Die außerordentliche arbeitgeberseitige Kündigung bei einzel- und tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmern
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Die außerordentliche arbeitgeberseitige Kündigung bei einzel- und tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmern
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 164
(1998)
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Abstract
Aufgabenstellung dieser Dissertation war es herauszufinden, ob die Eigenschaft der tarif- bzw. einzelvertraglichen ordentlichen Unkündbarkeit überhaupt Auswirkungen auf die allein mögliche außerordentliche Kündigung hat und, falls dies zu bejahen ist, welche Auswirkungen dies sind.Nach einer einleitenden Darstellung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Lösungsansätze zu diesem Problemfeld wurde untersucht, inwieweit der ordentlichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsseite der außerordentlichen Kündigung, d. h. im Rahmen des »wichtigen Grundes«, theoretisch und praktisch Rechnung getragen werden kann. Diese Untersuchung orientierte sich am Schutzzweck von Unkündbarkeitsklauseln. Es stellte sich dann die Frage, ob die Unkündbarkeit auch auf Rechtsfolgeseite der außerordentlichen Kündigung, d. h. über die Gewährung einer Kündigungsfrist, effektiv und praxisnah berücksichtigt werden kann und wie sich eine Kündigungsfrist dogmatisch mit dem Wortlaut des § 626 BGB vereinbaren läßt.Ergebnis der Untersuchung ist, daß eine Berücksichtigung der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene der außerordentlichen Kündigung zwar theoretisch gut möglich ist, nämlich indem strengere Anforderungen an den wichtigen Grund bei § 626 BGB gestellt werden. In der Praxis ist das Kriterium des strengeren Maßstabes aber nicht geeignet, der ordentlichen Unkündbarkeit effektiv Rechnung zu tragen. Der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeit kann bei einer außerordentlichen Kündigung effektiv und praxisnah nur dadurch Rechnung getragen werden, daß der Arbeitgeber bei der außerordentlichen Kündigung verpflichtet wird, dem unkündbaren Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist zu gewähren. Diese Frist muß der jeweils längsten im Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelten Frist entsprechen. Die Pflicht zur Einhaltung einer Kündigungsfrist bei der außerordentlichen Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer ist das Ergebnis einer teleologischen Reduktion der Rechtsfolgeseite des § 626 I BGB.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Erstes Kapitel: Einleitung | 19 | ||
Zweites Kapitel: Überblick über das Dauerschuldverhältnis und die Kündigungsrechte | 22 | ||
A. Das Dauerschuldverhältnis | 22 | ||
I. Wesen und allgemeine Merkmale | 22 | ||
II. Interessenkollision im Dauerschuldverhältnis | 24 | ||
1. Beendigungsinteresse im Dauerschuldverhältnis | 24 | ||
2. Bestandsinteresse im Dauerschuldverhältnis | 26 | ||
3. Kollision dieser Interessen | 27 | ||
III. Bedeutung der Vertragstreue im Dauerschuldverhältnis | 28 | ||
B. Begründung für die Existenz von Kündigungsrechten im Dauerschuldverhältnis | 30 | ||
I. Das Kündigungsrecht als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des einzelnen | 30 | ||
II. Rechtsnatur der Kündigung | 32 | ||
III. Ausprägungen des Kündigungsrechts | 33 | ||
1. Das Recht zur ordentlichen fristgebundenen Kündigung | 34 | ||
2. Das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung | 35 | ||
3. Dogmatische Ableitung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei Dauerschuldverhältnissen | 39 | ||
IV. Begriff und Bedeutung der (Un-)Zumutbarkeit | 41 | ||
C. Kündigungsmöglichkeiten im Arbeitsverhältnis | 44 | ||
I. Das Recht zur ordentlichen Kündigung im Arbeitsverhältnis | 44 | ||
II. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung gem. § 626 | 46 | ||
1. Allgemeines | 46 | ||
2. Der wichtige Grund zur außerordentlichen Kündigung | 46 | ||
3. Rechtsfolge der außerordentlichen Kündigung | 48 | ||
III. Das Recht zur Änderungskündigung im Arbeitsverhältnis | 49 | ||
IV. Das Verhältnis zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung | 50 | ||
D. Résumé | 56 | ||
Drittes Kapitel: Die außerordentliche Kündigung (tarif-)vertraglich unkündbarer Arbeitnehmer | 58 | ||
A. Das Verhältnis zwischen Kündigungsgrund und Vertragsdauer | 58 | ||
B. Die außerordentliche Kündigung aus minder wichtigem Grund | 60 | ||
I. Darstellung der Meinungen zur außerordentlichen Kündigung aus minder wichtigem Grund | 60 | ||
II. Kritik seitens der h.M. und Darstellung des eigenen Standpunktes | 61 | ||
C. Lösungsansatz der Rechtsprechung | 63 | ||
I. Der für die Interessenabwägung relevante Zeitpunkt | 63 | ||
II. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene der außerordentlichen Kündigung | 65 | ||
III. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Rechtsfolgenebene der außerordentlichen Kündigung | 67 | ||
IV. Bewertung dieses Lösungsansatzes | 67 | ||
D. Lösungsansätze in der Literatur | 69 | ||
I. Lösungsansatz der herrschenden Literatur | 69 | ||
1. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene der außerordentlichen Kündigung | 69 | ||
2. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Rechtsfolgenebene der außerordentlichen Kündigung | 71 | ||
3. Bewertung dieses Lösungsansatzes | 72 | ||
II. Lösungsansatz Rudolf Wengs | 73 | ||
1. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene der außerordentlichen Kündigung | 73 | ||
2. Auswirkung der ordentlichen Unkündbarkeit auf Rechtsfolgenebene der außerordentlichen Kündigung | 74 | ||
3. Bewertung dieses Lösungsansatzes | 76 | ||
Viertes Kapitel: Eigener Lösungsvorschlag | 78 | ||
A. Schutzzweck einer tarif- bzw. einzelvertraglichen Unkündbarkeitsklausel | 78 | ||
B. Anforderungen an den wichtigen Grund unter Berücksichtigung des Schutzzwecks von Kündigungsbeschränkungen | 80 | ||
I. Der strenge Maßstab | 80 | ||
1. Allgemeine Anforderungen an den wichtigen Grund gem. § 626 I | 80 | ||
2. Strenger Maßstab bei allen Kündigungsgründen? | 84 | ||
3. Vereinbarkeit dieser Anforderungen mit dem Grundsatz, daß das Recht zur außerordentlichen Kündigung uneinschränkbar und unabdingbar ist | 87 | ||
II. Schwierigkeiten bei der Umsetzung des strengeren Maßstabes | 89 | ||
1. Betriebsbedingte Kündigungsgründe | 89 | ||
2. Personenbedingte Kündigungsgründe | 90 | ||
a) Vereinbarkeit der vorgeschlagenen praktischen Umsetzung mit den Kriterien für den strengen Maßstab | 91 | ||
b) Vereinbarkeit mit dem Prognoseprinzip | 92 | ||
3. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe | 94 | ||
a) Qualität und Gewicht der Pflichtverletzung | 94 | ||
b) Häufigkeit der Pflichtverletzungen und Verschuldensgrad | 96 | ||
4. Unmöglichkeit als Kündigungsgrund | 99 | ||
a) Bestehen eines Lösungsrechts? | 100 | ||
aa) Vertrauensschutzprinzip | 101 | ||
(1) Strukturmerkmale des Vertrauensschutzprinzips | 102 | ||
(2) Auswirkungen des Vertrauensschutzprinzips im Kündigungsrecht | 103 | ||
bb) Recht auf Arbeit | 106 | ||
cc) Parallele zum allgemeinen Beschäftigungsanspruch bzw. zum Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsprozesses | 109 | ||
dd) Bestandsschutz und Vertragstreue gegenüber Vertragsbeendigungs- bzw. Kündigungsfreiheit | 115 | ||
ee) Unzumutbarkeit | 122 | ||
ff) Wegfall der Geschäftsgrundlage | 125 | ||
gg) Interessenabwägung | 130 | ||
hh) Zwischenergebnis: Unmöglichkeit als Kündigungsgrund | 134 | ||
b) Ordentliches oder außerordentliches Kündigungsrecht? | 136 | ||
aa) Eingreifen der ordentlichen Kündigung | 137 | ||
