Die Nutzungsstörung
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Die Nutzungsstörung
Zur Problematik der Störung des Verwendungszwecks und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 281
(2003)
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Abstract
Das in der Praxis häufige Problem, wer bei einer zufälligen Störung des Verwendungszwecks der ansonsten mangelfreien Leistung die Gefahr zu tragen hat, ist mit der Kodifizierung der Lehre von der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB keineswegs gelöst. Bereits einfache Sachverhalte - wie etwa der bekannte Schulfall von der Vermietung eines Fensterplatzes zur Betrachtung eines Krönungszugs - stellen Theorie und Praxis weiterhin vor die Frage, nach welchen Kriterien es sich bemisst, ob der Mieter bei einem Ausfall des Krönungszugs die Miete dennoch zu bezahlen hat.Ausgehend von einer eingehenden kritischen Analyse der Handhabung in der gerichtlichen Praxis und der bisherigen Lösungsansätze in der Literatur, zeigt Guido Quass, dass der vereinbarte Verwendungszweck als eigentliches Äquivalent der Gegenleistung und damit als ein Element der Leistungspflicht des Sachleistungsschuldners zu erfassen ist. Als Kriterium für die Bestimmung der von den Vertragsparteien vereinbarten »Soll-Nutzbarkeit« der Leistung arbeitet der Autor die »wertbildende Nutzung« heraus, auf der bei wertender Betrachtung der vereinbarte Preis der Leistung beruht. Die »Nutzungsstörung« als rechtlich relevante Störung der »Soll-Nutzbarkeit« bedeutet dann schlicht eine Leistungsstörung, ohne dass es der gesonderten Kategorie einer Geschäftsgrundlage bedürfte. Hierdurch ist ein präziseres Merkmal gefunden, mit dem die unbeachtlichen Beweggründe von dem beachtlichen Vertragsinhalt abgegrenzt werden können. Als eine wichtige Begrenzung der Gefahrtragung des Schuldners arbeitet Quass heraus, dass die Gegenleistung trotz einer »Nutzungsstörung« weiter geschuldet ist, wenn sich das störende Ereignis zunächst und unmittelbar in dem Vermögen oder Aufgabenkreis, also in der sozial erfassbaren Sphäre des Gläubigers niedergeschlagen hat.Die praktische Tauglichkeit dieser Rückbesinnung auf die Regeln des bürgerlich-rechtlichen Leistungsstörungsrechts und des Kriteriums der »wertbildenden Nutzung« wird schließlich anhand einer Reihe von Beispielsfällen aufgezeigt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
1. Kapitel: Die ungelöste Problematik der Störung des Verwendungszwecks | 11 | ||
A. Das Problem | 11 | ||
I. Zwei Fälle aus neuerer Zeit | 11 | ||
II. Die zugrunde liegende Problematik der Störung des Verwendungszwecks | 14 | ||
III. Die korrespondierende Problematik der Zweckvereitelung und der Zweckerreichung | 17 | ||
B. Die Handhabung der Problematik in der gerichtlichen Praxis | 20 | ||
I. Die entsprechende Anwendung der Sachmängelhaftung durch die Lehre vom Umweltfehler | 20 | ||
II. Der vertragliche Risikobereich und das Institut der Geschäftsgrundlage | 25 | ||
III. Die Lehre von der Geschäftsgrundlage als tatbestandslose Generalklausel | 29 | ||
