Intersubjektivität durch Strafzumessungsrichtlinien
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Intersubjektivität durch Strafzumessungsrichtlinien
Eine Untersuchung mit Bezug auf die »sentencing guidelines« in den USA
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 120
(1999)
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Abstract
Die Strafzumessung ist trotz aller Bemühungen um ihre Rationalisierung und wissenschaftliche Fundierung einer der Vorgänge im deutschen Strafprozeß geblieben, der sich am meisten der Vorhersehbarkeit und Nachprüfbarkeit entzieht. Die richterliche Bewertung der Tat und der Persönlichkeit des Täters entscheidet jeweils im Einzelfall über das Maß der Strafe. Der Autor plädiert im vorliegenden Werk für die Einführung von bindenden Strafzumessungsrichtlinien, um den Vorgang der Strafzumessung rechtlich fassen zu können und überprüfbar zu machen.In einem ersten Schritt werden die Kriterien für die Bemessung der Strafe und ihre Rechtfertigung unter dem Schuldprinzip und der verfassungsrechtlichen Vorgabe intersubjektiv nachvollziehbarer und vorhersehbarer Strafmaßentscheidungen untersucht. Christoph Reichert kommt dabei zu dem Schluß, daß es den bisher vertretenen Konzeptionen zur Verrechtlichung der Strafzumessungsentscheidung systembedingt an Überprüfbarkeit mangelt.Hieran schließt sich ein Blick auf Strafzumessungsmodelle in den USA an, die in der Form der "sentencing guidelines" versuchen, den Prozeß der Strafmaßbestimmung stärker zu kontrollieren und das Gefühl des Richters durch eine vorgegebene Bewertungsskala von Tatumständen und Tätereigenschaften zu ersetzen. Auch in diesen Systemen ist das Ermessen des Richters nicht völlig aufgehoben; es setzt jedoch erst dann ein, wenn sich der zu beurteilende Fall durch wesentliche Besonderheiten auszeichnet, die eine Abweichung vom richtliniengeprägten Strafmaß notwendig erscheinen lassen.Der Verfasser untersucht schließlich die Übertragbarkeit des Richtlinienmodells auf das deutsche Strafzumessungsrecht. Dabei zieht er Parallelen zwischen den im Vordringen begriffenen tatschuldorientierten Theorien der Normstabilisierung und der Lehre vom "just deserts", welche die Erstellung der Strafzumessungsrichtlinien prägte. Auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung hält seiner Ansicht nach ein Modell richtlinien-orientier
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 15 | ||
A. Bedeutung der Entscheidung über das Strafmaß | 15 | ||
B. Intersubjektivität als Erfordernis der Rechtsstaatlichkeit | 18 | ||
C. Demokratische Legitimierung von Wertungsentscheiden | 21 | ||
D. Ziel und Gang der Untersuchung | 24 | ||
E. Begrifflichkeit | 27 | ||
Teil 1: Strafzumessungsrecht in Deutschland de lege lata | 30 | ||
A. Schuldbegriff und Strafzwecke | 31 | ||
I. Schuld als Leitprinzip | 31 | ||
1. Verfassungsrechtliche Verankerung | 31 | ||
2. Schwierigkeit inhaltlicher Konkretisierung | 35 | ||
3. Unscharfe des Schuldbegriffs | 37 | ||
II. Strafzweckmäßigkeit als Eingriffsvoraussetzung | 45 | ||
III. Verhältnis zwischen Schuldbegriff und Strafzwecken | 48 | ||
IV. Relation von ‘Schuld’ und Normstabilisierung | 57 | ||
