Lockerung des Freistellungsmonopols zugunsten der EU-Staaten
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Lockerung des Freistellungsmonopols zugunsten der EU-Staaten
Ein Beitrag zur Fortentwicklung des Europäischen Kartellrechts
Schriften zum Wirtschaftsrecht, Vol. 110
(1998)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Das Kartellverbot des Art. 85 Abs. 1 EGV und seine Ausnahmen gelten unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Doch die Vorschriften werden von den nationalen Behörden und Gerichten nur selten angewandt. Dies hängt zum einen mit den in vielen Ländern noch immer fehlenden Kompetenznormen zusammen, zum anderen mit der nur unvollständigen Anwendungsbefugnis der Mitgliedstaaten: Diese dürfen zwar das Verbot durchsetzen, nicht aber über Ausnahmen entscheiden; damit ist eine sinnvolle Bearbeitung der Fälle auf nationaler Ebene kaum möglich. Die Freistellungsbefugnis liegt allein bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die die Vielzahl der Fälle aber nicht in angemessener Zeit bearbeiten kann und daher auf Methoden ausweicht, die aus rechtlicher und tatsächlicher Sicht zumindest fragwürdig sind (z. B. Gruppenfreistellungen, comfort letters).Abhilfe könnte eine auch dem Subsidiaritätsprinzip gerecht werdende Verlagerung der Freistellungskompetenz in bestimmten Fällen auf die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten bieten. Der Autor untersucht in seiner Arbeit, wie eine solche Dezentralisierung aussehen könnte, mit der in Situationen mit einem eindeutig nationalen Schwerpunkt (und damit in der Mehrzahl der Fälle) eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann, ohne daß die Rechtseinheit in der Entscheidungspraxis verloren geht. Er schlägt vor, die Zuständigkeit eines Landes von den Umsatzzahlen der beteiligten Unternehmen abhängig zu machen, der Kommission aber in bestimmten Einzelfällen ein Vetorecht zuzugestehen, mit dem sie das Verfahren an sich ziehen kann. Die Entscheidungen der nationalen Behörden würden die erforderliche gemeinschaftsweite Geltung erhalten, indem sich die Kommission diese Entscheidungen automatisch zu eigen macht, wenn sie nicht innerhalb einer knapp, aber ausreichend bemessenen Frist widerspricht. Die Rechtseinheit würde letztlich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gewährleistet. Der Autor untersucht die Problematik ferner auch unter tatsächlichen, verfahrensrechtlichen, legislativen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | V | ||
Inhaltsverzeichnis | VII | ||
Abkürzungsverzeichnis | X | ||
Einleitung | 1 | ||
A. Verfahrensstau wegen Verfahrensmängeln | 5 | ||
I. Die Kommission unter der Last der Verfahren | 5 | ||
II. Gründe der Verzögerung | 11 | ||
1. Die Aufwendigkeit des Verfahrens nach Verordnung Nr. 17/62 | 11 | ||
2. Die Dehnbarkeit der Zwischenstaatlichkeitsklausel | 12 | ||
3. Die Unterschätzung der Arbeitsbelastung von Anfang an | 16 | ||
4. Mangel an Personal und Finanzmitteln | 17 | ||
III. Die Belastung wird zunehmen | 18 | ||
1. Rechtskenntnis vermehrt die Verfahren | 18 | ||
2. Zunehmende Effizienz “lockt” weitere Anmeldungen | 19 | ||
3. Das EG-Kartellrecht wird in immer mehr Staaten gelten | 19 | ||
4. Die Zwischenstaatlichkeitsklausel verliert im Binnenmarkt ihre Bremswirkung | 22 | ||
5. Mehr Verfahren bald auch wegen der Fusionskontrolle | 24 | ||
IV. Vergebliche Versuche zur Entlastung der Kommission | 25 | ||
1. Das unattraktive Angebot an die nationalen Behörden | 26 | ||
a) Die Befugnisse nach geltendem Recht | 26 | ||
b) Nur wenige Staaten machen mit | 29 | ||
c) Keine Abhilfe durch eine weitere Bekanntmachung | 31 | ||
aa) Das Informationsverwertungsverbot | 33 | ||
bb) Wer ist Herr des Verfahrens – und wie lange? | 34 | ||
cc) Keine gemeinschaftsweite Geltung nationaler Entscheidungen | 40 | ||
d) Zwischenergebnis | 46 | ||
2. Entlastung durch mehr Gruppenfreistellungen? | 47 | ||
a) Die Praxis und ihre Fehlentwicklungen | 47 | ||
aa) Aufweichung des Kartellverbots? | 52 | ||
bb) Verringerte Kontrolle der Unternehmen | 53 | ||
cc) Zweifelhafte Rechtssicherheit | 54 | ||
dd) Versuchung, wettbewerbsfremde Materie gleich “mitzuregeln” | 57 | ||
ee) Unübersichtlichkeit durch Überschneidungen | 57 | ||
