Evolutionsbiologische Grundlagen des Rechts
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Evolutionsbiologische Grundlagen des Rechts
Zum Einfluss neurogenetischer Information auf das Recht. Ein Beitrag zur Rechtsethologie unter besonderer Berücksichtigung des Vertrauens im Recht
Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung, Vol. 81
(2001)
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Abstract
Mit der vorliegenden Arbeit bietet Alexandre von Rohr einen umfassenden Überblick über die rechtsethologische Forschung und liefert zugleich neue Einblicke in den Zusammenhang von Verhaltensforschung und Recht.Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass Normen den biologisch vorgegebenen Verhaltensrahmen des Menschen zu beachten haben, weil sie sonst kaum die beabsichtigten Verhaltenssteuerungen erreichen. Anschliessend wird ein neues Erklärungsmodell zum Zusammenwirken von normativen und biologischen Verhaltensanweisungen entwickelt. Es ist dies das Modell der drei verhaltensleitenden Informationspools. Grundgedanke ist dabei, dass der Mensch zur eigenen Verhaltenssteuerung auf Informationen über seine Umwelt angewiesen ist. Dabei stehen ihm drei Informationspools zur Verfügung: der genetische, der neuronale und der kulturelle Informationspool. Normen sind Teil des kulturellen Informationspools, wodurch sich im Zusammenspiel mit dem genetischen und neuronalen Informationspool ein vielfältiges Wirkungsgefüge ergibt. Diese Zusammenhänge werden umfassend aufgedeckt und auf das Verhaltensphänomen "Vertrauen" im Recht übertragen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 9 | ||
Verzeichnis rechtsethologischer Fremdwörter | 11 | ||
Einleitung | 13 | ||
I. Problemstellung | 13 | ||
II. Ziele | 15 | ||
A. Die biokulturelle Koevolution als Argument für die Integration naturwissenschaftlicher Fakten in das Recht | 16 | ||
I. Bestandesaufnahme zur interdisziplinären Blindheit | 16 | ||
II. Koevolution von biologischer und kultureller Evolution | 17 | ||
1. Keine Trennung von biologischer und kultureller Evolution | 17 | ||
2. Verhaltensplastizität, Normentstehung, Rückwirkung | 18 | ||
3. Wirkung archaischer Motivausstattung trotz kultureller Anpassung | 19 | ||
4. Exkurs: Analogien in der biologischen und rechtlichen Entwicklung | 22 | ||
III. Vom Wert der Ethologie für die Rechtswissenschaft im besonderen | 24 | ||
1. Inhaltliche Schnittmenge von Ethologie und Rechtswissenschaft: Verhalten | 24 | ||
2. Methodische Schnittmenge von Ethologie und Recht: teleologisches Denken | 26 | ||
IV. Probleme einer evolutionsbiologischen Betrachtung des Rechts | 26 | ||
1. Reduktionismus | 26 | ||
2. Funktionskonflikte | 27 | ||
3. Naturalistischer Fehlschluss? | 28 | ||
V. Zusammenfassung und Ausblick | 30 | ||
B. Verhalten und Information | 32 | ||
I. Verhalten als Funktion von Information | 32 | ||
1. Verhalten | 32 | ||
2. Information | 33 | ||
II. Informationsquellen des Verhaltens | 36 | ||
1. Drei Informationsquellen des Verhaltens | 36 | ||
a) Allgemeine Betrachtung | 36 | ||
aa) Kriterium der stammesgeschichtlichen Entwicklungshöhe | 36 | ||
bb) Modelle zum biokulturellen Zusammenhang | 38 | ||
cc) Anpassung als Richtmass für den genetischen, neuronalen und normativen Informationspool | 41 | ||
dd) Verhältnis der drei Informationssysteme zueinander | 44 | ||
2. Modell zum Einfluss neurogenetischer Information auf normgelenktes Verhalten | 48 | ||
III. Zusammenfassung und Ausblick | 48 | ||
C. Der Einfluss genetischer Information auf normgelenktes Verhalten | 50 | ||
I. Evolutionstheorie als rahmengebende Theorie | 50 | ||
1. Formale Analogien zwischen genetischer und normativer Evolution | 51 | ||
2. Genetische Grundlagen | 53 | ||
3. Exkurs: Anlage oder Umwelt | 58 | ||
II. Genetischer Eigennutz als biologisches Prinzip | 59 | ||
III. Soziobiologische Thesen über menschliches Verhalten | 61 | ||
1. Inclusive Fitness Theorie (IFT) | 63 | ||
2. Nepotismus: Chance und Fallstrick | 66 | ||
3. Reziproker Altruismus | 69 | ||
a) Direkter reziproker Altruismus | 70 | ||
aa) Evolutionsbiologische Kosten-Nutzen-Analyse | 70 | ||
bb) Normative Kosten-Nutzen-Verschiebung | 71 | ||
cc) Evolutionsbiologische Grundlage von Besitz und Eigentum | 72 | ||
dd) Kooperation und Normen | 74 | ||
ee) Norm und „Taking“-Strategie | 77 | ||
b) Indirekter reziproker Altruismus | 79 | ||
aa) Reputation | 80 | ||
bb) Sozialisation | 82 | ||
cc) Detektion und schnelle Reaktion auf unkooperatives Verhalten | 83 | ||
dd) Tragedy of the commons | 84 | ||
4. Kurzzeitige Nutzenmaximierung | 86 | ||
IV. Genetische Information der Brutpflege als Kondensationspunkt für Normen | 87 | ||