1. Schuldbegriff und Theorien positiver Generalprävention | 58 | ||
2. Schuldzuweisung als normativer Prozeß mit normstabilisierendem Effekt | 59 | ||
3. Verhältnismäßigkeit der Sanktion | 61 | ||
a) Eignung der Strafe zur Normstabilisierung | 62 | ||
b) Erforderlichkeit der Strafe zur Normstabilisierung | 63 | ||
c) Angemessenheit der Strafe | 64 | ||
d) Zusammenfassend zur Verhältnismäßigkeit | 65 | ||
4. Tatproportionalität als Gerechtigkeitskriterium | 66 | ||
V. Zwischenergebnis | 66 | ||
B. Strafzumessungsrecht in Rechtsprechung und Literatur | 67 | ||
I. Strafzumessung als Rechtsanwendung | 68 | ||
II. Systematisierung der Strafzumessungsentscheidung | 71 | ||
1. Die gerichtliche Praxis | 74 | ||
a) Die Spielraumtheorie in der Rechtsprechung | 78 | ||
b) Erhöhte Prüfungsdichte bei den Revisionsgerichten | 80 | ||
c) Straftaxensysteme | 82 | ||
d) Ungleichmäßigkeit im Strafen? | 85 | ||
aa) Empirisch nachweisbare Varianzen in der Strafzumessung | 87 | ||
bb) Die Untersuchung von Streng | 89 | ||
cc) Die Untersuchung von H.-J. Albrecht | 92 | ||
dd) Zusammenfassung u. Bewertung der empirischen Ergebnisse | 95 | ||
2. Strafzumessungstheorien in der Literatur | 97 | ||
a) Die Spielraumtheorie in der Literatur | 97 | ||
b) Theorie der Punktstrafe | 102 | ||
c) Theorie des sozialen Gestaltungsaktes | 103 | ||
d) Stufen- oder Stellenwerttheorie | 105 | ||
e) Theorie der Tatschuldvergeltung | 113 | ||
f) Positive Generalprävention als Strafzumessungslehre | 117 | ||
g) Strafzumessung nach Tatproportionalität | 121 | ||
aa) Prinzipien der Tatproportionalität | 122 | ||
bb) Konflikt mit der derzeitigen Gesetzeslage | 126 | ||
cc) Konkretisierung der Proportionalität im Einzelfall | 130 | ||
dd) Bewertung der Tatproportionalitätslehre | 131 | ||
C. Zwischenergebnis | 133 | ||
Teil 2: Strafzumessungsreform in den USA | 137 | ||
A. Entwicklung der Strafzumessungsreform | 138 | ||
I. Paradigmawechsel von Resozialisierung zu „just deserts“ | 140 | ||
1. ‘Just deserts’ als Tatproportionalitätslehre | 141 | ||
2. ‘Just deserts’ und Prävention | 142 | ||
II. Neue Wege in der Strafmaßbestimmung | 145 | ||
1. ‘Truth in sentencing’ und Voraussehbarkeit der Strafdauer | 146 | ||
2. Überfüllung der Gefängnisse | 147 | ||
3. Der Trend zum ‘determinate’ oder ‘guideline sentencing’ | 150 | ||
III. Tatunrechtsbezogene Strafen durch ‘sentencing guidelines’? | 153 | ||
1. Vorstrafenbelastung und Strafhöhe | 153 | ||
a) Renitenz des Normbrechers | 154 | ||
b) ‘Strafrabatt’ für den Ersttäter | 155 | ||
c) Straf(un)empfindlichkeit des Wiederholungstäters | 158 | ||
d) Rechtsgutsfeindliche Gesinnung | 159 | ||
e) Widerspruch zum ‘Gesamtstrafenrabatt’ | 159 | ||
2. Objektivierte Strafzumessung und Einzelfallgerechtigkeit | 160 | ||
3. Teilbarkeit der Sanktionsentscheidung | 163 | ||
B. Lösungswege | 165 | ||
I. Die kalifornische Lösung | 166 | ||
1. Die gesetzliche Regelung | 167 | ||
2. Analyse der Regelung | 170 | ||
3. Bewährung in der Praxis | 171 | ||
4. Bewertung | 174 | ||
II. Das Richtlinienmodell Minnesotas | 175 | ||
1. Die gesetzliche Regelung | 176 | ||
a) Grundentscheidungen der Richtlinienkommission | 177 | ||
