Die Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und ihre Auswirkungen auf das deutsche Strafverfahrensrecht
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Die Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und ihre Auswirkungen auf das deutsche Strafverfahrensrecht
Eine Bestandsaufnahme am Beispiel ausgewählter Entscheidungen des EGMR gegen die Bundesrepublik Deutschland
Schriften zum Prozessrecht, Vol. 173
(2003)
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Abstract
Seit 1959 sichert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Beachtung und Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in den Vertragsstaaten. Der Umfang der Pflicht eines Staates, in Fällen, in denen er Partei ist, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, ist jedoch bis heute noch nicht vollständig bestimmt. Auch in Deutschland ist die Problematik in den vergangenen Jahren zu Unrecht wenig diskutiert worden und daher kaum erforscht.An dieser Stelle setzt der Verfasser an und zeigt anhand von sechs strafverfahrensrechtlich relevanten Entscheidungen des EGMR gegen die Bundesrepublik Deutschland, wie in der Vergangenheit bis in die heutige Zeit in Deutschland reagiert worden ist. Dabei werden alle drei Staatsgewalten und auch die Resonanz innerhalb der Literatur berücksichtigt, wenngleich der Schwerpunkt auf der Rechtsprechung liegt. So entsteht erstmalig ein detaillierter Überblick über das Verhältnis der deutschen Praxis zu den Straßburger Instanzen. Darüber hinaus nimmt der Verfasser einen Vergleich der Problematik in Deutschland und in der Schweiz vor. Olaf Kieschke weist nach, dass der deutsche Gesetzgeber und die höchstrichterliche Rechtsprechung in den letzten Jahren zunehmend die Praxis des EGMR berücksichtigen, auch wenn dies nicht immer kritiklos hingenommen werden kann. Von den Untergerichten wird die Straßburger Rechtsprechung jedoch viel zu oft vernachlässigt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Einleitung – Gegenstand und Gang der Untersuchung | 21 | ||
Erstes Kapitel: Einführung in die völkerrechtlichen Grundlagen | 26 | ||
§ 1 Die (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04. November 1950 | 26 | ||
A. Zur Entstehung der Konvention | 26 | ||
B. Die Mindestgarantien der Menschenrechtskonvention für sich betrachtet und im Vergleich mit dem deutschen Grundgesetz | 29 | ||
I. Die Garantien der MRK im Kurzüberblick | 29 | ||
II. Vergleich mit der deutschen Verfassung und Konsequenzen für die praktische Anwendung der Konvention | 32 | ||
C. Die Rechtsnatur der Konvention und ihre Stellung im Normengefüge | 35 | ||
I. Die Rechtsnatur der Konvention und ihre Stellung in Europa | 35 | ||
II. Die Stellung der Konvention in Deutschland | 38 | ||
1. Die EMRK als einfaches Bundesgesetz | 38 | ||
2. Die lex-posterior-Problematik | 41 | ||
§ 2 Das Rechtsschutzsystem der Menschenrechtskonvention – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte | 42 | ||
A. Die Beschwerdemöglichkeiten nach der Menschenrechtskonvention | 42 | ||
I. Überblick | 42 | ||
II. Die Staatenbeschwerde | 43 | ||
III. Die Individualbeschwerde | 44 | ||
1. Die Stellung des Individuums im Rechtsschutzsystem bis 1998 | 44 | ||
2. Die Stellung des Individuums nach 1998 | 45 | ||
B. Die Straßburger Instanzen und das Beschwerdeverfahren | 46 | ||
I. Die ursprüngliche Konzeption des Rechtsschutzsystems | 47 | ||
II. Das Rechtsschutzsystem seit 1998 | 50 | ||
1. Zur Notwendigkeit der Reform | 50 | ||
