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Kimmel, C. (2003). Staatshaftung für Tumultschäden. Historische Entwicklung, Zustand und Reformperspektiven einer staatlichen Einstandspflicht für Tumultschäden in Deutschland unter vergleichender Berücksichtigung der französischen Rechtslage. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51218-8
Kimmel, Christiane. Staatshaftung für Tumultschäden: Historische Entwicklung, Zustand und Reformperspektiven einer staatlichen Einstandspflicht für Tumultschäden in Deutschland unter vergleichender Berücksichtigung der französischen Rechtslage. Duncker & Humblot, 2003. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51218-8
Kimmel, C (2003): Staatshaftung für Tumultschäden: Historische Entwicklung, Zustand und Reformperspektiven einer staatlichen Einstandspflicht für Tumultschäden in Deutschland unter vergleichender Berücksichtigung der französischen Rechtslage, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51218-8

Format

Staatshaftung für Tumultschäden

Historische Entwicklung, Zustand und Reformperspektiven einer staatlichen Einstandspflicht für Tumultschäden in Deutschland unter vergleichender Berücksichtigung der französischen Rechtslage

Kimmel, Christiane

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 935

(2003)

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Abstract

Kommt es - wie etwa alljährlich anläßlich der »Revolutionären 1.-Mai-Demonstration« in Berlin - durch das unfriedliche Verhalten einer Menschenmenge in der Öffentlichkeit zu Schädigungen fremder Rechtsgüter, so wird damit stets auch die Frage nach einer Einstandspflicht des Staates für Tumultschäden aktuell. Sie stellt sich für die Geschädigten um so drängender, als die Leistungspflicht der Versicherer durch Ausschlußklauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen regelmäßig ausgeschlossen ist und sich ein konkreter Schädiger, den man deliktisch haftbar machen könnte, nur selten identifizieren läßt. Indessen kommt nach der geltenden Rechtslage auch eine Haftung des Staates für Tumultschäden kaum in Betracht.

Eine Haftung nach den allgemeinen staatshaftungsrechtlichen Anspruchsinstituten scheidet im Regelfall aus, da es an einem pflichtwidrigen Verhalten der Polizei fehlt. Aufgrund der Eigengesetzlichkeiten kollektiven Handelns ist es der Polizei aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, rechtzeitig gegen die Gewalttäter einzuschreiten und ein Übergreifen der Gewaltbereitschaft zu verhindern. Die nur noch in einigen Bundesländern als Landesrecht fortgeltenden Regelungen des Reichstumultschädengesetzes aus dem Jahre 1920 helfen den Geschädigten ebenfalls nicht weiter, weil unfriedlich verlaufende Demonstrationen im Normalfall noch nicht als "innere Unruhen" anzusehen sind und eine Entschädigung für Sachschäden überdies nur bei Existenzgefährdung in Betracht kommt.

