Der Bundesrat zwischen Verfassungsauftrag, Politik und Länderinteressen
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Der Bundesrat zwischen Verfassungsauftrag, Politik und Länderinteressen
Beiträge zum Parlamentsrecht, Vol. 50
(2001)
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Abstract
Das föderalistische Prinzip steht im Zentrum rechtlicher und politischer Diskussion. Auf die Stellung des insoweit zentralen Organs, des Bundesrates, als Bundesverfassungsorgan im Geflecht von Länderinteressen und Parteipolitik richtet sich das Augenmerk der Untersuchung. Der Autor kommt dabei zu folgenden Ergebnissen:- Die Beschlüsse des Bundesrates sind in verfassungsgemäßer Weise politische Entscheidungen. Auch die Staatspraxis, namentlich soweit sie unter dem Stichwort Blockadepolitik steht, zeigt, daß eine generelle Verbannung parteipolitischer Erwägungen aus dem Bundesrat weder realisierbar noch wünschenswert ist.- Der Bundesrat ist zwar kein Länderorgan, der Sache nach allerdings eine - dem Gemeinwohl des Gesamtstaates verpflichtete - Länderkammer.- Die Länderparlamente haben auch in Bundesratsangelegenheiten das Recht, die Länderregierungen nachträglich zur Rechenschaft zu ziehen. Im Vorfeld zulässig sind rechtlich unverbindliche Empfehlungen, die auch nicht etwa auf länderspezifische Angelegenheiten zu beschränken sind. Verbindliche Instruktionen der Länderparlamente an die Mitglieder im Bundesrat hingegen sind verfassungsrechtlich unzulässig.- Die Gewichte bei den Gesetzgebungskompetenzen haben sich in erheblichem Maße zu Lasten der Länderparlamente verschoben. Die über den Bundesrat vermittelte Mitwirkung der Länder kann den im Hinblick auf die Strukturentscheidungen des Grundgesetzes bestehenden Bedenken nicht abhelfen und ist auch im übrigen nur ein unvollkommener Ausgleich für verlorengegangene Autonomie.Das Grundgesetz schließt eine verstärkte Kooperation der Länder untereinander nicht aus. Für die europapolitischen Interessen der Länder scheint der Bundesrat in kompetenziell bedenklicher Weise mit seiner Europakammer mittlerweile auch ein Organ ihrer Koordination geworden zu sein.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
A. Einleitung und Gang der Untersuchung | 13 | ||
B. Die historische Entwicklung des Bundesrates | 16 | ||
I. Der Bundesrat als geschichtlich gewachsene Einrichtung | 16 | ||
1. Der Bundesrat als Urgestein deutscher Staatlichkeit | 16 | ||
2. Fraglichkeit der Begründung aus der Tradition | 17 | ||
II. Die Vorläufer des Bundesrates | 17 | ||
1. Reichstag des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation | 18 | ||
2. Bundesversammlung des Deutschen Bundes | 18 | ||
3. Versammlung der „Conferenz-Bevollmächtigten“ des Deutschen Zollvereins | 19 | ||
4. Staatenhaus der Paulskirchenverfassung | 19 | ||
5. Bundesrat des Norddeutschen Bundes | 19 | ||
6. Bundesrat des Deutschen Reiches von 1871 | 20 | ||
7. Reichsrat der Weimarer Republik | 21 | ||
8. Nationalsozialismus | 22 | ||
III. Die Beratungen zum Grundgesetz | 23 | ||
1. Vorgaben und gemeinsame Grundvorstellungen | 23 | ||
2. Der Abschnitt über den Bundesrat als einer der umstrittensten Teile der Grundgesetzgebung | 24 | ||
a) Unstreitige Grundlage und Zielrichtung | 24 | ||
b) Streitige Einzelfragen | 24 | ||
aa) Bundesrats- oder Senatsprinzip | 25 | ||
bb) Die Fragen des Stimmenverhältnisses im Bundesrat und der gleichberechtigten Einräumung von Befugnissen an den Bundesrat | 27 | ||