2. Die reformbedingten Änderungen für Verfahren vor dem Gerichtshof und die Organisation des neuen EGMR | 50 | ||
C. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und ihre innerstaatliche Wirkung | 52 | ||
I. Die Arten von Urteilen des EGMR | 54 | ||
II. Die Wirkung der Urteile nach völkerrechtlichen Grundsätzen | 55 | ||
III. Speziell: Die restaurativen Folgerungen des Staates nach Feststellung einer Verletzung der Konvention | 56 | ||
IV. Die Wirkung der Urteile des EGMR in Deutschland | 58 | ||
1. Die Wirkung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Deutschland selbst | 59 | ||
a) Bei Feststellung eines Konventionsverstoßes durch einen deutschen Verwaltungsakt | 60 | ||
b) Bei Feststellung eines Konventionsverstoßes durch eine deutsche Rechtsnorm | 62 | ||
c) Bei Feststellung eines Konventionsverstoßes durch ein deutsches Urteil | 66 | ||
2. Die Wirkung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen andere Konventionsstaaten | 69 | ||
Zweites Kapitel: Die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers – Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK | 72 | ||
§ 3 Der Fall Luedicke u. a. | 72 | ||
A. Das Urteil des EGMR vom 28. November 1978 | 72 | ||
B. Die Beachtung der Entscheidung in Deutschland | 75 | ||
I. Die Reaktion des deutschen (Bundes-)Gesetzgebers | 76 | ||
II. Die Reaktion der Exekutive | 78 | ||
III. Die Reaktion der Rechtsprechung und der strafverfahrensrechtlichen Literatur | 79 | ||
1. Die Praxis vor dem Urteil des EGMR | 79 | ||
2. Veränderungen nach dem Urteil des EGMR | 82 | ||
a) Die Endgültigkeit der Kostenfreistellung | 84 | ||
b) Zum Anspruch auf unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers für Gespräche mit dem Verteidiger | 85 | ||
aa) Kein eigener Anspruch des Wahlverteidigers auf Kostenerstattung | 87 | ||
bb) Die Vermengung der Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 3 Buchst. c und Buchst. e MRK | 89 | ||
cc) Das Erfordernis einer gerichtlichen Beiordnung | 90 | ||
dd) Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2000 (BGHSt 46, 178 = NJW 2001, 309) | 92 | ||
§ 4 Der Fall Öztürk | 94 | ||
A. Das Urteil des EGMR vom 21. Februar 1984 | 94 | ||
B. Die Folgen der Entscheidung in Deutschland | 99 | ||
I. Die Reaktion des bundesdeutschen Gesetzgebers | 99 | ||
II. Die Reaktion der Exekutive | 104 | ||
III. Die Reaktion der Rechtsprechung und der (strafverfahrensrechtlichen) Literatur | 105 | ||
1. Gerichtsentscheidungen im Vorfeld des Öztürk-Urteils | 106 | ||
2. Gerichtsentscheidungen nach dem Öztürk-Urteil | 108 | ||
3. Exkurs: Zwischen 1980 und 1990 in Straßburg anhängige Individualbeschwerdeverfahren gegen Deutschland mit Bezug zum Öztürk-Urteil | 110 | ||
a) Die Beschwerden von G. M. sowie A. P. | 111 | ||
b) Die Beschwerden von C. Zengin sowie A. Akdogan | 112 | ||
c) Die Beschwerden von A. Rajaratnam, Ö. Karabulut, Y. Cavusoglu, A. K., S. Shanmukanathan sowie R. R. | 113 | ||
d) Fazit des Exkurses | 114 | ||
4. Aufnahme des Öztürk-Urteils innerhalb der Literatur | 114 | ||
§ 5 Abschließende Bemerkungen zum zweiten Kapitel | 115 | ||
Drittes Kapitel: Der unentgeltliche Beistand eines Pflichtverteidigers – Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK | 119 | ||
§ 6 Der Fall Pakelli | 119 | ||
A. Das Urteil des EGMR vom 25. April 1983 | 119 | ||
B. Die Auswirkungen der Entscheidung in Deutschland | 124 | ||
I. Die generellen Folgerungen aus dem Pakelli-Urteil | 125 | ||
