Der ordre public in der WTO
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Der ordre public in der WTO
Auslegung und Bedeutung des Art. XX lit. a) GATT im Rahmen der WTO-Streitbeilegung
Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht, Vol. 33
(2002)
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Abstract
Die Errichtung der WTO stellt einen Meilenstein in der Entwicklung der internationalen Handelsbeziehungen dar. Vielleicht der bedeutendste Schritt hierbei war die durch die WTO ermöglichte zunehmende Verrechtlichung des internationalen Handels. Den neuen Chancen, die aus dieser Verrechtlichung resultieren, steht der Kompetenzzuwachs der WTO gegenüber. Dieser Zusammenhang spiegelt sich wider in Fragestellungen, die die typischen Probleme einer sich entwickelnden supranationalen Rechtsordnung in den Blick nehmen: Rechte und Pflichten der Mitglieder einerseits und Verfaßtheit, legitime, gar »demokratische« Entscheidungsfindung der WTO andererseits. Nur wenn es gelingt, auf supranationaler Ebene zu Entscheidungen zu kommen, die auf nationaler Ebene als legitim akzeptiert werden, wird die WTO künftig bestehen können. Hierbei stellt der ordre public der WTO als Ermächtigung des einzelnen Staates, im Einzelfall bestimmten nationalen Interessen Vorrang einzuräumen, einen zentralen Pflasterstein für den Erfolgsweg der WTO dar.Art. XX lit. a) GATT statuiert als »dezentrale« Ausprägung des ordre public in der WTO eine derartige Einschätzungsprärogative für den Bereich des GATT. Der Autor entwickelt methodische Handreichungen für den Umgang mit dieser Vorschrift und untersucht, inwieweit diese Einschätzungsprärogative durch die einzelnen Mitglieder ausgeübt werden kann. Den Ausgangspunkt bilden dabei die »Legitimitätsfrage« sowie die Untersuchung der Bedeutung eines nationalen Anerkennungsvorbehaltes sowie einheitlich geltender Auslegungsregeln für eine erhöhte Legitimität der Entscheidungsfindung der WTO. Der Verfasser zeigt, daß bereits das heutige Regelwerk eine Auslegung des Art. XX lit. a) GATT durch die einzelnen Mitglieder erlaubt, die bestimmten Werten der Völkerrechtsordnung und der nationalen Rechtsordnung Vorrang einräumt. Am Beispiel bestimmter sozialer Mindeststandards wird nachgewiesen, daß eine derartige Auslegung nicht nur zulässig, sondern vielmehr geboten
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 18 | ||
Einleitung | 23 | ||
I. Zum Gang der Untersuchung | 24 | ||
Erstes Kapitel: Zur Notwendigkeit eines ordre public Vorbehalts in der WTO | 26 | ||
I. Die Evolution der supranationalen Wirtschaftsordnung | 27 | ||
1. Das GATT ’47 und das Scheitern der ITO | 27 | ||
2. Die Errichtung der WTO | 29 | ||
3. Die Ordnung der WTO: Von „power-“ und „rule-oriented systems“ | 31 | ||
II. Die Beilegung von Streitigkeiten in der WTO | 33 | ||
1. Exkurs: Beilegung von Streitigkeiten unter dem GATT ’47 | 33 | ||
2. Das Dispute Settlement Understanding (DSU) | 35 | ||
a) Beginn des Verfahrens: obligatorische Konsultationen | 37 | ||
b) Einsetzung eines Panels | 37 | ||
c) Das Verfahren vor dem Panel | 39 | ||
d) Annahme von Panel-Berichten | 40 | ||
e) Revisionsinstanz: Standing Appellate Body | 41 | ||
f) Empfehlungen des Panels und des Appellate Body | 41 | ||
g) Zusammenfassung | 43 | ||
III. Die WTO und das Legitimitätsproblem | 43 | ||
1. Die WTO und die „Legitimitätsfrage“ | 45 | ||
2. Bisherige Lösungsansätze | 47 | ||
3. Zusammenfassung | 49 | ||
IV. Zur Notwendigkeit eines Anerkennungsvorbehalts zugunsten der Mitglieder der WTO | 50 | ||
1. Exposition: Das Konzept des nationalen ordre public | 50 | ||
2. Multilateraler Anerkennungsvorbehalt: Art. XX lit. a) als Ausprägung des ordre public in der WTO | 53 | ||
3. Unilateraler Anerkennungsvorbehalt: Die Umsetzung der WTO-Abkommen in den USA | 55 | ||
a) Der „Uruguay Round Agreement Act“ | 55 | ||