C. Die Kodifizierung der Lehre von der Geschäftsgrundlage durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts | 33 | ||
2. Kapitel: Die bisherigen Versuche zur Lösung der Problematik | 38 | ||
A. Die Lehren von der clausula rebus sie stantibus als Vorläufer der Lehren von der Geschäftsgrundlage | 38 | ||
I. Die Entwicklung der Clausel-Lehre seit Pillius | 38 | ||
1. Die ersten Ansätze des Clausel-Gedankens im 12. bis 14. Jahrhundert | 38 | ||
2. Die großzügige Anwendung der Clausel-Lehre im 15. und 16. Jahrhundert | 40 | ||
3. Die clausula bei Hugo Grotius und Heinrich von Cocceji | 40 | ||
4. Die clausula im usus modernus und in der Naturrechtslehre | 42 | ||
5. Die Clausel in den Kodifikationen des 18. Jahrhunderts | 43 | ||
6. Die Ausklammerung der Clausel-Lehre im gemeinen Recht | 45 | ||
II. Die Inhomogenität der Clausel-Lehren und die Kontinuität der Lehren von der Geschäftsgrundlage | 46 | ||
B. Die Berücksichtigung der Zweckstörung aufgrund einer Selbstbeschränkung des Willens (sog. subjektive Lehren) | 48 | ||
I. Der einseitige Vorbehalt des Willens | 48 | ||
1. Die Lehre Windscheids von der Voraussetzung | 48 | ||
2. Die Lehre von der Voraussetzung als einseitige Berücksichtigung der Beweggründe des Erklärenden | 51 | ||
II. Der akzeptierte Vorbehalt des Willens | 58 | ||
1. Die Lehre Oertmanns von der Geschäftsgrundlage | 58 | ||
2. Die Oertmann'sche Formel als Fiktion eines Konsenses | 60 | ||
C. Die hypothetische Parteivereinbarung bei hypothetischer Kenntnis bzw. Berücksichtigung des Risikos der Störung des Verwendungszwecks | 65 | ||
I. Die Geschäftsgrundlage als die den Vertragsparteien gemeinsame Wertungsgrundlage | 65 | ||
1. Die Lehre Schmidt-Rimplers von der Richtigkeitsfunktion des Vertrags | 65 | ||
2. Das Erfordernis eines objektiven Weitungsmoments | 67 | ||
II. Die Methode der ergänzenden Vertragsauslegung | 77 | ||
1. Die Lehre Brox' von der Interessenjurisprudenz und ihre Vorläufer | 77 | ||
2. Die Lehre Medicus' von der vertraglichen Risikozuweisung | 80 | ||
3. Die ergänzende Vertragsauslegung als Einfallstor für subjektive Gerechtigkeitsvorstellungen | 81 | ||
D. Die Berücksichtigung der Zweckstörung aufgrund normativer Weitungen (sog. objektive Lehren) | 86 | ||
I. Die Störung des Verwendungszwecks als eine Frage der Billigkeit | 86 | ||
1. Die Lehren von der Unzumutbarkeit der Gegenleistungspflicht | 86 | ||
a) Die Lehre Erich Kaufmanns vom „Wesenszweck" des Geschäfts | 86 | ||
b) Die Lehre Krückmanns vom virtuellen Vorbehalt | 87 | ||
c) Die Lehre Fikentschers von der Vertrauensgrundlage | 88 | ||
d) Die Lehren vom Äquivalenzprinzip | 89 | ||
2. Die Unbestimmtheit des Begriffs von der Unzumutbarkeit | 93 | ||
a) Das grundsätzliche Dilemma der Lehren von der Unzumutbarkeit | 93 | ||
b) Die Weitungsoffenheit der Lehren vom Äquivalenzprinzip | 96 | ||
3. Die Vorhersehbarkeit von Risiken als Kriterium der Unzumutbarkeit | 99 | ||
a) Die Vorhersehbarkeit als Wertungsgesichtspunkt und als Indiz für den Vertragsinhalt | 99 | ||
b) Die Fragwürdigkeit des Kriteriums von der Vorhersehbarkeit | 101 | ||
II. Der Verwendungszweck als vereinbarter Parteizweck | 105 | ||