3. Das Hauptergebnis der gouvernementalen Prägung des grundgesetzlichen Föderalismus | 28 | ||
IV. Der Bundesrat des Grundgesetzes im Lichte seiner Vorläufer | 29 | ||
1. Der Bundesrat als Fortsetzung früherer föderativer Organe | 29 | ||
2. Insbesondere: Der Bundesrat im Verhältnis zum Bundesrat von 1871 und zum Reichsrat der Weimarer Reichsverfassung | 30 | ||
V. Der Wandel des Bundesrates seit Entstehung des Grundgesetzes | 31 | ||
1. Wandel im tatsächlichen Verhältnis zum Bundestag | 31 | ||
2. Formale Rechtsänderungen | 32 | ||
C. Der Bundesrat als politisches Organ | 33 | ||
I. Die Politisierung des Bundesrates | 33 | ||
1. Die Grundpositionen | 33 | ||
a) Der Bundesrat als unpolitisches Organ | 34 | ||
b) Der Bundesrat als (auch) politisches Organ | 36 | ||
2. Die Politisierung des Bundesrates in Geschichte und Praxis der Bundesrepublik Deutschland | 37 | ||
a) Die Entscheidung für das Bundesratsprinzip | 37 | ||
b) Der Bundesrat in den Phasen der bundesrepublikanischen Geschichte | 37 | ||
3. Die Beschlüsse des Bundesrates als politische Entscheidungen | 40 | ||
a) Ausgangslage | 40 | ||
b) Zwangsläufigkeit der Politisierung | 41 | ||
c) Die Politisierung im Lichte von Verfassungsrecht und Verfassungspolitik | 43 | ||
4. Relativierung des Problems in der Praxis | 47 | ||
a) Teilweise Überflüssigkeit parteipolitischer Einflussnahme | 48 | ||
b) Eingeschränkter Wirkungsgrad parteipolitischer Einflussnahme | 48 | ||
aa) Die Wechselwirkungen zwischen bundes- und landespolitischer Sphäre | 48 | ||
bb) Die zentrale Rolle der Länderinteressen – zugleich: Die Instrumentalisierung des Bundesrates gegen die Länder beschneidende EU-Interventionen | 50 | ||
5. Grenzen der Politisierung | 54 | ||
6. Konsequenzen der Politisierung für das Verhältnis zu den Länderparlamenten | 56 | ||
II. Insbesondere: Unterschiedliche parteipolitische Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag (Stichwort Blockadepolitik) | 56 | ||
1. Problemstellung | 56 | ||
2. Blockadepolitik in der Staatspraxis der Bundesrepublik Deutschland | 57 | ||
3. Aus der Blockadesituation erwachsende Probleme | 59 | ||
a) In rechtlich-demokratischer Hinsicht | 59 | ||
b) In praktischer Hinsicht | 59 | ||
4. Relativierung des Problems in der Praxis | 60 | ||
5. Keine Verfassungskrise durch Blockadepolitik | 62 | ||
6. Blockadeähnliche Situation bei identischen Mehrheitsverhältnissen | 63 | ||
III. Insbesondere: Koalitionsvereinbarungen über das Abstimmungsverhalten | 64 | ||
1. Problemstellung | 64 | ||
2. Verfassungsrechtliche Würdigung | 65 | ||
3. Das Losverfahren als Alternative zur herkömmlichen Bundesratsklausel | 66 | ||
D. Der Bundesrat im Gefüge der Länderinteressen | 68 | ||
I. Der Bundesrat als Bundesorgan | 68 | ||
1. Die formale Stellung als reines Bundesorgan | 68 | ||
2. Die materielle Stellung als Länderkammer | 69 | ||
II. Entscheidungsverhalten in Bundes- und/oder Landesinteresse | 69 | ||
1. Fragestellung | 69 | ||
2. Die grundsätzlichen Positionen | 70 | ||
3. Würdigung der grundsätzlichen Positionen | 71 | ||
a) Handeln auch im Landesinteresse | 71 | ||
b) Handeln auch im Bundesinteresse | 73 | ||
c) Handeln im gesamtstaatlichen Interesse | 75 | ||
III. Verantwortlichkeit der Bundesratsmitglieder vor ihren Ländern | 76 | ||
1. Ungeklärtheit der Frage | 76 | ||
2. Grund der Diskussion | 77 | ||
3. Verschiedene Arten der Einflussnahme | 79 | ||
4. Ausgangspunkt Landesverfassungen | 79 | ||