1. Die Rechtslage zur Zeit der deutschen Gerichtsverfahren in der Sache Pakelli | 126 | ||
a) Zur Notwendigkeit von Verteidigung | 126 | ||
b) Besonderheiten für die Revisionshauptverhandlung | 127 | ||
aa) § 350 Abs. 3 StPO | 127 | ||
bb) § 140 Abs. 2 StPO | 129 | ||
cc) Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1977 (BVerfGE 46, 202 = NJW 1978, 151) | 132 | ||
c) Schlussfolgerung für den Fortgang der Untersuchung im Fall Pakelli | 133 | ||
2. Die Praxis des Bundesgerichtshofs in der Zeit nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Pakelli | 134 | ||
a) (Veröffentlichte) Gerichtsentscheidungen, die sich auf das Pakelli-Urteil beziehen | 135 | ||
b) (Veröffentlichte) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Revisionshauptverhandlung | 136 | ||
c) Die (ungeschriebene) Praxis der Strafsenate des Bundesgerichtshofs | 137 | ||
d) Exkurs: Die Praxis am 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle | 140 | ||
3. Die heutige Gesetzeslage bezüglich der Pflichtverteidigerbestellung für die Revisionshauptverhandlung und Änderungsvorschlag de lege ferenda | 141 | ||
a) Die Bestellung eines Pflichtverteidigers für die Revisionshauptverhandlung nach heutigem Recht | 141 | ||
b) Die besondere Bedeutung der Revisionshauptverhandlung | 143 | ||
c) Vorschläge für eine Änderung der strafprozessualen Bestimmungen | 148 | ||
II. Die konkreten Folgerungen aus dem Pakelli-Urteil | 152 | ||
1. Die vergeblichen Bemühungen Pakellis um eine Wiederaufnahme seines Strafverfahrens | 152 | ||
2. Die Einführung von § 359 Nr. 6 StPO und kritische Stellungnahme | 156 | ||
Viertes Kapitel: Der Grundsatz der Unschuldsvermutung im Strafverfahren (Art. 6 Abs. 2 EMRK) – Insbesondere: Die Kostenverteilung nach nichtverurteilendem Verfahrensabschluss | 163 | ||
§ 7 Der Fall Minelli ./. Schweiz | 163 | ||
A. Das Urteil des EGMR vom 25. März 1983 | 163 | ||
B. Auswirkungen im (Strafverfahrens-)Recht der Schweiz | 168 | ||
I. Kurze Einführung in die schweizerische Rechtslage | 168 | ||
1. Das Strafverfahrensrecht der Schweiz | 168 | ||
2. Die Stellung der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Schweiz und ihre Beachtung in der Praxis | 170 | ||
3. Die Unschuldsvermutung im schweizerischen Rechtssystem | 174 | ||
a) Allgemeine Ausführungen | 174 | ||
b) Die Beachtung der Unschuldsvermutung bei der Kostenauferlegung nach Abschluss eines Strafverfahrens bis 1983 | 176 | ||
aa) Die diesbezügliche schweizerische Praxis | 176 | ||
bb) Der Fall Geerk | 178 | ||
II. Folgerungen in der Praxis des Schweizer Bundesgerichts nach dem Urteil im Fall Minelli | 179 | ||
1. Das Urteil des Bundesgerichts vom 21. September 1983 (BGE 109 Ia, 160 = EuGRZ 1984, 79) | 180 | ||
2. Fortführung der Rechtsprechung und erneute Verurteilung in Straßburg im Fall I. und C. | 182 | ||
3. Das Urteil des Bundesgerichts vom 29. Juni 1988 (BGE 114 Ia, 299) | 183 | ||
4. Das Urteil des Bundesgerichts vom 30. Juni 1989 (BGE 115 Ia, 309) | 184 | ||
5. Das Urteil des Bundesgerichts vom 27. Juni 1990 (BGE 116 Ia, 162 = EuGRZ 1990, 322) | 185 | ||
§ 8 Die Fälle Lutz, Englert sowie Nölkenbockhoff | 186 | ||
A. Zusammenfassung der Urteile des EGMR vom 25. August 1987 | 186 | ||
I. Die den Urteilen zugrundeliegenden Sachverhalte (einschließlich Verfahrensgänge vor der Europäischen Kommission für Menschenrechte) | 187 | ||
1. Der Fall Lutz | 187 | ||
2. Der Fall Englert | 188 | ||
3. Der Fall Nölkenbockhoff | 189 | ||
