Kausalität und Rechtsverletzung
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Kausalität und Rechtsverletzung
Ein Beitrag zu den Grundlagen strafrechtlicher Erfolgshaftung am Beispiel des Abbruchs rettender Kausalverläufe
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 147
(2002)
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Abstract
Die bisher vertretenen strafrechtlichen Zurechnungskonzeptionen weisen das methodische Dilemma auf, daß die "naturalistischen" Entwürfe durch einen Mangel an rechtlicher Begründung, die "normativistischen" Ansätze hingegen durch einen Mangel an begrifflichen Kriterien gekennzeichnet sind. Die These von Volker Haas lautet, daß dieses methodische Dilemma nur überwunden werden kann, wenn man Abschied von der weiten Äquivalenztheorie nimmt und einen engen Kausalitätsbegriff des Bewirkens etabliert, der von vornherein durch seine normative Funktion begründet ist, die Reichweite subjektiver Rechte wie Leib, Leben oder Eigentum zu definieren. Volker Haas zeigt, daß die strafrechtliche Rechtsgutslehre und die mit ihr korrespondierende Normentheorie einem Denken in subjektiven Rechtspositionen nicht gerecht wird. Er entwickelt den von ihm für maßgeblich gehaltenen Kausalitätsbegriff am Beispiel des Abbruchs rettender Kausalverläufe, an dem er zugleich die Konsequenzen seiner Lehre für die strafrechtliche Haftungsbegründung vorführt. Abschließend analysiert Volker Haas die materiell-rechtlichen Aporien, die aus der Verkennung des Kausalitätsbegriffs und seiner normativen Funktion durch die anfangs dargestellten Zurechnungskonzeptionen resultieren.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
I. Der materiell-rechtliche Untersuchungsgegenstand der Arbeit | 13 | ||
II. Die Rahmen-Thematik der Untersuchung | 14 | ||
III. Der Gang der Untersuchung | 16 | ||
Erstes Kapitel: Strafrechtsdogmatische Konzeptionen und ihr Begründungsansatz strafrechtlicher Erfolgszurechnung | 17 | ||
I. „Naturalistische" oder mit vorrechtlichen Begriffen argumentierende Strafrechtsdogmatiken | 17 | ||
1. Der kausale Handlungsbegriff als ein der allgemeinen Rechtslehre angehörender Grundbegriff der klassischen Verbrechenslehre von Liszts | 17 | ||
2. Die ontologische Strafrechtsmethodik Welzels: Der finale Handlungsbegriff als eine apriorische Struktur des Seins | 22 | ||
3. Die Anküpfung an die Imputationenlehre Pufendorfs durch die logisch-analytische Strafrechtsmethode Hruschkas | 28 | ||
II. „Normativistische" oder der Wertungsjurisprudenz verpflichtete Strafrechtsdogmatiken | 34 | ||
1. Die Normativierung des Handlungsbegriffs durch die soziale Handlungslehre Eb. Schmidts | 34 | ||
2. Die teleologische Straftat- und Zurechnungssystematik. Insbesondere die kriminalpolitische System- und Begriffsbildung Roxins | 37 | ||
3. Die auf der systemtheoretischen Soziologie beruhende, funktionale Strafrechtskonzeption Jakobs | 47 | ||
III. Fazit | 53 | ||
Zweites Kapitel: Die Bedeutung subjektiver Rechte für die Erklärung strafrechtlicher Erfolgshaftung | 54 | ||
I. Zur Abhängigkeit des Strafrechts von der materialen Grundstruktur der Privatrechtsordnung | 54 | ||
1. Die Akzessorietät des Strafrechts gegenüber der Privatrechtsordnung | 54 | ||
2. Das bürgerliche Recht als eine Ordnung der Zuweisung subjektiver Rechte zwischen gleichgeordneten Privatrechtssubjekten | 55 | ||
3. Konsequenzen für die strafrechtliche Begriffsbildung | 58 | ||
II. Das strafrechtliche Verhältnis des Rechtsgutsbegriffs zu dem des subjektiven Rechts | 58 | ||
1. Historischer Ausgangspunkt: Die Rechtsverletzungstheorie Feuerbachs | 58 | ||
2. Die Ablösung der Rechtsverletzungstheorie durch die Rechtsgutslehre | 59 | ||
3. Der kollektivistisch-etatistische Ursprung des tradierten Rechtsgutsbegriffs | 61 | ||
