Zwangskontrakt und Güterdefinition
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Zwangskontrakt und Güterdefinition
Zur Klärung der Begriffe »Enteignung« und »Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums«
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 679
(1995)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Das BVerfG hat mit dem Naßauskiesungsbeschluß von 1981 die Dogmatik zu Art. 14 GG gleichsam auf den Kopf gestellt. Es hat insbesondere neu definiert, was einerseits Enteignung, andererseits Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ist. Rechtsprechung und Lehre sind dem BVerfG inzwischen weitgehend gefolgt, es haben sich aber auch Zweifel gehalten, ob die neuen Definitionen des Gerichts wirklich so trennscharf sind wie behauptet.Die vorliegende Untersuchung hält diese Zweifel für berechtigt, möchte aber dennoch die Grundkonzeption des Gerichts ("Trennungstheorie") unterstützen. Zu diesem Zweck werden deren Grundbegriffe anhand eines Marktmodells präzisiert: Die öffentliche Gewalt ("der Staat") wird einerseits als "Marktveranstalter" gedacht, dessen Aufgabe es ist zu definieren, welche Güter in welcher Weise "marktfähig" sind (Inhalts- und Schrankenbestimmung); diese "Güterdefinition" erfolgt objektbezogen, etwa im Natur- oder Denkmalschutzrecht. Andererseits kann der Staat - wie jeder private Nachfrager auch - ein Gut "marktintern" erwerben wollen; geschieht dies aufgrund Sonderzugriffsrechts auf der Nachfrageseite, so handelt es sich um Enteignung ("Zwangskontrakt").In einer dritten "Marktkonstellation" schließlich ist Art. 14 GG gar nicht berührt ("Wirtschaftslenkung i. e. S.", z. B. Wettbewerbsrecht). Die vorgeschlagenen Definitionen werden anhand von Fällen entwickelt und anhand der gesamten Rechtsprechung des BVerfG überprüft. Dabei wird z. B. die Flurbereinigung als Enteignung qualifiziert und die Möglichkeit der Enteignung durch Private bejaht (Fall Feldmühle-AG). Hingegen bleibt auch eine Inhaltsbestimmung "auf Null" stets Inhaltsbestimmung, freilich u. U. eine entschädigungsbedürftige. Im Ergebnis zeigt sich: Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung lassen sich voneinander mit Hilfe allein qualitativ-deskriptiver Merkmale abgrenzen, also ohne Rückgriff auf quantitativ-wertende Kriterien.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungen | 10 | ||
Einleitung | 13 | ||
§ 1. Die Dogmatik des BVerfG | 17 | ||
I. Die Schwellentheorien der früher ganz h.M. | 18 | ||
II. Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG | 20 | ||
1. Die grundlegenden Entscheidungen | 20 | ||
2. Die wichtigsten systematischen Grundsätze | 22 | ||
a) Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt Inhalts- und Schrankenbestimmung | 22 | ||
b) Entschädigungspflicht u.U. auch bei Inhalts- und Schrankenbestimmung | 23 | ||
c) Gesetzmäßigkeit der Entschädigung und Abwehr vor Entschädigung | 24 | ||
3. Die Funktion der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung: Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung | 25 | ||
IIΙ. Schwierigkeiten mit den Begriffen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung | 27 | ||
1. Problemfälle | 27 | ||
a) Sonderbelastung durch gesetzliche Neubestimmung des Eigentumsinhalts | 27 | ||
b) Konkrete Gestaltungsakte mit genereller Wirkung | 28 | ||
c) Extreme Belastung durch den Vollzug inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze | 28 | ||
2. Die Hauptfrage: Gibt es (noch) Bereiche mit gleitenden Übergängen zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung? | 29 | ||
IV. Die hier vertretene Interpretation des BVerfG ("konsequente Trennungstheorie") | 30 | ||
1. Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt immer Inhalts- und Schrankenbestimmung (und Enteignung stets Enteignung) | 30 | ||
2. Keine Zäsur zwischen - generellem - Gesetz und - konkreter - Anwendung (berichtigende Auslegung des Art. 14 I 2 GG) | 31 | ||
V. Der Haupteinwand gegen die Trennungstheorie(n): fehlende Trennschärfe ihrer Grundbegriffe | 34 | ||
§ 2. Kritik der Lehre des BVerfG zur Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung | 36 | ||
I. Überprüfung der Abgrenzungskriterien in den "klassischen" Definitionen | 36 | ||
1. Inhalts- und Schrankenbestimmung | 37 | ||
(1) generelle und abstrakte Festlegung | 37 | ||
(2) von Rechten und Pflichten | 38 | ||
(3) durch den Gesetzgeber | 38 | ||
(4) hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum i.S.d. Verfassung zu verstehen sind | 39 | ||
(5) auf der Ebene des objektiven Rechts | 40 | ||
(6) fraglich: für die Zukunft | 40 | ||
2. Enteignung | 41 | ||
(1) Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen | 41 | ||
(2) Entziehung | 42 | ||
(3) konkreter subjektiver Rechtspositionen | 42 | ||
