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Tießler-Marenda, E. (2002). Einwanderung und Asyl bei Hugo Grotius. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50460-2
Tießler-Marenda, Elke. Einwanderung und Asyl bei Hugo Grotius. Duncker & Humblot, 2002. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50460-2
Tießler-Marenda, E (2002): Einwanderung und Asyl bei Hugo Grotius, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50460-2

Format

Einwanderung und Asyl bei Hugo Grotius

Tießler-Marenda, Elke

Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte, Vol. 42

(2002)

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Abstract

Seit den 1930er Jahren wird Hugo Grotius (1583-1645) in der Literatur regelmäßig als Begründer des völkerrechtlichen politischen Asyls genannt. In seinem Werk »De Iure Belli ac Pacis Libri Tres« (kurz: IBP) soll er erstmals ein Recht auf politisches Asyl formuliert haben. Als Beleg wird auf IBP, Buch II, Kapitel 2, § XVI verwiesen, wo es heißt, daß Vertriebenen dauernder Aufenthalt nicht verweigert werden soll, wenn sie sich der bestehenden Staatsmacht unterwerfen.

Die Autorin fragt, inwieweit Grotius tatsächlich das moderne, politische Asyl begründet hat. Elke Tießler-Marenda belegt, daß die genannte Textstelle nicht im Zusammenhang mit politischem Asyl, sondern mit der Debatte über die Eroberung der Neuen Welt, über die Freiheit der Meere sowie Reise-, Niederlassungs- und Handelsfreiheit steht. Die Zuwanderung Fremder wird dabei unter dem Gesichtspunkt potentieller Schädlichkeit für den Aufnahmestaat behandelt. Eroberer und Kolonialisten wie die Spanier stellen eine Gefahr dar und haben deshalb kein Einwanderungsrecht. Als Gegenbeispiel dienen Vertriebene, die sich in einer Notlage befinden und eine neue Heimat suchen. Wenn sie sich der vorhandenen Staatsmacht unterwerfen, sollen sie aufgenommen werden. Auch in Grotius' sonstigen Ausführungen in IBP sind Staatsinteressen der Maßstab für die Aufnahme Fremder: Da ein Bevölkerungsverlust durch Auswanderung zumeist als nachteilig galt, bedeutet es demnach einen strafbaren Rechtsverstoß, fremde Untertanen gegen den Willen ihres Herkunftslandes aufzunehmen. Einzig die Aufnahme von Exilanten und Vertriebenen ist völkerrechtlich unbedenklich, da ihr Heimatstaat an ihrem Bleiben erkennbar kein Interesse hat. Zur Auslieferung von (politischen) Verbrechern, die in ein anderes Land geflohen sind, hat Grotius entgegen der Darstellung in der Literatur folglich eine restriktive Meinung: Trotz Berufung auf Asyl sind sie auszuliefern, da sonst der Strafanspruch des verfolgenden Staates verletzt würde.

