Inzidente Normverwerfung durch die Exekutive
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Inzidente Normverwerfung durch die Exekutive
Zum kompetentiellen Verhältnis von Normsetzung und Normanwendung
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 761
(1998)
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Abstract
Die Frage, wie sich die öffentliche Verwaltung gegenüber einer von ihr als rechtswidrig angesehenen Norm verhalten soll, gehört zu den bislang noch ungeklärten Grundfragen des Verwaltungsrechts, die vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Verwerfungspflicht der Verwaltung bei europarechtswidrigen nationalen Normen neue Aktualität gewonnen hat.In der vorliegenden Untersuchung werden die Entwicklungslinien der Diskussion eingehend dargestellt und die bisherigen Lösungsvorschläge kritisch gewürdigt. Die bislang vorherrschende Unterscheidung nach dem Rang der zu verwerfenden Norm bzw. nach dem Grund ihrer Rechtswidrigkeit ist dazu angetan, die Gemeinsamkeiten der Fragestellungen zu verschleiern. Sie besteht darin, daß es sich bei der Frage nach der Verwerfungskompetenz der Verwaltung um eine Frage des kompetentiellen Verhältnisses zwischen dem normsetzenden und dem normanwendenden Organ handelt, das seine grundlegende Prägung durch Art. 20 Abs. 3 GG erfährt. Der kompetentielle Gehalt des Gesetzesvorrangs stellt dabei eine besondere Ausprägung der Kompetenzordnung als eines Systems gestufter Rang- und Vorrangverhältnisse zwischen staatlichen Organen im Prozeß der Rechtskonkretisierung dar. In diesem kommt der Verwaltung als Normadressat eine Entscheidungsbefugnis über die Rechtsmäßigkeit einer Norm grundsätzlich nicht zu.Auf dieser Grundlage wird in der Studie unter Berücksichtigung unterschiedlicher Normenkollisionen und unter Einbeziehung normverwerfender gerichtlicher Entscheidungen eine nur sehr beschränkte Verwerfungskompetenz der Verwaltung nach deutschem (Verfassungs-)Recht befürwortet.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 16 | ||
Einleitung | 19 | ||
I. Die Fragestellung | 19 | ||
II. Der Begriff „Normverwerfung" | 21 | ||
IIΙ. Der Gang der Untersuchung | 21 | ||
1. Teil: Die materiellrechtliche Grundlage der Normverwerfung | 24 | ||
1. Kapitel: Rangordnung der Normen und Kollisionsrecht | 25 | ||
I. Grundzüge der Rangordnung der Rechtsnormen | 25 | ||
1. Innerstaatliche Rangordnung | 26 | ||
2. Rangordnung im Bundesstaat | 27 | ||
3. Der Rang autonomen Rechts (Satzungen) | 27 | ||
II. Normkonkurrenzen und Normkollisionen | 28 | ||
1. Konkurrenz und Kollision von Rechtsnormen | 28 | ||
a) Normkonkurrenzen | 29 | ||
b) Normanwendungskollisionen | 29 | ||
c) Normsetzungskollisionen | 30 | ||
2. Kollisionsnormen und kollidierende Normen | 31 | ||
ΙII. Konkurrenz- und Kollisionsregeln | 32 | ||
1. Konkurrenzregeln | 32 | ||
2. Kollisionsregeln | 34 | ||
2. Kapitel: Die Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit von Normen | 36 | ||
I. Einleitung | 36 | ||
II. Nichtigkeitsdogma und Vemichtbarkeitstheorie | 37 | ||
1. Einführung | 37 | ||
