Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme
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Der allgemeine Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme
Methodenrechtliche Analyse und Fortentwicklung der Theorie der »beweglichen Systeme« (Wilburg)
Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 178
(1997)
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Abstract
Mit der vorliegenden Arbeit über den Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme bindet der Autor die Methodenlehre an das Verfassungsrecht. Die Methoden des Rechts müssen auf einem Recht der Methoden aufgebaut werden. Dieses Methodenrecht ist wesentlich Verfassungsrecht.In der Theorie der komparativen Systeme werden Wilburgs sogenannte "bewegliche Systeme" sowie die Lehren von den Rechtsprinzipien und der Topik fortentwickelt. Komparative Systeme stellen ein Strukturprinzip des Rechts dar, das z. B. an der Rechtsfortbildung, insbesondere an der Analogie sichtbar wird. Sie spielen ebenso bei den Güterabwägungen des Verfassungsrechts wie bei den Interessenabwägungen des Zivilrechts oder beim Verwaltungsermessen eine Rolle. Dies wird exemplarisch an § 138 BGB, §§ 34 und 46 StGB, § 1 Abs. 5 und 6 BauGB und anderen Beispielen untersucht. Es folgen Beiträge zu den Themen "Beweismaß und Beweislastverteilung" sowie zur Rechtsvergleichung als "fünfter Auslegungsmethode". Der allgemeine Gleichheitssatz ist die zentrale Methodennorm komparativer Systeme. Der Autor untersucht die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsprinzips für Art. 3 Abs. 1 GG. Vom Standpunkt der Theorie der komparativen Systeme aus lassen sich Verhältnismäßigkeit und Gleichheitssatz auf einen "gemeinsamen Nenner" bringen. Den Gleichheitssatz prägt ein Ermessensbereich der nur ausnahmsweise (beim Differenzierungsverbot und -gebot) auf Null reduziert ist. Die hier vertretene Auffassung zum Gleichheitssatz und seinem Zusammenhang zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fügt sich auch in die Dogmatik des Europäischen Gemeinschaftsrechts ein.Komparative Systeme werden der Idee des Gleichheitssatzes in besonderer Weise gerecht. Art. 3 Abs. 1 GG tendiert zu gleichmäßigen Differenzierungen (komparativen Systemen). Demgegenüber sind typisierende Gleichbehandlungen als Eingriffe in Art. 3 Abs. 1 GG nur zu rechtfertigen, wenn es sich wenigstens um hinreichend differenzierte Gleichbehandlungen handelt. Komparative Systeme legen die Differenzierungskriterien abstrakt fest, ohne die Flexibilität der Einzelfallbewertung zu opfern.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Α. Vorbemerkungen zu Thema und Gliederung | 17 | ||
B. Bestandsaufnahme zur allgemeinen Methodenlehre | 21 | ||
I. Der Gegenstand der Methodenlehre | 21 | ||
II. Der Inhalt der Methodenlehre | 22 | ||
III. Die Reichweite der Methodenlehre | 25 | ||
C. Verfassungsrechtlicher Ansatz: Was ist mit „Methodennorm" und „Methodenrecht" gemeint? | 29 | ||
I. Die Funktionen der Methodenlehre: Zum Begriff der „Methodennorm" | 29 | ||
1. Die Methodenlehre als beschreibende Wissenschaft? | 29 | ||
2. Die Methodenlehre als normative Wissenschaft? Gibt es Methodennormen? | 30 | ||
3. Gerechtigkeitsanspruch der Methodenlehre? | 34 | ||
II. Das Bedürfnis nach Legitimation von Methodennormen: Zum Begriff des „Methodenrechts" | 39 | ||