4. Die Konstitution des Rechtsschutzes als Grund für den kollektivistischen Etatismus des Rechtsgutsbegriffs | 66 | ||
5. Die Imperativentheorie als normentheoretische Kulmination der kollektivistischetatistischen Tendenzen | 72 | ||
6. Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen subjektiven Privatrechten und öffentlich-rechtlichen Verhaltensnormen | 76 | ||
III. Die aus der Garantie subjektiver Rechte folgende Unterscheidung zwischen objektiver Rechtswidrigkeit und subjektiver Pflichtwidrigkeit | 83 | ||
1. Das grundlegende Dilemma der historisch reinen und gegenwärtig gemäßigten Imperativentheorie im Strafrecht | 83 | ||
2. Die objektive zivilrechtliche Rechtswidrigkeit als rechtliche Beeinträchtigung der garantierten Rechtsmacht des subjektiven Rechts | 98 | ||
3. Die axiologische Ableitung der Verhaltensnormen aus den subjektiven Rechten | 104 | ||
IV. Abgrenzung gegenüber der Normentheorie von Kindhäuser und der alethischen Strafrechtskonzeption von Hoyer | 105 | ||
1. Die Unterscheidung von Norm- und Pflichtwidrigkeit durch die Normentheorie Kindhäuser | 105 | ||
2. Übereinstimmungen und Abweichungen zu der in dieser Arbeit vertretenen Normentheorie | 107 | ||
3. Anmerkungen zur alethischen Strafrechtskonzeption Hoyers | 109 | ||
V. Fazit | 110 | ||
Drittes Kapitel: Das allgemeine Problem der Abgrenzung von „Begehen" und „Unterlassen" | 111 | ||
I. Vorbemerkung | 111 | ||
II. Analyse der Problematik | 111 | ||
III. Kriterien der Abgrenzung von „Begehen" und „Unterlassen" | 112 | ||
1. Das Kriterium des Schwerpunktes der Vorwerfbarkeit | 112 | ||
2. Das Kriterium des sozialen Handlungssinns | 115 | ||
3. Das Energiekriterium | 117 | ||
4. Das Körperbewegungskriterium | 119 | ||
5. Das Kausalitätskriterium | 124 | ||
6. Normativistische Einschränkungen des Kausalitäts- und Körperbewegungskriteriums | 126 | ||
7. Das Kriterium des Achtungsanspruchs des Rechtsguts | 135 | ||
8. Das „Zweifels"-Kriterium | 136 | ||
IV. Fazit | 137 | ||
Viertes Kapitel: Die strafrechtliche Kausalitätsdiskussion unter Berücksichtigung der Fallgruppe der Verhinderung und des Abbruchs rettender Kausalverläufe | 139 | ||
I. Die Diagnose einer Kausalitätsproblematik bei der Eliminierung erfolgshindernder Bedingungen | 139 | ||
1. Die Kausalität als strafrechtliche Haftungsvoraussetzung bei den durch Begehen verwirklichten Erfolgsdelikten | 139 | ||
2. Die Geschehens-Atypizität bei der Verhinderung und dem Abbruch rettender Kausalverläufe | 140 | ||
3. Zum materiell-rechtlichen und methodischen Status einer Klärung des Kausalitätsbegriffs | 142 | ||
II. Die in der Wissenschaft vertretenen Kausalitätsbegriffe und ihre Anwendung auf die Fallgruppe der Verhinderung und des Abbruchs rettender Kausal Verläufe | 144 | ||
1. Die Bedingungs- beziehungsweise Äquivalenztheorie | 144 | ||
a) Die Begründung der Lehre durch Stübel, Glaser und von Buri | 144 | ||
b) Die Kritik Traegers am Theorem einer vorrechtlichen Gleichwertigkeit aller Bedingungen | 147 | ||
c) Die Neubegründung der vorrechtlichen Gleichwertigkeit aller Bedingungen durch die empiristische Philosophie Mills | 149 | ||
d) Das Verständnis von Kausalaussagen als singuläre kontrafaktische Konditionalsätze | 153 | ||
2. Die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung | 154 | ||
a) Die Begründung der Lehre durch Engisch | 154 | ||
b) Das deduktiv-nomologische Erklärungsmodell der Wissenschaftstheorie | 156 | ||
c) Die durch Hume begründete empiristische Philosophie als Fundament der im Strafrecht vertretenen Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung | 159 | ||
d) Der Dissens bei der Anwendung des Erklärungsmodells auf die Fallgruppe der Verhinderung und des Abbruchs rettender Kausalverläufe | 160 | ||