1. Die Lehre Lochers vom Geschäftszweck | 105 | ||
2. Der „Geschäftszweck" als eine neben der Leistungsabrede stehende Vereinbarung | 108 | ||
a) Der Geschäftszweck als einseitiger vereinbarter Parteizweck | 108 | ||
b) Die Virtualität des Geschäftszwecks | 109 | ||
c) Die Zweiteilung des Vertrags in der Lehre vom Geschäftszweck | 110 | ||
III. Der Verwendungszweck als objektiver Vertragszweck | 114 | ||
1. Die Lehre Larenz' vom objektiven Vertragszweck | 114 | ||
2. Der „Vertragszweck" als Grundlage der Leistungsvereinbarung | 116 | ||
a) Die Unklarheit des Verhältnisses von Geschäftsgrundlage und Vertrag | 116 | ||
b) Die Ausblendung des Synallagmas in der Larenz'schen Geschäftsgrundlagenlehre | 118 | ||
IV. Der Verwendungszweck als Inhalt der rechtsgeschäftlichen Leistungsvereinbarung | 119 | ||
1. Die Lehre Flumes von der Bezugnahme des Rechtsgeschäfts auf die Wirklichkeit | 119 | ||
2. Die Lehre Beuthiens von der vereinbarten Zweckeignung der Leistung | 122 | ||
3. Das Leistungsversprechen als Versprechen zur Nutzungsmöglichkeit | 124 | ||
a) Die Zweckvereinbarung als Rechtfertigung der Gefahrtragung des Schuldners | 124 | ||
b) Der Bruch der Lehren mit dem herkömmlichen Verständnis von der Leistung | 126 | ||
c) Die Zweifelhaftigkeit der Entscheidungskriterien | 128 | ||
3. Kapitel: Die Störung des Verwendungszwecks als Leistungsstörung | 132 | ||
A. Das Nutzungsrisiko bei der Landpacht als exemplarisches Modell für die Gefahrtragung bei Störungen des Verwendungszwecks | 132 | ||
I. Die heutige Regelung des § 593 BGB und ihre unmittelbaren Vorläufer | 132 | ||
II. Die Entwicklungsgeschichte seit Servius | 137 | ||
1. Die Störung des Verwendungszwecks im römischen Recht der Landpacht | 137 | ||
a) Die Gefahrtragung des Verpächters als Nichterfüllung der auf die Nutzung bezogenen Leistungspflicht | 137 | ||
b) Andere Deutungsversuche der servianischen Konzeption | 142 | ||
c) Die vitia ex ipsa re als Aufgaben- und Gefahrenbereich des Pächters | 146 | ||
2. Die weitere historische Entwicklung | 151 | ||
a) Der Wandel von der vertraglichen Gewährleistung zum Billigkeitsgedanken in der nachklassischen Entwicklung bis zum justinianischen Recht | 151 | ||
b) Die Entwicklung von der Glosse bis zum preußischen ALR | 154 | ||
c) Die widerstreitenden Auffassungen im gemeinen Recht | 158 | ||
d) Die remissio mercedis in den Beratungen zum BGB | 161 | ||
III. Die Ergebnisse der historischen Analyse | 163 | ||
B. Die Nutzungsstörung als Leistungsstörung | 165 | ||
I. Der vereinbarte Verwendungszweck als Element der Leistungspflicht | 165 | ||
1. Die These | 165 | ||
2. Die vereinbarte Nutzung als Äquivalent der Gegenleistung | 168 | ||
3. Das Kriterium der wertbildenden Nutzung | 173 | ||
a) Die Bestimmung der geschuldeten Nutzung als Problem der Auslegung des Geschäfts | 173 | ||
b) Die wertbildende Nutzungsform als Indikator der vertraglichen Abrede über den geschuldeten Verwendungszweck | 175 | ||
c) Die typisierte Nutzungsvereinbarung als Mittel der Auslegung des Geschäfts | 177 | ||
