Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft
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Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft
Eine grundrechtsdogmatische Untersuchung zum Normbereich von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 745
(1998)
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Abstract
Das abwehrrechtliche Verständnis von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist keine adäquate grundrechtsdogmatische Konzeption, um dem Lebensbereich Wissenschaft in der Risikogesellschaft in seinen positiven wie in seinen negativen Verheißungen zu entsprechen. Stattdessen verlangt freie Wissenschaft anspruchsvolle organisatorische Vorleistungen, in denen sich individuelles wissenschaftliches Handeln dann entfalten kann. Für die Bestimmung von Art. 5 Abs. 3 GG als Organisationsgrundrecht ist entscheidend, daß dem Staat hieraus die verfassungsrechtlich wirksame Pflicht zu konsequentem Organisationshandeln erwächst. Demnach erfüllt nicht der gesamte Bereich staatlich organisierter Wissenschaft, der in seinen typischen institutionellen Ausprägungen (Universität, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Großforschung, Ressortforschung) untersucht wird, die Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 GG. Vor allem bezieht sich dessen Gewährleistungsbereich nicht auf die Industriewissenschaft. Ihr Grundrechtsschutz muß der Entfaltung wirtschaftlicher Freiheit entsprechen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 14 | ||
Erstes Kapitel: Wissenschaft in der Risikogesellschaft | 26 | ||
I. Problemstellung | 26 | ||
II. Experiment, Gesetz und Fortschritt als soziologische Kennzeichen der Wissenschaft | 31 | ||
1. Die sozialen Ursprünge neuzeitlicher Wissenschaft | 33 | ||
a) Ingenieure | 34 | ||
b) Universitätsgelehrte | 35 | ||
c) Humanisten | 36 | ||
d) Ergebnis | 37 | ||
2. Das Entstehen neuzeitlicher Wissenschaft: Experiment, Gesetz und Fortschritt als Determinanten | 38 | ||
a) Das Experiment | 39 | ||
b) Das Gesetz | 40 | ||
c) Der Fortschritt | 45 | ||
d) Der reflexive Gehalt von Experiment, Gesetz und Fortschritt | 47 | ||
e) Ergebnis | 49 | ||
III. Die Organisation neuzeitlicher Wissenschaft | 51 | ||
1. Wissenschaft und Technik | 51 | ||
2. Das Verhältnis von Wissenschaft und Technik im Wandel seiner Organisation | 53 | ||
a) Die Organisation der Akademien als Prozeß der Entdifferenzierung | 55 | ||
b) Organisatorische Differenzierung von Wissenschaft und Technik | 57 | ||
3. Ergebnis | 60 | ||
IV. Der deutsche Wissenschaftsidealismus des 19. Jahrhunderts: Bildung durch Wissenschaft in Einsamkeit und Freiheit | 61 | ||
1. Bildung durch Wissenschaft in "Einsamkeit und Freiheit" | 62 | ||
2. Der deutsche Wissenschaftsidealismus des 19. Jahrhunderts | 65 | ||
3. "Deduzierte Pläne" zu einer akademischen Universitätsidee | 67 | ||
a) Das theoretische Fundament | 67 | ||
b) Ihre organisatorische Umsetzung durch die Gründung der Berliner Universität | 72 | ||
4. Ergebnis | 77 | ||
V. Der Wissenschaftsidealismus des 19. Jahrhunderts und die modernen Naturwissenschaften | 80 | ||
VI. Synthetische Chemie, Kernenergieforschung und Genforschung als Paradigmen moderner Naturwissenschaften | 83 | ||
1. Synthetische Chemie | 84 | ||
