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Dreher, K. (2003). Kontrollierbarkeit konsensualer Verfahrensweisen am Beispiel des US-amerikanischen Strafprozessrechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50809-9
Dreher, Kyra. Kontrollierbarkeit konsensualer Verfahrensweisen am Beispiel des US-amerikanischen Strafprozessrechts. Duncker & Humblot, 2003. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50809-9
Dreher, K (2003): Kontrollierbarkeit konsensualer Verfahrensweisen am Beispiel des US-amerikanischen Strafprozessrechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50809-9

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Kontrollierbarkeit konsensualer Verfahrensweisen am Beispiel des US-amerikanischen Strafprozessrechts

Dreher, Kyra

Schriften zum Prozessrecht, Vol. 175

(2003)

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Abstract

Die Absprachen im Strafprozess bildeten einen wichtigen Schwerpunkt im strafprozessualen Schrifttum der letzten Jahre, da sie den Strafprozess nachhaltig verändert haben. Eine Abschaffung oder Zurückdrängung der Absprachenpraxis ist heute nicht mehr vorstellbar. Angesichts dieser Entwicklung geht es darum, die Absprachenpraxis durch gezielte Verfahrensregeln zu domestizieren und ihre schlimmsten Auswüchse zu beseitigen.

Die Autorin untersucht daher anhand einer rechtsvergleichenden Analyse des US-amerikanischen Strafverfahrens, das mit dem "Plea Bargaining" schon eine lange Tradition konsensualer Verfahrensweisen aufweist und auch eine Reihe von Regeln zu ihrer Begrenzung enthält, die Möglichkeiten derartiger Regeln. Eine Untersuchung, ob und in welchem Umfang die amerikanischen Regeln zum Plea Bargaining in das deutsche Recht übernommen werden könnten und welche Ergebnisse dadurch zu erwarten wären, fehlte bislang in der deutschen Diskussion.

Die Arbeit besteht neben einer kurzen Einleitung aus drei Teilen: Der 1. Teil enthält eine Bestandsaufnahme der Absprachen im deutschen Strafverfahren. Der 2. Teil, das Kernstück der Arbeit, beinhaltet eine Analyse des US-amerikanischen Plea Bargaining-Systems. Neben den Grundlagen des Strafprozesses und des Systems der Strafzumessung werden insbesondere die zentralen Regelungen des Plea Bargaining im Bundesstrafverfahren erläutert und Entwicklungen sowie faktische Spielräume für konsensuale Verfahrensweisen aufgezeigt. Auch Versuche einer Abschaffung des Plea Bargaining werden dargestellt. Der abschließende 3. Teil enthält eine rechtsvergleichende Bewertung.

