 | ||
I. Unanwendbarkeit der Schrankenregelungen | 254 | ||
II. Anspruchsqualität: Kein Recht auf Grundrechtsvoraussetzungsschutz | 257 | ||
III. Anspruchsziel: Kein Recht auf optimalen Schutz | 259 | ||
IV. Die Auswahl der Schutzinstrumente und -Strategien | 262 | ||
1. Schutzinstrumente und Schutzstrategien | 263 | ||
a) Aktiver Schutz | 263 | ||
aa) Schutz durch Eingriff | 263 | ||
bb) Schutz ohne Eingriff | 264 | ||
b) Passiver Schutz | 266 | ||
c) Vierpolige Schutzstrategien | 268 | ||
2. Schutzpflichtenkonkretisierung als Prognoseentscheidung und die staatliche Gestaltungsfreiheit | 269 | ||
3. Auswahlkriterien | 273 | ||
a) Übergriffsintensität | 275 | ||
b) Wirkungsstadium der Schutzmaßnahmen | 276 | ||
c) Quantitatives Moment | 277 | ||
d) Schutzaufwand | 277 | ||
e) Subsidiarität staatlichen Schutzes | 278 | ||
V. Schutzpflichtenkollisionen | 282 | ||
1. Eingriffe in Störergrundrechte | 282 | ||
a) Meinungsstand | 282 | ||
b) Keine generelle verfassungsunmittelbare Eingriffsbefugnis | 284 | ||
c) Verfassungsunmittelbare „Notbefugnis" | 285 | ||
d) Schutzpflichten als verfassungsimmanente Grundrechtsschranken | 292 | ||
2. Kollision der Schutzpflicht mit der Schutzpflicht und anderen Grundrechtsfunktionen | 294 | ||
3. Kollision mit objektivem Verfassungsrecht | 295 | ||
VI. Untermaß verbot und Übermaßverbot | 297 | ||
1. Die Entwicklung des Untermaßverbotes in Literatur und Rechtsprechung | 297 | ||
2. Kritik aus der Literatur | 298 | ||
3. Die Struktur des Untermaßverbotes und sein Zusammenspiel mit dem Übermaß verbot | 301 | ||
Teil 6: Staatliche Schutzpflichten im Verbrauchervertragsrecht | 305 | ||
A. Grundlagen und Themen des Verbraucherschutzes | 305 | ||
I. Ökonomische Grundlagen und rechtspolitische Modelle des Verbraucherschutzes | 305 | ||
1. Die Verbraucherinteressen | 305 | ||
2. Staat und Markt: Verbraucherschutz in der Sozialen Marktwirtschaft | 307 | ||
3. Modelle einer Verbraucherschutzpolitik | 310 | ||
a) Marktkomplementärer Verbraucherschutz | 310 | ||
b) Marktkompensatorischer Verbraucherschutz | 312 | ||
4. Formelle versus materielle Vertragsfreiheit | 314 | ||
II. Der Rechtsbegriff des Verbraucherschutzes | 315 | ||
III. Gesetzgebung zum Verbraucherschutz | 317 | ||
B. Grundrechtliche Schutzpflichten im Vertragsrecht | 318 | ||
I. Das bundesverfassungsgerichtliche Theorem struktureller Disparität | 319 | ||
II. Schutzpflichten und Drittwirkung der Grundrechte | 321 | ||
1. Die Abwehrfunktion der Grundrechte im Privatrecht | 322 | ||
a) Zivilrechtsgesetzgebung | 323 | ||
b) Zivilrechtsprechung | 323 | ||
2. Die Dritt Wirkung der Grundrechte im Privatrecht | 326 | ||
a) Die These von der unmittelbaren Dritt Wirkung | 327 | ||
b) Die mittelbare Dritt Wirkung | 331 | ||
3. Die mittelbare Drittwirkung als Konkretisierungsvariante der Schutzpflichten | 333 | ||
III. Wirkungsgrenzen grundrechtlicher Schutzpflichten im Vertragsrecht | 338 | ||
1. Die geschützte Freiheitsposition | 338 | ||
2. Übergriff als Tatbestandsmerkmal der Schutzpflicht | 340 | ||
a) Vertragsgegenstand und Vorhersehbarkeit | 343 | ||
b) Deliktsähnlichkeit | 346 | ||
c) Vertragsfreiheit in Ungleichgewichtslagen | 347 | ||
3. Konkretisierung der Schutzpflichten | 348 | ||
C. Alternative verfassungsrechtliche Impulse für den Verbraucherschutz | 350 | ||
I. Das Sozialstaatsprinzip | 350 | ||
1. Bedeutung des Sozialstaatsprinzips | 351 | ||
2. Geltung und Inhalt des Sozialstaatsprinzips | 354 | ||
3. Sozialstaatsprinzip und Verbraucherschutz | 357 | ||
II. Weitere Verfassungsprinzipien, Staatszielbestimmungen und Institutsgarantien | 360 | ||
1. Rechtsstaatsprinzip | 360 | ||
2. Demokratieprinzip | 360 | ||
3. Staatliche Infrastrukturverantwortungen aus Art. 87e Abs. 4, 87f Abs. 1 GG | 361 | ||
4. Der Sonn- und Feiertagsschutz | 362 | ||
Teil 7: Zusammenfassung und Ergebnisse | 364 | ||
A. Ergebnisse und Thesen zu Teil 1 und Teil 2 (Grundlagen) | 364 | ||
B. Ergebnisse und Thesen zu Teil 3 (Anerkennung und Begründung) | 365 | ||
C. Ergebnisse und Thesen zu Teil 4 (Tatbestand und Reichweite) | 368 | ||
D. Ergebnisse und Thesen zu Teil 5 (Rechtsfolgen) | 370 | ||
E. Ergebnisse und Thesen zu Teil 6 (Schutzpflichten im Verbrauchervertragsrecht) | 373 | ||
Literaturverzeichnis | 377 | ||
Sachverzeichnis | 412 |