2. Rechtsfolgenbestimmung als Kompetenzproblem | 38 | ||
a) Richterliches Prüfungsrecht und Nichtigkeitsdogma | 39 | ||
b) Differenzierung der Fehlerfolgen | 41 | ||
III. Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Oberblick | 43 | ||
IV. Untergesetzliche Rechtsnormen | 46 | ||
3. Kapitel: Europäisches Gemeinschafts recht und nationales Recht | 48 | ||
I. Das Verhältnis zwischen Europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht | 48 | ||
1. Der Vorrang des Europäischen Gemeinschaftsrechts | 48 | ||
2. Die materielle Höherrangigkeit | 51 | ||
II. Kollisionslagen | 53 | ||
1. Normsetzungskollisionen | 53 | ||
2. Normanwendungskollisionen | 54 | ||
a) Primäres Gemeinschaftsrecht | 54 | ||
b) Unmittelbar anwendbare Richtlinien | 55 | ||
3. Direkte und indirekte Kollisionen | 57 | ||
ΙII. Rechtsfolgen der Kollision von nationalem und Gemeinschaftsrecht | 59 | ||
2. Teil: Meinungsstand und Kritik | 62 | ||
1. Kapitel: Normprüfungskompetenz der Exekutive? | 63 | ||
I. Meinungsstand zur Prüfungskompetenz | 63 | ||
1. Die Ablehnung der Prüfungskompetenz | 63 | ||
2. Prüfungskompetenz und Gesetzesbindung | 63 | ||
3. Die Ansicht Kabischs | 65 | ||
a) Die Stellung der Exekutive | 66 | ||
b) Prüfungskompetenz und Selbstkontrolle | 69 | ||
c) Prüfungszuständigkeit | 69 | ||
II. Stellungnahme | 71 | ||
1. Verwaltungshandeln und Gesetzesbindung — das Gesetz als Verhaltensmaßstab für die Verwaltung | 71 | ||
2. Prüfungsgegenstand und Prüfungsmaßstab | 74 | ||
3. Normprüfung als notwendiges Element der Selbstkontrolle? | 75 | ||
a) Förmliche Gesetze als „Kompetenz"änderungen? | 76 | ||
b) Normenkontrolle und Gesetzesbindung | 77 | ||
c) Rechtswidrigkeit der Anwendung rechtswidriger Normen? | 82 | ||
4. Die Feststellung von Normkollisionen | 83 | ||
5. Antragsbefugnis der Exekutive in Normenkontrollverfahren als Gegenargument? | 84 | ||
ΙII. Exkurs: Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen | 85 | ||
IV. Zusammenfassung | 86 | ||
2. Kapitel: Meinungsstand zur Verwerfungskompetenz | 87 | ||
I. Einleitung und Literaturübersicht | 87 | ||
II. Die Verwerfung förmlicher Gesetze wegen vermuteter Verfassungswidrigkeit | 88 | ||
1. Der Ausgangspunkt | 88 | ||
2. Die Lösungsansätze | 89 | ||
a) Die Theorie von der Verwerfungskompetenz | 89 | ||
b) Die Theorie von der Anwendungspflicht | 90 | ||
c) Die Theorie von der Aussetzung des Verfahrens | 91 | ||
d) Die Theorie der eingeschränkten Verwerfungskompetenz | 92 | ||
e) Weitere Theorien | 93 | ||
ΙII. Die Verwerfung untergesetzlicher Normen | 94 | ||
1. Kompetenzverteilung innerhalb der Exekutive | 95 | ||
2. Aspekt der Rechtssicherheit | 96 | ||
3. Exkurs: Zur Behandlung fehlerhafter Bebauungspläne | 97 | ||
a) Schwerpunkte der Diskussion | 97 | ||
b) Rücknahme der Genehmigung | 99 | ||
c) Feststellung der Nichtigkeit durch die Gemeinde | 100 | ||
IV. Verwerfung nationaler Normen wegen Verstößen gegen Gemeinschaftsrecht | 101 | ||
1. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs | 102 | ||
2. Stimmen der Literatur | 103 | ||
a) Grundlage der Verwerfungspflicht | 104 | ||