aa) Allgemeine Beteiligungs- und Informationspflichten | 57 | ||
bb) Besondere Berichtspflichten | 58 | ||
b) Der „WTO Dispute Settlement Review Commission Act“ | 60 | ||
aa) Überprüfungsgegenstand und -maßstab | 61 | ||
bb) Inkurs: Das „Extraordinary Challenge Committee“ – Kapitel 19 NAFTA | 63 | ||
c) Bewertung | 66 | ||
Zweites Kapitel: Die Auslegung von Rechtsnormen im Rahmen von GATT / WTO | 70 | ||
I. Das GATT und das „Gerücht“ des self-contained regimes | 70 | ||
II. Die Auslegung von Rechtsnormen im Rahmen der WTO | 73 | ||
1. Begriffsbestimmung | 73 | ||
2. Die Auslegung von Rechtsnormen nach dem DSU | 74 | ||
a) Umfassender Anwendungsbereich | 75 | ||
b) Verpflichtungsadressat | 77 | ||
c) Auslegungsmaßstab | 77 | ||
3. Exkurs: Auslegungsregeln für das GATT ’47? | 81 | ||
4. Auslegung nach den völkerrechtlich anerkannten Auslegungsgrundsätzen | 84 | ||
a) Textuelle Auslegung | 86 | ||
aa) Sonderfall: dynamische Auslegung | 87 | ||
bb) Sonderfall: besondere Begriffsbestimmung | 91 | ||
b) Systematischer Zusammenhang | 91 | ||
aa) Regelungszusammenhang im engeren Sinne | 92 | ||
bb) Regelungszusammenhang im weiteren Sinne | 93 | ||
c) Sinn und Zweck des Vertrages | 94 | ||
aa) Feststellung des Sinnes und Zweckes in der Praxis | 95 | ||
bb) Vom völkervertraglichen Vertrag zur objektiven Ordnung | 96 | ||
d) Spätere Praxis und anwendbares Völkerrecht | 99 | ||
aa) Authentische Interpretation | 99 | ||
bb) Spätere Praxis in Bezug auf den Vertrag | 100 | ||
cc) Anwendbares Völkerrecht | 106 | ||
e) Ergänzende Auslegungsmittel | 109 | ||
f) Auslegung mehrsprachiger Verträge | 111 | ||
5. Anwendbarkeit formaler Auslegungsregeln? | 112 | ||
a) Der Umkehrschluss | 113 | ||
b) Das argumentum a maiore ad minus | 117 | ||
c) In dubio contra proferentem | 121 | ||
d) Das Effektivitätsprinzip | 124 | ||
e) Das Gebot der völkerrechtskonformen Auslegung | 128 | ||
f) Vorrang der speziellen gegenüber der allgemeinen Bestimmung | 129 | ||
g) Vorrang der späteren gegenüber der früheren Bestimmung | 132 | ||
h) Restriktive Auslegung von „Ausnahmevorschriften“ | 135 | ||
i) Zusammenfassung | 139 | ||
6. Anwendbarkeit materialer Auslegungsregeln? | 140 | ||
a) Regel der Auslegung in dubio pro mitius | 140 | ||
b) Das Vorsorgeprinzip | 142 | ||
c) Prinzipien-orientierter Auslegungsansatz? | 145 | ||
d) Zusammenfassung | 150 | ||
Drittes Kapitel: Art. XX lit. a) GATT als Konkretisierung des ordre public in der WTO | 151 | ||
I. Zur Bedeutung des Art. XX GATT im internationalen Wirtschaftsrecht | 151 | ||
1. Prioritätenwahl des Art. XX GATT – Diskriminierung vor Liberalisierung | 152 | ||
2. Art. XX GATT als transzendierte Ausnahmevorschrift | 154 | ||
a) Inkorporierung von Art. XX GATT | 154 | ||
b) Art. XX GATT als „Vorbildnorm“ | 156 | ||
c) Zusammenfassung | 157 | ||
II. Vorfragen der Auslegung von Art. XX GATT | 158 | ||
1. Zum grundsätzlichen Anwendungsbereich des Art. XX GATT | 159 | ||
a) Vertragsverletzung als Voraussetzung | 159 | ||
b) Rechtfertigung als Rechtsfolge | 161 | ||
c) Zusammenfassung | 162 | ||
2. Struktur des Tatbestands des Art. XX GATT im Übrigen | 162 | ||
a) Zweifache Prüfungsreihenfolge des Art. XX GATT | 164 | ||
b) „Interlokalität“ der Rechtfertigungsgründe | 169 | ||
c) „Nicht-wirtschaftlicher“ Charakter der Rechtfertigungsgründe | 170 | ||
d) Zusammenfassung | 172 | ||
3. Restriktive Auslegung von Art. XX GATT | 173 | ||
4. Verteilung der Beweislast infolge des Ausnahmecharakters | 173 | ||
a) Inkurs: Allgemeine Darlegungs- und Beweislastverteilung nach dem DSU | 174 | ||
b) Darlegungs- und Beweislastverteilung im Rahmen des Art. XX GATT | 177 | ||
c) Zusammenfassung | 178 | ||
5. Bestehen zusätzlicher prozeduraler Erfordernisse | 178 | ||
a) Existenz besonderer Notifikationspflichten? | 179 | ||
b) Existenz eines Zustimmungserfordernisses? | 181 | ||