a) Merkantilisierung des Wissens - Das Enstehen von Industriewissenschaft | 87 | ||
b) Die Abkehr vom mechanistischen Weltbild | 90 | ||
2. Kernenergieforschung | 91 | ||
a) Kernenergieforschung in der Bundesrepublik Deutschland | 93 | ||
aa) Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen: Wissenschaft oder Wirtschaft? | 94 | ||
bb) Grundlagenforschung und Anwendungsforschung im Bereich der Kernenergie | 96 | ||
(1) Forschungsreaktoren | 97 | ||
(2) Versuchskernkraftwerke und Prototypen | 98 | ||
b) Das Verhältnis von Gesetz und Experiment in der Kernenergieforschung | 100 | ||
c) Der organisatorische Rahmen: Die Entwicklung der Großforschung am Beispiel der Kernreaktorforschung | 102 | ||
d) Großforschung als eigener Forschungstyp | 104 | ||
e) Großforschung als Anwendungsforschung und als Grundlagenforschung | 106 | ||
3. Genforschung | 108 | ||
a) Wissenschaftlich-technische Grundlagen | 111 | ||
b) Gesetzliche Grundlagen | 112 | ||
c) Gentechnische Forschung: Wissenschaft oder Wirtschaft? | 112 | ||
d) Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen | 113 | ||
VII. Strukturen wissenschaftlicher Erkenntnis in der Risikogesellschaft | 117 | ||
1. Die Umwelt als Labor | 120 | ||
2. Wissenschaftliches Wissen zwischen Gesetzmäßigkeit und Erfahrung | 124 | ||
3. Die Ambivalenz von Chancen und Risiken durch wissenschaftlichen Fortschritt | 128 | ||
a) Gefahrenproduktion durch Wissenschaft | 133 | ||
b) Gefahrenidentifikation durch Wissenschaft | 134 | ||
Zweites Kapitel: Wissenschaftsfreiheit als Grundrechtsproblem: Vom Lebensbereich Wissenschaft zum Normbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG | 136 | ||
I. Problemstellung: Art. 5 Abs. 3 GG als Abwehrrecht "Jedermanns"? | 136 | ||
II. Wissenschaftsfreiheit in den Verfassunggebungen bis zur Weimarer Reichsverfassung | 143 | ||
1. Wissenschaftsfreiheit als Mitteilungsfreiheit | 143 | ||
2. Wissenschaftsfreiheit als Verwirklichung des Humboldtschen Bildungsideals | 146 | ||
3. Die Verfassunggebungen in der wissenschaftlichen Rezeption | 147 | ||
4. Ergebnis | 149 | ||
III. Die verfassungsrechtliche Diskussion um Art. 142 und Art. 118 WRV | 151 | ||
1. Verfassunggebung: Die Beratungen zu Art. 142 WRV | 152 | ||
2. Die Staatsrechtslehrertagung 1927: Das Grundrecht der deutschen Universität | 154 | ||
3. Ergebnis | 158 | ||
IV. Die verfassungsrechtliche Diskussion um Art. 5 Abs. 3 GG | 161 | ||
1. Die Begründung der Wissenschaftsfreiheitsgarantie in Art. 5 Abs. 3 GG als Grundrecht "Jedermanns" | 161 | ||
a) Verfassunggebung | 161 | ||
b) Die Fortschreibung als Grundrecht der Universität | 162 | ||
c) Art. 5 Abs. 3 GG als "Jedermanns"-Grundrecht | 164 | ||
d) Die Staatsrechtslehrertagung 1968: Die Repersonalisierung des Art. 5 Abs. 3 GG | 165 | ||
e) Das Hochschulurteil des Bundesverfassungsgerichts | 167 | ||
f) Folgerungen | 169 | ||
aa) Gewährleistung freier Wissenschaft des Einzelnen | 170 | ||
bb) Organisation freier Wissenschaft | 171 | ||
g) Industrieforschung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 172 | ||
h) Ergebnis | 175 | ||
2. Die Begrenzung der Wissenschaftsfreiheitsgarantie in Art. 5 Abs. 3 GG als Abwehrrecht | 177 | ||
a) Grenzen der Wissenschaftsfreiheit als Problem der Abwägung | 179 | ||
