Der Datenschutzbeauftragte im Verfassungssystem
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Der Datenschutzbeauftragte im Verfassungssystem
Grundsatzfragen der Datenschutzkontrolle
Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik, Vol. 13
(1995)
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Abstract
Wer heute einen Vorgang »aus Sicht des Datenschutzes« zu beurteilen hat, der fragt in der Regel nach der Meinung des Datenschutzbeauftragten. Die Stellungnahmen dieses unabhängigen Kontrollorgans gelten gemeinhin als wichtigste Richtschnur bei der Auslegung und Fortentwicklung des Datenschutzrechts. Der Beauftragte scheint als personifiziertes »Gewissen des Datenschutzes« am Verfassungsrang des informationellen Selbstbestimmungsrechts teilzuhaben.Dabei läßt sich der Datenschutzbeauftragte selbst nur schwer in die verfassungssystematischen Zusammenhänge einordnen. Offenbar verschwimmen bei ihm, mehr als bei jedem anderen staatlichen Funktionsträger, die Grenzen zwischen Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung, Gemeinwohlverpflichtung und Interessenvertretung, Verwaltung und Politik.Die schillernde Rolle des Beauftragten innerhalb des staatlichen Organisationsgefüges könnte mit strukturellen Besonderheiten des Datenschutzrechts zusammenhängen. Bestehen im Bereich der datenverarbeitenden Verwaltung spezifische Gefahren, bei denen die klassischen Rechtsschutzmechanismen versagen? Verfügt der Datenschutzbeauftragte über eine stärkere Legitimation und ein wirksameres Instrumentarium als die gerichtlichen und politischen Kontrollinstanzen? Wie weit reicht hier die verfassungs- und vor allem grundrechtliche Schutzpflicht und welcher Regelungsspielraum verbleibt dem Gesetzgeber?Die Untersuchung behandelt diese Grundfragen der Datenschutzkontrolle erstmals umfassend am Beispiel des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (§§ 21-26 BDSG). Sie kommt zu dem Ergebnis, daß das Grundgesetz weder den institutionellen Fortbestand noch eine bestimmte Kompetenzausstattung des Beauftragten gewährleistet, sondern eine zurückhaltende Ausübung der bestehenden Kontroll- und Informationsrechte verlangt. Damit erweist sich das bisherige Amtsverständnis des Datenschutzbeauftragten in vielen Punkten als fragwürdig.Die Studie verdeutlicht über den konkreten Anwendungsfall hinaus die
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Übersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung – Themenstellung | 17 | ||
Erster Abschnitt: Der organisations- und dienstrechtliche Status des Datenschutzbeauftragten | 21 | ||
A. Der organisationsrechtliche Standort (§ 22 V 1, 3–5, VI BDSG) | 21 | ||
I. Das “Amt” des Datenschutzbeauftragten | 21 | ||
II. Die Organisationskompetenz des Gesetzgebers | 22 | ||
1. Die Besonderheiten der Regierungsorganisation | 23 | ||
2. Die Beziehung des Beauftragten zum Ministerium | 24 | ||
III. Die genaue organisationsrechtliche Rangstufe | 26 | ||
IV. Die haushaltsrechtliche Sonderstellung | 29 | ||
V. Das Mitwirkungsrecht bei der Stellenbesetzung | 31 | ||
B. Die persönliche Rechtsstellung (§ 22 I-III, IV 1, V 2, § 23 BDSG) | 33 | ||
I. Das “öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis” eigener Art | 33 | ||
1. Die rechtliche Möglichkeit von Sonderverhältnissen | 33 | ||
2. Die Vereinbarkeit mit dem Funktionsvorbehalt | 34 | ||
II. Die Zugangsvoraussetzungen für das Beauftragtenamt | 36 | ||
1. Das geforderte Mindestalter | 36 | ||
2. Die deutsche Staatsangehörigkeit | 37 | ||
3. Die Verpflichtung zur Verfassungstreue | 38 | ||
4. Die notwendige Befähigung | 39 | ||
III. Der Modus der Berufung des Beauftragten | 42 | ||
IV. Die Problematik der Inkompatibilitätsregelung | 47 | ||
V. Das Anwendungsfeld der Dienstaufsicht | 49 | ||
Zweiter Abschnitt: Die Aufgaben und Befugnisse des Datenschutzbeauftragten | 52 | ||
A. Kontrolle der datenverarbeitenden Stellen (§§ 24, 25 BDSG) | 52 | ||