III. Das Verfassungsrecht als „Quelle" des Methodenrechts | 44 | ||
D. Bestandsaufnahme und Erörterung der „beweglichen Systeme" und verwandter Lehren | 50 | ||
I. Wilburgs sogenannte „bewegliche Systeme" | 50 | ||
1. Eigenschaften, Wesensmerkmale | 50 | ||
a) Ranggleichheit der „beweglichen" Elemente | 52 | ||
b) Wechselseitige Austauschbarkeit der „beweglichen" Elemente? | 54 | ||
c) Verzicht auf abschließende Tatbestandsbildung? | 55 | ||
2. Erkenntnisfunktion „beweglicher Systeme" | 55 | ||
3. „Bewegliche Systeme" als Alternative zu starren Tatbeständen? | 57 | ||
4. „Bewegliche Systeme" als Auslegungsalternative de lege lata? | 69 | ||
a) Tatbestandsmerkmale als „bewegliche Elemente" | 71 | ||
b) Konkretisierung von Tatbestandsmerkmalen durch „bewegliche Systeme" | 71 | ||
c) Umdeutung starrer Tatbestandsmerkmale in „bewegliche" Elemente? | 74 | ||
II. Das sog. „Sandhaufentheorem" als Beispiel aus der Rechtsprechung - methodenrechtliche Schranken für „bewegliche Systeme" | 76 | ||
1. Die Struktur des § 138 Abs. 2 BGB | 76 | ||
2. Das „Sandhaufentheorem" als „bewegliches System" des § 138 Abs. 2 BGB | 78 | ||
a) Erstes Argument: Systematische Auslegung des § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB | 79 | ||
b) Zweites Argument: Rechtsvergleichung | 80 | ||
c) Drittes Argument: Übergesetzliche Grundnormen - Zum Unterschied zwischen Regelbeispielen und „Insbesondere"- Tatbeständen | 82 | ||
d) Gesamtwürdigung des „Sandhaufentheorems" | 85 | ||
3. Lösungsalternativen? § 138 Abs. 1 BGB als „bewegliches System"? | 85 | ||
4. Das Verhältnis dieser Lösungsalternativen zu der Rechtsprechung des BGH | 89 | ||
III. Die Topikdiskussion seit Viehweg — Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zu den „beweglichen Systemen" | 92 | ||
IV. Die Lehre von den Rechtsprinzipien von Esser bis Alexy | 95 | ||
1. Kollisionsfahigkeit (Abwägbarkeit) der Rechtsprinzipien | 96 | ||
2. Graduelle Wertigkeit der Rechtsprinzipien („dimension of weight") | 98 | ||
3. Rechtsprinzipien als Optimierungsgebote | 99 | ||
a) Die Kategorie des „idealen Sollens" | 99 | ||
b) Die Möglichkeit der Über- und Untererfüllung von Rechtsprinzipien | 100 | ||
4. Harte oder weiche Trennung zwischen Regel und Rechtsprinzip? | 102 | ||
5. Normqualität von Rechtsprinzipien | 104 | ||
6. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Lehre von den Rechtsprinzipien und Wilburgs „beweglichen Systemen" | 105 | ||
V. Der Typusbegriff | 106 | ||
1. Die Ursprünge der Typuslehre bei Hempel und Oppenheim | 107 | ||
2. Die heutige Typuslehre | 109 | ||
a) Der „normative Realtypus" | 109 | ||
b) Der „rechtliche Strukturtypus" | 111 | ||
c) Der „Falltypus" | 113 | ||
E. Einführung in die Theorie der komparativen Systeme | 115 | ||
I. Begriffswahl | 115 | ||
II. Merkmale: Was ist unter komparativen Elementen, komparativen Systemen und komparativen Normen zu verstehen? | 117 | ||
1. Komparative Elemente | 118 | ||
2. Komparative Systeme | 118 | ||
3. Komparative Normen | 119 | ||
III. Bedürfnis nach einer allgemeinen Theorie der komparativen Systeme | 122 | ||
F. Die Funktionen der komparativen Systeme | 125 | ||
I. Erkenntnisfunktion: Komparative Systeme als Strukturprinzip des Rechts | 125 | ||
II. Rechtsgewinnungsfunktion (Rechtsetzungsmethoden) | 127 | ||