aa) Weite Normbereiche als grundrechtsdogmatische Prämisse - Lebensbereich Wissenschaft als Normbereich von Art. 5 Abs. 3 GG | 180 | ||
bb) Die Einschränkbarkeit von Art. 5 Abs. 3 GG zugunsten des Tierschutzes als Anwendungsfall | 183 | ||
cc) Ergebnis | 187 | ||
b) Begrenzung als Problem des Normbereichs | 190 | ||
aa) Begrenzung des Forschungsprivilegs durch die allgemeine Rechtsordnung als immanente Nichtstörungsschranke | 191 | ||
bb) Begrenzung des Wirkbereichs der Wissenschaft | 192 | ||
cc) Begrenzung durch die allgemeine Verantwortung des Wissenschaftlers | 193 | ||
dd) Ergebnis | 194 | ||
Drittes Kapitel: Vom Lebensbereich Wissenschaft zum Normbereich der Wissenschaftsfreiheit als Organisationsgmndrecht | 200 | ||
I. Problemstellung: Wissenschaft und Wissenschaftsfreiheit | 200 | ||
II. Grundrechtstheoretischer und grundrechtsdogmatischer Zugang | 207 | ||
III. Abwehrrechtliche und leistungsrechtliche Grundrechtsfunktion | 209 | ||
1. Freiheitsrechte in ihrer Abwehrfunktion | 210 | ||
2. Die Genese der Freiheitsrechte in ihrer Leistungsfunktion | 211 | ||
a) Teilhaberechte | 213 | ||
b) Schutzpflichten | 214 | ||
c) Drittwirkung | 217 | ||
d) Verfahrensgrundrechte | 219 | ||
e) Organisationsgrundrechte | 221 | ||
3. Grundrechtstheoretische und -dogmatische Folgerungen | 223 | ||
a) Teilhaberechte | 223 | ||
b) Schutzpflichten | 224 | ||
c) Drittwirkung | 225 | ||
d) Verfahrensgrundrechte | 225 | ||
e) Organisationsgrundrechte | 226 | ||
f) Ergebnis | 227 | ||
4. Objektive Leistungsansprüche als eigenständige Grundrechtsfunktion | 228 | ||
5. Subjektivrechtliche Folgen objektiver Grundrechtsfunktionen | 232 | ||
IV. Folgen für die Interpretation von Art. 5 Abs. 3 GG | 235 | ||
V. Art. 5 Abs. 3 GG als Organisationsauftrag an den Staat | 238 | ||
1. Der äußere Aspekt der Wissenschaftsfreiheit: Pflicht des Staates zur Organisation autonomer Wissenschaftseinrichtungen | 241 | ||
a) Staatliche Organisationsleistung als Vermittlungsfunktion | 243 | ||
b) Äußere Grenzen der Wissenschaftsfreiheit | 244 | ||
2. Der innere Aspekt der Wissenschaftsfreiheit: Verfassungsrechtliche Anforderungen an autonome Binnenstrukturen | 246 | ||
a) Die sozialen Normen autonomer Wissenschaft | 248 | ||
aa) Die Mertonschen Normen | 249 | ||
bb) Ihre Kritik und Fortentwicklung | 250 | ||
(1) Diskrepanz zwischen Geltung und Erfüllung | 251 | ||
(2) Verhältnis von Wissenschaftstheorie und Wissenschaftssoziologie | 252 | ||
(3) Finalisierung der Wissenschaft | 254 | ||
b) Folgen für den verfassungsrechtlichen Wissenschaftsbegriff | 255 | ||
aa) Die Relevanz der sozialen Normen autonomer Wissenschaft für das Verständnis von Art. 5 Abs. 3 GG als Abwehrrecht | 256 | ||
bb) Die Relevanz der sozialen Normen autonomer Wissenschaft für Art. 5 Abs. 3 GG als Organisationsgrundrecht | 258 | ||
VI. Die Verwirklichung autonomer Wissenschaft als Parameter für die Zuordnung grundrechtlicher Freiheiten | 260 | ||
1. Universitäre Forschung und Lehre | 261 | ||
a) Aufgaben | 262 | ||
aa) Forschung | 262 | ||
bb) Lehre | 263 | ||
cc) Einheit von Forschung und Lehre | 263 | ||
dd) Drittmittelforschung | 264 | ||
b) Äußere Organisationsbedingungen | 265 | ||
c) Innere Organisationsstruktur | 266 | ||
aa) Geschäftsführung | 267 | ||
bb) Wissenschaftliche Partizipation | 268 | ||
cc) Staatliche Aufsicht | 268 | ||
d) Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 270 | ||
2. Max-Planck-Gesellschaft als Trägerorganisation | 273 | ||
a) Aufgaben | 274 | ||
b) Äußere Organisationsbedingungen | 274 | ||
c) Innere Organisationsstruktur | 275 | ||
aa) Geschäftsführung | 276 | ||
bb) Wissenschaftliche Partizipation | 276 | ||
cc) Staatliche Aufsicht | 277 | ||
d) Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 277 | ||
3. Fraunhofer-Gesellschaft als Trägerorganisation | 280 | ||
a) Aufgaben | 280 | ||
b) Äußere Organisationsbedingungen | 281 | ||
c) Innere Organisationsstruktur | 281 | ||
aa) Geschäftsführung | 282 | ||
bb) Wissenschaftliche Partizipation | 282 | ||
cc) Staatliche Aufsicht | 283 | ||
d) Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 284 | ||
4. Großforschung | 285 | ||
a) Aufgaben | 286 | ||
b) Äußere Organisationsbedingungen | 287 | ||
c) Innere Organisationsstruktur | 288 | ||
aa) Geschäftsführung | 289 | ||
bb) Wissenschaftliche Partizipation | 289 | ||
cc) Staatliche Aufsicht | 290 | ||
d) Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 291 | ||
5. Ressortforschung | 294 | ||
a) Aufgaben | 294 | ||
aa) Wissenschaftliche Beratung | 295 | ||
bb) Wissenschaftliche Aufsicht und Kontrolle | 297 | ||
b) Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 302 | ||
6. Ergebnis | 303 | ||
7. Folgen für die Zuordnung grundrechtlicher Freiheiten | 305 | ||
a) Ressortforschung als wissenschaftliche Aufsicht und Kontrolle | 306 | ||
b) Ressortforschung als wissenschaftliche Beratung | 307 | ||
c) Wissenschaft im Kontext ökonomischer Verwertung | 307 | ||
VII. Subjektivrechtliche Folgen von Art. 5 Abs. 3 GG als Organisationsgrundrecht | 308 | ||
1. Die Wissenschaftseinrichtung als Grundrechtsträgerin | 309 | ||
2. Der einzelne Wissenschaftler als Grundrechtsträger | 312 | ||
Viertes Kapitel: Vom Lebensbereich Wissenschaft zum Normbereich der Wirtschaftsfreiheit | 317 | ||
I. Problemstellung: Wissenschaft und Wirtschaftsfreiheit | 317 | ||
II. Industrieforschung als Referenzgebiet von Wissenschaft außerhalb staatlicher Bindungen | 321 | ||
1. Die Organisation wissenschaftsrelevanter Binnenstrukturen der industriellen Forschung und Entwicklung | 323 | ||
a) Die Organisation des Forschungs- und Entwicklungsbereichs nach technisch-wissenschaftlichen Disziplinen | 324 | ||
b) Die Organisation des Forschungs- und Entwicklungsbereichs nach Phasen wissenschaftlich-technischer Erkenntnisoperationen | 326 | ||
c) Die Organisation des Forschungs- und Entwicklungsbereichs nach Produkten bzw. Produktgruppen | 328 | ||
2. Folgerungen für die Bedingungen autonomer Wissenschaft | 330 | ||
III. Grundrechtsschutz für die Industrieforschung | 332 | ||
1. Kein Schutz der Industrieforschung durch Art. 5 Abs. 3 GG als Abwehrrecht | 333 | ||
2. Kein Grundrechtsschutz ftir Industrieunternehmen aus Art. 5 Abs. 3 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG | 335 | ||
3. Wirtschaftsfreiheit des Unternehmens aus Art. 12 Abs. 1 GG als Abwehrrecht | 337 | ||
4. Berufsfreiheit des Industriewissenschaftlers aus Art. 12 Abs. 1 GG | 338 | ||
IV. Folgen für die Auslegung einfachen Rechts: Die Besteuerung von Großforschungseinrichtungen als Fallbeispiel | 339 | ||
Zusammenfassung | 343 | ||
Literaturverzeichnis | 357 | ||
Sachwortverzeichnis | 381 |