Kyra Dreher gelangt zu dem Ergebnis, dass die Kontrolle konsensualer Verfahrensweisen nicht wegen der Schwächen der US-amerikanischen Regelungen selbst, sondern vor allem wegen der diese Normen weitgehend außer Kraft setzenden Haltung des United States Supreme Court gescheitert ist. Dennoch bieten die dortigen Erfahrungen wertvolle Erkenntnisse auch für das deutsche Strafverfahren. So finden sich in den US-amerikanischen Regelungen Ansätze, die eine effektivere Kontrolle der Absprachen durchaus ermöglichen würden.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 16
Einleitung 21
1. Teil: Absprachen im deutschen Strafverfahren 24
A. Begriffsklärung 24
B. Grundlagen und Entstehungsgründe 27
I. Rechtliche Grundlagen 27
II. Rechtstatsächliche Grundlagen: Interessenlage der Prozessbeteiligten 30
1. Interessen und Motive des Gerichts 31
a) Arbeitsentlastung 31
aa) Prozessflut und Verfahrensdauer im Allgemeinen 32
bb) Großverfahren im Speziellen 35
cc) Gesetzgebung 36
dd) Beweisschwierigkeiten 37
ee) Beweisantragsrecht 37
b) Revisionsverhinderung 39
c) Beschleunigung des Verfahrens 40
2. Interessen und Motive der Staatsanwaltschaft 41
3. Interessen und Motive des Beschuldigten 42
a) Beschleunigung des Verfahrens 42
b) Kosten 43
c) Hoffnung auf einen vorteilhaften Verfahrensausgang 43
d) Interessen des Beschuldigten gegen Absprachen 44
4. Interessen und Motive des Strafverteidigers 45
C. Die Enttabuisierung von Absprachen 46
I. Beginn der öffentlichen Diskussion 47
II. Absprachen als Thema des 58. Deutschen Juristentages 48
III. Empirische Untersuchungen 49
D. Stellungnahme in der Literatur und Rechtsprechung zur Rechtsstaatlichkeit von Absprachen 50
I. Die Absprache und das Fairnessprinzip 51
1. Nichteinhaltung von Absprachen und gerichtliche Hinweispflicht 54
2. Fehlgeschlagene Absprache als Strafmilderungsgrund 55
3. Rechtsmittelverzicht 57
4. Fehlende präjudizielle Wirkung von Absprachen außerhalb der Hauptverhandlung 62
II. Erzwungener Konsens und Nemo tenetur-Grundsatz / § 136a StPO 64
1. Standpunkte der Rechtsprechung 64
2. Stellungnahmen der Literatur 65
a) Täuschung 66
b) Drohung mit einer verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahme 66
c) Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils 68
III. Anklagezwang und Amtsermittlungsgrundsatz 72
IV. Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit der Beweiserhebung 77
V. Gefahr der Verdachtsstrafe und Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes 83
VI. Besorgnis richterlicher Befangenheit 85
VII. Vereinbarkeit mit Art. 103 I GG 88
E. Zusammenfassung 90
2. Teil: Das US-amerikanische Plea Bargaining System 93
A. Entstehung und rechtliche Grundlagen des plea bargaining 93
I. Der Verlauf eines Strafverfahrens 93
II. Entstehungsgeschichte und Etablierung des plea bargaining 96
III. Konfliktlösung als Verfahrensziel 100
IV. Möglichkeiten, Formen und Folgen einer Stellungnahme zur Anklage 102
V. Dispositionsmaxime und Strafverfolgungsermessen der Staatsanwaltschaft 108
VI. Das System der Strafzumessung 110
1. Strafzumessung ohne Richtlinien – Reformbestrebungen 111
2. Strafzumessung unter den (Federal) Sentencing Guidelines 113
a) Richtlinieninterne Komponenten der Strafmaßermittlung 116
b) Einflussnahme der Verfahrensbeteiligten auf das zu ermittelnde Strafmaß 118
VII. Die gesetzliche Regelung des plea bargaining – Federal Rules of Criminal Procedure 121
1. Voraussetzungen eines rechtmäßigen guilty plea, Rule 11 (c, d & f) 122
a) Kenntnis und Verständnis der Anklage und Konsequenzen des guilty plea 122
b) Die Freiwilligkeit eines guilty plea, Rule 11(d) 124
c) Das Erfordernis der „factual basis“, Rule 11(f) 124
d) Offenlegung und Protokollierung, Rule 11(g) 125
2. Verfahrensweisen bei „plea agreements“, Rule 11(e) 126
3. Rücknehmbarkeit eines guilty plea, Rule 32(e) 128
4. Verwertungsverbote der Fed.R.Crim.P. 11(e)(6) und Fed.R.Evid. 410 130
VIII. Einzelstaatliche Einschränkungen am Beispiel New York 131
B. Anspruch und Wirklichkeit der Federal Rule of Criminal Procedure 11 133
I. Grenzen gerichtlicher Aufklärung 133
II. Beurteilung im Kontext des plea bargaining 134
III. Aufweichung von Schutzvorschriften 135
C. Funktionen und Motive der Verfahrensbeteiligten am plea bargaining 138
I. Gemeinsame Interessen und Motive 138
1. Interesse an einer „einverständlichen“ Erledigung der Fälle 138
2. Arbeitsentlastung 139
3. „Initial overcharging“ durch Polizei und Staatsanwaltschaft 140
4. Umgehung exorbitant hoher Strafmaße 141
II. Funktionen und Motive des Staatsanwaltes 142
1. Der amerikanische Staatsanwalt als Vertreter unterschiedlicher Interessen 143
2. Verbindliche Verhaltensregeln im plea bargaining 146