3. Der Ursache-Wirkung-Zusammenhang als Prozeß der Energieübertragung oder die Ursache als causa efficiens | 162 | ||
a) Die Differenzierung zwischen Ursache und Bedingung | 162 | ||
b) Der Streit um den Kausalzusammenhang im Falle der Eliminierung der den Erfolg hindernden Bedingungen | 164 | ||
4. Die Gleichgewichtslehre Bindings und G. Müllers | 166 | ||
5. E.A. Wolffs Kausalitätslehre des menschlichen Bewirkens | 167 | ||
III. Fazit | 169 | ||
Fünftes Kapitel: Rechtlicher Kausalbegriff und materiale Rechtszuweisungsordnung der individualrechtsgutsschützenden Straftatbestände | 171 | ||
I. Der strafrechtliche Kausalitätsbegriff vor dem Hintergrund der dargestellten Kausalitätsdiskussion | 171 | ||
1. Die Konsequenzen einer vorrechtlichen UnUnterscheidbarkeit aller Bedingungen | 171 | ||
2. Einwände gegen die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung und die Zurückführung der Kausalität auf kontrafaktische Konditionalsätze | 173 | ||
3. Zur Möglichkeit einer Definition des Kausalitätsbegriffs als relativen Rechtsbegriff | 183 | ||
II. Der Kausalitätsbegriff des Bewirkens als maßgeblicher Rechtsbegriff im Kontext der individualrechtsgutsschützenden Straftatbestände | 184 | ||
1. Die Erklärung Welps für die Erfolgsbewirkung als hinreichender Grund strafrechtlichen Unrechts | 184 | ||
2. Der Kausalitätsbegriff des Bewirkens als ein die Reichweite subjektiver Rechte definierender Rechtsbegriff | 185 | ||
3. Der Kausalitätsbegriff des Bewirkens: Notwendige Klarstellungen und einige Konsequenzen | 194 | ||
III. Einwände gegen den Kausalitätsbegriff des Bewirkens und seiner materiell-rechtlichen Begründung | 196 | ||
1. Vorbemerkung | 196 | ||
2. Die prinzipielle Absage an die Verursachungsdoktrin durch Fraenkel | 196 | ||
3. Die Kritik Fraenkels an der These eines deliktischen Schutzes vor Beeinträchtigungen der Rechtsausübung | 202 | ||
4. Die Postulierung einer realen Beziehung zwischen dem Erfolg und dem Abbruch rettender Geschehensabläufe | 206 | ||
5. Die Behauptung der Undurchführbarkeit einer normativen Unterscheidung zwischen faktischen und hypothetisch vermittelten Kausalverläufen | 208 | ||
6. Der Vorwurf eines auf einer unberechtigten Trennung von Umwelt und geschütztem Objekt beruhenden Rechtsgutsbegriffs | 210 | ||
IV Fazit | 211 | ||
Sechstes Kapitel: Grund und Voraussetzungen einer strafrechtlichen Erfolgshaftung durch Begehen ohne Kausalität | 212 | ||
I. Die Begründung der Erfolgsverantwortlichkeit des Täters trotz fehlender Kausalität durch die willentliche Beherrschbarkeit des Geschehensablaufs | 212 | ||
1. Die Anwendung der Lehre von der „rationellen Urheberschaft" | 212 | ||
2. Die Kritik an der Anwendung der Rechtsfigur des dominus causae durch ihren Begründer Kohler | 214 | ||
3. Der Rückgriff auf die Zurechnungskriterien der Steuerbarkeit und Vermeidbarkeit | 215 | ||
II. Der Wille des Rechtsinhabers auf Wahrnehmung einer Garantiefunktion seiner Rechtssphäre als ein die Kausalität ersetzender Haftungsgrund | 217 | ||
1. Die grundlegende Voraussetzung der Erfolgshaftung im Falle der Verhinderung und des Abbruchs rettender Kausalverläufe | 217 | ||
2. Das Problem einer Garantiefunktion kraft des mutmaßlichen Willens des Rechtsinhabers | 219 | ||
3. Die verschiedenen Modalitäten des Eingriffs in die rettende Rechtssphäre | 220 | ||
III. Strafrechtlich relevante Rechtsgründe der Entstehung subjektiver Rechte des Opfers an der rettenden Sachsphäre | 221 | ||
1. Die Inhaberschaft subjektiver Rechte an der rettenden Sachsphäre aufgrund des Rechts des Opfers an sich selbst und aufgrund rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Sachen | 221 | ||
2. Die auf dem Willen eines Dritten beruhende Zuweisung der rettenden Rechtssphäre gegenüber dem Opfer im Verhältnis zum Täter | 221 | ||