5. Parlamentarische Verantwortlichkeit | 80 | ||
a) Das Recht des Parlaments zur nachträglichen Kontrolle der Regierung | 80 | ||
b) Formen der parlamentarischen Kontrolle | 82 | ||
c) Weitere Einzelfragen | 83 | ||
6. Weisungsbefugnis | 84 | ||
a) Fragestellung | 84 | ||
b) Die Weisungsgebundenheit der Bundesratsmitglieder | 85 | ||
c) Die Landesregierung als Trägerin der Weisungsbefugnis | 86 | ||
d) Intensität des Weisungsrechts | 89 | ||
e) Fehlen einer Weisung | 90 | ||
f) Abweichen von der Weisung | 91 | ||
aa) Folgen weisungswidrigen Verhaltens | 91 | ||
bb) Berechtigung zur Abweichung | 92 | ||
g) Die Weisungsgebundenheit im Lichte der demokratischen Legitimation des Bundesrates | 92 | ||
h) Weisungsrecht auch der Länderparlamente? | 94 | ||
i) Auswirkungen auf das Kontrollrecht der Länderparlamente | 101 | ||
7. Unverbindliche Empfehlung | 102 | ||
a) Fragestellung und grundlegender Meinungsstand | 102 | ||
b) Zulässigkeit rechtlich unverbindlicher Empfehlungen | 103 | ||
c) Gegenständliche Einschränkung des Rechts zu rechtlich unverbindlichen Empfehlungen | 109 | ||
aa) Beschränkung auf länderspezifische Angelegenheiten und/oder gesellschaftspolitische Grundsatzfragen | 109 | ||
bb) Beschränkung durch die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen | 111 | ||
8. Information | 112 | ||
a) Das Recht des Landesparlaments auf Information über Bundesratsangelegenheiten | 112 | ||
b) Grenzen des Informationsrechts | 113 | ||
c) Das Informationsrecht in der Praxis | 114 | ||
9. Insbesondere: Zustimmungserfordernis bei Grundgesetzänderungen? | 114 | ||
a) Problemstellung und Grund der Diskussion | 114 | ||
b) Verfassungsrechtliche und -politische Würdigung | 115 | ||
IV. Die Schwächung der Länderparlamente | 118 | ||
1. Ausgangslage | 118 | ||
a) Die Verschiebung des Schwergewichts der Gesetzgebungskompetenzen | 118 | ||
aa) Befund | 118 | ||
bb) Ursachen | 118 | ||
b) Kompensation durch Gewinn an Einflussnahme auf den Gesamtstaat? | 120 | ||
aa) Gewinn an Einflussnahme auf den Gesamtstaat | 120 | ||
bb) Echte Kompensation? | 122 | ||
cc) Jedenfalls: keine Kompensation zu Gunsten der Länderparlamente | 124 | ||
c) „Exekutivföderalismus“ – „Depossedierung der Landtage“ | 124 | ||
aa) Ausgangslage | 124 | ||
bb) Weitere Folgen | 126 | ||
d) Vereinbarkeit mit den Verfassungsprinzipien | 126 | ||
aa) Bundesstaatsprinzip | 127 | ||
bb) Demokratieprinzip | 128 | ||
cc) Prinzip der Gewaltenteilung | 129 | ||
e) Relativierung der Problematik | 130 | ||
2. Reformmöglichkeiten | 132 | ||
a) Auf Landesebene | 133 | ||
b) Auf Bundesebene | 136 | ||
c) Behandlung der Problematik im Rahmen verfassungsreformerischer Überlegungen | 138 | ||
d) Praktische Realisierbarkeit einer Stärkung der Rolle der Länderparlamente | 142 | ||
aa) Unsicherheit über die rechtlichen Grenzen | 142 | ||
bb) Arbeitsökonomische Erwägungen | 143 | ||
cc) Fehlende unmittelbare Beteiligung „vor Ort“ | 144 | ||
dd) Realisierbarkeit einer eigentlichen Kompetenzreform | 145 | ||
V. Zwischenländerkooperation und der Bundesrat als koordinierendes Organ | 146 | ||
1. Ausgangslage und Befund | 146 | ||
2. Verfassungsrechtliche und -politische Würdigung | 147 | ||
3. Der Bundesrat als Koordinationsstelle? | 150 | ||
a) Allgemeine verfassungsrechtliche Würdigung | 150 | ||
b) Die Europakammer, Art. 52 Abs. 3a GG | 151 | ||
E. Schlussbetrachtung und Zusammenfassung | 159 | ||
Literaturverzeichnis | 164 | ||
Stichwortverzeichnis | 180 |