(4) die durch Art. 14 I 1 GG gewährleistet sind | 43 | ||
(5) vollständig oder teilweise | 46 | ||
(6) fraglich: zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben | 47 | ||
3. Kritische Würdigung | 48 | ||
a) Die Unzulänglichkeit der bisher verwendeten Kriterien | 49 | ||
b) Das praktische Problem: Enteignung "unter dem Etikett" der Inhalts- und Schrankenbestimmung | 50 | ||
c) Resümee: eine gewisse Ratlosigkeit | 52 | ||
II. Überprüfung weiterer Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre | 52 | ||
1. Enteignung als "Entzug und nur Entzug" (Dürig); "Entzugsakte" und "Definitionsakte" (Schmitt-Kammler) | 52 | ||
2. "Umgestalten" versus "Überwinden" (Jarass); Enteignung als "Durchbrechung der Eigentumsordnung" (Wendt, Ehlers) | 53 | ||
3. Änderungsgesetze: "zugleich" Inhalts- und Schrankenbestimmung und (Legislativ-) Enteignung (BVerfGE 58, 300, 331 f.)? | 54 | ||
4. Allgemeiner: "Überschneidungen" von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung (Pieroth/Schlink, Steinberg/Lubberger)? | 57 | ||
5. "Aufopferungsenteignung" (W. Weber, BVerfGE 45, 297, 332)? | 57 | ||
6. Der richtige Ansatz: Enteignung als "Zwangskauf" (Rittstieg) bzw. "Güterbeschaffungsvorgang" (Osterloh) | 59 | ||
IIΙ. Ergebnis | 60 | ||
§ 3. Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung als Eingriffe unter verschiedenen "Marktkonstellationen" | 61 | ||
I. Die Hintergrundvorstellung: Das Verhältnis von Eigentum, Markt und Staat | 62 | ||
1. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie für Freiheit und Sicherheit | 63 | ||
2. Eigentum und Freiheit: Privatautonomie oder hoheitliche Regulierung | 65 | ||
3. Der Markt als zentrale Kategorie aller Konflikte um das Eigentum | 67 | ||
4. Konflikte in drei "Marktkonstellationen": Zwangskontrakt – Güterdefinition – Wirtschaftslenkung i.e.S. | 69 | ||
5. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie in den drei "Marktkonstellationen" | 71 | ||
II. Definition der Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" | 72 | ||
1. Enteignung als Zwangskontrakt | 73 | ||
a) Die Tatbestandsmerkmale | 73 | ||
(1) marktintern | 73 | ||
(2) Zwangsgeschäft | 74 | ||
(3) zur Güterbeschaffung (Entzug, Übertragung, Bereicherung) | 75 | ||
(4) aufgrund (behaupteten) Sonderzugriffsrechts zu Gunsten einzelner Nachfrager | 80 | ||
b) Was nicht (notwendig) zum Enteignungsbegriff gehört | 82 | ||
(1) hoheitlicher Zugriff | 82 | ||
(2) Rechtsakt | 84 | ||
(3) rechtmäßig | 85 | ||
(4) fremdnützig | 85 | ||
(5) zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben | 87 | ||
(6) Veränderung der Situation | 87 | ||
(7) Intensität der Beeinträchtigung | 88 | ||
2. Inhalts- und Schrankenbestimmung als Güterdefinition | 88 | ||
a) Die Abgrenzung von "Abkaufenmüssen" und "Fortdefinierendürfen" (Problem des "Etikettenschwindels") | 91 | ||
b) Die Tatbestandsmerkmale | 97 | ||
(1) einseitige Regelung | 97 | ||
(2) durch die öffentliche Gewalt als "Marktveranstalter" | 98 | ||
(3) unter Anknüpfung an das Eigentumsobjekt ("abstrakt") | 99 | ||
(4) Festlegung der Rechte und Pflichten aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer als potentieller Kontrahenten (nicht Konkurrenten) | 101 | ||
c) Was nicht zum Begriff der Inhalts- und Schrankenbestimmung gehört: generelle Regelung | 103 | ||
d) Die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung – eine Frage der tatbestandlichen Erfassung oder der Formenwahl hoheitlichen Handelns? | 103 | ||
3. Kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG durch Wirtschaftslenkung i.e.S. | 106 | ||
a) Kein Schutz von Konkurrenten | 107 | ||
b) Kein Schutz von "Chancen" und "Vorteilen" | 108 | ||
c) Kein Schutz vor Schicksal | 109 | ||
ΙII. Überprüfung der Definitionen | 111 | ||
1. Standardfälle | 112 | ||
2. Zweifelsfälle | 115 | ||
a) Inhalts-und Schrankenbestimmung "auf Null" | 115 | ||
b) Definition staatlich monopolisierter Güter | 117 | ||
c) Definition öffentlich-rechtlicher Ansprüche, insb. in der Sozialversicherung | 118 | ||
d) Eingriffe unter Anknüpfung an die Person des Eigentümers | 125 | ||
e) Urheberrecht: Sonderzugriffsrechte, Gemeingebrauch und Sondernutzung | 130 | ||
f) Eigentumsbeeinträchtigungen im Nachbarrecht (i.w.S.) | 132 | ||
§ 4. Ergebnisse und Ausblick | 140 | ||
I. Klare tatbestandliche Trennung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung | 140 | ||
II. Lösung der eingangs (§ 1 IIΙ 1) genannten Problemfalle | 141 | ||
IIΙ. Konsequenzen für das System der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums | 142 | ||
IV. Zur Rechtfertigung der Trennungstheorie | 144 | ||
Schlußbetrachtung | 146 | ||
Zusammenfassende Thesen | 148 | ||
Verzeichnis der Beispielsfälle | 151 | ||
Literaturverzeichnis | 152 | ||
Sachverzeichnis | 164 |