a) Leitlinien des Justizministeriums – Das U.S. Attorney’s Manual 147
b) Stellungnahme 150
c) Leitlinien der American Bar Association 151
3. Die Staatsanwaltschaft als faktische Strafzumessungsinstanz 151
a) Die Staatsanwaltschaft als faktische Strafzumessungsinstanz in Staaten ohne Sentencing Guidelines (U.S.S.G.) 152
b) Die Staatsanwaltschaft als faktische Strafzumessungsinstanz unter den Federal Sentencing Guidelines 155
aa) Rechtspolitische Erwägungen und empirische Untersuchungen 155
bb) Einwirkung auf das Strafmaß mittels charge und fact bargaining 158
cc) Verschiebungen des Ausgangsstrafrahmens (base offense level) 163
dd) Antrag auf „substantial assistance“, § 5 K1.1 U.S.S.G. 165
c) Zusammenfassung 168
III. Funktionen und Motive des Verteidigers 169
1. Der Verteidiger als Verhandlungspartner 171
2. Verteidigertätigkeit im plea bargaining 174
a) Ermittlungen 174
b) Verhandlungsstrategie 176
c) Ineffektive Verteidigung 179
d) Verhandlungen unter den U.S.S.G. 180
3. Anreize und Motive 183
4. Zusammenfassung 187
IV. Funktionen und Motive des Richters 188
1. Die Beteiligung des Richters an plea negotiations 188
2. Absicherung des ausgehandelten plea agreements 190
a) Annahme eines guilty plea 191
b) Zurückweisung eines guily plea 194
3. Die Verhängung der Strafe 194
a) Die Verhängung der Strafe unter den Federal Sentencing Guidelines 195
b) Die Verhängung der Strafe in Staaten ohne Strafzumessungsrichtlinien 198
4. Eigeninteressen an einem plea agreement 200
5. Zur rechtlichen und tatsächlichen Kontrollfunktion des Richters 201
V. Rolle und Motivation des Beschuldigten 202
1. Die Beteiligung des Beschuldigten an plea Verhandlungen 202
2. Rechtsverzicht und Rechtsverwirkung als Ausdruck von Eigenverantwortlichkeit? 203
a) Impliziter Rechtsverzicht 204
b) Expliziter Rechtsmittelverzicht 208
3. Enttäuschte Erwartungen 209
a) Durchsetzbarkeit des plea agreements 210
b) Widerruf des guilty plea 213
4. Anreize für ein guilty plea 215
D. Friktionen zwischen plea bargaining und verfahrensrechtlichen Prinzipien 216
I. Verbot erzwungener Selbstbezichtigung und Unschuldsvermutung 216
1. Das guilty plea als standardisierte Selbstbezichtigung 218
2. Verurteilte Unschuldige v. vermutete Unschuld 220
3. Übereinstimmungen und Unterschiede zum Nemo tenetur-Grundsatz in Deutschland 222
II. Recht auf Aburteilung durch Geschworene (right to jury trial) und faires Verfahren 225
III. Recht auf Gleichheit bei der Rechtsanwendung, Amendment XIV 228
IV. Recht auf eine öffentliche Verhandlung, Amendment I & VI 230
E. Reformbestrebungen 233
I. Abschaffung des plea bargaining 233
II. Restrukturierung des Verfahrens 237
F. Abschließende Stellungnahme 239
3. Teil: Rechtsvergleichende Bewertung – Zur Übertragbarkeit amerikanischer Modelle auf das deutsche Strafverfahren 245
A. Notwendigkeit einer verbindlichen Regelung 245
I. Defizite und Grenzen richerlicher Rechtsfortbildung 247
II. Klarheit über Verfahrensziele und Rechtslage 250
B. Anleihen US-amerikanischer Lösungsmodelle als Ausweg? 251
I. Normierung konsensualer Verfahrensweisen durch Modifikation einzelner strafprozessualer Vorschriften? 252
1. Richterliche Absicherung, Offenlegung und Verbindlichkeit des Vereinbarten 253
2. Folgerungen im Hinblick auf eine Übertragbarkeit 255
a) Offenlegung des Vereinbarten 256
b) Richterliche Absicherung 258
aa) Schutz durch ausdrückliche Prüfungserfordernisse und standardisierte Strafnachlässe? 258
bb) Stärkung der förmlichen Verteidigungsrechte 262
c) Verbindlichkeit des Vereinbarten 263
aa) Die fehlgeschlagene Absprache 264
bb) Revisibilität 267
3. Zusammenfassung und Wertung 271
II. Reform des Strafprozesses 273
1. Kooperationsmodell der Hessischen Arbeitsgruppe 273
2. Reformvorschlag von Weigend 275
3. Reformüberlegungen der Regierungskoalition 277
C. Ergebnis der Untersuchung und Schlussfolgerungen 279
Anhang 283
A. US-amerikanische Gesetzestexte 283
I. U.S. Constitution, Amendments 283
II. Federal Rules of Criminal Procedure 284
III. Federal Rules of Evidence 290
IV. United States Federal Sentencing Guidelines, U.S.S.G. 290
V. 28 U.S. Code 291
VI. New York Criminal Procedure 293
B. Verbindliche Regelungen ohne Gesetzeskraft 301
I. ABA-Standards for Criminal Justice Relating to Pleas of Guilty (1982) 301
II. ABA-Standards for Criminal Justice – Prosecution Function and Defense Function (3d Edition 1993) 306
III. United States. Attorneys’ Manual (1997) 310
IV. National District Attorneys’ Association: National Prosecution Standards 317
C. Formulare 318
I. Plea Agreement 318
II. Waiver of Rights by Pleading Guilty 320
Literaturverzeichnis 322
Sachwortverzeichnis 343