b) Der Umfang der Verwerfungskompetenz | 105 | ||
c) Relevanz des nationalen Rechts | 106 | ||
3. Kapitel: Kritik | 107 | ||
I. Rangordnung und Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit von Normen als Argument | 108 | ||
II. Kompetenzen der Judikative | 110 | ||
1. Konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG | 110 | ||
2. Normenkontrollantragsrechte der Exekutive, insbesondere Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG | 113 | ||
III. Normsetzung und Normanwendung | 115 | ||
1. Das Prinzip der Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2S.2 GG | 115 | ||
a) Das „Wesen" der Verwaltung im Verhältnis zu Legislative und Judikative | 116 | ||
b) Die Kembereichslehre | 117 | ||
2. Die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit förmlicher Gesetze | 118 | ||
3. Normverwerfung als Eingriff in die Kompetenz des Normgebers | 119 | ||
3. Teil: Kompetenzen im Verfassungsprozeß | 121 | ||
1. Kapitel: Zum Begriff der Kompetenz | 122 | ||
I. Aufgabe, Befugnis / Ermächtigung, Zuständigkeit | 123 | ||
II. Die Zweck-Mittel-Relation von Aufgabe und Befugnis | 124 | ||
III. Kompetenzbegriffe | 126 | ||
2. Kapitel: Kompetenz und Staatsorganisation | 128 | ||
I. Grundstruktur der Kompetenzordnung | 128 | ||
1. Verfassungsrechtliche Grundlagen | 129 | ||
a) Funktionale Gewaltenteilung (Funktionenunterscheidung) | 129 | ||
b) Organisatorische Gewaltenteilung | 130 | ||
c) Vertikale Gewaltenteilung | 131 | ||
d) Kommunale Selbstverwaltung | 131 | ||
2. Organisation innerhalb der Gewalten | 132 | ||
II. Gründe und Ziele der Kompetenzordnung | 133 | ||
1. Abgrenzung von Handlungsbereichen einzelner Organisationseinheiten | 135 | ||
a) Gewaltenteilung und Kernbereichslehre | 135 | ||
b) Exklusivität von Kompetenzzuweisungen | 137 | ||
2. Verwirklichungsmodus sachgerechter Aufgabenerfullung | 138 | ||
a) Gewaltenteilung als Element rationaler Staatsorganisation | 139 | ||
b) Funktionsgerechtigkeit als Auslegungsgesichtspunkt und Abgrenzungsmerkmal | 140 | ||
c) Konkretisierungsaufirag an den Gesetzgeber | 141 | ||
d) Der normative Gehalt von Organ- und Funktionsadäquanz | 142 | ||
3. Kapitel: Kompetenzausübung als Konkretisierung im Entscheidungsprozeß | 143 | ||
I. Relative Wirkbefugnisse im mehrstufigen Konkretisierungsprozeß | 143 | ||
II. Kompetenzausübung durch Entscheidung | 145 | ||
1. Kompetenz als Befugnis zu rechtsverbindlicher Entscheidung | 145 | ||
2. Entscheidung als Prozeß - das „innere Verfahren" | 145 | ||
a) Stationen des Entscheidungsprozesses | 146 | ||
b) Inneres Verfahren als Medium der Konkretisierung | 149 | ||
3. Äußeres Verfahren und Form der Entscheidung | 150 | ||
ΙII. Konkretisierung und Entscheidungsrichtigkeit | 151 | ||
1. Zweck- und Rechtskonkretisierung | 151 | ||
2. Kompetenzausübung als Rechtsentscheidung | 152 | ||
3. Entscheidungsrichtigkeit als kompetentielles Problem | 153 | ||
4. Kapitel: Kompetenz und Verantwortung im Konkretisierungsprozeß | 155 | ||
I. Verantwortung als Komplement der Kompetenz | 155 | ||