Die Autorin zeigt, daß Grotius in seinen Überlegungen sowohl zur Asylgewährung wie auch zur Einwanderung staatliche Interessen in den Vordergrund stellt. Deshalb darf nur eingewandert werden, wenn dem Aufnahmestaat dadurch kein Schaden droht. Aus diesem Grund lehnt er Asyl für politisch (Straf-)Verfolgte explizit ab.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 13
Einleitung 17
Kapitel 1: Zum Forschungsstand 28
I. Das moderne völkerrechtliche Asyl 28
II. Geschichte des Asyls und deren Darstellung in der Literatur 32
1. Die Herkunft des Wortes Asyl 33
2. Ursprünge 34
3. Vorklassische Antike (1450–550 v. Chr.) 35
4. Altgriechische und hellenistische Zeit (600–168 v. Chr.) 38
5. Römische Republik und Kaiserzeit (500 v. Chr. – 400 n. Chr.) 43
6. Übergangszeit zwischen Antike und Mittelalter (40–600 n. Chr.) 49
7. Frühes bis hohes Mittelalter (500–1300 n. Chr.) 52
8. Spätes Mittelalter (1300–1500 n. Chr.) 58
9. Spanisches Zeitalter (1500–1648 n. Chr.) 60
10. Zusammenfassung 61
III. Grotius’ Asylbegriff in der Literatur 64
Kapitel 2: Grotius’ Epoche, Leben und Werk 75
I. Das spanische Zeitalter 1500–1648 75
II. Das konfessionelle Zeitalter 76
III. Entdeckungsfahrten, Kolonialismus und die Entstehung des klassischen Völkerrechts 81
IV. Grotius – Leben und Werk 85
Kapitel 3: Quellenbasis 93
Kapitel 4: Ius naturae et gentium bei Grotius 104
I. Ius naturae in IBP 106
1. Die Quelle des ius naturae 106
2. Die Unveränderlichkeit des ius naturae und sein Verhältnis zum ius divinum 109
3. Inhalt und Erweisbarkeit des ius naturae 117
a) Der direkte und der indirekte Beweis des ius naturae 117
b) Die naturrechtliche Grundlage des ius civile 118
c) Die naturrechtliche Grundlage des Privatrechts 120
d) Die Grundlagen des Staates 120
4. Kein absoluter Vorrang des ius naturae 122
5. Zusammenfassung 124
II. Ius gentium 125
1. Das vorgrotianische ius gentium 126
2. Ius gentium in IBP 132
a) Ius belli ac pacis und Kriegsbegriff in IBP 134
b) Das Verhältnis von ius naturae, ius gentium voluntarium und ius gentium in IBP 138
3. Grotius’ ius gentium-Begriff und das moderne Völkerrecht 143
Kapitel 5: Dauernder Wohnsitz für Vertriebene 146
I. IBP, lib. II, cap. 2, § XVI: Perpetua habitatio für expulsi 146
II. Einreise und perpetua habitatio in IBP 147
1. „De his quae hominibus communiter competunt“ 147
2. IBP, lib. II, cap. 2, § XXIII: de Molina contra de Vitoria 151
a) De Vitoria und die Einreise-, Niederlassungs- und Handelsfreiheit der Spanier in der neuen Welt 156
aa) Das Recht der Einreise und des Aufenthalts 158
bb) Handelsfreiheit 161
cc) Nutzung gemeinschaftlicher Güter und Aneignungsrecht 161
b) De Molinas Kritik an de Vitoria 163
c) De Vitorias Rechtfertigung der Kolonisierung Amerikas durch die Spanier und die Abwehrrechte der indianischen res publicae nach de Molina 165
3. Die Entstehung des Sondereigentums und die res communes in IBP 169
a) Der ursprüngliche Eigentumserwerb 169
b) Die Besitzergreifung 171
c) Die Freiheit der Meere 172
d) Zusammenfassung 174
4. Das ius commune ad res: Der berechtigte Gemeingebrauch 176
a) Das Notfallrecht 177
b) Utilitas innoxia – Die unschädliche Nutzung fremden Eigentums 178
aa) Freie Ein- und Durchreise für Menschen und Waren und Freiheit des Handels 179
bb) Befristeter Aufenthalt 183
cc) Perpetua habitatio und die Besiedelung ungenutzter Gebiete 185
5. Das ius commune ad actus: Das Recht zu bestimmten Handlungen 194
a) Handlungen, die immer erlaubt sind 195
b) Handlungen, die beschränkt werden können 197
III. Das ius commune, die Eroberung der neuen Welt und perpetua habitatio für expulsi 200
Kapitel 6: IBP, lib. III, cap. 20, § XLI: Die Aufnahme fremder Untertanen 207
I. Die Aufnahme von Auswanderern 209
II. Die Aufnahme von exsules 210
III. Die Aufnahme von entlaufenen Sklaven und versklavten Kriegsgefangenen 211
IV. Zusammenfassung 216
Kapitel 7: IBP, lib. II, cap. 21, § III ff.: Die Auslieferung von Verbrechern 219
I. IBP, lib. II, cap. 21: „De poenarum communicatione“ 219
II. IBP, lib. II, cap. 21, § III: Strafanspruch und Strafbefugnis 220
III. Die Vollstreckung der Strafe 224
1. Die Pflicht zu strafen oder auszuliefern 224
2. Einschränkung der Auslieferungspflicht 228
a) ἱκεσία und Asyl 228
b) Ausweisung statt Auslieferung 233
c) Die Beschränkung der Auslieferung auf bestimmte Verbrechen 234
3. Haftung des Zufluchtsstaates bei Nichtauslieferung 236
IV. Zusammenfassung 239
Kapitel 8: Ergebnisse 242
Quellenverzeichnis 253
Literaturverzeichnis 261
Sachwortverzeichnis 288