I. Die Typusmerkmale der Datenschutzkontrolle | 52 | ||
1. Die Selbständigkeit der Kontrolle | 53 | ||
2. Die Parteilichkeit der Kontrolle | 54 | ||
3. Die Unverbindlichkeit der Kontrolle | 56 | ||
a) Die verfahrensrechtliche Wirkung | 57 | ||
b) Die materiell-rechtliche Bedeutung | 58 | ||
c) Die verwaltungsprozessuale Konsequenz | 60 | ||
II. Die Datenschutzkontrollen als Kompetenzeingriffe | 62 | ||
1. Der Spielraum im administrativen Bereich | 62 | ||
2. Das Konkurrenzverhältnis zur Rechtspflege | 64 | ||
3. Der kompetentielle Eigenbereich der Verfassungsorgane | 67 | ||
III. Die Kontrollmaßnahmen als Grundrechtseingriffe | 70 | ||
1. Der Begriff des informationellen Eingriffs | 71 | ||
2. Insbesondere: Der kontrollbedingte Eingriff | 75 | ||
3. Der informationelle Gesetzesvorbehalt | 77 | ||
4. Die notwendige Regelungsdichte | 81 | ||
5. Die Beachtung entgegenstehender Willensäußerungen | 85 | ||
B. Kommunikation mit Bürgern und Behörden (§§ 21, 26 IV, V BDSG) | 90 | ||
C. Kooperation mit Parlament und Regierung (§ 26 I-III BDSG) | 93 | ||
I. Tätigkeitsberichte gegenüber dem Bundestag (§ 26 I BDSG) | 93 | ||
1. Die faktische Bedeutung der Berichte | 93 | ||
2. Die äußere Form der Berichterstattung | 94 | ||
a) Die Verfügungsbefugnis des Bundestags | 94 | ||
b) Die publizistische Verwertung durch den Beauftragten | 95 | ||
aa) Der Öffentlichkeitsauftrag des Datenschutzbeauftragten | 96 | ||
α) Rechtspolitische Anstoßfunktion? | 97 | ||
β) Öffentlichkeit als Kontrollinstanz? | 99 | ||
bb) Die Teilhabe an der parlamentarischen Öffentlichkeit | 102 | ||
3. Die verfassungsimmanenten Grenzen der Berichtspflicht | 103 | ||
a) Die Beachtung des informationellen Selbstbestimmungsrechts | 104 | ||
b) Die Bindung an die Verschwiegenheitspflicht | 106 | ||
c) Die Wahrung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung | 109 | ||
aa) Die Informationsbeziehungen zwischen Exekutive und Parlament | 110 | ||
bb) Art. 43 GG als die Zentralnorm des parlamentarischen Kontakts | 112 | ||
α) Parlamentsrechte nach Art. 43 I GG | 112 | ||
β) Regierungsrechte nach Art. 43 II GG | 113 | ||
cc) Der Beauftragte der Regierung nach Art. 43 II GG | 115 | ||
dd) Die Sperrwirkung des Art. 43 GG | 117 | ||
α) Das Informations- und Auskunftsmonopol der Bundesregierung | 117 | ||
β) Der Ausnahmefall: “Ministerialfreiheit” | 123 | ||
γ) Das Argument der Kontrolleffizienz | 126 | ||
δ) Der Bundestag als Datenschutzorgan? | 129 | ||
ee) Zum Vergleich: Berichtspflichten in anderen Gesetzen | 133 | ||
α) Die Berichterstattung durch Administrativorgane | 133 | ||
β) Die Berichterstattung durch Bundeskabinett oder Bundesminister | 135 | ||
II. Pflichtuntersuchungen im Parlamentsauftrag (§ 26 II 1 BDSG) | 141 | ||
1. Die begriffliche Unterscheidung der Auftragsarten | 141 | ||
2. Der Beauftragte als de-facto-Organ des Parlaments | 142 | ||
a) Der Umfang des parlamentarischen Untersuchungsrechts | 143 | ||
b) Die legislatorische Fehlleistung im Bundesdatenschutzgesetz | 146 | ||
III. Parlamentarische Kontrollersuchen (§ 26 II 2 BDSG) | 148 | ||
IV. Direktzugang zum Bundestag (§ 26 II 3 BDSG) | 150 | ||
1. Flucht an die parlamentarische Öffentlichkeit? | 150 | ||
2. Rederecht aufgrund einfachen Gesetzes? | 151 | ||
3. Anspruch auf parlamentarische Sachbehandlung? | 159 | ||
4. Beschlußmöglichkeiten des Bundestags | 162 | ||
V. Die datenschutzrechtliche Beratung im Gesetzgebungsverfahren (§ 26 III BDSG) | 163 | ||
Dritter Abschnitt: Die sachliche Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten | 167 | ||
A. Gesetzlicher Umfang der Unabhängigkeit (§ 22 IV 2–3 BDSG) | 167 | ||
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Unabhängigkeit | 170 | ||
C. Verfassungsrechtliches Erfordernis unabhängiger Datenschutzkontrolle? | 174 | ||
I. Das Meinungsbild vor dem Volkszählungsurteil | 175 | ||
II. Die Äußerungen des BVerfG zur Institution des Datenschutzbeauftragten | 181 | ||