1. Verantwortung als Rechtsbegriff | 156 | ||
2. Umfang der Verantwortung | 157 | ||
a) Realisierungsverantwortung | 158 | ||
b) Rechtmäßigkeitsverantwortung im Entscheidungsprozeß | 159 | ||
c) Entscheidungsfolgenverantwortung | 160 | ||
3. Grenzen der Verantwortung | 161 | ||
II. Verantwortung und Kontrollkompetenz | 162 | ||
1. Selbstkontrolle als Entscheidungselement | 162 | ||
2. Entscheidung als Kontrollgegenstand | 163 | ||
ΙII. Voraussetzungen und Folgen kompetentiellen Vorrangs | 164 | ||
1. Bindungswirkung als kompetenzrechtlicher Grundsatz | 164 | ||
a) „Tatbestandswirkung" bei Einzelfallentscheidungen | 165 | ||
b) Grenzen von Rechts- und Bestandskraft | 167 | ||
c) Entscheidung als Teil der Rechtsordnung? | 168 | ||
d) Rechts- und bestandskraftunabhängige Bindung kraft Kompetenzverteilung | 169 | ||
2. Konkretisierung und Modifizierung durch Gesetz und Verfassung | 171 | ||
3. Bindung als Aufhebungs- und Abweichungsverbot | 172 | ||
4. Kompetentieller Vorrang und Kontrollkompetenzen | 173 | ||
a) Relativer Ausschluß der Kontrollkompetenz | 173 | ||
b) Keine generelle Bindung an die Entscheidungsbegründung | 174 | ||
5. Kapitel: Kompetenzen im Verfassungsprozeß — Zusammenfassung des 3. Teils | 175 | ||
4. Teil: Originäre oder akzessorische Verwerfungskompetenz | 180 | ||
1. Kapitel: Normsetzung und Normanwendung im Prozeß der Rechtskonkretisierung | 180 | ||
I. Kompetenzverhältnis nach Art. 20 Abs. 3 GG | 181 | ||
1. Zum Verhälüiis der Legislative zu Judikative und Exekutive | 181 | ||
a) Art. 20 Abs. 3 GG als Grundentscheidung | 181 | ||
b) Modifizierung der richterlichen Gesetzesbindung | 182 | ||
c) Keine Modifizierung der exekutiven Gesetzesbindung | 183 | ||
2. Keine originäre Verwerfungskompetenz der Exekutive im Hinblick auf förmliche Gesetze | 184 | ||
3. Exekutive Normsetzung und Normanwendung | 186 | ||
a) Keine Verwerfungskompetenz des Normadressaten | 186 | ||
b) Irrelevanz des organisatorischen oder kompetentiellen Verhältnisses im übrigen | 187 | ||
c) Keine Normverwerfung aufgrund der Normsetzungskompetenz | 188 | ||
II. Umfang und Grenzen der Argumentation | 189 | ||
1. Anwendungspflicht statt Prüfungs- und Verwerfungskompetenz | 189 | ||
2. Der „Anwendungsvorrang" der konkreteren Norm und Kompetenzkonflikte zwischen Normgebem | 190 | ||
a) Rangordnung und Konkretisierungszusammenhang | 190 | ||
b) Auflösung des Konkretisierungszusammenhangs | 191 | ||
c) Kompetenzkonflikte zwischen Normgebern | 192 | ||
3. Zusammenfassung | 193 | ||
2. Kapitel: „Akzessorische" Verwerfungskompetenz | 194 | ||
I. Prinzipale Normenkontrollen | 194 | ||
1. Parallelfälle | 195 | ||
2. Parallelnormen | 196 | ||
II. Inzidente gerichtliche Normverwerfung | 198 | ||
ΙII. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs | 198 | ||
1. Anwendungsfalle | 198 | ||
2. Verfahren und Entscheidungswirkungen | 199 | ||
a) Vertragsverletzungsverfahren | 200 | ||
b) Vorabentscheidungsverfahren | 200 | ||
Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen | 201 | ||
Literaturverzeichnis | 206 | ||
Sachverzeichnis | 223 |