Da der Staat im Falle von Tumultschäden jedoch in seiner Grundaufgabe und Verpflichtung, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten, versagt hat, ist der Gesetzgeber zu einer Neuregelung des Tumultschädenrechts auf rechtsstaatlicher Grundlage verpflichtet. Die Verfasserin entwickelt deshalb einen Gesetzesvorschlag, der die Tumultschädenhaftung nicht als sozialstaatliche Billigkeitshaftung, sondern - ebenso wie der französische Gesetzgeber - als rechtsstaatliche Garantiehaftung ausgestaltet.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 12
Einführung 13
I. Die Entstehung von Tumultschäden 13
II. Die zivilrechtliche Haftung für Tumultschäden 15
1. Die Problematik 15
2. Die Haftung der passiven Demonstrationsteilnehmer 15
a) Die Haftung als Mittäter bzw. Gehilfe gemäß § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB 15
b) Die Haftung wegen Mißachtung der verkehrsüblichen Sorgfalt (Fahrlässigkeitshaftung) gemäß § 823 Abs. 1 BGB 18
c) Die Beweiserleichterung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB 19
3. Die Haftung der aktiv an Gewalttaten beteiligten Demonstranten 19
III. Versicherungsleistungen bei Tumultschäden 21
1. Die Problematik 21
2. Personenschäden 23
3. Sachschäden 23
4. Der Begriff der „inneren Unruhen" in den Ausschlußklauseln der Allgemeinen Versicherungsbedingungen 24
IV. Staatshaftung für Tumultschäden? 26
1. Legitimation einer Staatshaftung für Tumultschäden 26
a) Die Nichtverhinderung von Tumultschäden als pflichtwidriges Unterlassen des Staates 27
b) Die Nichtverhinderung von Tumultschäden als rechtmäßige Entscheidung zum Schutz anderer Rechtsgüter 27
c) Die Nichtverhinderung von Tumultschäden als Folge der notwendigen Unvollkommenheit staatlichen Schutzes 28
aa) Der Schutz von Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum seiner Bürger als elementare Staatsaufgabe 28
bb) Die spezialgesetzliche Begründung einer finanziellen Einstandspflicht des Staates für Tumultschäden 29
2. Gegenstand und Gang der Untersuchung 31
1. Kapitel: Der Ersatz von Tumultschäden nach den allgemeinen staatshaftungsrechtlichen Anspruchsinstituten 33
A. Amtshaftung für Tumultschäden 33
I. Die Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht durch das Nichtverhindern der Tumultschäden seitens der zuständigen Behörden 34
1. Die Bestimmung der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage(n) 35
a) Die Verhinderung von Tumulten durch präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld der Versammlung 37
aa) Das präventive Verbot der gesamten Versammlung gemäß § 15 Abs. 1 VersG 37
bb) Vorfeldmaßnahmen gegen Einzelpersonen 40
cc) Resümee 43
b) Die Verhinderung von Tumulten durch präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Verlauf der Versammlung 44
aa) Die Auflösung der Versammlung gemäß § 15 Abs. 2 VersG 44
bb) Der Ausschluß störender Versammlungsteilnehmer gemäß §§18 Abs. 3, 19 Abs. 4 VersG 47
cc) Resümee 48
2. Die Untätigkeit der Polizei in Gefahrensituationen als Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht 49
a) Der personelle Schutzbereich der Eingriffsermächtigungen 49
b) Die Problematik der Amtshaftung bei Ermessensentscheidungen 52
aa) Das Opportunitätsprinzip als Grundprinzip des Gefahrenabwehrrechts 53
bb) Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Amtshaftung bei Ermessensentscheidungen 54
cc) Die besondere Problematik der Amtspflichtverletzung bei der Betätigung des polizeilichen (Entschließungs-)Ermessens 56
II. Der Kausalitätszusammenhang zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden 59
1. Die doppelte Problematik im Falle einer Amtspflichtverletzung durch ermessensfehlerhaftes Unterlassen 59
2. Die Reduzierung des polizeilichen Entschließungsermessens auf Null als Voraussetzung für einen Kausalitätszusammenhang zwischen Ermessensfehler und Schaden 60
a) Die Anerkennung der Möglichkeit einer Ermessensreduzierung auf Null in der Rechtsprechung der Zivil- und Verwaltungsgerichte 60
b) Die Voraussetzungen für eine Reduzierung des polizeilichen Entschließungsermessens auf Null 61
aa) Die Wertigkeit der bedrohten Rechtsgüter 62
bb) Die tatsächliche Unmöglichkeit als Grenze der Ermessensschrumpfung 64
cc) Resümee 65
III. Das Erfordernis des Verschuldens 66
B. Entschädigung für Tumultschäden aus enteignungs- und aufopferungsgleichem Eingriff 67
C. Entschädigung für Tumultschäden aus enteignendem Eingriff und Aufopferung 71
I. Enteignender Eingriff und Aufopferung durch Unterlassen? 72
1. Die haftungsrechtliche Relevanz hoheitlichen Unterlassens 72
2. Die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen 73
3. Die Gestattung von Demonstrationen als Anknüpfungspunkt eines Aufopferungsanspruchs? 74
II. Allgemeiner Aufopferungsanspruch und spezielle Tumultschädengesetze 76
D. Zusammenfassung 76
2. Kapitel: Der Ersatz von Tumultschäden kraft spezialgesetzlicher Anordnung 78
A. Die Entwicklungsgeschichte der Tumultschädenhaftung in Deutschland 79
I. Die genossenschaftliche Gesamthaftung als Ursprung der Tumultschädenhaftung 81