ff) Defizite des Widerspruchsverfahrens | 59 | ||
b) Zwischenergebnis | 62 | ||
3. Wenig Trost durch “comfort letters” | 63 | ||
a) Ein problematisches Instrument | 70 | ||
aa) Entscheidungen ohne Verbindlichkeit | 70 | ||
bb) Mangel an Transparenz | 73 | ||
cc) Verkürzte Verfahrensgarantien für Dritte | 74 | ||
dd) Duldungspraxis anstelle von Entscheidungen | 75 | ||
b) Zwischenergebnis | 77 | ||
4. Ausweitung der Gruppe anmeldefreier Vereinbarungen | 77 | ||
5. Andere Maßnahmen zur Entlastung | 80 | ||
6. Ergebnis | 82 | ||
B. Lösungsvorschlag | 85 | ||
I. Lockerung des Freistellungsmonopols der Kommission | 87 | ||
1. Erhoffte Vorteile | 89 | ||
2. Stellungnahme der Kommission | 92 | ||
3. Stellungnahmen aus der Wirtschaft | 94 | ||
4. Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten | 96 | ||
II. Ziel der Neuregelung: Effizienzgewinn bei Wahrung der Rechtseinheit | 98 | ||
C. Probleme des Vorschlags | 101 | ||
I. Zuständigkeitsabgrenzung (“eindeutig nationaler Schwerpunkt”) | 101 | ||
1. Erfordernis und Anwendungsbereich | 101 | ||
2. Möglichkeiten für eine Zuständigkeitsregelung | 103 | ||
a) Fester Grenzwert | 103 | ||
b) Relativer Grenzwert | 107 | ||
c) Inhaltliche Kriterien | 109 | ||
3. Ergebnis | 111 | ||
II. Gewährleistung der Rechtseinheit | 113 | ||
1. Das Erfordernis der einheitlichen Rechtsanwendung | 113 | ||
2. Einbindung der Kommission | 120 | ||
a) Meldepflicht mit Klagemöglichkeit | 120 | ||
b) Einvernehmen vor einer Entscheidung | 122 | ||
c) Meldepflicht mit befristetem Widerspruchsrecht (“Veto-Recht”) | 124 | ||
d) Zwischenergebnis | 125 | ||
3. Die Geltung dezentral erklärter Freistellungen in anderen Mitgliedstaaten | 126 | ||
a) Das Erfordernis der Allgemeingültigkeit | 126 | ||
b) Die Reichweite der “inter-omnes”-Wirkung | 128 | ||
aa) Rechtsnatur der Freistellungsentscheidung | 129 | ||
bb) Die “inter-omnes”-Wirkung endet an Landesgrenzen | 131 | ||
c) Wege zur gemeinschaftsweiten Geltung von Freistellungsentscheidungen | 136 | ||
aa) Anerkennung im Einzelfall | 136 | ||
bb) Anerkennung generell durch bilaterale Verträge | 138 | ||
cc) Änderung der VO 17 | 139 | ||
dd) Änderung des EGV | 140 | ||
ee) Die Kommission “leitet durch” | 140 | ||
ff) Zwischenergebnis | 141 | ||
d) Lösungsvorschlag: Gemeinschaftsweite Geltung durch Verzicht der Kommission auf Widerspruch | 141 | ||
e) Einzelprobleme | 143 | ||
aa) Rechtsstaatliche Bedenken wegen Übernahme nationaler Entscheidungen? | 143 | ||
bb) Zulässigkeit der Vorgabe von Verfahrensregelungen im Gemeinschaftsrecht | 145 | ||
cc) Gewährleistung der Einzelfallprüfung: Die Einwände gegen Widerspruchs-Gruppenfreistellungsverordnungen greifen hier nicht | 146 | ||
4. Andere Mitgliedstaaten brauchen an der Entscheidung nicht beteiligt zu werden | 147 | ||
5. Gerichtliche Kontrolle | 150 | ||
a) Kontrolle durch nationale Rechtsprechung | 154 | ||
b) Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EGV | 159 | ||
aa) Zaghafte Anwendung | 159 | ||
bb) Verzögerung durch unpräzise Fragestellung | 161 | ||
cc) Lange Verfahrensdauer | 163 | ||
dd) Zwischenergebnis | 164 | ||
6. Ergebnis | 166 | ||
III. Verfahrensprobleme | 167 | ||
1. Ermittlungen (Auskunft, Nachprüfung, Zwangsgelder) | 168 | ||
a) Hoheitliches Handeln im Ausland ist unzulässig | 169 | ||
b) Ermittlungsdurchgriff auf Unternehmen im Konzern | 172 | ||
aa) Inländische Konzernmutter | 172 | ||
bb) Inländische Konzerntochter | 173 | ||
cc) Beschaffung von Dokumenten | 174 | ||
c) Amtshilfeersuchen | 175 | ||
aa) Amtshilfeersuchen an die Kommission | 178 | ||
bb) Amtshilfeersuchen an andere Mitgliedstaaten | 179 | ||
d) Ergebnis | 182 | ||
2. Verfahrenssprachen | 182 | ||
3. Veröffentlichung und Zustellung | 183 | ||
IV. Sind Mitgliedstaaten zur Freistellung befähigt? | 184 | ||
1. Nationale Behörden haben “Überblick” | 184 | ||
2. Rechtsanwendung ohne politische Erwägungen | 186 | ||
3. Der EG-Vertrag hat die Kompetenzverteilung nicht präjudiziert | 189 | ||
D. Kartellrecht als Verfassungsfrage | 193 | ||
I. Inhalt des Subsidiaritätsprinzips | 194 | ||
II. Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips | 197 | ||
III. Auswirkungen auf das Wettbewerbsrecht | 200 | ||
Literatur | 205 | ||
Sachverzeichnis | 223 |