1. Gesetzgebungs- und Rechtsfortbildungsfunktion komparativer Systeme | 127 | ||
a) Die komparative Gewinnung komparativer und starrer Tatbestände | 127 | ||
b) Zur komparativen Struktur der Analogie | 128 | ||
c) Komparative Strukturen der Güterabwägungen im Verfassungsrecht | 133 | ||
(1) Verfassungsrechtsgüter als komparative Elemente | 133 | ||
(2) Verhältnismäßigkeit i. e. S. und praktische Konkordanz | 137 | ||
(3),Abwägungsenthusiasmus" oder »Abwägungsskeptizismus"? | 141 | ||
2. Bildung komparativer Normen als Alternative zu starren Normen? | 144 | ||
a) Zivilrecht: Zu den Beispielen des Mitverschuldens und der Sittenwidrigkeit | 147 | ||
b) Strafrecht: Die Strafzumessungslehren und Interessenabwägungen bei den Rechtfertigungsgründen | 147 | ||
(1) Strafzumessungslehre | 147 | ||
(2) Gesetzliche Regelung | 148 | ||
(3) Methodische Strukturen bei der Strafzumessung | 150 | ||
(4) Beispiele für komparative Systeme im Strafrecht | 151 | ||
(5) Überprüfung strafgerichtlicher Ermessens- und Abwägungsentscheidungen | 158 | ||
c) Verwaltungsrecht: Die Lehren vom Ermessen und vom unbestimmten Rechtsbegriff | 160 | ||
(1) Nur begriffliche oder auch rechtliche Unterscheidung zwischen Ermessen und unbestimmtem Rechtsbegriff? | 160 | ||
(2) Darf und soll die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte hinter der verwaltungsrechtlichen Bindung der Behörden zurückbleiben? | 162 | ||
(3) Auf welche Maßstäbe kann die gerichtliche Kontrolldichte beschränkt bzw. verlagert werden? | 165 | ||
(4) Keine Unterscheidung zwischen Rechtsfolgenermessen und unbestimmtem Rechtsbegriff hinsichtlich der Kontrolldichte | 169 | ||
(5) Komparative Strukturen als Differenzierungskriterium zur Bestimmung der gerichtlichen Kontrolldichte | 173 | ||
d) Exkurs: Die Struktur der Abwägungsgebote im Planungsrecht am Beispiel des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB | 178 | ||
(1) Das Verhältnis des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB zum Ermessen und unbestimmten Rechtsbegriff sowie zu den „beweglichen Systemen" | 178 | ||
(2) Einzelaspekte der gerichtlichen Kontrolldichte nach § 1 Abs. 5 und 6 und § 214 ff. BauGB | 180 | ||
(3) Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB als Optimierungsgebot | 182 | ||
III. Rechtsfindungsfunktion (Rechtsanwendungsmethoden): Komparative Systeme als Auslegungsalternative de lege lata | 186 | ||
1. Keine komparative Anwendung starrer Tatbestände | 188 | ||
a) Die komparative Bestimmung von Beweislast und Beweismaß | 188 | ||
(1) Beweislast im öffentlichen Recht: „In dubio pro ratione legis" (Berg) als komparatives System | 192 | ||
(2) Beweislast im Strafrecht: „In dubio pro reo" | 195 | ||
(3) Beweislast im Zivilrecht: Komparative Abweichungen von der Normentheorie | 197 | ||
(4) Komparative Systeme des Beweismaßes? | 200 | ||
b) Zur Struktur der Auslegungsmethoden: Der Kanon der Auslegungsmethoden als komparatives System | 205 | ||
c) Exkurs: Die „fünfte Auslegungsmethode" der Rechtsvergleichung als Rechtsgewinnungs- und Rechtsfindungsmethode | 209 | ||
2. Keine starre Anwendung komparativer Systeme | 213 | ||
a) Ermessensreduzierung auf Null als Ausnahme? | 213 | ||
b) Keine starre Bindung durch Verwaltungsvorschriften und Selbstbindung der Verwaltung — Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften als komparative Systeme | 214 | ||