II. Die Argumentation des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte | 191 | ||
B. Einflüsse der Entscheidungen auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland | 193 | ||
I. Die Unschuldsvermutung im deutschen Strafverfahrensrecht und ihre Berücksichtigung im damit verbundenen Kostenrecht bei nichtverurteilenden Verfahrensabschlüssen bis 1987 | 194 | ||
1. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung im deutschen Strafverfahrensrecht | 194 | ||
2. Die gesetzlichen Regelungen in der StPO zur Kostenverteilung bei einem Freispruch bis 1968 und in den Gesetzen betreffend die Entschädigung für eine erlittene Haft bis 1971 | 195 | ||
3. Konfliktpotential der neuen Regelungen hinsichtlich der Unschuldsvermutung | 200 | ||
a) Die vorausgegangene Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153 StPO | 200 | ||
b) Das Bestehen eines Verfahrenshindernisses | 206 | ||
c) Die Fälle Neubecker und Liebig | 208 | ||
4. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 1987 (BVerfGE 74, 358 = NJW 1987, 2427) | 211 | ||
II. Die Berücksichtigung der Unschuldsvermutung bei der Auslagenerstattung und/oder Entschädigung infolge nichtverurteilender Verfahrensabschlüsse nach den Straßburger Urteilen | 214 | ||
1. Die Praxis bei Kostenentscheidungen von 1987 bis 1990 | 216 | ||
2. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (BVerfGE 82, 106 = NJW 1990, 2741) | 217 | ||
3. Die Praxis bei Kostenentscheidungen ab Mai 1990 bis heute | 220 | ||
a) Der Beschluss des OLG Köln vom 30. Oktober 1990 (NJW 1991, 506 = StrVert 1991, 115) | 220 | ||
b) Die vorrangige Rezeption der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in der Praxis | 221 | ||
c) Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05. November 1999 (NJW 2000, 1427 = NStZ 2000, 330) | 223 | ||
§ 9 Abschließende zusammenfassende Bemerkungen zum vierten Kapitel | 224 | ||
Zusammenfassung und Ausblick | 232 | ||
Summary | 239 | ||
Résumé | 243 | ||
Anhang | 246 | ||
I. Übersicht über die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Bundesrepublik Deutschland | 246 | ||
II. Übersicht über die Entscheidungen deutscher Strafgerichte (inkl. BVerfG), welche die in dieser Arbeit betrachteten Urteile des EGMR erwähnen | 250 | ||
1. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte, die das Urteil des EGMR im Fall Luedicke u. a. erwähnen | 250 | ||
2. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte, welche den Bericht der EKMR im Fall Luedicke u. a. erwähnen | 253 | ||
3. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte, die das Urteil des EGMR im Fall Ötztürk erwähnen | 254 | ||
4. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte (inkl. BVerfG), die das Urteil des EGMR im Fall Pakelli erwähnen | 254 | ||
5. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte (inkl. BVerfG), welche die Urteile des EGMR in den Fällen Lutz, Englert sowie Nölkenbockhoff erwähnen | 255 | ||
6. Übersicht über Entscheidungen deutscher Strafgerichte (inkl. BVerfG), die eine oder mehrere der Kommissionsentscheidungen in den Fällen Lutz, Englert sowie Nölkenbockhoff erwähnen | 255 | ||
III. Entscheidungen deutscher Strafgerichte (inkl. BVerfG), in denen weitere vom EGMR oder der Europäischen Kommission für Menschenrechte entschiedene Fälle Erwähnung finden | 256 | ||
IV. Auszüge aus der neuen Schweizerischen Bundesverfassung von 1999 [Stand: 26. Oktober 1999] | 279 | ||
Literaturverzeichnis | 282 | ||
Sachwortverzeichnis | 308 |