1. Das Urteil zur Volkszählung 1983 | 181 | ||
2. Die Kammerbeschlüsse zur Volkszählung 1987 | 184 | ||
3. Der Senatsbeschluß zur Strategischen Fernmeldeüberwachung | 185 | ||
III. Das Für und Wider im Schrifttum | 187 | ||
IV. Die allgemeine Rechtsweg- und Rechtsschutzgarantie | 191 | ||
1. Der gesetzliche Ausschluß des Rechtswegs nach dem G 10 | 192 | ||
2. Die Verhinderung der Gerichtskontrolle durch behördliche Auskunftsverweigerung | 200 | ||
a) Die rechtlichen Voraussetzungen einer Auskunftssperre | 202 | ||
b) “Kompensatorisches” Tätigwerden des Datenschutzbeauftragten? | 204 | ||
c) Die Unverzichtbarkeit richterlichen Rechtsschutzes | 211 | ||
3. Die Rechtsschutzerschwerung wegen schlichter Unkenntnis interner Verfahrensabläufe | 218 | ||
a) Die ablaufbedingten Transparenzdefizite bei der Datenverarbeitung | 219 | ||
b) Die Pflicht der Verwaltung zur Offenlegung von Informationsvorgängen | 221 | ||
c) Die notwendige Eigeninitiative des Rechtssuchenden | 224 | ||
V. Die grundrechtsspezifischen Anforderungen an das Organisations- und Verfahrensrecht | 229 | ||
1. Die informationelle Selbstbestimmung als Abwehrgrundrecht | 229 | ||
2. Die organisations- und verfahrensrechtlichen Implikationen der Volkszählungsrechtsprechung | 231 | ||
a) Die Grundrechte als Ausdruck “objektiver Wertentscheidungen” | 232 | ||
b) Die Möglichkeiten einer abwehrrechtlichen Begründung von organisations- und verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen | 234 | ||
c) Die Grenzen des negatorischen Grundrechtsschutzes “im” Verfahren | 241 | ||
3. Die funktionsgerechte Absicherung der Einzelgrundrechte “durch” Organisation und Verfahren | 243 | ||
a) Die verschiedenen Grade der Verfahrensabhängigkeit von Grundrechten | 244 | ||
b) Die materiell-grundrechtliche Rechtsschutzverpflichtung | 248 | ||
aa) Die Auffassung(-en) des BVerfG | 248 | ||
bb) Das Meinungsspektrum in der Wissenschaft | 252 | ||
cc) Die Verwandlung “grundrechtsrelevanter” in “grundrechtsgeschützte” Regelungen | 254 | ||
4. Der Versuch einer einheitlichen verfahrensrechtlichen Schutzkonzeption | 257 | ||
a) Die Grundrechte als Prinzipien (Alexy) | 258 | ||
b) Die Forderung nach “optimalem” Grundrechtsschutz durch Verwaltungsverfahren | 259 | ||
c) Die Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen “Gegenprinzipien” | 260 | ||
aa) Die einer Kontrollausweitung entgegenstehenden grundrechtlichen Prinzipien | 260 | ||
bb) Das formelle Prinzip der staatlichen Funktionsteilung | 262 | ||
α) Die Hervorhebung des richterlichen Elements im Grundgesetz | 262 | ||
β) Die Entlastung des Verwaltungsverfahrens von spezifischen Rechtsschutzaufgaben | 265 | ||
d) Die abwägungsrelevanten Wirkungen im einzelnen | 267 | ||
aa) Der Verlust an administrativer Effizienz durch kontradiktorische Verfahrensstrukturen | 269 | ||
bb) Der Gewinn an effektiver Grundrechtsgeltung durch rechtsschutzintensive Verwaltungsverfahren | 270 | ||
cc) Die spezifischen Rechtsschutzeffekte einer unabhängigen Datenschutzkontrolle | 272 | ||
α) Ersatz für zu spät kommenden Gerichtsschutz? | 274 | ||
β) Ausgleich für Bereiche geringer Regelungsdichte? | 279 | ||
dd) Der generelle Wertungs- und Handlungsvorsprung der Vollzugsorgane | 281 | ||
α) Besonderheiten der Datenverarbeitung gegenüber anderen Verwaltungsbereichen? | 283 | ||
β) Verpflichtung zur “Neutralisierung” der vollziehenden Gewalt? | 284 | ||
e) Das Ergebnis der Abwägung | 288 | ||
f) Die Bedeutung der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit | 289 | ||
5. Grundrechtlicher Bestandsschutz von grundrechtsschützendem Recht? | 291 | ||
a) Die Theorie vom Eingriffscharakter restriktiver Normänderungen (Lübbe-Wolff) | 292 | ||
b) Die bisherige Verfassungsrechtsprechung zum “Eingriff” in grundrechtsschützende Normen | 293 | ||
c) Die Gründe gegen einen erhöhten Bestandsschutz grundrechtssichernder Bestimmungen | 295 | ||
Zusammenfassung in Thesen | 298 | ||
Literatur | 305 |