V. Normen und agonale Verhaltensdispositionen | 89 | ||
1. Aggression und Normen | 89 | ||
2. Dominanz und Normen | 92 | ||
VI. Zusammenfassung und Ausblick | 95 | ||
D. Der Einfluss neuronaler Information auf normgelenktes Verhalten | 98 | ||
I. Der Einfluss stammesgeschichtlich unterschiedlich alter Gehirnteile auf normgelenktes Verhalten | 99 | ||
1. Rechtsnormen im Verhaltensbereich zwischen kortikaler und subkortikaler Verhaltenssteuerung | 99 | ||
2. Reptiliengehirn und Protoberechtigung | 101 | ||
3. Limbisches System als Grundstein eines Gerechtigkeitssinnes | 102 | ||
a) Brutpflege und gerechte Ressourcenzuteilung | 103 | ||
b) Das Gesetz der Übereinstimmung | 105 | ||
4. Neokortex und Normen | 106 | ||
a) Normen und Umwegverhalten | 107 | ||
b) Entlastung durch extraorganismische Speicherung von Normen | 108 | ||
II. Aufbau und Funktionsweise des neuronalen Netzes | 109 | ||
1. Konstruktion des neuronalen Netzes durch Selbstdifferenzierung und der Zusammenhang zu rechtlicher Objektivität | 111 | ||
2. Die Bedeutung des normativen Gestaltungsrahmens für die Selbstdifferenzierung des neuronalen Netzes | 112 | ||
a) Rechtsnormen und Neotenie | 112 | ||
b) Die Einbindung von Rechtsnormen in einem neuronal rückbezüglichen System | 113 | ||
III. Verarbeitung neuronaler Information | 115 | ||
1. Binäre Kontrastierung in Normensystemen | 115 | ||
2. Reziprozität als neuronales Programm | 117 | ||
a) Reziprozität und Vertragsrecht | 117 | ||
b) Reziprozität und lex talionis | 119 | ||
3. Kausalitätserwartung und Normbruch | 119 | ||
4. Normen als Kondensat der Prägnanztendenz | 121 | ||
IV. Neuronale Plastizität und Normschöpfung | 124 | ||
1. Unberechenbare Artgenossen | 124 | ||
2. Mentale Zeitrepräsentation durch Normen | 126 | ||
V. Der Aufbau eines Normengerüstes aufgrund neurogenetisch gespeicherter Werte | 128 | ||
1. Werte als kausal wirkende Kräfte der Verhaltenssteuerung | 130 | ||
2. Das Inzesttabu als Paradebeispiel für den Einfluss biologischer Werte auf die Rechtsgestaltung | 136 | ||
VI. Zusammenfassung und Ausblick | 138 | ||
E. Vertrauen als Anwendungsbereich rechtsethologischer Forschung | 141 | ||
I. Begründung für die Wahl des Verhaltensphänomens „Vertrauen“ | 141 | ||
1. Gebot der Niveauadäquanz | 141 | ||
2. Vertrauen als grundlegendes Verhaltensphänomen in Gesellschaft und Recht | 141 | ||
3. Klärungsbedarf des Verhältnisses von Vertrauen und Recht | 143 | ||
4. Funktionalistischer Zugang zum Vertrauen | 144 | ||
II. Reduktion überfordernder Komplexität als ethologischer Zusammenhang von Vertrauen und Normen | 145 | ||
1. Gemeinsamer Schnittpunkt von Vertrauen und Normen: Reduktion | 145 | ||
2. „Vertrauen“ als Oberbegriff für Vertrauensleistung, Vertrauenslage und Vertrautheit | 146 | ||
3. Misstrauen als Funktion von Information | 148 | ||
4. Reduzierte Komplexität in Vertrauenslagen und bei Vertrautheit | 154 | ||
5. Reduzierte Komplexität durch Normen | 155 | ||
a) Entlastung durch Normen | 156 | ||
aa) Einfache und klare Normgestaltung | 157 | ||
bb) Subsumtion: Reduktion durch normatives Ausblenden von Information | 158 | ||
cc) Durchschnittsverhalten als informative Schnittmenge | 159 | ||
dd) Reduktion durch normative „Als-ob-Strategie“ | 160 | ||
b) Reduktion von Komplexität durch normativ gesicherte Kontinuität | 161 | ||
6. Verschränkung von Vertrauen und Normen im Dienste der Reduktion überfordernder Komplexität | 168 | ||
a) Vertrauen und Normen als funktionale Äquivalente | 168 | ||
b) Unterschied Systemvertrauen – interpersonales Vertrauen | 169 | ||
III. Aus der Evolutionsbiologie abgeleitete allgemeine Kriterien für die Ausgestaltung des rechtlichen Vertrauensschutzes | 171 | ||
1. Eigennutz – Selbstschutz – rechtlicher Vertrauensschutz | 171 | ||
a) Vertrauensleistung in Abhängigkeit von Informationsqualität und -quantität | 174 | ||
aa) Vertrauensleistung und Informationsquantität | 175 | ||
bb) Vertrauensleistung und Informationsqualität | 175 | ||
b) Rechtliche Behandlung der Vertrauensleistung: zur Vertrauensgrundlage | 178 | ||
aa) Ethologische Kriterien zur Beurteilung der Schutzwürdigkeit einer Vertrauensleistung | 178 | ||
bb) Rechtlicher Schutz der Vertrauensleistung | 183 | ||
c) Gruppengrösse und Vertrauen | 184 | ||
IV. Ethologische Annäherung an die doppelte Vertrauenskollision gemäss Art. 933 ZGB | 192 | ||
1. Kollision zwischen Systemvertrauen und interpersonalem Vertrauen: zum Argument des Verkehrsschutzes | 192 | ||
2. Kollision interpersonalen Vertrauens | 193 | ||
F. Fazit | 196 | ||
Literaturverzeichnis | 198 | ||
Sachwortverzeichnis | 225 |