b) Die Strafzumessungsmatrix | 178 | ||
c) Abweichungen (‘departures’) | 181 | ||
d) Gesetzliche Grenzstrafmaße | 182 | ||
e) Mehrere Taten | 183 | ||
f) Weitere Regelungen | 184 | ||
2. Analyse der Regelung | 184 | ||
3. Bewährung in der Praxis | 188 | ||
a) Resozialisierungs(un)fähigkeit als Abweichungsgrund | 189 | ||
b) ‘Verzicht’ des Angeklagten auf Anwendung der Richtlinien | 191 | ||
c) Empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit | 195 | ||
4. Bewertung | 198 | ||
III. Das System der Federal Sentencing Guidelines | 199 | ||
1. Die gesetzliche Regelung | 200 | ||
a) Verfahren zur Erstellung der ‘guidelines’ | 200 | ||
aa) Zusammensetzung, Ernennung und Aufgaben der Strafzumessungskommission | 200 | ||
bb) Einfluß der Legislative | 202 | ||
b) Materielle Struktur der Richtlinien | 204 | ||
aa) Strafzumessungsrelevante Umstände | 206 | ||
bb) ‘Real offense’ oder ‘charge offense’? | 210 | ||
cc) System der ‘offense levels’ | 214 | ||
dd) System der ‘criminal history points’ | 216 | ||
ee) Strafzumessungsmatrix | 217 | ||
ff) Abweichung von den ‘guidelines’ | 220 | ||
2. Analyse der Regelung | 221 | ||
3. Reaktionen und Umsetzung | 224 | ||
a) Grundsätzliche Kritik | 224 | ||
b) Verfassungsrechtliche Zweifel | 229 | ||
c) Revisionsrechtlicher Kontrollmaßstab bei ‘departures’ | 234 | ||
aa) Koon v. U.S. – Fakten und Prozeßgeschichte | 234 | ||
bb) Koon v. U.S. – Entscheidung und Begründung | 236 | ||
cc) Die Bedeutung von Koon v. U.S. | 239 | ||
d) Erhöhung der Gleichmäßigkeit der Strafzumessung? | 240 | ||
e) ‘Plea agreements’ – Stärkung der Staatsanwaltschaft? | 242 | ||
4. Bewertung | 245 | ||
C. Zwischenergebnis | 246 | ||
Teil 3: Übertragbarkeit des amerikanischen Lösungsansatzes | 249 | ||
A. Folgerungen aus dem Systemvergleich | 250 | ||
I. Vereinigungstheorie und ‘Strafzweckneutralität’ | 251 | ||
II. Schuldbegriff und ‘just deserts’ | 253 | ||
III. Theorie der tatproportionalen Normstabilisierung | 255 | ||
IV. Intersubjektivität und demokratische Legitimierung | 257 | ||
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit | 261 | ||
I. Materiell-inhaltliche Vorgaben | 262 | ||
II. Verfassungsgemäßes Verfahren | 267 | ||
1. Überantwortung der Richtlinienerstellung an die Exekutive | 268 | ||
2. Überantwortung der Richtlinienerstellung an eine unabhängige Kommission | 271 | ||
C. Eckpunkte eines deutschen Richtlinienmodells | 273 | ||
I. Verfahren | 273 | ||
1. Der gesetzliche Auftrag | 274 | ||
2. Die Richtlinienkommission | 275 | ||
3. Revisionsrechtliche Änderungen | 276 | ||
II. Materielle Struktur | 277 | ||
1. Grundstruktur | 277 | ||
a) Vorstrafenbelastung | 277 | ||
b) Zwei Stufen der Strafzumessung | 280 | ||
2. Tatbestandsorientierte Tatschwerepunkte | 281 | ||
3. Allgemeine Milderungs- und Schärfungsgründe | 282 | ||
4. Sonstige Abweichungen | 283 | ||
5. Konkurrenzen | 284 | ||
6. Geständnisse und Absprachen | 287 | ||
a) Geständnisse | 288 | ||
b) Absprachen | 291 | ||
7. Zusammengefaßt | 294 | ||
Fazit | 297 | ||
A. Mangelhaftigkeit des Bestehenden | 298 | ||
B. Prävention durch tatproportionale Strafe | 299 | ||
Literaturverzeichnis | 303 | ||
Sachregister | 315 |