c) Existenz bestimmter Zeitvorgaben? | 182 | ||
d) Zusammenfassung | 188 | ||
6. Exkurs: Exklusion der „process & production measures “? | 188 | ||
a) Ursprung und Konzept | 189 | ||
aa) Tatbestand der Verfahren „Restrictions on Imports of Tuna and Tuna Products“ | 190 | ||
(1) Inkurs: Regelungsgehalt des Art. III GATT | 191 | ||
(2) Inkurs: Regelungsgehalt des Art. XI GATT | 194 | ||
(3) Zusammenfassung | 194 | ||
bb) Die Feststellungen der Panels „Restrictions on Imports of Tuna and Tuna Products“ | 195 | ||
b) Geltung unter dem GATT ’47? | 199 | ||
c) Geltung unter dem GATT ’94? | 201 | ||
d) Zusammenfassung: Keine Exklusion der PPMs im Rahmen des Art. XX GATT | 205 | ||
III. Anwendungsfall des ordre public Vorbehalts – die „social clause“ | 206 | ||
1. Die „social clause“: Versuch einer Annäherung zwischen Elysium und Skandalon | 209 | ||
a) Regelungsstruktur: positive oder negative „social clause“ | 209 | ||
b) Die Rolle von Mindeststandards im Rahmen der Havanna-Charter | 210 | ||
c) Die Rolle von Mindeststandards im Rahmen der WTO | 211 | ||
aa) Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) | 211 | ||
bb) Wesentliche Rechte der Arbeitnehmer – core labor rights | 212 | ||
cc) Teilaspekt der „social clause“: Verbot der Kinderarbeit | 216 | ||
d) Zusammenfassung | 218 | ||
2. Uni- und bilaterale Verbindung: Handel und die „social clause“ in der Vergangenheit | 219 | ||
a) Das Mehrjahresschema allgemeiner Zollpräferenzen der EG | 219 | ||
b) Das Mehrjahresschema allgemeiner Zollpräferenzen der USA | 222 | ||
c) Section 301 des US-Handelsgesetzes von 1974 | 224 | ||
d) Weitere bi- und multilaterale Versuche einer Verbindung | 225 | ||
e) Zusammenfassung | 229 | ||
3. Bisherige Ansätze einer Internalisierung der „social clause“ | 229 | ||
a) Erhebung von Anti-Dumping-Zöllen | 230 | ||
b) Erhebung von Ausgleichszöllen | 233 | ||
c) Anwendung von Notstandsmaßnahmen: die „Escape“ oder „Safeguards Clause“ | 235 | ||
d) Zusammenfassung | 237 | ||
4. Auslegung der Vorschrift des Art. XX lit. a) GATT | 237 | ||
a) Section 307 des US-Handelsgesetzes von 1930 | 238 | ||
b) Auslegung des Wortlautes | 240 | ||
c) Systematischer Zusammenhang | 242 | ||
aa) Art. XIV GATS | 245 | ||
bb) Art. 27 Abs. 2 TRIPS | 247 | ||
cc) Ergebnis | 249 | ||
d) Sinn und Zweck | 249 | ||
aa) Dichotomie des Sinn und Zwecks des Art. XX GATT | 250 | ||
bb) „Public morals“ als unbestimmter Rechtsbegriff | 252 | ||
cc) Ermittlung des „Begriffkerns“ | 259 | ||
dd) Ermittlung des „Begriffshofs“ | 262 | ||
(1) Externe und interne Wertdiversifikation | 263 | ||
(2) „Interlokalität“ des Rechtfertigungsgrundes | 266 | ||
(3) „Interlokalität“ als Scheinproblem | 266 | ||
ee) Zusammenfassung | 268 | ||
e) Ergänzendes Mittel der Auslegung: travaux préparatiores | 270 | ||
f) Zusammenfassung | 275 | ||
5. Auslegung des Begriffes „necessary“ iSd. Art. XX lit. a) GATT | 275 | ||
a) Bisherige Auslegung im Rahmen des Art. XX GATT | 275 | ||
b) Auslegung im Rahmen des Art. XX lit. a) GATT | 279 | ||
aa) Geeignetheit der Maßnahme | 279 | ||
bb) Relative Erforderlichkeit der Maßnahme | 281 | ||
cc) Absolute Erforderlichkeit der Maßnahme | 282 | ||
c) Zusammenfassung | 285 | ||
6. Auslegung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Präambel des Art. XX GATT | 285 | ||
a) Bisherige Interpretation | 288 | ||
aa) „Arbitrary discrimination“ | 288 | ||
bb) „Unjustifiable discrimination“ | 290 | ||
cc) „Disguised restriction on international trade“ | 291 | ||
b) Auslegung im Rahmen von Art. XX lit. a) GATT | 292 | ||
c) Zusammenfassung | 294 | ||
Viertes Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse | 296 | ||
Anhang: Genesis des Art. XX GATT | 306 | ||
Literaturverzeichnis | 313 | ||
Verzeichnis der zitierten Normen | 339 | ||
Verzeichnis der zitierten Berichte der Panels und des Appellate Body | 346 | ||
Sachverzeichnis | 352 |