4. Die verfehlte Unterscheidung zwischen primären und sekundären Leistungszwecken als Fortwirkung der Irrtumslehre Zitelmanns | 181 | ||
a) Die Lehre Zitelmanns und ihre Folgewirkungen | 181 | ||
b) Die Verfehltheit der Lehre Zitelmanns und des herkömmlichen Leistungsbegriffs | 186 | ||
c) Die Bestimmung sonstiger Leistungsinhalte nach dem vereinbarten Verwendungszweck | 190 | ||
d) Der vereinbarte Verwendungszweck als geschuldeter Erfolg | 194 | ||
II. Die Störung des Verwendungszwecks aufgrund von im Bereich des Gläubigers liegenden Umständen | 196 | ||
1. Das Problem | 196 | ||
2. Das Substratsrisiko im Werkvertragsrecht | 198 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs | 198 | ||
b) Die Zustimmung der herrschenden Lehre | 202 | ||
c) Die Verfehltheit der entsprechenden Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB | 203 | ||
(1) Die Zweifelhaftigkeit der von der herrschenden Meinung zugrunde gelegten Prämisse | 203 | ||
(2) Die Zufallsbetroffenheit des Leistungssubstrats als tragender Wertungsgesichtspunkt | 207 | ||
3. Das Betriebs- und Substratsrisiko im Arbeits- und Dienstvertragsrecht | 209 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts | 209 | ||
b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs | 212 | ||
c) Die Lehre vom Substratsrisiko | 216 | ||
4. Die Sphärentheorie | 219 | ||
a) Die Lehre von der Risiko Verantwortung | 219 | ||
b) Die Verfehltheit der Zurechnung von Zufallsschäden | 222 | ||
5. Das Prinzip casum sentit dominus als Grenze der Gefahrtragung des Schuldners bei Nutzungsstörungen | 227 | ||
III. Die Konsequenzen einer Erfassung der Nutzungsstörung als Leistungsstörung | 232 | ||
1. Die entsprechende Anwendung der Regeln über die Sachmängelhaftung | 232 | ||
2. Der Abschied von den Lehren vom Umweltfehler und von der Lehre von der Geschäftsgrundlage für die Fälle der Nutzungsstörung | 233 | ||
C. Die Nutzungsstörung in der konkreten Fallanwendung | 234 | ||
I. Die Nutzungsstörung bei der Miete und der Pacht | 234 | ||
1. Die Krönungszugfälle | 234 | ||
2. Die Tanzlokalfälle | 235 | ||
3. Der Benzintankanlagenfall | 238 | ||
4. Die Wettbewerbsverbotsfälle | 239 | ||
5. Die Einkaufszentrumfälle | 241 | ||
6. Der Marika-Rökk-Fall | 244 | ||
7. Der Hotelpachtfall | 246 | ||
II. Die Nutzungsstörung beim Kauf | 248 | ||
1. Der Kauf von Bauerwartungsland | 248 | ||
2. Der Drehtürfall | 252 | ||
3. Der Bierlieferungsfall | 254 | ||
4. Der Fertighausfall | 255 | ||
5. Der Gaststätteninventarfall | 257 | ||
6. Der Fußballspielerfall | 260 | ||
7. Der Apothekenkonzessionsfall | 262 | ||
8. Der Spielautomatenfall | 263 | ||
III. Die Nutzungsstörung beim Werkvertrag und bei der Werklieferung | 265 | ||
1. Der Bohrhämmerfall | 265 | ||
2. Der Chartervertragsfall | 267 | ||
3. Der Tanzkapellenfall | 268 | ||
IV. Die Nutzungsstörung beim Darlehen | 270 | ||
1. Die Zweckneutralität des Darlehensvertrags | 270 | ||
2. Das Verwendungsrisiko des Darlehensnehmers | 272 | ||
3. Die Unanwendbarkeit der Geschäftsgrundlagenlehre | 273 | ||
4. Die Rechtsfolgen der Risikoverteilung beim Darlehensvertrag | 275 | ||
Literaturverzeichnis | 279 | ||
Personen- und Sachregister | 302 |