G. Der Gleichheitssatz als Methodennorm komparativer Systeme | 223 | ||
I. Ungleichheit als gemeinsamer Anknüpfungspunkt für verschiedene Bindungsmaßstäbe des Gleichheitssatzes | 223 | ||
II. Drei Differenzierungsmaßstäbe des Art. 3 Abs. 1 GG: Unterscheidung zwischen Differenzierungsverboten, -erlaubnissen und -geboten | 228 | ||
1. Das Gleichbehandlungsgebot als Summe von Differenzierungsverboten | 228 | ||
2. Ermessensbereich des Art. 3 Abs. 1 GG als komparatives System - Zur Reduktion der Kontrolldichte im Verfassungsrecht | 230 | ||
3. Bedarf es eines Differenzierungsgebotes? | 235 | ||
4. Differenzierungsgebot und Differenzierungsverbot als Reduzierungen des Ermessensbereichs auf Null | 242 | ||
III. Rechtsinhalte i. S. d. Art. 20 Abs. 3 GG als notwendige Voraussetzung des Art. 3 Abs. 1 GG | 244 | ||
1. Warum und für wen sind Differenzierungskriterien geboten, erlaubt bzw. verboten? Art. 3 Abs. 1 GG als Selbst- und Fremdbindungsnorm | 246 | ||
2. Exkurs: Die Rechtsqualität der Verwaltungsvorschriften und der Selbstbindung der Verwaltung | 249 | ||
3. Exkurs: Methodenrechtliche Überlegungen zum „Richterrecht" | 252 | ||
a) Gesetzgeberische, wissenschaftliche, berufungs- bzw. revisionsgerichtliche sowie verfassungsgerichtliche Kontrolle richterlicher Rechtsfortbildung | 254 | ||
b) Zur Bindungswirkung des „Richterrechts": Selbst- und Fremdbindung der Gerichte? | 257 | ||
4. Art. 3 Abs. 1 GG als Gebot der Vergleichung - Bedarf es eines „allgemeinen" Willkürverbotes aus Art. 3 Abs. 1 GG? | 261 | ||
IV. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als komparative Struktur des Art. 3 Abs. 1 GG | 262 | ||
1. Zwei Dimensionen der Verhältnismäßigkeit | 263 | ||
2. Zur Herleitung des Verhältnismäßigkeitsprinzips | 267 | ||
3. Exkurs: Zum allgemeinen Gleichheitssatz und Verhältnismäßigkeitsprinzip im Europarecht | 268 | ||
V. Art. 3 Abs. 1 GG als Methodennorm zur Rechtsgewinnung (Rechtsetzung) und Rechtsfindung (Rechtsanwendung) | 271 | ||
1. Legitimation der Bildung komparativer Systeme durch Art. 3 Abs. 1 GG | 272 | ||
2. Methodenrechtliche Maßstäbe für die Anwendung komparativer Systeme - Art. 3 Abs. 1 GG als Ermessensmethodennorm | 274 | ||
VI. „Systemgerechtigkeit" komparativer Systeme? | 275 | ||
VII. Kontrollmaßstäbe des Gleichheitssatzes: Überlegungen zur Kontrolldichte des Art. 3 Abs. 1 GG | 284 | ||
1. Verschiedene Kontrollmaßstäbe | 284 | ||
a) Beschränkung auf die Willkürkontrolle? | 285 | ||
b) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Kontrollmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG? | 285 | ||
c) Eigener Ansatz | 287 | ||
2. Funktionellrechtliche Beschränkungen der Ermessenskontrolle | 288 | ||
3. Beruftmgs- und revisionsgerichtliche Kontrolle der Bildung komparativer Systeme | 292 | ||
H. Methodenrechtliche Schranken bei der Bildung komparativer Systeme | 295 | ||
I. Das Postulat der Vorhersehbarkeit im Methodenrecht | 295 | ||
II. Exkurs: Die Rechtsprechung des BVerfG zu den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG an Normen und deren Auslegung | 296 | ||
III. Komparative Systeme und Bestimmtheits- bzw. Vertrauensprinzip — Zur Vertretbarkeitstheorie | 298 | ||
Thesen | 306 | ||
Literaturverzeichnis | 315 | ||
Sachwortverzeichnis | 327 |