3. Die Begründung absoluter Rechte des Opfers an der Rechtssphäre Dritter durch dem Opfer gegenüber bestehende Garantenstellungen | 224 | ||
4. Die Problematik der Gewährung eines dinglichen Rechts an der rettenden Rechtssphäre zu Lasten des Eigentümers durch die Notstandsregeln der §§ 904 BGB, 34 StGB | 234 | ||
a) Der gegenwärtige Diskussionsstand bezüglich einer Erfolgshaftung des Täters bei aktiver Entziehung der eigenen Rechtssphäre | 234 | ||
b) Die Anerkennung eines subjektiven Notstandsrechts durch die herrschende Lehre in der straf- und zivilrechtlichen Literatur | 236 | ||
c) Die Parallelproblematik einer Erfolgsverantwortlichkeit des Täters bei der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323 c StGB | 241 | ||
d) Die Kontroverse um den Rechtsgrund der Notstandsbestimmungen der §§ 904 BGB, 34 StGB | 248 | ||
(1) Die Zurückführung der §§904 BGB, 34 StGB auf das Prinzip des überwiegenden Interesses | 248 | ||
(2) Die §§904 BGB, 34 StGB als Ausdruck wechselseitiger Solidarität zwischen den rechtsunterworfenen Individuen | 255 | ||
(3) Die §§ 904B GB, 34 StGB als öffentlich-rechtliche Aufopferung zur Wahrung der Legitimität rechtlicher Herrschaft | 260 | ||
e) Grenzen der fehlenden Schadensverantwortlichkeit: Zur Lösung entstehender Abgrenzungsprobleme | 264 | ||
5. Das Schikaneverbot des § 226 BGB als haftungsbegründender Rechtszuweisungsgrund | 264 | ||
IV. Konsequenzen und Folgeprobleme hinsichtlich spezifisch strafrechtlicher Einzelfragen | 267 | ||
1. Die Konsequenzen des materiellen Kausalitätsbegriffs hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß Art. 103 II GG | 267 | ||
2. Die Hinderung rettungwilliger Dritter durch Nötigung oder Täuschung als Fall der mittelbaren Täterschaft? | 268 | ||
3. Abbruch rettender Kausalverläufe und die Abgrenzung von Tun und Unterlassen | 270 | ||
V. Fazit | 270 | ||
Siebtes Kapitel: Die Vereinbarkeit des Bewirkensbegriffs mit den normativistischen und den naturalistischen Strafrechtsdogmatiken | 272 | ||
I. Vorbemerkung | 272 | ||
II. Die axiologischen und materiell-rechtlichen Aporien der normativen Zurechnungslehren | 272 | ||
1. Rekapitulation: Die Metamorphose subjektiver Rechte zu bloßen Faktoren einer Interessenabwägung durch die objektive Zurechnungslehre | 272 | ||
2. Der Mangel eines die Reichweite subjektiver Rechte definierenden Kausalitätsbegriffs und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Rechtsbegründung | 280 | ||
3. Die axiologische Aporie der Haftungsbegründung und -begrenzung durch die objektive Zurechnungslehre | 284 | ||
4. Die Gleichstellung von Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit durch die Bedingungstheorie | 295 | ||
5. Die Inkohärenz zwischen den begrifflichen Anknüpfungspunkten einer Haftungsrestriktion durch den Risikobegriff und seiner normativen Offenheit | 300 | ||
6. Der verbleibende Anwendungsbereich der Zurechnungskriterien der objektiven Zurechnungslehre | 303 | ||
7. Zur Übertragbarkeit der nachgewiesenen Aporien auf die soziale Handlungslehre von Eb. Schmidt | 305 | ||
III. Die axiologischen und materiell-rechtlichen Aporien der vorrechtlichen Handlungslehren | 305 | ||
1. Der Vorbehalt der Kritik: Die Anknüpfung an die Bedingungstheorie durch die vorrechtlichen Handlungstheorien | 305 | ||
2. Das durch Welzel entwickelte Prinzip der sozialen Adäquanz als normativ offene Kategorie zur Unterscheidung von Erfolgsbedingungen | 306 | ||
3. Die Vermengung von Zurechnungsgegenstand und Zurechnungsgrund durch die Kategorie des Vorsatzes und der objektiven Bezweckbarkeit | 308 | ||
IV. Die strukturelle Wesensverwandtschaft der vorrechtlichen und der normativistischen Strafrechtsdogmatiken | 310 | ||
V. Gesamtfazit | 310 | ||
Literaturverzeichnis | 312 | ||
Personenverzeichnis | 340 | ||
Sachwortverzeichnis | 343 |