(1) Fortbestand des ordentlichen Kündigungsrechts wegen Unwirksamkeit der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeitsklausel | 137 | ||
(2) Recht zur ordentlichen Kündigung analog § 15 IV KSchG | 140 | ||
(3) Auslegung der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeitsklauseln | 143 | ||
bb) Eingreifen der außerordentlichen Kündigung | 147 | ||
(1) Außerordentliche Kündigung als Sanktion | 147 | ||
(2) Vereinbarkeit mit dem Stufenverhältnis zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung | 149 | ||
cc) Zwischenergebnis | 151 | ||
III. Ergebnis zur Frage der Berücksichtigung der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene | 153 | ||
C. Andere Lösungsmöglichkeiten | 155 | ||
I. Abfindungen als finanzieller Ausgleich | 157 | ||
II. Kündigungsfristen als zeitlicher Ausgleich | 160 | ||
1. Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck von Kündigungsfristen | 161 | ||
a) Schutzzweck von Kündigungsfristen | 161 | ||
aa) Rechtsnatur der Kündigung | 162 | ||
bb) Wesen des Arbeitsverhältnisses | 163 | ||
cc) Konsequenzen für den Schutzzweck von Kündigungsfristen | 165 | ||
(1) Dispositionsschutzfunktion | 166 | ||
(2) Kündigungsschutzfunktion | 170 | ||
(3) Bestandsschutzfunktion | 173 | ||
(4) Nachteilige Auswirkungen von Kündigungsfristen | 177 | ||
b) Ergebnis: Vereinbarkeit des besonderen Schutzzwecks von Fristen bei (tarif-)vertraglicher Unkündbarkeit mit den dargestellten allgemeinen Funktionen von Kündigungsfristen | 178 | ||
2. Vereinbarkeit mit dem Wortlaut des § 626 I | 180 | ||
a) Rechtsnatur der Kündigungsfrist im Falle (tarif-)vertraglicher Unkündbarkeit | 181 | ||
b) Die Befristungspflicht bei der außerordentlichen Kündigung im Wandel der Rechtsprechung | 183 | ||
aa) Entwicklung der Rechtsprechung zur Befristungspflicht bei § 626 I | 183 | ||
bb) Bewertung der Rechtfertigungsversuche seitens der Rechtsprechung | 186 | ||
c) Befristungspflicht bei § 626 I im Wege richterlicher Rechtsfortbildung | 189 | ||
aa) Einleitung: Problemstellung | 189 | ||
(1) Definition und Legitimation der Rechtsfortbildung | 189 | ||
(2) Rechtsfortbildung im Arbeitsrecht | 190 | ||
(3) Grundsätzliche Bedenken gegen Rechtsfortbildung | 191 | ||
bb) Methoden bzw. Abstufungen der Rechtsfortbildung | 193 | ||
(1) Die Befristungspflicht bei der außerordentlichen Kündigung (tarif-)vertraglich unkündbarer Arbeitnehmer als Ergebnis einer Rechtsfortbildung secundum legem? | 194 | ||
(2) Die Befristungspflicht bei der außerordentlichen Kündigung (tarif-)vertraglich unkündbarer Arbeitnehmer als Ergebnis einer Rechtsfortbildung praeter legem? | 197 | ||
(a) Regelungslücke | 198 | ||
(b) Mittel der Rechtsfortbildung praeter legem: Analogie und teleologische Reduktion | 202 | ||
(c) Zwischenergebnis | 207 | ||
(3) Die Befristungspflicht bei der außerordentlichen Kündigung (tarif-)vertraglich unkündbarer Arbeitnehmer – keine Rechtsfortbildung extra oder contra legem | 208 | ||
cc) Rechtfertigung und Begründung der Rechtsfortbildung bei § 626 I | 210 | ||
d) Ergebnis: Außerordentliche Kündigung mit zwingender Kündigungsfrist als Resultat einer teleologischen Reduktion des § 626 I | 216 | ||
3. Länge der Kündigungsfrist | 218 | ||
a) Allgemeine Kriterien, die für die Länge einer Kündigungsfrist maßgeblich sind | 218 | ||
aa) Kriterien im Gesetz | 218 | ||
bb) Kriterien in Tarifverträgen | 221 | ||
cc) Kriterien in Einzelarbeitsverträgen | 222 | ||
dd) Übertragung dieser Kriterien auf die außerordentliche Kündigung (tarif-)vertraglich unkündbarer Arbeitnehmer | 222 | ||
b) Zusätzliche, aus dem Wesen der Unkündbarkeit entspringende Kriterien, die die Kündigungsfristlänge bei (tarif-)vertraglich unkündbaren Arbeitnehmern mitbestimmen | 225 | ||
c) Ergebnis | 227 | ||
Fünftes Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse | 229 | ||
Literaturverzeichnis | 232 | ||
Sachregister | 239 |