II. Das französische Revolutionsgesetz vom 10. Vendémiaire des Jahres IV (2. Oktober 1795) 82
1. Der wesentliche Inhalt des Gesetzes 82
2. Das Prinzip der genossenschaftlichen Gesamthaftung als Rechtsgrund der Haftungsanordnung 84
a) Der Gedanke der Prävention 84
b) Der Gedanke der Schadensrepartition 85
c) Die Tumultschädenhaftung der Gemeinden als Haftung wegen eines Versagens der „staatlichen Ordnungsmacht"? 86
III. Die Tumultschädengesetzgebung in Preußen (und anderen deutschen Staaten) nach der Revolution von 1848 87
1. Der wesentliche Inhalt des preußischen Tumultschädengesetzes vom 11. März 1850 88
2. Das Prinzip der genossenschaftlichen Gesamthaftung als Rechtsgrund der Haftungsanordnung 89
3. Der Umfang der Haftung nach dem preußischen Tumultschädengesetz 92
4. Resümee 96
IV. Das Reichstumultschädengesetz vom 12. Mai 1920 96
1. Inhaltliche Neuerungen gegenüber dem preußischen Tumultschädengesetz 96
a) Die Ersatzverpflichteten 96
b) Der Entschädigungstatbestand 98
aa) Das Tatbestandsmerkmal der inneren Unruhen 98
bb) Die (weiteren) gesetzlichen Vorkehrungen zur Beschränkung der Ersatzpflicht 101
(1) Die Begrenzung des Ersatzanspruchs auf den unmittelbaren Schaden 101
(2) Die Fortkommensklausel des § 2 RTSchG 103
(3) Die Begrenzung des Ersatzanspruchs auf 75% des Schadens durch die Verordnung vom 8. Januar 1924 105
cc) Resümee 105
2. Die Auswechslung des Rechtsgrundes der Haftungsanordnung 106
a) Der Legitimationsverlust der genossenschaftlichen Gesamthaftung als Grundlage der Anordnung einer Gemeindehaftung für Tumultschäden 106
b) Der Rechtsgrund der Haftungsanordnung nach dem Reichstumultschädengesetz 109
aa) Das Versagen des Staates als Garant der Sicherheit und Ordnung als causa der Haftungszuweisung? 109
bb) Staatshaftung für Tumultschäden als sozial motivierte Entschädigung 110
B. Die Staatshaftung für Tumultschäden nach der geltenden Rechtslage 112
I. Die Fortgeltung des Reichstumultschädengesetzes und des Kriegspersonenschädengesetzes nach 1945 112
1. Die Fortgeltung in der bundesrepublikanischen Rechtsordnung (alte Bundesländer) 112
2. Die Fortgeltung im Beitrittsgebiet (neue Bundesländer) 116
3. Resümee 117
II. Auslegung und Anwendung des Reichstumult- und des Kriegspersonenschädengesetzes in der bundesrepublikanischen Rechtsordnung 118
1. Die Schwierigkeiten bei der Subsumtion heutiger Erscheinungsformen von Tumulten unter das Tatbestandsmerkmal der „inneren Unruhen" 118
2. Verfahrensrechtliche Probleme 122
III. Ergebnis 124
C. Exkurs: Die Entwicklung des Tumultschädenrechts in Frankreich seit dem Gesetz vom 10. Vendémiaire des Jahres IV 125
I. Das Gesetz vom 5. April 1884 126
II. Das Gesetz vom 16. April 1914 127
III. Das Gesetz vom 7. Januar 1983 131
IV. Das geltende französische und deutsche Tumultschädenrecht im Vergleich 133
3. Kapitel: Staatshaftung für Tumultschäden de lege ferenda 135
A. Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Neuregelung des Tumultschädenrechts 139
I. Die Besonderheiten der Entstehung von Tumultschäden 139
II. Die Pflicht des Staates zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung 141
1. Die Gewährleistung von Sicherheit als konstituierende Grundaufgabe des (modernen) Staates 141
2. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht des Staates aus den Grundrechten 142
3. Die Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht durch Gesetzgebung und Verwaltung 143
III. Die Verpflichtung des Staates zur Übernahme des Tbmultschädenrisikos als Folge der Nichterfüllung der staatlichen Schutzpflicht im Falle von Tumultschäden 145
1. Die Unzulänglichkeit der gesetzlichen Schutzvorkehrungen im Falle von Tumultschäden 145
2. Die Verpflichtung des Staates zur Übernahme des Tumultschädenrisikos 146
3. Die Begrenzung der Pflicht zur staatlichen Risikoübernahme auf Tumultschäden 148
4. Resümee 150
B. Die inhaltliche Ausgestaltung einer staatlichen Tumultschädenhaftung durch den Gesetzgeber 150
I. Staatlicher Ausgleich für Tumultschäden als soziale Entschädigung oder als rechtsstaatliche Garantiehaftung? 151
II. Die Ausgestaltung einer reformierten Tumultschädenhaftung des Staates im einzelnen 153
1. Der haftungsbegründende Tatbestand 153
2. Die Bestimmung des Ersatzverpflichteten 155
3. Der Umfang des Ersatzanspruchs 156
a) Die Bemessung der staatlichen Einstandspflicht am Umfang des entstandenen Schadens 156
b) Der Einfluß von Leistungen Dritter an den Geschädigten auf den Umfang seines Ersatzanspruchs gegen den Staat 157
c) Der Einfluß des Mitverschuldens des Geschädigten auf den Umfang des Ersatzanspruchs 159
4. Die Gesetzgebungskompetenz 160
a) Der Begriff der Staatshaftung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG 161
b) Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG für die Inanspruchnahme der konkurrierenden Bundeskompetenz 161
5. Verfahrensrechtliche Regelungen 162
a) Gerichtliche Zuständigkeit 162
b) Behördliches Vorverfahren 163
C. Resümee: Entwurf eines Tumultschädengesetzes 163
Literaturverzeichnis 165
Personen- und Sachregister 175